Was habe ich nur getan? Diese Frage spukt mir schon seit geraumer Zeit durch den Kopf. Was habe ich nur getan? Ich wollte doch nur sein Bestes, ich wollte doch nur, dass er einmal aus dem Haus herauskommt, was erlebt, dass er nicht die ganze Zeit zuhause faul auf dem Sofa herum sitzt. Ich blicke aus dem Fenster. Seit wann ist es denn dunkel? Ich schaue auf den Wecker, der auf dem kleinen Tisch neben seinem Bett steht. 23.22 Uhr. Wie die Zeit vergeht. Ich sitze wie so oft in seinem Zimmer, in unserer Wohnung im 4. Stock. Wahrscheinlich, weil ich mir so sehr wünsche, dass er durch die Tür kommt und fragt: „Hey Dad, alles klar?“ Doch ich weiß, das wird nie geschehen. Was habe ich nur getan? Mit einem Ohr höre ich wie die ersten Zeilen von Hero of war angestimmt werden. Ich höre dieses Lied oft, während ich in seinem Zimmer sitze. Eigentlich jedes Mal. Immer und immer wieder. Warum? Wahrscheinlich aus Masochismus. „He said son, have you seen the world? Well what would you say, if I said that you could? “ So habe ich es zwar nicht wortwörtlich gesagt, aber es könnte von mir stammen. Ich habe ihn dazu gebracht zum Militär zu gehen. „Es ist wirklich klasse, du lernst Leute kennen und innerhalb weniger Tage hast du so eine starke Bindung zu ihnen aufgebaut, das ist unvorstellbar“, habe ich gesagt. Wegen dieses Themas habe ich oft mit Emily gestritten. Sie wollte nicht, dass unser geliebter Sohn zur Armee geht. Hätte ich doch nur auf sie gehört. Hätte ich geahnt was das für eine Katastrophe nach sich ziehen wird. Was habe ich nur getan? „We all became friends, as we learned how to fight“ Er hatte viele Freunde gefunden, das teilte er uns zumindest in seinen Briefen mit. Meistens hat er aber von den Märschen durch Feld und Wald berichtet. Alle zwei Wochen kam ein Brief von ihm an. Oh wie ich mich danach sehne eines morgens aufzuwachen und einen Brief von ihm in der Post zu finden. Ich weiß es ist unmöglich, doch ein Teil von mir will diese Hoffnung einfach nicht aufgeben. Seid der Beerdigung ist mein Körper nur noch eine leblose Hülle. Wenn ich nicht nachts wegen der Albträume aufwachen würde und nicht spüren könnte wie mein Herz gegen meine Brust hämmert, würde ich glauben ich hätte gar keins mehr. Es fühlt sich wie ein kaltes, klaffendes Loch an. Emily und ich haben seit der Beerdigung kein Wort miteinander geredet. Sie gibt mir die Schuld. Sie hat ja Recht. Ich habe Daniel den Tod gebracht. Was habe ich nur getan? Nach all den Tagen, die ich in seinem Zimmer verbringe spür ich die stillen Tränen, die an meiner Wange hinab laufen schon gar nicht mehr. Um ehrlich zu sein spüre ich sowieso nichts mehr, außer dieser unerträglichen Leere, die sich durch nichts zu füllen scheint. „A hero of war, yeah that’s what I’ll be and when I come home, they’ll be damn proud of me“ Er war bestimmt ein großer Held. Er hatte alles um ein Held sein zu können. Hilfsbereitschaft, Intelligenz und einen kühlen Kopf in jeder Situation. Mein Mund verzieht sich zu einem traurigen Lächeln. Ich denke oft an die Zeit zurück, als er gerade süße 6 Jahre alt war, wo wir noch Wettrennen mit unseren Rädern im Park gemacht haben. Ich habe ihn natürlich immer gewinnen lassen. Emily hat oft über Daniels aufgeschürfte Knie geschimpft, die er sich dabei zugezogen hat. Was habe ich nur getan? „… but I got my man. We took him away, a bag over his face from his family and his friends.“ Der Gedanke an diese verdammten Vietnamesen, wie sie meinen Sohn verschleppen, lässt meinen Zorn aufkochen. Wie konnten sie nur? Wie konnten sie mir nur alles nehmen, was mir lieb und wichtig war? Ich öffne die Augen und starre auf meine geschlossene Faust hinab. Meine Knöchel laufen weiß an. Langsam öffne ich meine Faust wieder und verdränge diese unbändige Wut gegenüber diesen Bestien. Doch der Selbsthass bleibt. Sie haben meinen Sohn weggebracht und ich habe nichts dagegen unternommen. „I’ll carry this flag to the grave if I must, cause it’s a flag that I love and a flag that I trust” Wieso musste er diese Flagge nur mit ins Grab nehmen? Wieso? Ich kann mich noch gut an die Beerdigung erinnern. Der Tag, an dem etwas in mir aufgehört hat zu existieren. Die Flagge auf dem Sarg, die Soldaten salutierend, Emily nur noch ein Schatten ihrer selbst. Was habe ich nur getan? Ich ertrage es nicht länger. Was habe ich nur getan? Ich habe ihn umgebracht. Ich habe ihn umgebracht! Meinen eigenen Sohn! Mein eigen Fleisch und Blut! Ich hätte genauso gut mit der Pistole zielen und abfeuern können. Sein Blut klebt an meinen Händen. Das reicht! Daniel es tut mir so unendlich leid. Ich hoffe du kannst mir verzeihen. Ich stehe auf, gehe zum Fenster und öffne es. Die Dunkelheit begrüßt mich mit ihren kalten Armen. Daniel ich komme. Und für einen Moment fühlt es sich so an als könne ich schweben…
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Meine erste & bis jetzt einzige Kurzgeschichte.. Was haltet ihr davon? Verbesserungsvorschläge? Egal ob zum text oder allgemein Achja und eine Anmerkung: Das Lied das im Hintergrund spielt ist von Rise Against und heißt Hero of war, es soll ein wenig die Gedanken des Vaters betonen.
Ich habe mir mal deine Kurzgeschichte durchgelesen. Sie liest sich gut und man kann sie sehr fluessig lesen. Wenn es wirklich deine Erstgeschichte ist, ist dir bereits ein "grosser Wurf" gelungen.
Dennoch, es gibt meiner persoenlichen Meinung nach ein Paar Dinge, die du verbessern kannst.
Hier ein Paar Beispiele: Dein Song "Hero of war" von der Gruppe "Raise Again" ist (wenn ich mich nicht irre) ein Originalsong. Wenn dem so ist, wurde der Song im Jahre 2008 aufgenommen. Der Vietnamkrieg, auf den du dich beziehst, wurde von 1965 bis 1973 gefuehrt (offizielles Ende 1975). Also kann der Vater den Song nicht abspielen, weil es ihn zur damaligen Zeit noch nicht gab. Deine Geschichte laesst auch eine zeitnahe Abfolge zur Beerdigung zur besagten Zeit zu. Also liegt hier ein logischer Fehler vor. Du kannst ihn umgehen, indem du dem Krieg keinen Namen gibst!
Du schreibst eine Geschichte, die sich offenbar in den USA abspielt auf Deutsch. Das ist okay, aber du verfaellst sehr oft in die Englische Sprache. Das hoert sich zumindest fuer mein Ohr nicht besonders gut an. Aber es hat durchaus Etwas. Vielleicht gefaellt es aber auch nur mir nicht. Wenn du es bei behalten moechtest, koenntest du vielleicht etwas US-Slang benutzen.
Hier sind einige Vorschlaege: Anstatt: "Hey Dad, alles klar?" (das ist uebrigens "Denglish") kann man im AE Slang schreiben: "Hey dad, how is it goin'?" oder "Hey dad, how you're doin'?" Das wuerde einen Art "hillbilly" Dialekt erzielen oder grundsaetzliches "country" USA vermitteln. Im uebrigen begruesst man sich in den USA mit diesen beiden Wendungen (...doing oder ...going) am meisten.
Der Schluss: Deine Einleitung und Hauptteil fallen lang aus. Das Ende hingegen innerhalb kurzer Saetze in einem kurzen Absatz. Das wirkt zu abrupt. Hier kannst du mehr Dramatik reinbringen, wenn du den Schlussteil etwas mehr ausbaust.
Vielleicht wuerde es sogar besser passen, wenn der Vater sich nicht aus dem Fenster stuerzt, sondern sich "die Kugel" gibt. Das ist eine historische Art und Weise in den USA, sich das Leben zu nehmen. Zumal der Sohn durch die vermeintliche Schuld des Vaters im Krieg umgekommen ist. Sich die Kugel zu geben, wuerde den Krieg symbolisieren, ebenso das sich selbst Bestrafen fuer den Tod des Sohnes. Ein Sturz aus dem Fenster ist da eher ungluecklich gewahlt.
Alles in Allem eine gute Geschichte, die mir sehr gefaellt!