Ich verstehe sie nicht und sie verstehen mich nicht. Niemand versteht mich. Ich rolle mit dem Rad die Straße herunter, wie ein scheues Tier, das vor allem was raschelt davon rennt. So bin ich. Ich bin ein Kuckuckskind, naja nicht so ganz richtig, aber ich bin ganz allein. Seit Mum und Dad weg sind, bin ich bei Bianca und Herrmann. Und sie verstehen es nicht. Nichts. Nachmittagsverkehr. Die Autos schleichen wie bunte Pünktchen durch die Straßen. Durch den Schleier aus Wasser auf meinen Augen ist alles verschwommen. Ich bin am Ende der Straße angekommen. Abbiegen. „Niemand versteht dich! Niemand will dich verstehen!" Immer wieder hallt es durch meinen Kopf. Plötzlich verschlingt mich ein verschwommener Punkt. Ich, das scheue Tier, wurde eingeholt.
Ich wache auf. Wo bin ich? Mein Kopf schmerzt. Die bunten Punkte sind weg, nichts ist mehr verschwommen. Alles ist weiß: weiße Wand, weiße Möbel, weißes Laken. Meine Pflegemutter kommt auf mich zu: "Mein Gott! Felicitas, Schätzchen! Was machst du Bloß für Sachen?" Ich blicke sie fragend an, wie ein Baby, and dem alles nur vorbeizieht. „Du hattest einen Unfall. Du bist ungebremst in ein Auto gerammt. Ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist. Warum bist du bloß weggefahren? Wir haben uns solche Sorgen gemacht." Stille. Ich kann ihr nichts sagen, es ist. Als stünde sie vor einer Wand und ich dahinter. "Du würdest es nicht verstehen!", denke ich. Sie sieht mich mitleidig und besorgt an. „Weiß nicht. Fahr ruhig nach Hause, Bianca! Du musst doch auf Martin und Annett aufpassen. Herrmann ist doch bei der Arbeit." „Aber ich kann dich doch..." „Lass mich alleine!", herrsche ich sie an, wie ein aggressiver Hund, "Ich komm schon allein zurecht." Sie wird nicht sauer, geht eher so weg, als hätte ihre Mutter ihr keinen Teddy gekauft. So grob wollte ich nicht sein, aber es ging nicht anders. Sie würde die Wahrheit nicht verstehen.
(Später Es klopft, Omi betritt den Raum. Omi! Das einzige Stück aus meinem alten Leben, dass noch vorhanden ist. „Omi! Oh, Omi! Bist du extra wegen mir hergekommen?" Logisch, wohl kaum wegen Bianca. „Schätzchen, natürlich! Tut mir leid, dass ich dich nicht früher besucht habe. Es gab so viel zu tun!" Sie nimmt mich liebevoll und vorsichtig in den Arm. Ruhe. „Wie ist das bloß passiert?" Sie deutet auf mein Bein, als wolle sie mir einen Vogel am Himmel zeigen. Ich sehe hin. Es liegt in einem Gips, der sich farblich nicht vom Raum abhebt. Ich tue, als müsse ich überlegen. „Ach, Omi! Keiner versteht mich! Bianca, Herrmann... Sie wollen nicht mit mir darüber reden. Aber ich kann es nicht vergessen!" „Oh, Feli! Ich auch nicht, ich denke völlig vergessen tust du es nie. Ich kann auch noch nicht glauben, dass deine Eltern tot sind. Aber weißt du, deinen Pflegeeltern wollen dir helfen, darüber hinwegzukommen. Sie wollen dich nur nicht verletzen. Für sie ist es sicher auch nicht leicht. Du wirst deine Eltern immer in deinem Herzen behalten, aber du musst auch Platz für Bianca und Herrmann lassen in deinem neuen Leben." Ich setze wieder den verständnislosen Baby-Blick auf. Doch dieses Gespräch hat mir die Augen geöffnet. „Wirklich?" „Hm." Oma verlässt den Raum um sich eine Tasse Tee zu holen. Mit ihr konnte ich schon immer über alles reden. Ich sehe an mir herunter und bin so weiß wie der Raum. Nicht weiß, wie leer und kalt, sondern weiß für einen Neuanfang. Und diesmal wird er klappen.
Nur so: Das ist keine Auobiographie. Ist für Deutsch ne Kurzgeschoichte! Kommt bei uns in dei Schülerzeitung, Frau Deutsch fand das ganz toll!