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Dieses Thema hat 3 Antworten
und wurde 505 mal aufgerufen
 Texte aller Art, Gedichte, Lyrik, Kurzgeschichten, Altbeiträge
Felios Offline



Beiträge: 416

20.11.2004 05:11
RE: Auszug aus einem (unfertigen) Roman Antworten

Viel weiß Sarah nicht mehr von dem, was am Vorabend passiert war. Sie befand sich auf der Heimfahrt von einer Feier. Kumpels begleiteten sie. Sie hatten viel getrunken. Sehr viel. Ihr Freund Andreas, der am Steuer saß, erst recht. Keiner traute sich so recht, ihn vom Fahren abzuhalten und stattdessen ein Taxi zu rufen. Er konnte recht rabiat werden und ihm rutschte öfters die Hand aus, wenn ihm zu heftig widersprochen wurde. Soziale Kompetenz konnte man das nicht gerade nennen, doch wenn Sarah bei ihm war, wurde er zahm wie ein Lamm und wie ausgewechselt. Dann konnte er zärtlich werden und geduldig zuhören. Wenn sie alleine bei ihm war. In Anwesenheit seiner Kumpel legte er wieder sein unbeherrschtes Verhalten zu Tage. Er war das, was man einen selbstherrlichen, arroganten Schnösel nannte, einen Wolf im Schafspelz – oder auch umgekehrt. Das kam auf die Betrachtungsweise an. Er erfüllte jedes Klischee, das man gegenüber seiner Altersgruppe empfinden konnte. Sarah mochte ihn dennoch. Sie sah gut aus, ausgesprochen hübsch sogar. Wobei hübsch ein dehnbarer Begriff ist. Das kommt eben auf den Geschmack an. Andreas gefielen ihre langen, zu einem feschen Zopf gebundenen , dunkelbraunen Haare, ihre leicht gebräunte, tönerne Haut, ihre muskulösen Schenkel und Arme, denn sie spielte leidenschaftlich gerne Tennis. Er labte sich an ihrer sanften, erotischen Stimme, ihrem nach Rosmarin duftenden Parfüm, das aus den Achseln hervorkroch. Er liebte ihre kleinen Füße, ihre spitze Nase, ihre zarten Hände. Sarah wusste, dass sie gut aussah und daher verbrachte sie jeden Morgen eine Viertelstunde vor dem Spiegel, um sich zurechtzumachen. Wie auch an jenem Abend, als sie zu einer Party in der dreißig Kilometer entfernten Stadt eingeladen waren. Während sich ihr Freund mit seinen Kumpels besoff und vor den anderen Frauen herumprollte, unterhielt sie sich mit ihren Freundinnen über dies und jenes. Langweilige Themen wie beispielsweise den Streit von Susi mit Gerhard, der sie verließ, weil Susi ihn mit Sven betrogen hatte. Sven erkannte, dass Susi ihn nur als bloßes Sexobjekt benutzt hatte, weil Gerhard im Bett keinen hochkriegte. Also verdrosch Sven Susi so arg, dass sie ins Krankenhaus eingeliefert werden musste, Gerhard ihr plötzlich alles verzieh und zu ihr zurückkehrte. Sarah interessierte sich eigentlich nicht die Bohne für solche Geschichten, aber ähnlich wie ihr Freund Andreas bei seinen Kumpels den starken Mann spielen musste hielt sie den Mund und heuchelte ab und zu ein „Oh- ist das aber unglaublich. Na typisch Männer...“ und eben all diese Floskeln, die sich da so wiederholten. Ihr entging auch nicht, wie ihre beste Freundin Anne sich an Andreas heranmachte und ihm auf seine Oberschenkel langte. Andreas ließ sich das mit offenkundigen Wohlgefallen über sich ergehen und warf Anne schmachtende Blicke zu. Sarah tat so, als ob sie es nicht bemerken würde und gab sich dem Alkohol hin. Dann war der Abend oder besser die späte Nacht irgendwann auch zu Ende. Sie war zu betrunken, um noch klar denken zu können. Andreas murmelte was, er werde jetzt fahren. Wer denn noch mitkommen möchte. Am Ende saßen sie zu fünft in seinem Corsa und steuerten geradewegs der Hölle entgegen.

© Felios

Gast ( gelöscht )
Beiträge:

20.11.2004 12:07
#2 RE: Auszug aus einem (unfertigen) Roman Antworten

Ich bin gespannt auf den Roman. Der Auszug ist schon mal sehr interessant und macht neugierig auf mehr.

Felios Offline



Beiträge: 416

26.11.2004 15:09
#3 RE: Auszug aus einem (unfertigen) Roman Antworten

ein weiterer Auszug :

Kapitel 2 :

Es war ein belebter Abend in der Kneipe. Wie üblich wurde ich der Nachtschicht zugeteilt und war ununterbrochen am Zapfhahn beschäftigt. Meine Kollegen sprinteten mit überfüllten Tabletts durch den Raum und versorgten die überwiegend jungen Gäste. So auch Gregor, der beinahe jeden Tag in der Kneipe auftaucht, um sich mit hochprozentigem vollaufen zu lassen. Nicht an jenem Abend. Dieses Mal war er viel ruhiger und vernünftiger. Es ging mich ja nichts an, aber seine Trinkerei machte mir schon Sorgen. Wir verstehen uns recht gut. Das ergibt sich einfach, da er immer am Tresen Platz nimmt. So kommen wir automatisch ins Gespräch und tauschen uns gegenseitig aus. Er erzählt wenig von sich selbst, nur dass er ein Studium zum Chemiker begonnen hat und sich dabei recht gut aufgehoben fühlt. Eine Freundin hat er nicht. Schwul ist er auch nicht. Ich sehe ihn auch selten mit Freunden zusammen, wenn ich in der Stadt unterwegs bin. An jenem Abend aber geschah Seltsames. Es fällt mir schwer, das Geschehene zu beschreiben, denn von Anfang an war nichts so, wie es sonst war. Gregor setzte sich nicht an den Tresen, sondern nahm an einem Tisch im hinteren Bereich der Kneipe Platz. Er bestellte sich nicht wie üblich einen Wodka mit Feige, sondern ein Mineralwasser. Und er führte Selbstgespräche. Die anderen Gäste bemerkten dies nicht, es wurde eifrig getratscht wie immer. Gregor brabbelte irgendetwas vor sich hin, dann stand er auf und begab sich in den Nebenraum, wo zwei Billardtische sowie ein Fernseher untergebracht sind. Es liefen die Lokalnachrichten. Aus Versehen kippte ich beim Einschenken Apfelsaftschorle ins Bierglas, was mir ein Stirnrunzeln meines Chefs einbrachte. Doch Gregors sonderbare Verhalten hatte mich stutzig gemacht, worauf ich beschloss dem Nachzugehen. In einer Phase, in der die Bestellungen etwas nachließen, schlich ich zum Nebenraum. Der Nachrichtensprecher kündete einen Kurzbericht über eine örtliche Sportveranstaltung an, die wegen schlechten Wetters abgesagt werden musste. Gregor, der sich sonst nie sonderlich für Sport interessiert, hing förmlich an der Mattscheibe. Wegen des Kraches von klirrenden Biergläsern und lauter Unterhaltung verstand ich nur Bruchstücke. Es ging offenbar um ein Turnier für behinderte Tennisspieler. Was hatte Gregor damit am Hut? Als ich bemerkte, dass ich mich in Angelegenheiten einzumischen drohte, die mich im Grunde genommen nichts angingen, kehrte ich rasch zum Tresen zurück. Der Chef runzelte ein weiteres Mal ärgerlich die Stirn, denn ich hatte zwei junge Herren warten lassen. Einen weiteren Schnitzer sollte ich mir besser nicht erlauben, sonst wäre mein Job dahin.
Aus den Augenwinkeln heraus sah ich, wie sich der Nachrichtensprecher verabschiedete und die Folgesendung Gregors Aufmerksamkeit verlor. Routiniert schüttete ich das frisch gezapfte Bier von einem Glas ins Nächste, damit der Gast nicht nur zur Hälfte Schaum trinken musste und setzte gedanklich ein Puzzle zusammen. Es ergab einfach keinen Sinn. Nicht Gregor. Wie sich bald herausstellte, ergab es sehr wohl einen Sinn. Ich musste nicht einmal lange warten.
Gewöhnlich hat unsere Kneipe um halb eins zu schließen, doch für jenen Abend gab es eine Ausnahmegenehmigung, da sich eine Studentenvereinigung angekündigt hatte, um den Ausklang des Semesters zu feiern. Darunter würden überwiegen Studenten naturwissenschaftlicher Fachrichtungen sein. Nun – ich jobbe ja selbst seit drei Jahren in dieser Kneipe, um mein Geologiestudium zu finanzieren, es würden sich somit sicherlich interessante Gespräche ergeben, sofern die Studenten nicht schon im angetrunkenen Zustand das Lokal betraten. Das war meine Überlegung.
Und damit bezog ich auch Gregor ein, der inzwischen wieder zu seiner alten Form zurückgefunden hatte. Um elf trafen die ersten, natürlich bereits gut betrunkenen Studenten ein und die zwischendurch geleerte Kneipe füllte sich erneut. Es war eine große Kneipe, die diese Bezeichnung eigentlich nicht verdient hatte. Doch auf dem Schild vor der Tür stand lediglich „Zur Kneipe“ –ein aus Mangel an Kreativität entstandener Name. Im Studentenjargon hieß sie folglich nur noch Kneipe, was selbstverständlich auf Dutzend andere Lokale auch zutraf, aber jeder wusste, was damit gemeint war. [...]

© Felios

Schreiberling Offline




Beiträge: 2.222

30.11.2004 09:58
#4 RE: Auszug aus einem (unfertigen) Roman Antworten

@Felios
also immer nur Appetithäppchen *michmalbeschwere* wie gehen die Geschichten denn weiter? Gibt es bald mehr ?
Viele Grüße
vom Schreiberling

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