Pausenhof einer Grundschule. Geschrei von Kindern. Karl und ich im Zwiegespräch. „Du spinnst ja“, sagte Karl herablassend, „du klopfst doch nur Sprüche!“ „Du wirst es ja sehen!“ setzte ich nach, „erst lerne ich Judo und Karate, und dann Kung Fu!“ Der Brustton der Überzeugung sprach aus mir. Gedanklich weilte ich bei den Kriminalromanen der drei Fragezeichen, in deren Fußstapfen ich treten wollte. Karl glaubte mir nicht. Natürlich war er im Recht, aber in meinem kindlichen Fanatismus vermischte ich Phantasie und Wirklichkeit. Ich bestand trotzig darauf, später einmal ein unbesiegbarer Kampfsportler zu werden, und Karl, abschätzig auf mich herabschauend, provozierte mich weiter, indem er mich nicht ernstnahm. „Wenn Du nicht aufhörst, dann hau' ich Dir eine runter!“ stieß ich wütend hervor. Karl lachte nur. Er war einen Kopf größer als ich, von kräftiger Statur, wähnte sich in Sicherheit. Ein paar Minuten später fand ich mich einige Meter von ihm entfernt auf dem Pausenhof wieder. Karl war von Mitschülern umringt, die auf ihn einredeten. Mitfühlende Blicke. Karl heulte. Seine rechte Wange feuerrot. Er deutete immer wieder in meine Richtung, brach dabei neuerlich in Tränen aus. Offensichtlich hatte ich ihn geschlagen. Ich war nicht bei mir, als es geschah, meine Wahrnehmung hatte ausgesetzt. Nur langsam kam ich wieder zu mir, doch an den Augenblick der Tat konnte ich mich nicht erinnern. Alle starrten mich ungläubig an. Unmöglich, dachten sie wohl, unmöglich, der ist doch der größte Angsthase in der dritten Klasse, klein, schmächtig, schüchtern. Der traut sich doch nie etwas. Karl lachte seit jenem Tag nicht mehr über mich. Er redete auch nicht mehr mit mir. Die anderen schauten nur, als sei ich ein exotisches Tier, Neugierde weckend, aber ihm besser nicht zu nahe kommen. Nur noch Geschrei von Kindern.
(c) Felios
"Der beste Kenner einer Gesellschaft ist der Fremde, der bleibt." (Georg Simmel)
ich musste mich einmal gegen die komplette parallelklasse zur wehr setzen, die sind alle zusammen auf mich raufgegangen. welche lektion ich davon gelernt habe? wut, wut und nochmal wut...gut versteckt in den tiefen der seele, frisst sie einen auf, bis man krank davon wird. ich war stinkwütend auf die, da ich sogar im recht war.
Sprecht ihr von Mobbing? Wir hatten in der sechsten Klasse einen Jungen, den die anderen Jungs fertig gemacht haben, weil er sich nicht regelmäßig gewaschen hat und im Schullandheim in die Hose gemacht hat. Er hat nach der siebten Klasse die Schule gewechselt, war wohl besser so, er war ziemlich schlecht im Unterricht. Wenn man was über Mobbing lernen kann, dann nur aus Erfahrung.
[ Editiert von Sarah ILoveFallenAngels am 06.05.09 17:11 ]
Dream as if you'll live forever Live as if you'll die today. (James Dean)
Aus Erfahrung lernen, damit will ich nicht sagen, dass Mobbing okay ist. Wer schon einmal Mobbingopfer war oder eines kennt und weiß, wie es ist, gemobbt zu werden, der lernt daraus mehr als andere, die Mobbing weder passiv noch aktiv erfahren haben. So meine ich das.
Dream as if you'll live forever Live as if you'll die today. (James Dean)
Monate- oder Jahrelanges Mobbing haben ganz nachhaltige Auswirkungen auf die psychische Entwicklung (des Selbstbildes) eines Jugendlichen, da es gerade in der persönlichkeitprägenden Zeit passiert. Sich nicht leiden können, sich aus dem Weg gehen steht noch auf einer anderen Stufe als jemand gezielt mit Worten oder Prügel niederzumachen.
Gruß,Felios
"Der beste Kenner einer Gesellschaft ist der Fremde, der bleibt." (Georg Simmel)
Hi, Rainy. Das, was früher "nicht mögen" hieß, heißt auch heute noch so. Nur für Mobbing gab es (zu meiner Zeit! - 1960ies) noch kein Wort. Wir haben das gemacht ... zu meiner Schande muß ich gestehen, dass ich auf der falschen Seite dabei war. Man denkt nicht, wenn man pubertät dämlich ist .. und man denkt später nicht gerne nach. Das sollte die aktuellen Psycho-Virtuosenl nicht davon abhalten, mal die Geschichte des Mobbing zu untersuchen. Denn das gab es schon zu Cäsars Zeiten (und weit davor!) MOB = Menge (meist, die ungehaltene, verdämlichte Masse des Volkes!) bing? (Ich kenne da eine Entsprechung aus Schtahr Wohrs! ... Aber die soll hier nicht angeführt werden. Zaza!) Hoffen wir also, dass unsere Kinder, Neffen, Verwandte, Bekannte ... nicht darunter zu leiden haben, was manche als "nicht mögen" bezeichnen. LG Alex
"FEUERAUGEN" (3 Bände: 1-Das Dorf, 2-Drei Städte, 3-Das Schloss) Mein Roman im Buchhandel
wer will schon gern selbst gemobbt werden. ich erlebe es nicht täglich, aber doch häufig, dass leute in meiner umgebung sich nicht mehr riechen können. wenn der mob aber einmal los ist, gibt es meist kein halten mehr. dann können sich mobber und gemobbte im wahrsten sinne des wortes nicht mehr erriechen. dabei könnte ein wort zur zeit die für betroffene oft verheerenden folgen vermeiden. für solche fälle gibt es die "kümmerer" (mediatoren, oder wie immer man das nennen mag). in einer anderen zeit habe ich mich selbst als mobbingopfer gefühlt. genau da liegt die crux. niemand kann mich verletzen, solange ich mich nicht verletzt fühle. ich gebe aber zu, es ist immer eine frage der zeit, bis das dicke fell dünne stellen bekommt.