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Dieses Thema hat 2 Antworten
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 Texte aller Art, Gedichte, Lyrik, Kurzgeschichten, Altbeiträge
Nathschlaeger ( gelöscht )
Beiträge:

07.11.2003 09:02
RE: Requiem im Herbst Antworten

Diesen Herbst verbrachten die Geschwister Richard und Paula auf der Veranda ihrer Großmutter. Nicht in den Wäldern zwischen den abgeernteten Feldern, nicht am See um den späten Fischern zuzusehen, nicht auf dem Spielplatz und ganz sicher nicht in ihren Zimmern. Großmutters Veranda: Weißgestrichenes Holz, eine Hollywoodschaukel, die ihr Opa noch montiert hatte, Gläser voller Apfelsaft. Das wars. Würde man sie später einmal fragen, woran sie sich am stärksten erinnern, wenn sie an diesen Herbst zurückdenken, würden sie sagen: Großmutters Veranda. Die Apfelbäume in ihrem Garten. Das kunterbunte Laub und der jeansfarbene Himmel am Tag und der sternenklare Glanz in der Nacht. Es blieb bis tief in den Oktober erträglich warm, meistens war es windstill und durch und durch erfreulich, draußen zu sitzen, Löwenzahnwein zu trinken oder, im Fall der Kinder, selbstgepressten Apfelsaft. Richard und Paula würden sagen, sie erinnerten sich an Halloween Farben, einen amerikanische-Teeny-Slasher-Film Herbst… Richard war im Oktober gerade dreizehn Jahre alt, seine Schwester Paula im November Siebzehn.
So saßen sie auch an diesem fünfundzwanzigsten Oktober 2003 draußen auf der weißgestrichenen Veranda und fühlten sich wohl. Großmutters Haus war das einzige in der Gemeinde, das eine typische Fernsehserienveranda hatte. Richards und Paulas Vater hatte sie mal die „Bradbury Veranda“ genannt, aber sie wussten nicht, was es damit auf sich hatte.

Es gab mehrere Gründe diesen Herbst auf Omas Veranda zu verbringen. Zunächst mal war es der schönste Herbst seit Jahren. Der Hauptgrund für Richard waren die Geschichten, die Oma erzählte. Für Paula gab es einen ganz anderen Grund. Und den durchschaute Richard erst nach ihrem fünften oder sechsten Besuch. Der Gitarrist wohnte in dieser Gasse. Etwas weiter Richtung Ortsgrenze, schon fast bei dem kleinen Wäldchen am Badeteich. Der türkische Gitarrist Hakan. Und jedes Mal, wenn Hakan auf seinem Moped am Haus der Großmutter vorbeiknatterte, kriegte Paula ganz große Augen, fuhr sich durchs Haar und blinzelte völlig verstrahlt dem Auspuffnebel hinterher. Hakan mit den schwarzumrandeten Augen in dem jungenhaften Gesicht, Hakan mit der revolutionären schwarzen Lederhose und den Schnürstiefeln. Richard bewunderte Hakan sehr. Aber aus ganz anderen Gründen als seine Schwester. Richard dachte, wenn er mal so alt sei wie Hakan, wollte er mindestens ebenso cool sein wie der türkische Rocker. Der Sänger und Gitarrist. Richard wusste, dass Hakan zur Hälfte geliebt und bewundert wurde, aber auch abgelehnt und gemieden. Er war der einzige türkische Schüler in der Gemeinde. Dazu kam seine Vorliebe für Death Metal Rock. Und dann sein Aufzug: Immer in schwarz, die schwarzen Haare mit Gel hochgedrillt, entweder hatte er schwarze Armeehosen an oder die Lederhose, im Matrix- Marke schienbeinlang Ledermantel oder der Fransenlederjacke… Nun, er war ein gottbegnadeter Gitarrist. Das war das Eine. Er sah gut aus und die Mädchen fielen scharenweise vor ihm auf die Knie. Das war das andere. Und er war Türke. Und das war eine Sache für sich. Paula und den anderen Mädchen, die glänzende Augen bekamen, wenn sie ihn sahen, war seine Abstammung völlig egal. Den älteren Stammgästen in einem der drei Gasthäuser weniger.
Es war kurz nach fünf Uhr Nachmittags, da hörte Richard das typische Knattern von Hakans Moped. Er stand auf und ging zum Verandatisch um sich noch einen Apfelsaft einzuschenken. Paula huschte hinter ihm vorbei und stürmte, ohne stürmen zu wollen, zum Holzzaun und lehnte sich wenig mädchenhaft drüber. Richard nahm sein Glas und schlenderte kichernd hinter ihr her. Sie winkte dem heranbrausenden Hakan und der trat auf die Bremse, das Hinterrad quietschte und er brachte das Moped mit einem eleganten Schlenker zum stehen.
„Hakan!“ rief Paula heiser und ihre Wangen leuchteten rot. Hakan trat den Steher runter und stellte das Moped ab. Er ging um die Maschine rum und lehnte sich an den Zaun: „Hi Paula, was geht?“
Sie sah ihn an. Richard sah Paula an. Hakan sah Richard an und grinste. Richard grinste weil er wusste, dass seine Schwester ab jetzt nur noch stottern würde.
„W w w o geht’s hin?“
„Ach, ich fahr mal rüber zu Steve. Und dann haben wir Probe im Pfarrheim. So bis… was weiß ich, Mitternacht, wenn er uns lässt.“ Er beugte sich über den Zaun und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Ein ganz unschuldiger Kuss. Aber der Kuss würde Paula ihr Leben lang verfolgen. Sie wurde dunkelrot und irgendwie überspielte Hakan ihre Nervosität. Er machte kein Theater, spielte nicht den Übermacho oder so. Er lächelte einfach ganz nett, rückte sich den geschulterten Gitarrenkoffer zurecht und schwang sich auf sein Moped.
„Wann tretet ihr mal wieder auf?“
Hakan trat das Moped an, klappte den Steher ein und tat so, als ob er nachdenken würde. Dann antwortete er: „Noch nicht fix. Vielleicht im November. Da haben wir sieben neue Titel. Die wollen wir dann abrocken. Tschüß Paula, tschüß Richie.“
Jetzt wurde auch Richard rot. Der coole Hakan hatte ihn angesprochen. Nicht nur angegrinst. Angesprochen. Oh Mann. Ihre Großmutter stand auch plötzlich am Zaun, rauchte eine Zigarette und äscherte auf den Rasen. „Wisst ihr eigentlich, warum das Haus Nummer 17 schon so lange leersteht?“
Das war gut. Das wischte Hakan aus Paulas Gesicht und Richard packte die übliche Herbstgeschichtenerregung. „Nein?“ antwortete sie sich selbst. „Wisst ihr nicht? Natürlich wisst ihr das nicht.“
Sie legte ihre Hände auf Richards Schultern und schob ihn so zur Veranda zurück. Dann sah sie über ihre Schulter zu Paula, die noch immer ganz benommen am Zaun stand und mit ihrer Hand die Stelle streichelte, wo Hakan sie geküsst hatte.
„Paula? Kommst du? Du wirst den süßen Knackarsch schon wieder sehen.“
Oma grinste diabolisch und Paulas Gesicht fing Feuer: „Oma, das ist doch nicht…“
„Klar ist es das. Glaubst du, ich bin alt auf die Welt gekommen oder was? Glaubst ich kann einen hübschen Jungen nicht erkennen, wenn ich ihn sehe?“
Auf dem Verandatisch gab es jetzt einen Teller mit Apfelkuchen und einen Krug mit Apfelsaft. Für Omas einen Aschenbecher.
„Also. Das Haus Nummer 17. Das steht seit 1953 leer. Früher wohnte da die Familie Schmidtmann. Der Vater arbeitete als Ingenieur für eine Baufirma, die Mutter war zu Hause. Als Hausfrau. So war das mal. Sie hatten einen Sohn. Der war damals, im Sommer 1953 sechzehn Jahre alt. Ein schlanker Bursche, der bei Klotzkis Tischlerei lernte…“
„Klotzki gabs schon vor… fünfzig Jahren?“
„Aber ja. Die sind ein Urgestein der Gemeinde. Die Schmidtmanns waren stolz auf ihren Jungen. Er trank nicht, rauchte nicht, war ein guter Sportler und zahlte freiwillig Haushaltsgeld. Ein guter Junge. Gutmütig… Und Roman, so hieß der Junge, hatte einen Freund in der Nachbargemeinde, dort, wo der Hakan immer hinfährt zum üben. Wie hieß der doch gleich? Achja, Manfred hieß der. Seit Jahr und Tag ging Roman zu Fuß da rüber oder er borgte sich das alte Waffenrad seines Vaters. Und eines Tages kam er nicht mehr heim. Das war im Herbst 1953. Ja. Genau. Im Oktober. Sie suchten ihn. Sie suchten Roman über eine Woche lang. Die Polizei und Freiwillige aus den umliegenden Gemeinden. Alle suchten sie ihn. Und es gab damals schon Leute die sagten, dass es wieder passiert sei…“
„Was ist wieder passiert?“
„Nun, das ein Kind, ein halbwüchsiges Kind aus der Gemeinde verschwunden sei. Die Leute, also manche Leute sagten, dass das alle fünfzig Jahre passiert. Du weißt ja wie das ist…“ Sie streichelte Richards Haare aus der Stirn, „Es gibt immer alte Leute, die irgendetwas wissen. So war es auch damals, im Oktober 1953. Roman verschwand spurlos und wurde nie wieder gesehen. Die Eltern zerbrachen daran und zogen weg. Es ist grässlich, das eigene Kind zu verlieren, das eigene Kind zu überleben. So was kann Menschen zerstören. Die Schmidtmanns zerbrachen daran.
Das Haus steht leer. Niemand will es verkaufen, niemand will es kaufen. Man sagt, hin und wieder sähe man einen weißhaarigen, nackten Mann auf dem Grundstück herumschleichen. Doch das ist wahrscheinlich erfunden. Hopp. Und jetzt nach Hause. Jetzt sind gleich Nachrichten. Und nehmt den Apfelkuchen mit zu euren Eltern und gebt ihnen was ab.“
Damit war dieser Abend zu Ende. Paula und Richard gingen über zwei unbebaute Grundstücke nach Hause. Richard und Paula waren gute Geschwister. Und so gab Paula Richard keine Kopfnuss als er sie fragte: „Du stehst auf Hakan, was?“
Ihr Blick kriegte was verträumtes: „Wer nicht?“

Am nächsten Tag war Sonntag. Die Eltern schickten Richard und Paula schon zu Mittag zur Großmutter, um ihr zu helfen, die Einmachgläser und die Flaschen mit dem Apfelsaft in die Kellerregale zu schlichten. Oma hatte Apfelgelee gemacht und Apfelmus und Apfelkompott und das musste alles in den Keller.
Sie arbeiteten bis etwa fünfzehn Uhr. Dann gönnten sie sich eine Pause auf der Veranda. Der Himmel war völlig klar. Es war schon etwas kühler geworden, nahezu kalt. Richard wickelte sich in seine Jeansjacke und beschloss, wenn er am späten Abend noch mal herkommen sollte, würde er sich die Strickhaube aufsetzen. Und den Pullover anziehen. Paula schaukelte auf der Hollywoodschaukel. In der Ferne konnte man die Sirenen mehrerer Polizeiwägen hören. Sie fuhren Richtung Osten. Etwa zwanzig Minuten später fuhr ein Streifenwagen am Haus vorbei Richtung Badeteich. Richard sagte noch spaßhalber zu Paula: „Du, da ist was los. Soviel Polizei unterwegs, Mann…“ Er unterbrach sich mitten im Satz, als er das Horn eines Rettungswagens hörte. Dann hörte er das Geräusch. Es war ihm zuerst nicht aufgefallen. Jemand schrie. Jemand weinte. Jemand schrie: „Haaakaaan!!!“ und weinte dabei.
Richard kriegte die Gänsehaut. Ihm war nicht mehr nach Späßen zumute. Dann läutete bei der Großmutter das Telefon. Richard stellte sich halb in die Diele, blieb halb auf der Veranda. Dinge geschahen. Es war etwas passiert. Es war etwas mit Hakan passiert. Richard spürte einen Kloß im Hals. Paula kam zu ihm und war so blass. „Wieso schreit die Frau denn so? Wieso weint die? Was ruft sie…?“
Großmutter stand bei der Anrichte in der Diele, hielt den Hörer ans Ohr und sah die Kinder an. Plötzlich wurde ihr Blick trübe:
„Oh mein Gott. Oh nein. Ohh Gott. Wann? Jetzt eben? Und er… weiß man nicht? Was heißt: Weiß man nicht? Die Haare? Wie weiß? Gut, ruf mich später noch mal an. Das ist ja, schrecklich ist das ja…“
Sie legte den Hörer auf. Paula lief eine Träne über die Wange.
„Komm her Schatz,“ sagte sie zu Paula, „Es ist etwas mit Hakan geschehen. Es hat wohl einen Unfall gegeben.“
Paula begann zu schluchzen. Sie erinnerte sich an sein schiefes, charmantes Lächeln und an den Kuss auf die Wange.
„Ist er…?“ Sie konnte kaum sprechen. Der Kloß im Hals war einfach zu dick.
„Sie sagen, dass wissen sie noch nicht…“
Richard stand alleine auf der Veranda und weinte. Er sah den Pfarrer, der zum Haus der Akins lief. Dann heulte der Rettungswagen vorbei. Diesmal in die andere Richtung. Er sah die Nachbarn, die sich zusammenfanden. Und er hörte was sie flüsterten, redeten: „Schlohweiß. Seine Haare sind… unansprechbar… das Bein ist gebrochen… er ist.. sie sagen er ist… nein, nicht im Koma… wie heißt das Wort? Katatonisch… er war nackt? Ganz nackt? Wo waren seine Sachen? …Hat man sie gefunden? Josef hat einen Zettel bei dem Jungen gefunden… ja… da stand was von „Opfere dich!“ drauf. Schon mal so nen Blödsinn… Wurde er missbraucht? Sexuell? Eine Gewalttat?
Hakan? Richard dachte: „Du bist mein Held, echt.“ Er wischte sich die Tränen aus den Augen. Eine Viertelstunde später kamen ihre Eltern und holten sie ab. Auch Paula hatte sich ein wenig beruhigt. Sie schnupfte die Tränen weg. Überall waren Leute unterwegs. Alle waren aus ihren Häusern gekommen. Richard hörte noch, wie Oma murmelte, als sie ins Haus ging: „Alle fünfzig Jahre. Diese Wellen. Alle fünfzig Jahre.“
Richard riss sich von seinem Vater los und schrie: „Was? Was ist das? Alle fünfzig Jahre?!“
Richards Vater drehte sich um und sah seine Mutter wütend an: „Mama. Lass das. Behalte deine Spukgeschichten für dich. Niemand will das wissen. Schlimm genug, was mit Hakan passiert ist…“
„Aber das war auch mit Roman passiert. Es passiert immer wieder. Alle fünfzig Jahre. Die Felder brechen auf. Da unten ist etwas. Tief unter unserem Land ist etwas und es ist uralt und es ist böse und es holt sich seine…“
„Mama. Genug jetzt! Du verängstigst die Kinder.“
Die Großmutter wandte sich ab und ging ins Haus.
Zu Hause angekommen, verkroch sich Richard in sein Zimmer und gab die Kassette in den Kassettenrekorder. Da waren drei Gitarrensoli von Hakan drauf. Zwei melodiöse und regelrecht romantische Stücke und ein ziemlich wildes Ding. Es wurde dunkel. Es wurde Nacht.
An diesem Abend wurde nicht mehr viel gesprochen. In den lokalen Nachrichten erfuhr man, dass der neunzehnjährige Hakan Akin auf seinem Heimweg von der Probe einen schrecklichen Unfall gehabt hatte und nun im Spital sei. Sie berichteten von seinen weißen Haaren. Sie sagten aber nichts davon, dass er nackt war, als er gefunden wurde.
Um Mitternacht konnte Richard endlich einschlafen. Er träumte von wogenden Feldern. Sie wogten, weil Millionen von verfaulten Leichen sich wanden. Er träumte, dass Hakan schreiend und schluchzend versuchte, aus diesen Feldern zu entkommen. Aber er konnte es nicht. Weil diese Felder sein Leib waren.
Richard dachte, er würde nie mehr ohne Trauer leben können. Er dachte, er würde nie aufhören zu schreien.
In seinem Traum verschwand Hakan in der Ferne der ewigen, rollenden Felder. Die Felder beruhigten sich. Dann waren es nur noch graue, abgeerntete Felder.
Richards geträumte Schreie wurden zu einem leisen Wimmern. Dann lag er ganz still im Bett.
Die Trauer blieb.

Am 25. Oktober 2003 ging Hakan Akin etwa um 23:00 Uhr zu Fuß von der Probe heim. Die Proben fanden in einem Keller des Pfarrhauses statt. Sie durften dort zweimal die Woche proben, obwohl der Pfarrer von dem gottlosen Gegröhl, wie er es nannte, regelmäßig Ohrensausen kriegte. Die Jungs hatten ihn oft versucht aufzuklären, was Death Metal ist und warum sie alle immer schwarz angezogen waren, wenn sie probten. Er hoffte halt, dass sie über diesen Umweg sich vielleicht mal mit der Bibel auseinandersetzen würden. Alles Söhne von anständigen Bürgern...
Hakan hatte etwa sieben Kilometer zu Fuß bis nach Hause. Mit dem Moped zu fahren wagte er sich diesmal nicht, weil er eindeutig zuviel Dope geraucht hatte. Bis zum Ende der Probe hatte er sich großartig gefühlt: Die Jahre, als er als einziger Türke in der Schule gemeinen Hänseleien ausgesetzt war, schienen vorüber. Er war Frontmann einer Band, die sich mittlerweile lokaler Berühmtheit erfreute. Ihr neuester Song: „The devil dances in my eyes“ war ein harter Ohrenwurm, getragen von einer wuchtigen Drum & Bass Line mit einer eingängigen Melodie und viel Platz für wütendes Rezitieren. Hakan hatte die Gitarre verpackt, noch ein Abschiedsbier getrunken und Suzie, ihrem Groupie auf die Muschi gegriffen. Damit das Image stimmte. Suzie stand auf ihn. Sie war aber auch diejenige, die am erbittertsten auf ihn losgegangen war, als er neu in der Schule war, fast kein Deutsch konnte und immer rot anlief, wenn man ihn scharf ansprach. Sie war die, die ihn nachäffte, wenn er in seinen komischen Slang verfiel. Aber aus dem Zwölfjährigen mit den Klamotten aus der Wühltruhe war ein schwarzer Schwan geworden, der sich in Leder zog, sexy aussah und wie ein Gott Gitarre spielte. So wie an diesem Abend: Er hatte den knöchellangen Ledermantel an, die schwarzen Haare mit Gel hochgedrillt, die Augen schwarz umrandet und die knallenge Lederhose an.
Wie gesagt: Er fühlte sich gut, die Probe war gut gelaufen, sie hatten viel gelacht, viel weitergebracht und sie hatten Spaß gehabt, drei Monsterjollies geraucht und ein paar Bier getrunken. Und er fühlte sich so lange gut, bis er von der beleuchteten Ortsstrasse auf den unbeleuchteten Weg abbog, der eine Abkürzung zur unbeleuchteten Landstrasse bot. Es war windstill und die Bäume schimmerten wie Scherenschnitte in blassen, nebeligen Licht. Die Beleuchtung wurde immer weniger und Hakan fühlte sich immer weniger wohl. Seine Schritte hallten einsam. Die Lederhose spannte irgendwie unangenehm und jeden zweiten Schritt knarrte sein linker Schnürstiefel. Hakan kicherte. Aber das Kichern klang ängstlich. Seine Augen wirkten in der milchigen Dunkelheit doppelt so groß und er dachte an die Geschichten, die er gehört hatte. Über Gemütszustände nach dem kiffen. Wie man drauf sein konnte. Gut drauf. Sexy drauf. Lachflash. Angstflash. Verfolger. Hakan bildete sich ein, zeitversetzt um einen Sekundenbruchteil Schritte hinter sich zu hören. Zuerst dachte er, das könnte eine Art Echo seiner Schritte sein. Er blieb stehen und lauschte: Nichts. Klar. Was denn auch? Er erinnerte sich auch an andere Geschichten: Haftentlassene. Freigänger die zulange im Knast waren um zwischen Frauen und Jungs unterscheiden zu können. Gewalttäter, denen ein androgyner Gruftie mit südländischem Blut gerade recht käme: Bück dich mal nach der Seife, Hübscher!
„Fuck, ich hätte seine Mutter fragen sollen ob sich mich heimbringt. Das ist abgefuckt hier!“
Er bog von dem Seitenweg ab auf die Landstrasse, die die beiden Gemeinden verband. Die Landstrasse führte über flache Hügel und durch zwei Wäldchen. Hakan schauderte: Die Wäldchen waren schon tagsüber gruselig. Es gab dort alte Bunkeranlagen aus dem zweiten Weltkrieg, wo man ganz nett kiffen und eine Stehnummer schieben konnte.
Hakan ballte die Fäuste in den Manteltaschen und schritt kräftig aus. Blöd war nur, dass die Schritte, die er hinter sich zu hören glaubte, ebenfalls schneller wurden. Hakan kriegte Angst. Es war lächerlich. Er war schon so oft zu Fuß von der Probe heimgegangen. Hehe, ja, das war tagsüber oder im Sommer. Meistens mit dem Moped… „Scheiße, Mama wird mich fragen wo das Moped ist. Dann wird sie sagen: Lass mal deinen Atem riechen…“ Hakan sah echtes Ungemach auf sich zukommen. Lautes Klagen. Ohrfeigen. Hausarrest. „Fuck!“
Er nestelte sich eine Zigarette aus der Schachtel und sah, dass seine Hände zitterten. Er zündete sie an und schnippte das Streichholz weg. Er sah der gedrillten Rauchspur nach und hätte er das nicht getan, wäre vielleicht alles anders gekommen. Er hätte vielleicht weiter an Gott und die Welt glauben können. Er hätte im Koran lesen können ohne Schreikrämpfe zu kriegen. Und Gott wäre nicht zu einer abstrakten Idee verkommen. Doch vor allen Erkenntnissen lag ein weggeschnipptes Streichholz. Es flog etwa drei Meter weit von der Strasse runter in den Strassengraben. Dort leuchtete etwas weiß. Dort lag was. Hakan wollte weitergehen und tat es auch fast. Aber er dachte: „Da liegt vielleicht ein Stück Papier. Steht vielleicht was drauf. Irgendwas… Brauchbares. Er holte seine Hände aus den Manteltaschen und rutschte in den Strassengraben. Da lag das weiße Ding. Ja, es war ein zusammengefalteter Zettel. Sein Herz klopfte, seine Hände schwitzten und zitterten und er hörte sich selbst winseln. Er wusste nicht wieso, aber es schien ihm plötzlich eine absolut beschissene Idee zu sein, den Zettel aufzuheben. Er zischte: „Scheiß drauf!“ und wollte den Abhang wieder hochklettern. Da machte er eine schnelle Bewegung und schnappte sich den Zettel. Er steckte sich das Papier in die Manteltasche und schnaufte: „Den schau ich mir erst zu Hause an. Aber echt.“
Er rauchte und drehte sich im Kreis. Niemand. Was hast du denn gedacht? Hä? Da ist niemand. Oder doch? Drauf geschissen. Er holte das zusammengefaltete Blatt aus der Manteltasche und sah es an. Seine Hände zitterten immer noch. Er drehte es in der Hand und ging weiter. Inzwischen erreichte er die erste Hügelkuppe. Auf dem halben Weg in die flache von Nebel gefüllte Talsenke kam man in ein Wäldchen, das den Bauern als natürlicher Windschutzgürtel zwischen vier großen Feldern diente. Das lang gestreckte Wäldchen war etwa zweihundert Meter breit und erstreckte sich über eine Länge von fast fünf Kilometer. Das Wäldchen war durch eine Art Graben längsseitig getrennt. Und in diesem Graben voller verrotteten Gehölzes waren die Überreste der Bunkeranlagen. Die Jäger erzählten, dass man dort wildernde Füchse schießen konnte. Und das dort manchmal Wölfe heulten. Jägergeschichten nach dem fünften Glühwein…
Als Hakan im Gehen den Zettel auffaltete, spürte er einen kalten Windstoß. Er blieb stehen und hielt den Atem an. Die Angst war jetzt wie ein eigenständiges Lebewesen in ihm. Die Angst flatterte panisch in seinem Herzen. Und als er spürte, wie sich eine unsichtbare Hand in sein Haar krallte und daran riss, kreischte er auf. Seine Stimme hallte sich überschlagend über die Felder und wurde vom Wäldchen dumpf zurückgeschleudert. Er sank erschöpft auf die Knie und sah sich hysterisch blinzelnd um. Schweiß tropfte ihm in die Augen und rann an den Backen runter. „Scheiße scheiße scheiße…“ Er keuchte und stand auf. Niemand. Da ist niemand. Bleib cool. Da ist absolut niemand. Nur du und Mister Hasch. Dann faltete er den Zettel ein letztes Mal auf und sah die Handschrift. Der Zettel war mit Bleistift beschrieben. Die Schrift war verwischt aber gut zu lesen. Hakan ging weiter. Er las:

Immer schon. Alle fünfzig Jahre macht es Wellen. Der Boden kräuselt sich.
Vor fünfzig Jahren verschwand Roman Schmidtmann im Wald. Und kreischende Soldaten wurden aus dem Wald gebracht. Sie hatten weiße Haare und bluteten aus dem After.
Vor hundert Jahren verschwand eine Schulklasse im Wald. Ihre Leichen wurden nie gefunden.
Vor hundertfünfzig Jahren stürzte die Kirche ein.
Vor zweihundert Jahren explodierte im Oktober das Licht und die Tochter des Bürgermeisters wurde auf einem Feld gefunden.Wahnsinnig und mit Erde im Mund.
Es war immer schon so.

Immer schon.
Jetzt wieder.
Hakan, opfere Dich!!!

Hakan hechelte panisch. Er fühlte sich durch und durch verschwitzt, nass, klebrig und verängstigt. Die Stille außerhalb seines Leibes wurde urplötzlich von einem hölzernen Klappern unterbrochen. Es klang wie wenn ein Lastwagen über eine Holzbrücke rollte. Das Mondlicht schnitt Lichtstreifen in die Nebelfelder. Jalousien in die Ewigkeit.

Hakan knüllte das Blatt zusammen und Tränen glänzten auf seinen Wangen: „Was? Was soll ich? Hey Jungs. Ok. Ich hab echt ne Scheißangst, ja? Lasst das jetzt. Kommt raus.“
Und für den Bruchteil einer Sekunde hoffte er so stark auf einen Scherz seiner Kumpels, dass er sogar schon ihr Lachen hörte. Er sah sie fast schon die Böschung hochpurzeln wie kichernde dumme Kobolde, die ihrem Bandleader einen Halloween Streich spielen wollten.
Aber das, was er hörte was kein Lachen. Auch kein Kichern. Es war das Geräusch einer zu Tode erschreckten Realität. Es war ein trockenes Gurgeln. Ein nasses Reißen. Hakan wischte sich die Augen trocken und sah sehnsüchtig die Landstrasse entlang. Er wusste, dass es keine Sicherheit mehr gab. Keine Geborgenheit. Und keine Wahrheit. Er wusste es weil er sah, wie sich das abgeerntete Feld vor dem ersten Wäldchen zu kräuseln begann wie unter großer Hitze. Es schlug Wellen, brach auf und brandete staubtrocken an die Böschung. Als er sah, was sich im Erdreich bewegte, entkam ihm ein heiseres Wimmern. Und er pisste sich in die Hose.
Leichen. Tausende von verfaulten Leichen. Knochen. Ganze Gerippe. Aufgedunsene Leiber. Die Münder offen zu ewigen Schreien. Die Augen offen und voller Gier auf das neue Fleisch.
„Opfere dich.“
Hakan wirbelte herum. Was er da sah, trieb ihn an den Rand des Wahnsinns. Eine durchscheinende Gestalt in der die Schwärze des Universums gefangen war. Etwa drei Meter hoch, wabernd, zuckend.
„Opfere dich.“
„Aber wieso? Wieso? Wieso ich?“, wimmerte er. Er konnte vor Angst fast nicht mehr sprechen.
Die Gestalt flimmerte und ein durchscheinender schwarzer Finger deutete auf Hakans Brust: „Weil du da bist. Opferst du dich nicht, holen sie sich alles, was du liebst. Opfere dich, Junge. Opfere dich.“
Vor sich hörte er das Summen des Raumes zwischen den Sternen und hinter sich das Gurgeln und Schnattern der Leichenfelder. Aus den Augenwinkeln sah er, wie sie ihre Hände und Arme nach ihm ausstreckten.
„Wie? Wie kann ich denn… wie kann ich mich opfern?“
„Das... Das ist die Entscheidung der großen Grauen. Geh über das Feld der Toten. Geh in den Wald dort. Und warte.“
„Was liebe ich denn schon?" fragte Hakan mit aufkeimender Hoffnung, "Was kannst du mir nehmen? Was?“
Das sternenklare Grauen schnitt sich klar umrissen aus dem dichten Nebel: „Alles. Sie könnten deine Mutter in die Tiefe ziehen. Sie könnten dein Talent zerquetschen. Die physikalischen Grundlagen dieser Welt auflösen. Sie waren zuerst da. Sie waren schon immer da, bis sie durch einen Vertrag zwischen dem alten Geist und Shub Niggurath gebannt wurden.
„Wer?“
„Du singst von ihnen. Die alten Götter. Die Väter des Necronomicon.“ Die Stimme machte ein Kichern nach: „Du kriegst regelmäßig einen Steifen, Junge, wenn du von den Dämonen und dem Unaussprechlichen singst und dich auf der Bühne windest wie eine läufige Hündin. Jetzt wollen sie sich mal an dir erregen. Opferst du dich nicht, opferst du die Welt. Wähle.“ Mit diesen Worten verschwanden die grauenhafte Kälte und die Gestalt, die sich in diese Kälte gehüllt hatte und der Nebel schloss sich. Hakan sah hinaus auf das nächtliche Feld. Es wogte sachte. Weinen war zu hören. Gekreische. Heiseres Heulen. Hakan legte seine Gitarre ab. Sie war in der Ledertasche verpackt. Er erinnerte sich plötzlich, wo er sie gekauft hatte. Wo man in ihr Joints verstecken konnte. Er legte die Gitarre auf die Strasse und ging zur Böschung. Er rutschte runter und versank bis zu den Hüften in einem ekelerregenden Gewühl von Armen und Leibern, Blicken und geifernden Mündern. Sie tasteten an ihm hoch, griffen nach ihm, zogen ihm den Mantel aus. Hakan begann leise zu schreien. Er hatte keine Kraft, laut zu schreien. Es klang wie eine undichte Gasleitung. Nur viel verzweifelter. Hakan umfasste sich selbst. Er schlug verfaulte Arme und Hände weg, Finger, die sich ihm in den Mund schieben wollten, Hände die ihn ausgreifen wollten, ihm die Kleidung vom Leib reißen wollten. Er stakte wie ein Storch über die Leichenfelder und weinte.
„Opfere dich.“, sangen die Münder voll nasser Erde. „Opfere dich.“, skandierten die herbstlichen Stimmen: „Opfere dich.“
Manchmal versank Hakan bis zum Kinn in den Leichen. Sie verflüssigten sich und nahmen wieder Form an. Er konnte Gesichter unterscheiden: Männer, Frauen, Kinder, Jugendliche. Weinende Gesichter, schreiende Gesichter, wahnsinnige Gesichter. Und dann, viel später in dieser Nacht, erreichte er den Waldrand. Er krabbelte über einen bemoosten Stein nach oben und zog sich an ein paar Ästen hoch. Er fühlte sich leer und kalt. Ihm war kalt. Hakan drehte sich um. Da war nur ein Feld. Ein abgeerntetes Feld. Staubtrocken und langweilig im wabernden Nebel, der im Mondlicht weißlich schimmerte.
„Ha.“
Ein einsamer Laut. Der Beginn eines Lachens.
„Scheißjoint, oder?“
„Da war nix, da war nix da war nix, da war gar nix.“ Hakan kicherte und rieb sich die Augen. Nichts war da. Herbstnacht. Langeweile. Die Hälfte des Heimwegs. Der Mond und die Felder und der Nebel, der Nebel. Er sah die Strecke zurück, die er quer über das Feld genommen hatte und sah ein schwarzes Bündel. Sein Mantel. „Na also…“ dachte er immer mehr beruhigt, „Na also.“
Aber er wollte nicht über das Feld zurückgehen, nie und nimmer. Nein danke. Er wollte am Waldrand zurück auf die Straße und dort zurück bis auf die Höhe wo der Mantel war und dann die zwanzig oder dreißig Meter raus aufs Feld. Eine Blitzaktion. Hakan ging los. Dann hörte er das Geraschel im Wald. Das Blätterrascheln. Dann diesen furchtbaren, saugenden Klang, ein Schlürfen und sabbern… Drei Wurzeln lösten sich mit einem Schmatzen aus dem Erdreich und umschlangen Hakans Beine. Er spürte, wie sich die scharfen Kanten durch das Leder seiner Hose schnitten und sich ins Fleisch gruben. Die Berührung war ebenso obszön wie schmerzhaft. Er spürte, wie er sich einmachte vor Schmerz und Angst. Hakan fiel mit einem Aufschrei um und wurde von den Wurzeln blitzartig zwischen den Bäumen hindurch in den Wald gezerrt. Er schürfte sich die Schultern auf, zerkratzte sich das Gesicht. Als er zwischen zwei Bäumen durchgezerrt wurde spürte er, wie sein linkes Bein beim Knie brach. Aber da konnte er schon längst nicht mehr schreien.
Später. Irgendwann im ersten Schimmer des Morgens kam Hakan zu sich. Er war gefesselt und Äste und Lianen waren um ihn gewickelt. Schwarze, feuchtschimmernde Äste bewegten sich vor ihm hin und her, manchmal drückten sich winzige Gesichter durch das feuchte Holz. Hasserfüllte Gesichter mit großen Mäulern und nadelspitzen Zähnen.
„Opferst du dich?“
„Hab ich das nicht schon?“
„Nein. Das war nur ein Spiel um zu sehen was du aushältst. Nun?“
„Ja.“
„Ja was?“
„Ja… ich opfere mich.“
Irgendwo tief in sich spürte Hakan ein Gefühl umfassenden Verlustes. Trauer. Er hatte nichts mehr in sich, das sich logisch mit der Situation befassen könnte. Nur noch Angst und Bedauern. Das, was er nun verlor, schien so weit weg, er konnte sich kaum erinnern. Gitarre spielen, Mädchen im Publikum aufgeilen, guten Rock bringen. Mutter lächeln sehen, Teigtascherln essen. Die Sonne im Gesicht spüren, vor Glück weinen; auch das gab es. Jung sein...
Die Äste rissen ihn hoch und unter ihm spaltete sich der Boden. Die Äste hoben ihn höher und höher. Dann schleuderten sie ihn mit grauenhafter Wucht in den Spalt und Hakan stürzte direkt bis in die Hölle der alten Götter.

Der Sturz dauerte ewig. Keine Anhaltspunkte, keine Orientierung. Zuerst stürzte er noch, dann fand er sich in einer grausigen Höhle, deren Wände lebten. Fleischwände in deren Falten kolibrigroße Insekten nisteten. Er sah die alten Götter. Er sah die Unbeschreiblichen. Und er sah, wie einer der Unbeschreiblichen seine protoplasmatischen durchsichtigen Tentakel ausrollte und kreischte, als er ihm die Hoden abquetschte, seinen Schmerz schlürfte. Ein anderer, durchsichtiger Tentakel des Uralten zuckte vor, pflückte ihm die Seele aus dem Leib wie eine Frucht und stopfte sie sich in das insektenumwuselte Maul.
Zurück blieb ein Sack voll Knochen und Fleisch, der nur noch stille, brütende und unerfüllte Echos der Hoffnung kannte.

Drei Polizisten fanden Hakan am Nachmittag des nächsten Tages im Graben des langen Wäldchens. Ein Autofahrer hatte Hakans Gitarrenkoffer am Straßenrand gesehen und war stehengeblieben. Dann hatte er den Ledermantel auf dem Feld entdeckt, die Brieftasche rausgenommen und als er den Jungen auf dem Foto erkannte, die Polizei und die Feuerwehr angerufen.
Hakan lag nackt im feuchten Laub. Seine Haare waren schneeweiß, seine Augen blutunterlaufen. Bis auf das gebrochenes Bein und die dunkelroten Quetschungen am Hodensack schien er unverletzt. Er lag da, zusammengerollt wie ein Fötus, umklammerte seine Beine und schrie. Doch sein Schreien war nicht laut, weil sein Mund voller Blut war. Und uralter Erde. Ungefähr drei Meter von Hakans linker Seite fand einer der älteren Feuerwehrmänner, die dazugekommen waren, einen zusammengefalteten Zettel. Er faltete ihn auf, in der Hoffnung darauf, einen Hinweis zu finden, was mit dem jungen Gitarristen passiert sei. Kurz war es völlig still. Dann veränderte sich das Licht und ein metallisch-hölzernes Klappern höllerte über die Flur, brandete an das Wäldchen und füllte die Münder der Feuerwehrmänner mit bitterem Kupfergeschmack. Der älteste Feuerwehrmann hob den Kopf und sah zwischen dem Geäst durch hinaus aufs herbstliche Feld. Es wogte. Grau. Und irgendwie lebendig. Er blinzelte zweimal. Und da war es nur ein fades, abgeerntetes Feld.

Skorpioun ( gelöscht )
Beiträge:

07.11.2003 14:45
#2 RE: Requiem im Herbst Antworten

wieder mal eine gute kritik. da steht einem ja die haut zu berge. noch ein kleiner tipp: vielleicht solltest du death-metal-texte schreiben

Gast ( gelöscht )
Beiträge:

07.11.2003 20:09
#3 RE: Requiem im Herbst Antworten

Hm. Danke für die netten Worte. ich setze noch einen drauf. Die "Herbstsonaten" sind vier Geschichten, die eigentlich eine Geschichte erzählen. Hier waren die ersten zwei: "Requiem im Oktober" und "Oktoberblues".

In einem neuen Thread kommen die zwei restlichen Geschichten: D"en Pilger treffen" und: "Die unsterbliche Seele des türkischen Gitarristen"

lg/Peter

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