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  • Thema von Wirbelwindengel im Forum Tipps und Erfahrungen...

    Halli hallo erstmal ich bin neu hier und naja...hatte eigentlich schon mal die Chance mein Buch zu veröffentlichen und zwar beim Cornelia-Goethe Verlag in Frankfurt. Allerdings haben die ziemlich viel Geld verlangt und
    a) hatte/habe ich das nicht und
    b) will ich einen verlag der mein können unterstützt und somit die kosten aus vertrauen übernimmt. jeder trottel wie dieter bohlen oder naddel kann ein buch gegen geld veröffentlichen.

    naja und gedichte an den mann zu bringen ist nun wirklich nicht das einfachste, zumal meine gedichte eher ungewöhnlich und sehr tiefsinnig sind. sie handeln meist von depression, einsamkeit und suizid. ich meine, es würden sich heutzutage sicher viele darin wiedererkennen aber das scheinen die verlage nicht so zu sehen. leider.
    habs schon an den luchterhand literatur verlag geschickt aber dort erst gar keine antwort erhalten auch auf nachfrage hin ist schon ein harter weg...
    hat jemand tipps? welche verlage gibt es für gedichte und vor allem: neuartige gedichte?

    bin mittlerweile ziemlich ratlos.

    LG

  • Thema von Wirbelwindengel im Forum Texte aller Art, Gedic...

    also ich hab mal bei einem ausschreiben an einer so einer akademie mitgemacht wo ich gerne ein stipendium für ein fernstudium bekommen hätte. schaffte es mit meinem text auch unter die ersten zehn, leider nicht unter die ersten drei, die dann das stipendium bekamen.
    würde gerne mal wissen, wie mein text so bei den verschiedensten menschen ankommt. also meine mutter hat geheult und meine arbeitskollegin aber wie sieht es mit andern aus? wär glücklich über kritiken


    Kein Entkommen


    Ich bin allein. Ich fühle mich allein. Keiner, so scheint es, spricht meine Sprache. Keiner versteht mich. So sehr ich mich auch anstrenge, ihnen etwas zu sagen, sie verstehen es nicht. Können sie nicht oder wollen sie nicht? Versuchen sie es überhaupt?

    Um mich herum ist eine Dunkelheit, wie sie die normale, hektische Welt der Menschheit noch nie erlebt hat oder einfach noch nie wahrgenommen hat. Sich strikt weigernd, sie in ihr Leben zu lassen. So erstickend, dass man kaum wagt zu atmen, aus Angst, die Dunkelheit könnte in den Körper und die Seele gelangen und auch sie entgültig verdunkeln, in eine tiefe Kluft zerreißen aus der man niemals mehr entkommt. Schreien und rufen könnte man, ohne je gehört zu werden weil alles von Finsternis und dichtem Nebel erstickt wird. Kein Entkommen. Kein funkelnder Stern am Himmel, kein silbriger Mond, kein goldener, hoffnungsvoller Schimmer der Sonne am allzu fernen Horizont, an den man sich manchmal sehnt, weil man sich dort eine bessere Welt erhofft. Eine solche Finsternis, beherrscht vom Schwarz der Nacht, dass man kaum glauben will, dass überhaupt jemals wieder die Sonne aufgeht. Wieso sollte sie das auch tun? Warum sollte der hellste, feurigste Planet unseres vermaledeiten Sonnensystems all das erhellen wollen, was in dieser endlosen Nacht wieder alles geschehen wird? Es gibt zu viele böse Taten. Zu viele Menschen sterben durch die grausame, manchmal unbedachte Hand anderer, zu viele erleiden das Schlimmste und zu wenige sehen hin und helfen. Zu wenig Liebe. Zu wenig Verständnis. Zu wenig wachsame Ohren, die zuhören, die manchmal auch auf das leise Flüstern einer Sterbenden hören, um ihr den letzten Wunsch zu erfüllen. Zu wenig starke Arme, die den Schwachen helfen.
    Eigentlich sind alle allein. Allein in ihrem schrecklichen Kampf, allein in ihrem engen Käfig aus Misstrauen in den sie sich selbst gesperrt haben um sich vor anderen zu schützen, vor anderen und deren Probleme und Ängsten und Verletzungen. Und doch wollen sie aus dem Käfig entkommen, der ihnen vermeintlich Schutz bietet. Weil sie wahnsinnig werden. Weil sie einsam werden.

    So wie ich. Für mich wird die Sonne nicht mehr aufgehen, es wäre sinnlos, sich das zu erhoffen. So lange schleiche ich schon hier durch diese undurchdringliche Dunkelheit, suche den Ausweg und finde ihn nicht, pralle nur immer wieder gegen Mauern. Mauern der Unverständnis. Und jetzt will ich es nicht mehr. Ich habe es aufgegeben. Ich habe mich aufgegeben und den Rest der Welt gleich mit dazu. Wenn ich schon allein bin, dann wenigstens auch weiterhin im Verborgenen der Dunkelheit und der allumfassenden Stille. Die Stille. Sie ist überall und doch nirgendwo. Sie umfasst meine Welt und doch ist sie nicht fassbar, nicht greifbar wie Nebel auf einer Lichtung, die sich stumm in der Dämmerung schlafen legt und darauf wartet, dass das Leben auf ihr erwacht.
    Bei mir erwacht nichts mehr, es ist alles erfroren. Zu Eis, zersplittert in tausend glitzernde Eiskristalle. Mein Herz erfroren, zu keiner richtigen Gefühlregung mehr fähig, meine Seele zersprungen, zerrissen. Alles befindet sich im Krieg, nichts ist eins in mir. Um mich herum ist Dunkelheit und Stille. Trostlosigkeit und Einsamkeit halten mich gefangen und sperren mich ein. Aber habe ich mich nicht selbst in sie geflüchtet, habe nicht ich sie gesucht?
    Ich bin allein.
    Und auch irgendwie doch nicht. Da sind so viele wirbelnde Gedanken, die mich über die sinnlose Zeit, die mir leer durch meine kalten Hände rinnt, hinweg begleiten. Was ich denke? Was ich denke ist genauso unbegreiflich, wie der lächelnde Journalist vor der Kamera, der gerade über einen erneuten Terroranschlag berichtet. Einfach über den Alltag dieser Welt, in der etwas gewaltig schief laufen muss.
    Ein Gedanke jedoch ist fassbar. Er ist allgegenwärtig, er beeinflusst meine Art zu Handeln, zu Sprechen, zu Fühlen und zu Leben. Beeinflusst meine Art über das Leben zu denken.
    Der Gedanke tröstet mich, in meiner Einsamkeit. Er hält meinen Geist auf der Erde, sodass er nicht vollkommen abhebt gen Nirgendwo und meinen Körper entgültig verlässt.

    Ich kann es jederzeit beenden.

    Ich bin allein. Ich fühle mich allein. Keiner, so scheint es, spricht meine Sprache. Keiner versteht mich. So sehr ich mich auch anstrenge, ihnen etwas zu sagen, sie verstehen es nicht. Können sie nicht, oder wollen sie nicht? Versuchen sie es überhaupt? Wenn ich sie anschaue und sie aus meinen Augen lesen lasse, dass das Leben keinen Sinn mehr für mich hat.
    Dass ich sterben will.

    Ihre blauen Augen sind wie immer ein wenig glasig. Als wäre sie in Gedanken nicht hier, aber auch nicht dort. Als wäre sie überhaupt nirgendwo. Ihre Haare glänzen im üblichen Braunton; sie ist dem Trend der blonden Mähne nicht gefolgt. Ihre Lippen glänzen leicht von zartrosa Lipgloss. Ein normales Mädchen, eine normale junge Frau, die am Anfang ihres noch langen Lebens steht. So viel liegt noch vor ihr. Die Ausbildung, vielleicht eine Ehe und Kinder. All die großen und kleinen Probleme, die noch vor ihr liegen und die sie sicher alle bewältigen wird. Auch wenn sie manchmal so zerbrechlich wirkt. So unschuldig und unwissend wie ein kleines Kind, das sich nicht traut, einen neuen Weg zu gehen ohne jemanden an seiner Seite, der seine Hand hält und es führt. Das ganze Leben mit seinen Höhen und Tiefen liegt vor ihr. Und doch scheint das für sie nicht von Interesse zu sein. Sie hat bisher noch keinerlei Pläne geäußert, was sie machen will, was sie mit ihrem Leben machen will. Manchmal sagt sie, dass es schon Arbeit genug sei, am Leben zu bleiben und das sind Sätze, die meine Sorgen bestätigen...meine Sorgen, dass sie ein Problem hat mit dem sie nicht fertig wird und über das sie aber auch nicht reden will. Nicht reden kann?
    "Wie geht es dir?" frage ich sie und hoffe endlich etwas anderes zu hören als das übliche "Gut".
    Ich ziehe meine Jacke aus, hänge sie über den schweren Stuhl. Keinen Augenblick lasse ich sie aus den Augen während ich mich setze. Sie, meine Tochter, mein Kind, mein Ein und Alles, mein Herz. Seit Jahren geht das jetzt schon so. Sie zieht sich mehr und mehr zurück, sie wird stiller, immer mehr entgleitet sie mir und der Welt. Sie schaut keinem mehr so richtig in die Augen, als könnte man in ihnen erkennen, was in ihr vorgeht. Als wolle sie den Schlüssel zu ihrer Seele bewahren, verstecken und damit auch alles, was in ihr vorgeht.
    Sie stiert aus dem Fenster, den Kopf auf ihre rechte Hand gestützt, schweigt. Es kommt kein Wort über ihre geschminkten Lippen, keine Gefühle auf ihrem blassen Gesicht. Ich frage mich, was sie denkt. Das tue ich schon so lange und ich frage sie Woche für Woche bei unserem Treffen im Café. Doch es kommt nie eine Antwort. Für gewöhnlich bestellt sie dann Kaffee. Schwarz. Früher war es nie so. Wir hatten ein so gutes Verhältnis, sie hat sich mir immer anvertraut, mir alles erzählt, die kleinste Kleinigkeit mit mir abgesprochen. Und auf einmal war dieser Riss zwischen uns und ich weiß nicht, was ihn verursacht hat. In den Jahren in denen sie stiller wurde grübelte ich nächtelang darüber nach und kam nicht drauf. Verzweifelte manchmal daran.
    "Wie war die Schule?" frage ich, um diese erdrückende Stille zu durchbrechen. Ich erwarte nicht zuviel und werde auch nicht enttäuscht. "Ich war nicht." sagt sie und blickt mir zum ersten mal seit meiner Ankunft richtig in die Augen. Ihr Blick ist so leer. Ich spüre sie will mir etwas sagen. Das Gefühl lässt mir die Haare zu Bergen stehen. Sprich, mein Kind, sprich doch endlich...
    Ich schaue zurück in diese traurigen, unergründlichen Augen, aus denen ich etwas lesen soll, was ich nicht sehen kann. Also frage ich, in der Hoffnung endlich eine ehrliche Antwort zu bekommen. "Magenschmerzen." sagt sie. Kurzangebunden und dreht dann den Kopf wieder weg, um vor dem Fenster den ersten Schneeflocken beim Fallen zuzusehen.

    Magenschmerzen...das Wort hallt mir in meinem Kopf wider und hinterlässt den bitteren Geschmack der altbekannten Lüge. Ich bin eine Lügnerin, eine verdammte Lügnerin, die es nicht verdient hat, geliebt zu werden. Von niemandem, auch nicht von mir selbst. Von mir selbst am allerwenigsten. Ich bin alles, was ich hasse.
    Die ersten Schneeflocken sinken leise und sanft gen Erde. Die letzten, die ich sehen werde. Denn ich werde fortgehen. Weit weit weg. Dorthin wo mir keiner folgen kann und bestimmt auch so schnell keiner folgen wird. Denn niemand kennt diesen Ort. Manche haben Angst vor ihm, weil sie nicht wissen, was sie dort erwartet. Ich nicht. Ich sehne mich nach ihm.
    Ich denke an die Frau, die mir gegenüber sitzt, denke daran, wie sehr sie mich lieb, was sie alles für mich getan hat und was sie noch alles für mich tun würde. Denke daran, was ich ihr alles in den letzten Jahren angetan habe und bald noch antun werde. Ich schaue sie an, diese Frau mit ihrem außerordentlich hübschen Gesicht. Ich frage mich, ob ich ihr wohl ähnlich sehen würde, wenn ich mal so alt sein würde wie sie? Es geht etwas tröstendes, beruhigendes von ihr aus. Es geht dieser Frau, meiner Mutter, besser, seit sie meinen Vater verlassen hat. Sie reist viel und arbeitet noch mehr. Einmal in der Woche jedoch findet sie immer Zeit, um sich mit mir hier in unserem Stammcafé zu treffen und mit mir zu reden. Reden? Smalltalk würde es wohl besser treffen, denn reden kann ich schon lange nicht mehr richtig. So viele Geheimnisse, die es zu bewahren gilt.
    Heute sieht sie besorgt aus. Sie spürt etwas, aber ich will das nicht bestätigen was sie fühlt, ihre Sorgen. Ich will ihr noch etwas sagen. Heute ist der Tag, an dem ich es ihr endlich sage, nachdem ich es so viele Tage, Monate, Jahre, nicht getan habe. Ich fühle eine Traurigkeit in mir aufsteigen, vermischt mit der üblichen Einsamkeit und dem Gefühl, das alles allein ertragen zu müssen. Mein Schicksal. Meine Bürde.
    Ich sehe sie an und es dreht sich alles. Die Menschen um uns herum im Café wirbeln in einem Strudel aus Farbe, Licht und Schatten in meinem Kopf herum. Ich sehe ihre Münder, wie sie reden, verstehe aber nicht was sie sagen, höre sie hallend Lachen, sehe ihre Augen, die sich gegenseitig fixieren, ihre Gestalten, die mal größer, mal kleiner werden. Groß, klein, dick, dünn. So vieles würde ich ihr gerne erzählen. So vieles, was jedoch auch heute ungesagt bleibt. Denn heute werde ich nur noch dieses eine sagen. Diesen einen Satz, der ihr als ein ganz besonderer in Erinnerung bleiben soll. Der sie trösten soll in einsamen Stunden, wenn selbst die Tränen versiegt sind, weil keine mehr übrig sind. Nur diesen einen besonderen Satz will ich ihr heute sagen. Meine Einsamkeit und die Dunkelheit in mir, werden auch weiterhin in der Stille leben. Ungesagt bleiben.
    Ich sehe sie an und würde am liebsten weinen. Aber da sind keine Tränen. Ihr ebenmäßiges schönes Gesicht sieht leicht angespannt aus und ich weiß genau, dass ich die Ursache dafür bin, dass ich Schuld daran habe. Ich habe einen Kloß im Hals, meine linke Hand, die ich unter dem Tisch habe, beginnt leicht zu zittern, wird kalt. Ich fühle mich wie bei einem Abschied von einem Menschen, der einem alles bedeutet hat.
    Ich nehme Abschied von einem Menschen, der mir alles bedeutet hat!
    Ich sehe ihr tief in die Augen, öffne sie seit Jahren zum ersten Mal richtig für sie, damit sie allen Schmerz, alle Einsamkeit sehen kann und mich endlich versteht, endlich meine Sprache spricht. Vielleicht erkennt sie in dem Moment alles, was ich all die Jahre durchgemacht habe, wie einsam ich die ganzen Jahre war, wie schrecklich einsam. Vielleicht erkennt sie, dass ich tot bin. Innerlich leer gebrannt, abgestumpft. Ich will, dass sie es erkennt, sträube mich aber auch irgendwie dagegen. Sie soll sich jetzt nur auf das konzentrieren was ich ihr gleich sagen werde, sie soll sich darüber freuen, es soll ihr den Tag versüßen, ihr ein Glücksgefühl bescheren und sie kurz in den Himmel tragen.
    "Ich liebe dich, Mama." sage ich, leiser und zaghafter als beabsichtigt. Meine Stimme zittert. Meine Hände auch. Sie, meine Mutter, nimmt meine Hände in die ihren und ist den Tränen nahe. Für einen Moment vergessen wir, dass wir in einem vollen Café sitzen voller redender, lachender Menschen.
    "Ich dich doch auch." sagt sie und schüttelt ganz leicht den Kopf. "Was ist denn nur los mit dir? Ich sehe doch, dass es dir nicht gut geht mein Engel. Rede doch mit mir." Ihr Blick ist fragend, fast verzweifelt. So voller unschuldiger Ungewissheit und doch liegt auch eine gewisse Neugier in ihren Augen, eine aufgeflammte Hoffnung, endlich das große Geheimnis um ihre stille Tochter lüften zu können. Ihr endlich helfen zu dürfen... Ich stehe auf, entziehe ihr meine Hände. Der Stuhl hinter mir fällt um. Der Krach hallt in meinem Kopf wider. "Mir ist übel." sage ich und bereue es sofort. Der letzte Satz, den ich meiner Mutter sage, sollte keine Lüge sein. Nicht noch eine...nicht jetzt...nicht am Ende aller Dinge, nicht bevor ich fort gehe, nicht bevor ich sie und alle anderen verlasse...

    Sie ging auf die Toilette. Ihr war übel. Sie sah auch wirklich nicht gut aus. Ihre Haut war noch blasser als sonst, hatte fast schon einen ungesunden Grauton. Ihre Hände waren so schrecklich kalt und sie zitterte. Ich vermutete eine beginnende Grippe. Oder Fiber. Ich wartete. Und wartete. Beobachtete die ganzen Menschen im Café. Am Tisch nebenan saß ebenfalls eine Mutter mit ihrer Tochter. Sie schienen sich über irgendetwas zu streiten. Vielleicht hatte die Tochter einen neuen Freund und dieser passte der Mutter nicht? Ich musste unwillkürlich lächeln. Aber kaum hatten sich meine Mundwinkel nach oben gebogen, fiel mein Lächeln auch schon wieder in sich zusammen und ich verfiel wieder in leichtes Grübeln. Wann hatte ich mich zuletzt mit meiner Tochter gestritten? Wie viele Jahre war es her? Manchmal vermisste ich es schon fast, nie über irgendetwas mit ihr diskutieren zu können. Sie war so schrecklich still, so furchtbar widerstandslos. Wie würde sie nur in dieser Welt da draußen klarkommen? So viele Menschen würden ihre vermeintliche Freundlichkeit und Nettigkeit auszunutzen wissen. Aber ich war bereit ihr bei all dem beizustehen. Aller Anfang war schwer und die Jahre, die sie jetzt durchlebt hatte, waren sicher nicht leicht. Aber ich war überzeugt, sie wären bald vorbei und sie wäre wieder die alte und wir würden endlich in diesem Café sitzen können und zusammen lachen. Schwatzen und Quasseln über diese alten Zeiten in denen sie Probleme hatte, über die sie in naher Zukunft lachen konnte. Der Gedanke gefiel mir. Er gab mir Hoffnung und ich glaubte wieder ein Stückchen mehr daran, dass das Verhältnis zu meiner Tochter schon bald wieder besser werden würde. Dass sie wieder das alte Selbstbewusstsein, die alte Lebensfreude erlangen würde.
    Ich wartete immer noch. Aber sie kam nicht. Ich bezahlte unsere Getränke, stand auf und wollte sie holen. Vielleicht war sie ohnmächtig geworden wegen des Fiber? Ich machte die Tür auf und erstarrte. Vielleicht entfuhr mir ein Schrei. Ich weiß es nicht mehr. Meine Umgebung und ich versanken im Nebel, da war nur noch meine Tochter vor mir. Meine Tochter dort am Boden, zusammengesackt und um sie herum überall Blut. Ich stürzte zu ihr, ich wollte es nicht glauben, ich schrie und schüttelte sie. Ich konnte sie nicht einfach schlafen lassen...mein kleines Kind wieso habe ich dich alleine schlafen geschickt? Wieso habe ich dir nicht gesagt, was ich noch sagen wollte? Wieso habe ich dich nicht in meinen Armen gehalten, während du einschliefst für immer und mich auf alle Zeit verließt?
    Ich werde den Anblick nie vergessen. Den Anblick meines toten Kindes, meines toten Herzens. Allein und einsam auf dem Boden, mitten im Leben, in einem vollen Café. So einfach, so leise und so einsam ist sie gestorben, ohne je verstanden zu werden, warum. Warum freiwillig...ihren Abschiedsbrief werde ich nie vergessen, den sie in der weißen Hand hielt, in der sie auch die kleine Klinge hielt.

    Ich bin allein. Ich fühle mich allein. Keiner, so scheint es, spricht meine Sprache. Keiner versteht mich. So sehr ich mich auch anstrenge, ihnen etwas zu sagen, sie verstehen es nicht. Können sie nicht, oder wollen sie nicht? Versuchen sie es überhaupt? Wenn ich sie anschaue und ihnen sage, dass das Leben keinen Sinn mehr für mich hat. Dass ich sterben will.

    An diesem Tag ist auch ein Stück von mir gestorben...

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