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  • Thema von Myth im Forum Texte aller Art, Gedic...

    Hallo! Ich bin vor ein paar Tagen mehr oder weniger zufällig auf dieses Forum gestoßen, tja, und jetzt poste ich auch mal eine kleine Geschichte von mir.
    Zu mir selbst: Bin 17, Schüler, schreibe seit ca. 2 Jahren, allerdings doch recht unregelmäßig. Die folgende Kurzgeschichte folgte einer spontanen Idee und ist somit ohne weitere Planung entstanden - so, und jetzt macht euch mal über meinen "Quickie" her... *g*

    Bekannte Fehler: Zu lange Sätze, dass/das (ein zukünftiger Deutsch-LKler sollte es eigentlich wissen ), Kommafehler


    Der Ring

    Schreie übten sich als Mörder an der Stille der Nacht. Der, den sie Schwarzfeder nannten, drückte sich mit aller Kraft gegen die kalte Mauer und versuchte möglichst ungesehen nach Unten zu spähen. Oben auf dem Turm brauste die kalte Herbstluft um seine Ohren, aber das war nicht das gefährlichste. Pfeifend schlug ein Pfeil neben ihm in den morschen Dachbalken ein und blieb zitternd darin stecken. Die Ruine schwankte; Steine lösten sich und ein dumpfes Poltern kündete von weiterem Unheil. Fluchend sprang er von der Mauer und fiel durch windgepeitschtes Mondlicht. Der Mond war eine helle Scheibe, rund und voll wie ein großes, bleiches Auge, das die Nacht durchdrang. Düstere Wolkenfetzen trieben an dem fahlen Licht vorüber. Die Schatten unter dem Turmdach boten nicht länger ausreichend Schutz, doch als der Turm unter neuerlichem Pfeilbeschuss in Flammen aufging, war Schwarzauge längst auf der anderen Seite der Festungsanlage.
    Burg Rabenfels, wie sie die Menschen aus dem nahe gelegenen Dorf nannten, war im Grunde nicht viel mehr als vier fahle, einsame Mauern inmitten einer sich windenden Natur, die seit nunmehr fünf Jahrzehnten mit Moosen und Farnen, Gräsern, Sträuchern und Hecken zurückeroberte, was eherne Pickel in wilder Wut einst aus dem Berg darunter entfernt hatten. Zu einem Zufluchtsort war die Burg geworden, zu einem schwarzen Heiligtum, und das nicht nur für Ratten und Mäuse und anders Getier. Hier hauste alles, was nicht erwünscht war in der Welt der Menschen aus dem Dorf. So auch Schwarzauge, samt seiner Brüder und Schwestern. Abends, wenn die Schatten länger wurden, reckten die Bauern drohend ihre Fäuste gegen die Ruine, während ihre Frauen die Kinder schützend auf den Arm nahmen und ihnen eindringliche Warnungen zuflüsterten. Jahrelang war dennoch nichts geschehen, man hatte nebeneinander her gelebt und sich gegenseitig ignoriert, soweit und gut das eben möglich war.
    Bis zu eben dieser Nacht.
    Nun waren sie also da, die Männer, die sich mehr oder weniger für Helden hielten, und die sich allesamt mit Spießen, Äxten und Heugabeln anschickten, den Rabenfels endgültig dem Erdboden gleichzumachen. Einige hatten Bögen aufgetrieben und unter diesen wiederum gab es eine Handvoll Männer, die ihre Geschosse mit Pech und Schwefel zu flammenden Fackeln verzierten. Ein solcher Feuerpfeil rauschte eine Handbreit neben Schwarzauges Kopf nieder. Schon wieder entdeckt. Er hasste es; konnten sie ihn nicht in Ruhe lassen? Er hatte ihnen nichts getan! Fluchend fragte er sich, wie er abermals entkommen konnte. Der Schütze legte erneut an, spannte seinen Bogen und -
    Schwarzauge stieß blitzschnell aus seinem Versteck hervor, versenkte seine spitze Waffe im Hals des Mannes und schwang sich anschließend mit graziler Eleganz auf eine moosbedeckte Plattform. Der Bauer wankte schreiend umher, ließ seinen Spieß fallen und ging schließlich selbst zu Boden. In Schwarzauges Blick blitzte ein zorniger Funke, als er seine Augen langsam über das Schlachtfeld gleiten ließ.
    Zu viele Körper lagen da; zu viele seiner Brüder und Schwestern würden den Morgen nicht mehr erleben. Und ihre Heimat, die Burg… Blut sickerte über die alten Mauern, Flammen züngelten aus den Körpern der Gefallenen, die Balken schwelten, die Gräser brannten und der knorrige Baum im Hof war nichts als eine lodernde Fackel. Dennoch war sich Schwarzauge sicher, dass sie im Grunde nichts erreichen würden. Die Burg hatte im Krieg gedient, anschließend fünfzig Jahre lang den Witterungen der Natur getrotzt, und es war mehr als lächerlich zu glauben, sie würde nach dieser Nacht nicht mehr bewohnbar sein.
    Schwarzauge sah in den Himmel und als hätten die Sterne ihm weise zugeflüstert, beschloss er, es den meisten seiner Verwandten gleichzutun und die ganze grausige Szenerie hinter sich zu lassen.
    Heimlich, still und leise stemmte er sich gegen den Wind und kroch unerkannt und ungerochen durch einen Riss in der Mauer.
    „Draußen“ zu sein war wie eine Befreiung und so bewegte er sich rasch auf den kleinen Fluss zu, der das Dorf und die Ruine teilte. Zwischen den Mauern hinter ihm verklang der Kampfeslärm zu einer dumpfen Ahnung von Tod und Verderben, und selbst das vereinzelte Klirren der Schwerter, konnte ihn nicht mehr aus der Fassung bringen. Hier war er frei, viel freier als die Menschen aus dem Dorf, die sich Abend für Abend nach bestem Gewissen in ihre Häuser zwängten – nur eben heute nicht. Ob sie wohl gar neidisch waren?
    Ein lächerlicher Gedanke.
    Schwarzauge hüpfte auf einen flachen Stein am Ufer und neigte sich zum Trinken. Das kühle Wasser gab ihm einen klaren Kopf. Mit ein paar kurzen Sätzen sprang er wieder auf festeren Boden zurück und betrachtete traurig und wütend zugleich, wie sich das fahle Mondlicht im rauschenden Wasser spiegelte. Ein paar Schritt weiter, wo das Gestrüpp dichter wuchs, bot die Uferböschung einigermaßen Schutz. Hier würde er die Nacht verbringen, hier würde keiner nach ihm suchen. Allein der Gedanke an ruhigen Schlaf, lullte ihn schon ein.
    Doch keine zwei Minuten, nachdem er es sich zwischen den Ästen gemütlich gemacht hatte, ließ ihn ein leises Weinen hochfahren.
    Er spähte aus dem Geäst und traute seinen Augen kaum.
    Unten am Fluss, genau auf dem Stein, von dem aus er zuvor getrunken hatte, kniete ein kleines Mädchen und barg den Kopf zwischen den Händen. Ihr weißes Kleid leuchtete im Mondlicht und schien sich mit ihren honigfarbenen Löckchen darum zu streiten, was den Glanz der Sterne nun besser verblassen ließ.
    Schwarzauge richtete sich langsam auf und war sehr darauf bedacht, ja kein lautes Geräusch zu machen. Sie war so schön, so unschuldig, er wollte ihr keine Angst einjagen. Dieses Kind hatte nichts gemein mit den Männern auf der Burg. Und doch… vielleicht hatte gerade ihr Vater tatkräftig dabei geholfen seine Mitbewohner auf der Burg hinterrücks zu meucheln.
    Aller Vorsicht zum Trotz, streckte Schwarzauge den Kopf noch weiter aus dem Gebüsch; es drängte ihn herauszufinden, warum die Kleine so sehr weinte.
    Ein Strahl Mondlicht fiel auf ihr Haar und als sie just in diesem Augenblick die Hände vom Kopf nahm, konnte er ihr kleines, gerötetes Kindergesicht sehen, aus dessen großen, glänzenden Augen so viele Tränen rannen. Sie streckte sich in Richtung Fluss und versuchte mit der Hand etwas im Wasser zu fassen, doch ihre Arme waren nicht lang genug. Schwarzauges Herz raste. Sie würde noch hineinfallen! Was suchte sie denn dort in der Flussmitte zu erreichen? Er zögerte nur einen Augenblick, dann – sie begann wieder allzu herzerweichend zu schluchzen – kroch er aus seinem Versteck und ging langsam auf das Mädchen zu.
    Das Rascheln der Sträucher musste ihn verraten haben, denn die Locken flogen plötzlich herum und mit einemmal starrte er in ihre weit aufgerissenen Augen. Er zitterte und verharrte mitten im Schritt.
    „Lauf nicht weg“, wollte er sagen, aber das ging nicht. Seine Stimme war zu belegt und aus seinem Mund kam nichts als ein Krächzen.
    Die Kleine indes musterte ihn mit unverhohlener Neugier. Ganz unbewusst rieb sie sich die Augen - und damit die Tränen aus dem Gesicht. Verwundert blinzelte sie ihn an. Er wagte immer noch nicht, sich auch nur um Haaresbreite zu bewegen. Nun schwankte ihr Blick zwischen dem Ding im Fluss und seiner Wenigkeit, doch aus irgendeinem unersichtlichen Grund, blieben ihre großen Augen schließlich an ihm hängen. Schwarzauges Herz pochte so schnell, dass es ihm in der Brust schmerzte. Noch nie in seinem ganzen Leben hatte jemand aus dem Dorf ihm seine Aufmerksamkeit geschenkt, es sei denn natürlich in der Absicht ihn zu töten. Aber das hatte die Kleine ganz gewiss nicht vor. Langsam neigte sie den Kopf und kaute auf ihrer Unterlippe herum. Sie war genauso nervös wie er, stellte Schwarzauge fest. Dann, er fragte sich schon wie lange er noch hier stehen würde, geschah das Unglaubliche. Langsam, ganz, ganz langsam und zögerlich streckte sie die Hand nach ihm aus – nein, einen Finger nur – und, Schwarzauge wusste nicht, wie ihm geschah – sie berührte ihn! Ihr kleiner Kinderfinger strich ihm sanft und zärtlich über den Bauch.
    „Kleiner, schwarzer Vogel“, meinte sie mit zitternder Stimme. „Ich habe ihn doch nur ausleihen wollen! Einmal!“ Die Worte gingen in ihrem Schluchzen unter. „Mutter hat es immer verboten. Na ja, einmal wollte ich ihn schon genau ansehen, ihren Ring.“ Sie schniefte, kaute eine Weile an ihren Fingern herum und fuhr leise flüsternd fort: „Er glänzt so schön, weißt du? Ach kleiner, schwarzer Vogel! Nun ist er mir ins Wasser gefallen. Ich – ich wollte ihn nur sauber waschen, damit Mutter nichts merkt. Sie glaubt nämlich, ich schlafe jetzt, verstehst du?“
    Schwarzauge nickte langsam. Er konnte sein Glück nicht fassen! Er war der einzige Rabe seit… seit… ach, seit Jahrhunderten, der je von einem Menschen gestreichelt worden war. Und auch noch von einem Kind! Einem kleinen Mädchen! Schwarzauge konnte die Menschen einfach nicht verstehen; die Männer in all ihrer Tapferkeit töteten seine Familie, während ihm diese Kleine ihr Leid klagte.
    „Ich helfe dir“, sagte er spontan und wusste, sie würde nicht mehr als ein Krächzen hören; jenen Laut, der den Menschen aus dem Dorf so sehr Angst einjagte. Aber das Mädchen nickte bloß und blieb ruhig sitzen.
    Schwarzauge schwang sich munter in die Luft und segelte dicht über der Wasseroberfläche bis zur Mitte des Flusses. Der Ring hatte sich zwischen ein paar Steinen verkeilt. Ein Glück, denn sonst wäre er vom strömenden Wasser längst wer weiß wohin weggetragen worden. So konnte ihn der Rabe einfach mit den Krallen packen und aus dem feuchten Grabe ziehen. Der Flug zu ihr zurück kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Er nahm alles wie in Trance wahr: Die Luft unter seinen Schwingen, das kühle Metall zwischen seinen nassen Krallen, das kleine Mädchen, wie es mit leuchtenden Augen klatschte.
    „Vielen Dank“, sagte sie, als er den Ring in ihren Schoß fallen ließ. „Ich-“
    Ein entsetzter Ruf hallte durch die Nacht. Schwarzauge war sofort auf dem nächstbesten Baum.
    „JAMINA!“, rief die Stimme einer jungen Frau. „Was zum Teufel machst du mitten in der Nacht am Flussufer?!“ Ein Mädchen tauchte aus den Schatten auf, ohne Zweifel Jaminas Schwester. Sie hatte dieselben Haare, dieselbe kleine Nase und die gleichen hellen Augen – nur war sie älter und größer und ihre Gesichtzüge wirkten deutlicht reifer. Nun stemmte sie die Arme in die Seiten. „Glaub bloß nicht, ich hätte den Raben nicht gesehen, Jamina!“ Wütend zog sie ihre kleine Schwester vom Fluss weg. „Mutter wird schön sauer sein, wenn sie das erfährt. Ja, ich werde es ihr erzählen müssen!“
    „Ja, aber-“
    „Kein Aber! Den Kuchen kannst du dir die nächste Woche abschminken. Mit einem Raben spielen“ – die Ältere schüttelte verständnislos den Kopf- „selbst Dreijährige wissen doch, das man Raben nicht trauen kann!“
    „Sie sind nicht alle schlecht“, empörte sich Jamina. „Dieser hier war ziemlich nett und-“
    „Nett?“, schrie die andere entsetzt. „Nett? Sie werden ein ernstes Wörtchen mit dir zu reden haben, fürchte ich. Den ganzen Monat wirst du keinen Kuchen kriegen! Nett – also wirklich!“
    Sie wandte sich zum Dorf und zerrte die Kleine hinter sich her. Schwarzauge blickte ihnen ein wenig traurig nach, doch seine Laune besserte sich schlagartig, als er Jaminas kleines Händchen freudig winkend in der Luft entdeckte. Er krächzte, blinzelte ihr zu und schwang sich in die Lüfte.
    Nachdem er eine Runde über das Dorf gedreht hatte, machte er sich auf den Rückweg zur Burg. Der Kampfeslärm war verklungen und Schwarzauge hoffte sehr, es wäre wenigstens noch irgendein Schlafplatz übrig – und jemand, mit dem er ihn teilen konnte. Doch auch falls es schlecht stehen sollte, um Burg Rabenfels und ihre Bewohner: Nun hatte er den beruhigenden Gedanken, dass sich wenigstens ein Paar Hände nicht drohend zum Himmel heben würde, wenn er über dem Dorf kreiste; den Gedanken, dass es in ein paar Jahren vielleicht eine junge Frau geben würde, die ans Burgtor klopfte, mit einem Brocken Brot in der Hand und dem freundlichen Lächeln auf den Lippen, das bislang nur den Singvögeln geschenkt wurde. Und später womöglich eine Mutter, die ihren Kindern andere Dinge erzählte; endlich ein Mensch, der wusste: Die schwarze Welt der Raben war nicht weniger bunt als die Sonnendürstende, in der sich die Menschen so sehr heimisch fühlten.

    [ Editiert von Administrator Schreiberling am 25.04.10 8:17 ]

  • Thema von Myth im Forum Texte aller Art, Gedic...

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    [ Editiert von Myth am 16.02.09 17:01 ]

  • Thema von Myth im Forum Texte aller Art, Gedic...

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    [ Editiert von Myth am 16.02.09 17:01 ]

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    [ Editiert von Myth am 16.02.09 17:03 ]

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