Da das nachfolgende Gedicht in diesem Frühling den 35. Geburtstag feiert und ich genaugenommen hinter fast jeder Zeile so stehe wie damals, ich im übrigen 1975 ein persönliches Logo entworfen habe,
das ich immer noch verwende (und sogar als Schmuckstück um den Hals trage), möchte ich diese Zeilen hier einstellen.
Der Traurige Spötter
Alle Menschen sind gleich, nur manche sind eben reich! So entsteht eine seltsame Gleichung, von der Regel ist sie eine Abweichung: - manche sind gleicher als andere!
Alle Menschen sind gut! Admiräle, Generäle und die ganze Brut; Politiker, Wirtschaftsbosse, Klassenpatrioten, Untergangsplaner und Atomtodboten: - alle sind sie gut!
Alle Menschen sind schlecht! 'Nicht alle!' - Stimmt, sie haben recht! Manche sind gütig und manche sind böse, manche beten, auf dass man sie erlöse, ¬und manche kümmern sich um gar nichts.
Alle Menschen sind irgendetwas, vom Greis bis zum Kind. Nur ich bin nichts, nicht viel jedenfalls: Ich bin eben nur, nicht mehr als ... ein Spötter!
Ich nenne alles beim Namen, sprenge so manchen Rahmen, doch ich tauge nicht viel! Alles ist ein Spiel: - das Spiel des Spottes.
Ich glaube an keine Gottheit und ich trete jeden Punkt breit. Oft bin ich mir schon selbst genug und dann halte ich mich für unglaublich klug. Doch ... ich bin traurig!
Denn die Menschen sind nicht alle gleich, nicht, weil einige arm und andere reich, sondern weil eben einfach nicht gleich. Alles ist wie ein modriger Teich - und doch so schimmernd!
Die Neger und Chinesen, diese seltsamen andren Wesen, ¬sie sollen uns Weißen gleich sein? Das wäre doch wohl ... nein! - Nur wir sind gleich!
Und die Neger und Chinesen, Juden, Türken und Irokesen, ¬sie schätzen uns ebensowenig! Ich bin langmähnig ... * mich schätzt man gleich gar nicht!
Die Jungen und die Alten, ließe man sie walten, sie schlügen sich gleich tot und schüfen größte Not auf allen Kontinenten.
Die einen stehen links, die andren rechts, auch mitten in der Hitze des Gefechts; sie betrügen nach Strich und Faden, ¬beißen einander in die Waden: - im Lebenskrieg!
Aber auch Militärkriege gibt es hier. Man führt sie aus Spaß am Waffengeklirr. Denn erreichen tut niemand etwas, nicht mit Bomben, Blei oder Gas. Grenzen werden nur provisorisch verschoben.
Ich bin ein trauriger Spötter, ich habe auch keine Götter. Ich verspotte mich und die Welt, die Politik, den Frevel, das Geld,- und natürlich darüber zu spotten.
Keine Weltanschauung ist mir fremd: ob 'Feuer & Schwert' oder Büßerhemd, ¬alle Religionen und auch die Philosophien, arten doch meist nur aus zum Spleen - und ich hänge mittendrin!
Ich würde gern die Welt verbessern, mit viel Güte und Steuererlässern, mit großen Worten und viel Sinn - doch in welchen Worten liegt schon solcher drin? Ich glaube ... ich bin sprachlos!
Manchmal versuche ich, mich einzugliedern. Dann lasse ich mich begeistern von Versen und Liedern, von hochgeistiger und Schundliteratur, von Technik, Film, Kunst und Akupunktur. Doch dann bedenke ich!
Und so komme ich zu dem traurigen Schluß, dass diese Sauerei eine andere werden muss. Ich arbeite an der Lösung unzähliger Probleme, solchen, die mir nahestehen und solchen, die ich verfeme; doch ich bin eben nur ... ein Spötter.
Die Lösung der Rätsel auf dieser Erde, auf dass sie eine bessere werde, die Demokratisierung der tyrannisierten Welt, dieser Kugel, diesem Königreich 'Geld'; ich kenne sie nicht!
Vielleicht wird das einmal anders, im Moment aber habe ich weder die Mittel noch den Anlaß, etwas andres zu tun als weinend zu spotten und schön langsam gleich der Menschennorm zu verrotten. Ich bin eben nur ... der traurige Spötter!
* = Ein Hinweis: "Lange Haare waren bei Jungs Ende der Sechziger/Anfang der Siebziger vor allem ausserhalb der Großstädte nicht sehr gut angesehen! Ein Schulfreund von mir wurde Ende der 60er Jahre in einer Wirtschaft über einen Tisch gezerrt, um ihm einen "vernünftigen Haarschnitt" zu verpassen!
"FEUERAUGEN" (3 Bände: 1-Das Dorf, 2-Drei Städte, 3-Das Schloss) Mein Roman im Buchhandel