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Dieses Thema hat 1 Antworten
und wurde 412 mal aufgerufen
 Texte aller Art, Gedichte, Lyrik, Kurzgeschichten, Altbeiträge
Gusano Offline



Beiträge: 53

13.08.2007 16:10
RE: …und dann drehst du durch! Antworten

Abitur geschafft, neues Leben vor sich, nichts ist wie es war, nichts wird je wieder so sein… und dann tickt man aus.

Es ist Sommer, und wir alle um die 20 Jahre alt. Vor 5 Monaten und mehr saßen wir alle noch in der Schule und bereiteten uns auf unseren Abschluss vor. Wir waren Schüler, hatten unseren geregelten Tagesablauf. Aufstehen, Frühstücken, Schule, Lernen, Freizeit. Jahr für Jahr, 13 Jahre lang. Dann musste der Tag kommen, der Ziel und Sinn all der Jahre zuvor war. Vor 700 Gästen bekommt man unter großem Applaus sein Abiturzeugnis, ist glücklich, man hat es endlich geschafft. Nun hat man erstmal Pause, ist kein Schüler mehr, das Leben kann beginnen. Freiheit.

Nach kurzer Zeit wird aus eben dieser Freiheit eine kleine bis große Lebenskrise.

Es gibt Wenige unter uns, die schon vor dem Abi wussten, was sie danach machen wollen. Es gibt Viele unter uns, die wissen es immer noch nicht. Plötzlich muss man für sich selbst entscheiden, wo der Weg hinführen soll. Was will ich machen in Zukunft? Studium, Ausbildung, Pause? Wo will ich mal stehen? Jetzt ist die Zeit gekommen, in der man sein eigenes Leben in die Hand nehmen muss. Und man versagt.

Das so störend geregelte Leben der letzten Jahre steht nun in einem ganz anderen Licht. Man ersehnt es. Aber man kann nicht zurück. Zukunftsängste entstehen. Werde ich für meinen Wunschstudienplatz genommen? Ist eine Banklehre das Richtige für mich? Was mache ich, wenn das alles nicht klappt? Vor einem eine Wand von Möglichkeiten, Keiner kann dir Helfen, du stehst alleine da, und du siehst wie sich alles verändert. Gegen deinen Willen.

Viele Freunde ziehen weg, der Kontakt zu den Meisten bricht nach einigen Wochen ab, an allen Ecken Veränderungen, und von dir erwartet man, dass du mitmachst. Dich auch veränderst. Zwangsweise. Und du tust das, aus Verzweiflung radikal und ohne Halt.

Anstatt das neue Leben und all die Umstellungen gemeinsam mit alten Freunden und deinem Partner zu gestalten, hast du sie ausgemustert. Sie passten nicht mehr in dein jetziges Leben. Dachtest du. Aber du hast dich getäuscht, und das macht dich fertig. Was jetzt beginnt ist wohl unvermeidbar.

Und dann drehst du durch!

Wenn ich so meine K13 ansehe, hat sich viel getan. Jahrelange Beziehung brechen auseinander. Menschen, die sich nie ausstehen konnten, fallen übereinander her. Wenn sich alles verändert, musst du das auch tun, denkst du. Du machst Schluss mit deinem Partner, willst etwas Neues, denn du bist neu. Ein ganz anderer. Einer mit Abitur, einem neuen Leben vor sich. Altes wird ausgemistet. So lange, bis du irgendwann alles ausgetauscht hast und nicht mehr du selbst bist. Mal mit der süßen Bekannten rummachen, was ist schon dabei. Du bist toll, also warum nicht. Mal sehen, was alles geht, was alles möglich ist. Wer schon fast alles variiert hat bis jetzt, der macht vor nichts mehr halt. Du hörst auf deine Gefühle, aber die ändern sich von Tag zu Tag, und du versinkst immer mehr in einem Leben, dass du nicht leben willst, und wirst immer mehr zu einer Person, die du nicht sein willst.

Natürlich fällt dir auf, was du alles zerstört hast. Spät aber dann mit einer brutalen Deutlichkeit. Du kannst nichts mehr ungeschehen machen, aber denkst dennoch in „hätte, wäre, wenn“ Sätzen. Du versuchst zu retten, was zu retten ist, hoffst auf Verständnis, aber nur wenige Menschen begreifen deine Situation, in der du dich befunden hast. Sie werden selbst, wenn sie ihren Abschluss gemacht haben, die gleichen Erfahrungen machen, und dann verstehen. Vielleicht zu spät.

Aber was bleibt für uns?

Mit der Zeit kriegt sich jeder wieder ein, man wird wieder normal. Man kehrt zurück zu den Personen, die einem nicht ohne Grund sehr viel bedeutet haben, bittet um Verzeihung. Man hat viel gelernt. Zum einen, dass man wohl noch lange nicht so erwachsen ist, wie man immer dachte, zum anderen aber viel mehr, dass man sich großen Veränderungen nicht alleine stellen kann. Man braucht den Halt von Menschen, die einen so gut kennen, wie kein andereren. Man braucht sie so schrecklich. Leider begreift man erst in den Wochen des Durchdrehens, wie wichtig sie für einen sind.

Umstellungen, Veränderungen, ein neues Leben aufbauen – all das kann man nicht alleine. Keine Alleingänge, sie scheitern.

[ Editiert von Gusano am 13.08.07 16:10 ]

[url]www.gusano.de.tc [/URL]

Coline Offline



Beiträge: 147

14.08.2007 10:43
#2 RE: …und dann drehst du durch! Antworten

Tja so ist das, wenn ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Man verlässt alte Ufer und sucht Brücken zu neuen Möglichkeiten. Man versucht sich zu wiederzufinden bzw. denjenigen zu finden, den man werden will.
Schwierigkeiten und neue Ansichten sind nicht umsonst Komponenten von Entwicklungsprozessen. :-) Aber es wird werden. Man kann jetzt alle Kraft hineinstecken und es versuchen so zu drehen, wie man es haben will. Aber das ist sehr schwierig (habe das am eigenen Leib erfahren). Vielleicht der einzige Trost: Jeder muss das durchmachen!

Liebe Grüße Coline

[ Editiert von Coline am 15.08.07 9:07 ]

"Menschen mögen vergessen, was du ihnen gesagt hast, aber sie erinnern sich immer daran, welches Gefühl du in ihnen ausgelöst hast." (Carl W. Buechner)

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