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Dieses Thema hat 19 Antworten
und wurde 435 mal aufgerufen
 Texte aller Art, Gedichte, Lyrik, Kurzgeschichten, Altbeiträge
Seiten 1 | 2
Tintenfass Offline




Beiträge: 75

13.09.2009 15:33
RE: VORWÄRTS Antworten

Hallo Ihr

Nachdem die Banane als Rhythmusstudie eher auf Unverständnis gestoßen ist, hier mal eine Formidee zur Verschmelzung von Prosa und Lyrik. Auf Inhaltsleere wurde bewusst verzichtet.

VORWÄRTS

das alte endet
das neue beginnt
wer noch steht gewinnt

in furchtbarem fleische gebrochen
in zerstörendem eifer geblendet
laut jubelnd in den untergang
doch wer geht voran

eine welt gebrochen von überfluss
gestrauchelt am höchsten punkt
wie ein flugzeug das hinunterfällt
und nicht wieder nach oben schnellt

das geifernde auge blickte in den eifersüchtigen himmel und zerschellte bei dem versuch an dessen unsichtbaren schranken der vernunft

ist es wahr
dass es sein muss
dass alles vergehn muss
dass es nicht bleibt
dass die welt vergeht
dass das feld sich bewegt
dass das spiel weitergeht
auch wenn sie fort ist

ich sammle die trümmer auf und stecke die flamme in das dunkel der geschichte vergangenheit und vergessenheit auf das niemand mehr davon nährt

sie steht auch wieder auf
noch heller als zuvor
bis das der nächste sagt
es muss neu sein
es muss das alte brennen
das neue muss den schritt ins rampenlicht wagen
muss es ertragen
vorne zu stehen
weiter zu gehen

die geschichte ist kein kampf sondern ein transzendales gewächs im auge des betrachters

Die Sonne strahlt,
der Apfel steigt.
Solange nur die Leiter schwebt

alex1987 Offline




Beiträge: 191

13.09.2009 16:49
#2 RE: VORWÄRTS Antworten

Eine interessante Mischung von Lyrik und Proa. Allerdings hätte mehr von zweiterem für etwas mehr Gleichgewicht zwischen den beiden Stilen gesorgt.

Tintenfass Offline




Beiträge: 75

13.09.2009 17:43
#3 RE: VORWÄRTS Antworten

Hallo Alex

Du hast Recht; zur tatsächlichen Synthese fehlt noch Prosaanteil. Jedoch als ersten Schritt in die Richtung des Holzpfades finde ich dies sehr gelungen :-D.

Mal sehen was die Zukunft bringt

Tintenfass

Die Sonne strahlt,
der Apfel steigt.
Solange nur die Leiter schwebt

Miss Rainstar Offline




Beiträge: 1.967

13.09.2009 18:38
#4 RE: VORWÄRTS Antworten

mir gefällts. die mischung ist ganz gut gelungen und die prosa lockert alles gut auf. und sooo inhaltsleer ist es doch gar nicht.

...
Der Weg der Drachen - mein Roman

www.die-perlenzwerge.net

- mein Wunsch-einfach mal klicken und guggen!

Tintenfass Offline




Beiträge: 75

13.09.2009 19:05
#5 RE: VORWÄRTS Antworten

sag ich doch "Auf Inhaltsleere wurde bewusst verzichtet"

Die Sonne strahlt,
der Apfel steigt.
Solange nur die Leiter schwebt

alex1987 Offline




Beiträge: 191

13.09.2009 20:10
#6 RE: VORWÄRTS Antworten

Ich habe auch nicht behauptet, dass es inhaltsleer ist.

tHEfOOl Offline




Beiträge: 559

13.09.2009 21:31
#7 RE: VORWÄRTS Antworten

Zitat
eine welt gebrochen von überfluss
gestrauchelt am höchsten punkt
wie ein flugzeug das hinunterfällt
und nicht wieder nach oben schnellt



Das ist für mich sogar sehr stark!
Gereimt, verwehrt den Reim, bringt Gedankenquerschläger (=Assozis) ins Spiel und verwehrt auch diese.
Doch ... das kommt mir sehr entgegen, den es wird was gesagt.
Die leise Kritik mit der Prosa halte ich für etwas überflüssig, denn Prosa ist ja nur (in meinen Augen) nicht metrisch gespanntes, gereimtes Gesagtes.
Prosa ist, was wir denken ... prosaisch ... lebendig.
Und das holpert auch mal so dahin.

Ganz im Sinne von VORWÄRTS:

Lass die Flieger nicht drehen und
sie nicht unterkriegen.

tHEfOOl

"FEUERAUGEN" (3 Bände: 1-Das Dorf, 2-Drei Städte, 3-Das Schloss)
Mein Roman im Buchhandel

Auf meiner Homepage viele weitere Texte, Musik und Infos

Tintenfass Offline




Beiträge: 75

13.09.2009 22:59
#8 RE: VORWÄRTS Antworten

Hallo

Natürlich gibt es Prosa, die so vor sich hinplätschert. Das gibt es aber auch in lyrischen Texten. Selbst bei Goethe gab es schon ganze Strophen, die einfach so dahinliefen, ohne großartig anzustrengen.

Für mich als Leser ist Lyrik immer auch etwas entspannendes. Der Rhythmus, die Melodie, die gesamte Artikulation ist formal implizit oder explizit enthalten.
Atemlose Gedichte in derartiger Explosivität, wie etwa ein Roman von Pascal Mercier, Thomas Mann oder Theodor Fontane habe ich in noch keinem Gedicht gefunden. Inhaltliche Dichte, Schönheit und einfacher, geballter Ausdruck; Standbilder aus Sprache, gemeißelt aus Granit, unveränderlich auf einem Fundament aus Metaphorik ( ) das ist für mich Lyrik.
Diese beiden Aspekte von Literatur sich näherzubringen, habe ich dieses "dynamische Standbild" geschrieben. Es gibt sicher andere, bessere, schönere, leichtere, schnellere und ältere Wege - Diesen, habe ich mir aber selber in den mir bekannten Blätterwald geschlagen.

Tintenfass

Die Sonne strahlt,
der Apfel steigt.
Solange nur die Leiter schwebt

nuncine Offline



Beiträge: 374

14.09.2009 18:09
#9 RE: VORWÄRTS Antworten

Hallo Tinte,

mir gefällt, was du schriebst, das wäre zu einfach! Ich sag es mal so: Deine Symbiose verschiedener Schreibstile ist in mehrfacher Hinsicht provokant und interessant. Einmal von der äußeren Form, vor allem aber inhaltlich. Es fordert m.E. aber nur die zum Nachdenken auf, die es ohnehin tun.
Wenn ich mal noch was sagen darf, du bist alles, nur kein Anfänger, der sich vorsichtig an die Öffentlichkeit wagt.


Zitat
Der Rhythmus, die Melodie, die gesamte Artikulation ist formal implizit oder explizit enthalten.



Was meinst du mit "...formal implizit oder explizit..."? das sagt alles und nichts. Vor allem "implizit" lässt mir zu viele Deutungen zu. Vielleicht kannst du mir ja mal erläutern, welches "implizit" du hier meinst.


Übrigens bin ich mir gar nicht sicher, dass Goethe erwartete, dass man über ihn nachdachte. Das hatte er vermutlich nicht mehr nötig. Wenn ich jetzt noch mehr dazu schreibe, werde ich wahrscheinlich verhauen. Nein, G. war großartig, ohne anzustrengen; du sagst es. Ne, das sagtest du nicht. Es hieß wohl "... ohne großartig anzustrengen...". Wie auch immer - er hatte Glück in SEINER Zeit zu leben und mit einer Clevernis ausgestattet zu sein, von der unsereins nicht mal träumt, weils vermessen wäre.

Zitat
die geschichte ist kein kampf sondern ein transzendales gewächs im auge des betrachters



Geschichte ist schon deswegen kein Kampf, weil sie Geschichte ist. Aber "transzendales gewächs im auge des betrachters" - auf die Spitze getrieben, aber wunderbar umschrieben.

in diesem Sinne,

lg nuncine

Nichts geschieht ohne Grund

Tintenfass Offline




Beiträge: 75

14.09.2009 19:18
#10 RE: VORWÄRTS Antworten

Hallo nuncine

Zitat
Es fordert m.E. aber nur die zum Nachdenken auf, die es ohnehin tun.



Ich befürchte, du hast Recht.


Zitat
Wenn ich mal noch was sagen darf, du bist alles, nur kein Anfänger, der sich vorsichtig an die Öffentlichkeit wagt.



Ich bin vielleicht kein "Anfänger", aber maximal Fortgeschrittener mit durchschnittlicher Begabung und Abitur. Übung habe ich nicht, dafür schreibe ich zu wenig und zu selten. Auch kann ich nicht immer schreiben, sondern es überfällt mich. Dann muss ich einfach schreiben. Das reift dann ein Paar Tage - teilweise Wochen - und dann wird es ruckzuck aufgeschrieben. Der Füller darf nicht ruhen.
An die "Öffentlichkeit" ging ich übrigens das erste mal in diesem Forum (mit "In hoher Gesellschaft").


Zitat
Vielleicht kannst du mir ja mal erläutern, welches "implizit" du hier meinst.



explizit: Er hat nichts auf die Reihe gekriegt.
implizit: Er hat sich stets bemüht.


Zitat
Übrigens bin ich mir gar nicht sicher, dass Goethe erwartete, dass man über ihn nachdachte. Das hatte er vermutlich nicht mehr nötig. Wenn ich jetzt noch mehr dazu schreibe, werde ich wahrscheinlich verhauen. Nein, G. war großartig, ohne anzustrengen; du sagst es. Ne, das sagtest du nicht. Es hieß wohl "... ohne großartig anzustrengen...". Wie auch immer - er hatte Glück in SEINER Zeit zu leben und mit einer Clevernis ausgestattet zu sein, von der unsereins nicht mal träumt, weils vermessen wäre.



Kein Kommentar aufgrund unverstehender Zustimmung


Ich setze mir bei jedem Text, den ich von Papier auf den PC übertrage das Ziel, die Dichte zu erhöhen und das Tempo zu optimieren. Nicht nur beschleunigen, nicht nur abbremsen. Die Grausamkeit dem Leser gegenüber erhöhen - aus meiner Sicht. Ähnlich einem beliebigen Lied aus Schuberts Winterreise. Die furchtbarsten - ja körperlich schmerzhaften - Stellen sind die, wenn der Protagonist in lieblicher Dur-Tonart von etwas schönem erzählt. Man weiß genau, der träumt, aber so realistisch, dass ihn die Desillusionierung beinahe umbringt.
Kurze Rede, wenig Sinn: Je nach Art des komponierten Textes die richtigen Momente dehnen oder stauchen. Den Höhepunkt schreie ich dem Leser ins Gesicht.
Die Beschleunigung, die ich einfach brauche, kann ich in einer reinen Gedichtsform einfach nicht leisten. Ist das Unvermögen? Ich weiß es nicht. Ich weiß aber, dass die Prosa in diesem Textstück nicht wie von HE OO oder Miss Rainstar behauptet, ein retardierendes Moment darstellt. Dann schon eher Kompensation von Unvermögen.

Prost,
Tintenfass

[ Editiert von Tintenfass am 14.09.09 19:19 ]

Die Sonne strahlt,
der Apfel steigt.
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Miss Rainstar Offline




Beiträge: 1.967

14.09.2009 19:23
#11 RE: VORWÄRTS Antworten

öhm tintenfaß, das mit der inhaltsleere hab ich doch glatt richtig gelesen und falsch gedanklich verarbeitet

...
Der Weg der Drachen - mein Roman

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- mein Wunsch-einfach mal klicken und guggen!

Tintenfass Offline




Beiträge: 75

14.09.2009 19:27
#12 RE: VORWÄRTS Antworten

Hey

brauchst dich nicht zu entschuldigen, der Punkt war doch geklärt.

Ich habe eben auf "die prosa lockert alles gut auf" angespielt, weil ich da wohl am Ziel vorbeigeschossen bin. Das Gegenteil war beabsichtigt.

Tintenfass

Die Sonne strahlt,
der Apfel steigt.
Solange nur die Leiter schwebt

nuncine Offline



Beiträge: 374

15.09.2009 17:36
#13 RE: VORWÄRTS Antworten

Grüß dich, Tinte

da darf man wohl auf einiges gefasst sein, wenn das, was du uns hier schreibst "nur mal ebenso hingeschrieben" ist, weil dir gerade danach ist.

Zitat
die Dichte zu erhöhen und das Tempo zu optimieren. Nicht nur beschleunigen, nicht nur abbremsen. Die Grausamkeit dem Leser gegenüber erhöhen - aus meiner Sicht.



Das Genie liegt nah beim Wahnsinn. Das weißt du schon?

Zitat
Die furchtbarsten - ja körperlich schmerzhaften - Stellen sind die, wenn der Protagonist in lieblicher Dur-Tonart von etwas schönem erzählt. Man weiß genau, der träumt, aber so realistisch, dass ihn die Desillusionierung beinahe umbringt. ...Den Höhepunkt schreie ich dem Leser ins Gesicht.



In vergleichbarer Form hab ich so etwas noch nie gelesen. Ich irrte, als ich zunächst ein "Opfer" in dir vermutete. Du bist ein Mörder, ein Vampir, der den Leser hinmetzelt und sich am Blut des Protagonisten ergötzt. Genial! Mach weiter so.


Zitat
Ist das Unvermögen? Ich weiß es nicht. Ich weiß aber, dass die Prosa in diesem Textstück nicht wie von HE OO oder Miss Rainstar behauptet, ein retardierendes Moment darstellt. Dann schon eher Kompensation von Unvermögen.



Ganz gewiss nicht! Weder ein retardierendes Moment noch Kompensation von Unvermögen - es sei denn, du meinst das Unvermögen der Bananen (banalen) Welt.


lg nuncine

Nichts geschieht ohne Grund

joapf ( gelöscht )
Beiträge:

15.09.2009 17:46
#14 RE: VORWÄRTS Antworten

respekt....nur das licht sieht ein blinder nicht....reimt sich wenigstens....und was sich reimt sei gut (pumukl)

nuncine Offline



Beiträge: 374

15.09.2009 18:17
#15 RE: VORWÄRTS Antworten

@ Gast joapf

Zitat
Könnte ich nicht sehen,
bliebe mir die Phantasie.
Doch bin ich blind.
Denn ich wehre mich,
zu sehen,
wohin die Blindheit führt.

Könnte ich nicht hören,
bliebe mir die Phantasie.
Doch bin ich taub.
Denn ich wehre mich,
zu hören,
wohin die Taubheit führt.

Könnte ich nicht reden,
bliebe mir die Phantasie.
Doch bin ich stumm.
Denn ich wehre mich,
zu sagen,
wohin die Sprachlosigkeit führt.

Lahmend an den Krücken
der Blindheit, der Taubheit und der Sprachlosigkeit
tröste ich mich mit invalider Gleichgültigkeit.
Ich addiere meine Gebrechen und stelle fest -
Sie sind die Summe der Dummheit.
Tula Sykor



lg nuncine

[ Editiert von nuncine am 15.09.09 18:17 ]

Nichts geschieht ohne Grund

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