…wie klein und sanft meine Hand scheint, jetzt wo ich sie in den blauen Himmel tauche, um auf dich zu zeigen. „Schaut eine Möwe! Seht nur wie sie über die Brückenbögen gleitet!“ Mit meinem Zeigefinger halte ich dich kurz fest, mitten im Flügelschlag richten sich Augenpaare auf dich und du hältst inne, lässt den Wind dein straffes Federkleid durchwühlen.
Wie eine Decke die gehoben wird und all die Verwundbarkeit zeigt, wenn wir schlafen. Der Schlaf ist auch nur ein kurzer Moment, ohne hier zu sein ist er sogar kürzer als der Moment, der dich davon abhält deinen Rhythmus zu vollziehen. Für mich bleibst du stehen, darum halte ich dich fest, weil ich deine Schönheit feiern will. Und auch wenn die neben mir die Augen abwenden, als sie sehen wie sich einzelne Federn gegen deine Linien sträuben und deine Verletzlichkeit offenbaren.
Ich spüre den Wind, der- unter deinen Schwingen - deine Geschichte las und sie nun in meinem Gesicht tanzen lässt. Wie sich da einst einmal die Wogen hoben und wieder senkten; das Wasser gegen Holz ankämpfte und ein schöner Namen aus weißen Pinselstrichen den Männern Heimat gab. Ihre Geschichte wurde ihnen ins Gesicht graviert, kleine Striche und Furchen, wo sich das Salz niederließ und Gräben schuf. Diese Gräben füllten sich mit Wasser, von dem sie bald genug hatten und sich an den Anker klammerten. Der Anker wurde ihr bester Freund, da er vermeintliche Heimat brachte und zitternd beteten sie, dass dieser nur schnell den Grund erreicht. Dieses Zittern und Beben ließ sie ihre Einsamkeit spüren, die schlimmste Einsamkeit, war die als der Anker geworfen wurde und die Kettenglieder über den Bug rauschten KLACK KLACK KLACK…
Nun flieg weiter schönste aller Möwen, ich will dich nicht länger festhalten. Doch halt nur einmal kurz inne, bleib für einen Moment am Himmel stehen. Diesmal für dich und genieße es, dass du deinen Rhythmus schlägst, der dich dorthin trägt, wo unter deinen Schwingen der Wind das Kettenrasseln verstummen lässt…