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Dieses Thema hat 0 Antworten
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 Texte aller Art, Gedichte, Lyrik, Kurzgeschichten, Altbeiträge
Coline Offline



Beiträge: 147

22.06.2007 18:44
RE: erste längere Geschichte Antworten

Das ist mein erster Versuch eine längere Geschichte zu schreiben. Diese Idee wollte ich schon länger umsetzen, doch wenn man noch nicht so genau weiß, wie man es ausdrücken kann, dauert es eben etwas länger

Seelenspiegel
Das ist der erste Teil (Sonnenfinsternis meines Herzens)

„Ahhhhhhhhhhhhhhhh, nein, du darfst nicht sterben. Ihr müsst sie weiterbeatmen, ihr dürft sie nicht aufgeben.“ Doch die Ärzte wanden sich den anderen Patienten zu. In mir brach eine Welt zusammen. Ich werde dich nicht aufgeben. Ich kniete mich neben Fanny nieder und suchte ich das Brustbein und zwei Finger weiter rechts setzte ich an. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30 und ich presste meinen Mund auf ihren und blies Luft in ihre Lunge . Und 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15…30 und wieder zweimal beatmen. Ich befand mich in einem Kreislauf und kämpfte wie eine Verbissene um ihr Leben. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15…30 beatmen, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15…30 beatmen. Dieser Rhythmus ging mir in die Seele über. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15…30 beatmen, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15…30 beatmen. Ich schrie wie von Sinnen als die Ärzte kamen, um mich zu beruhigen. Von ganz weit weg hörte ich ihre Stimmen, fast so als wären sie in einer anderen Welt: „Bitte beruhige dich. Sie ist tot, wir konnten sie nicht mehr reanimieren.“. „Nein!“ schrie ich. „Ihr habt sie sterben lassen. Sie war meine Freundin. Wie konntet ihr zu Mördern werden, wenn ich euch verpflichtet habt, Leben zu retten?“ Dann wurde mir schon etwas schwummrig und ich spürte den kleinen Stich der Spritze. Gleich würde das Gift wirken. Meine Gedanken fuhren Achterbahn. Ich habe nur noch wenige Minuten bis auch bei mir das Beruhigungsmittel wirken wird. Tja ihr werdet euch wundern, aber ich bin euer Gift gewohnt. Ich hätte nicht gedacht, dass mir mein Neuroleptikum noch mal helfen wird. Mit einem Satz fuhr ich hoch, meine Beine wackelten etwas, doch ich war sofort wieder bei mir und machte die paar Schritte in Richtung Fanny. „Es tut mir leid, dass ich dich nicht mehr retten konnte. Ich habe dich lieb. Ich wünsche dir, dass du dort oben bei den Sternen deinen Platz findest. Oder dass deine Seele den Weg zum Meer findet und dort ihre Freiheit finden kann. Ja, vielleicht kannst du dort auch wieder glücklich werden an dem Ort – den du seit du klein warst – geliebt hast.“ Dann spürte ich die Wirkung. Tja, das hättet ihr nicht gedacht, aber mein Körper ist an solche Substanzen gewöhnt. Mit dieser Genugtuung wurde ich ganz ruhig. Meine Augenlider wurden schwer und ich sah Fannys Gesicht, bevor ich einschlief.
Als ich erwachte, sah ich nur eine kahle Wand. Weiße Geister schlichen um mich herum. Ich mochte sie nicht. „Hoffentlich bin ich nicht so lange hier“, dachte ich mir. Dass ich im Krankenhaus bin, ist klar. Nun die Frage, wie komme ich wieder heraus? Das Grübeln machte mich wieder müde und halb schlafend, halb wartend, harrte ich der Dinge, die da kommen mögen.

„Oh, Juri, du bist wieder erwacht.“ Ich blickte in das glückliche Gesicht meiner Eltern.

Tja, so einfach hatte ich mir das nicht vorgestellt. Auf meinen eigenen Wunsch durfte ich das Krankenhaus verlassen. Man sagte mir, ich solle mich schonen und erholen. Mein Freund kümmerte sich rührend um mich und auch sonst waren alle sehr entgegenkommend. Doch niemand ahnte, dass mein „normales“ Verhalten eine Höchstleistung in Richtung Schauspielerei war. Ich brauchte immer längere Zeit, um meinen Akku wieder aufzuladen. Ich ging viel alleine spazieren, hörte Musik und spielte Volleyball. Für jeden objektiven Beobachter sah es so aus, als wäre seit zwei Wochen alles wieder beim Alten. Doch ich selbst, hatte das subjektive Gefühl zu sterben. Mein Herz lag in Scherben. An der Stelle, wo es eigentlich schlug, war nur eine bedrückende Leere. Ein Schmerz, dessen Ausmaß ich nicht beschreiben konnte. Ich ging zur Arbeit, als wäre nichts passiert. Ich lernte für die Schule, als hätte ich nie etwas anderes getan. Ich ging einkaufen, um mich mit Lebensmitteln zu versorgen. Ja und ich besuchte auch meine Familie, unternahm Dinge mit meinem Freund, aber ich lachte nicht mehr. Ich konnte den Tag nicht mehr genießen. Denn dieser alles durchdringende Schmerz erinnerte mich an den Tag des Sterbens. Ich träumte schlimme Dinge, doch das waren nur Träume und ich erwachte immer wieder, wenn auch schweißgebadet. Aber aus der Realität erwachte ich nicht. Ich brachte den Tag herum, doch ich spürte nichts Positives dabei. Die Tage vergingen, aber die Qual des Lebens, immer weiter leben zu müssen, verging nicht. Die Erinnerung krallte sich in meinen Gedanken fest. Alles was ich tat, war durch diese Leere gekennzeichnet. Mein Körper implodierte fast, meine Seele starb ihren langsamen Tod und die hilflosen Schreie wurden nicht Ernst genommen. Ich hasste Sätze wie „Die Zeit heilt Wunden.“ oder „Alles wird wieder gut.“, „Du musst stark sein.“ etc. Nein, niemand kann Wunden heilen, die nicht rückgängig gemacht werden können. Auch die Zeit nicht, seit denn sie kann zurück gedreht werden. Ein schlauer Mensch hat auch mal festgestellt, dass die Zeit keine Wunden heilen kann. Nein, man gewöhnt sich nur an den Schmerz. Leider kann ich mich nicht mehr an den Autor erinnern. Ich fühlte mich nur noch elend, krank, hässlich, sehr aggressiv und gleichzeitig introvertiert! Ich kann keine besseren Worte finden, um meine Situation treffender darzustellen, ich kann Vergleiche für alles und jeden finden, aber nicht um diese Leere zu beschreiben, deshalb hier ein Zitat: „Meine Psyche hängt an einem Stück Zwirn über den Grand Canyon.“ (Coline Weber: Narben die bleiben). Ich bemerkte, dass ich mich von den Menschen entfernte, die ich liebte, aber ich hatte nicht die Kraft dagegen anzukämpfen. Jeden Tag dachte ich an diesen schrecklichen Moment, der schon 15 Tage her war und doch kam es mir vor, als wäre es erst vor Sekunden gewesen.

Ich dachte viel über mein Leben nach. Ich bin nicht mehr so, wie ich vor diesem Unfall war. Ich habe mich verändert. Mein Lachen wurde durch die Narben meiner Seele ersetzt. Überall zieren sie meinen Körper. Tränen des Blutes. Schreie meines Herzens. Diese Gegenwart frisst meinen letzten Lebenswillen auf. Ich weinte viel, doch weder das Cutten noch das Weinen brachten die gewünschte Erleichterung. Die Unruhe, der Schmerz und die Trauer, ja, das alles waren Komponenten, die ich nicht mehr verarbeiten konnte. Ich war zu schwach. Ich begann mich in Halluzinationen zu flüchten. Ich sah Dinge, die nicht da waren: Ich sah Fanny. Ihr ganzer Körper war mit Blut bedeckt. Zudem bildete ich mir ein, ihre Stimme zu hören. Ja, ich war mir sicher, sie sprach auf einer anderen Ebene mit mir. Dann hörte ich auch eine andere männliche Stimme. Sie lachte mich aus. Diese Stimme machte mich am Anfang nur wütend, aber mit der Zeit bekam ich Angst vor ihr: „Du bist schlecht. Du hast deine Freundin sterben lassen. Du bist schuld. Du bist ein Mörder!“ Diese Worte hallten durch meinen Kopf, fraßen sich in meine Träume. „Du bist ein Mörder!“ Immer und immer wieder versuchte ich mir die Ohren zuzuhalten, doch die Stimme wurde nicht leiser. Ich drehe langsam durch. Ich werde verrückt. Ich bin verrückt. Meine Maske gegenüber den anderen Menschen wurde fast transparent. Ich hatte keine Kraft mehr. Ich war am Nullpunkt meiner Kräfte, mein Wille war gebrochen. Ich war nicht mehr in der Lage, mein Leben weiterzuführen. Ich kann nicht mehr. Dieser Satz blieb mir im Herzen hängen. Ich war am Ende.

Doch bevor ich aus dieser Realität fliehen konnte, musste ich noch einen letzten Schritt tun...

[ Editiert von Coline am 23.06.07 12:22 ]

"Menschen mögen vergessen, was du ihnen gesagt hast, aber sie erinnern sich immer daran, welches Gefühl du in ihnen ausgelöst hast." (Carl W. Buechner)

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