Kein Windhauch regt sich. Die Eichen hinter mir schweigen. Ich stehe am Ufer des Sees. Das Wasser ist kaum zu unterscheiden von dem nassen Sand unter meinen Füßen und nur wenig heller als die Bäume, die ich schemenhaft am anderen Ufer erkennen kann. Ich strecke meinen Fuß aus und berühre das dunkle Wasser. Es ist kalt. Kaum eine Welle umspielt meine nackten Zehen. Ich setze mich in den Sand und tauche beide Füße in den See. Die Arme um die Knie geschlungen, atme ich die Stille ein, die von der Oberfläche des Sees aufsteigt. Ein Geräusch hinter mir zerreißt die Ruhe, so wie ein unerwarteter Pfeil eine Zeltwand durchbohrt. Ein Mensch tritt unter den Bäumen hervor. Mit klopfendem Herzen verharre ich auf meinem Platz, bewege nur meinen Kopf. Er geht zum Ufer und setzt sich auf eine Bank. Mich scheint er nicht zu sehen. Nach einigen Sekunden klingelt sein Handy. Fluchend sucht er in seinen Jackentaschen danach, findet es, doch es hat schon aufgehört zu klingeln. Er steckt es weg, steht auf und verschwindet in Richtung Ausgang. Ich sehe ihm nach, bis die Dunkelheit ihn verschluckt. Wieder wende ich mich dem See zu. Er liegt schweigend da, wie vorher. Mir ist kalt. Ich werde krank werden, wenn ich noch länger hier bleibe, in dem nassen Sand, mit den Füßen im kalten Wasser. Ich stehe auf, bleibe jedoch noch kurz am Ufer stehen. Der nachtschwarze See vor meinen Füßen hat sich nicht verändert, seit meiner Ankunft. Er wird den Rest der Nacht so bleiben... Mit einem Ruck wende ich mich ab und tauche in die Dunkelheit unter den Eichen ein. Auf dem Parkplatz sehe ich den Menschen wieder. Er sitzt in einem Auto, als warte er auf jemanden. Unwillkürlich beschleunige ich meine Schritte. Der Weg nach Hause ist nicht weit und von Straßenlaternen erleuchtet, doch ich bin froh, als ich die Haustür hinter mir schließen und die Dunkelheit aussperren kann.
die Schilderung dieses nächtlichen Ausflugs ist dir echt gelungen, denn du setzt die Sinne gezielt ein: sehen (Silhouetten der Bäume, ...) , fühlen (kein Windhauch, kaltes Wasser, ...), hören (Geräusch, Handy, ...) "[...] atme ich die Stille ein, die [...]" - da könnte ich mir vorstellen, dass du noch etwas mit riechen einbaust. (z.b. "Nachtluft" etc.) Ist aber deine eigene Entscheidung, denn ich habe an deinem Text echt nichts auszusetzen! Besonders der Audruck am Ende [...] die Dunkelheit aussperren gefällt mir sehr gut!