Hallo, liebe Mit-Jung-Autoren und sonstige möglicherweise Interessierte ,
hiermit würde ich gerne die Gelegenheit nutzen, einen Ausschnitt meines neuen Manuskriptes vorzustellen. Es würde mich freuen, wenn Ihr Lust hättet es zu lesen und eventuell sogar zu kommentieren. Es handelt sich bei der Probe um einen Auszug etwa aus der Mitte eines Fantasy-Romans in mittelalterlichen Setting. Der Protagonist ist mit einer Schar Gefährten zu einer Mission auf dem "Schwarzen Kontinent" unterwegs. Dass er dabei auf gewisse Akzeptanzprobleme bei der Mehrheit seiner Gruppe stößt, ist ja offensichtlich. Die Leseprobe beschreibt die Ankunft in einer großen Hafenstadt. Der Protagonist war vor Jahren schon einmal dort und wird ohnehin von Sorgen abgelenkt. Für die Ritter des Mittländischen Reiches ist es die erste Begegnung mit einer Metropole einer fremden Kultur.
_________________________
Eines Morgens, einige Tage danach, waren sie der Küste so nahe gekommen, dass man sie in ihrer ganzen Schönheit im perlmutterfarbenen Licht des Sonnenaufganges liegen sah: Castasarna, die weiße Stadt. Ausgangspunkt aller Fernstraßen, Beginn fast aller Karawanen über den schwarzen Kontinent, das Tor zu seinem Herzen. So sollte man sie sehen, wenn man sie zum ersten Mal besuchte, mit dem Schimmer des Morgenlichts auf ihren goldenen Kuppeln und weißen Mauern.
Schon wenige Stunden später würde diese größte Stadt und der bedeutendste Handelsplatz am Binnenmeer, die Heimstatt unzähliger Menschen, in der Mittagshitze kochen. Und ihr Gestank würde es unmöglich machen, die Augen für ihre Schönheit zu öffnen. Schweigend und mit vor der Brust verschränkten Armen stand Wanja am Mast und sah der näher kommenden Küste entgegen. Nur mit halbem Ohr hörte er den bewundernden Bemerkungen seiner Reisegefährten zu. Er kannte nicht nur das engelgleiche Gesicht der weißen Stadt, sondern auch ihr schwarzes verdorbenes Herz. Wo durch den Handel mit allen erlaubten und verbotenen Gütern der Welt solche Reichtümer verdient wurden, da gab es auch Menschen, die sich durch Verbrechen einen Anteil daran sichern wollten.
Hier, in dieser Stadt, wollten sie in Erfahrung bringen, wo die Tahar-Nomaden zu finden seien, deren Herrschaftsgebiet sie auf dem Weg nach Ghadamis´ Haus durchqueren mussten, aber nicht ohne deren Erlaubnis durften. Und natürlich wollten sie all das kaufen, was sie für den Weg durch die Wüste brauchen würden.
Der Hafen war schon zu erkennen. In nur einer Stunde würden sie dort sein. Deshalb befahl der König seinen Rittern, ihr Gepäck zusammen zu suchen und die Pferde vorzubereiten.
Die befreiten Rudersklaven standen ergriffen an der Reling. Sie hatten nichts zu packen, denn sie besaßen nichts mehr, als ihr Leben und ihre Freiheit. Doch, wie sie Wanja und seinen Gefährten in den Tagen seit dem Piratenüberfall erzählt hatten, war das mehr, als sie bis vor kurzem zu hoffen gewagt hatten. Mit Wanjas Übersetzung, denn die Sprache der Stadt Vinitessa und die des Riffs wurden auf dem Meer von jedem verstanden, hatten die Ritter und der König des Mittländischen Reiches von ihren Schicksalen erfahren. Manch einer hatte eine Familie und ein Heim, zu denen er zurückkehren konnte. Die anderen hofften, eine Arbeit an Land oder auf einem anderen Schiff zu finden.
In diesen Gesprächen waren auch die Mittländer nach ihren Plänen gefragt worden. Und als sie erzählten, dass sie von der weißen Stadt aus das Riffgebirge durchqueren wollten, ernteten sie besorgte und sogar bestürzte Blicke. Das Riff sei gefährlich, sagten die Seeleute, denn die Nomaden, welche es beherrschten, duldeten keine Fremden in ihrem Gebiet. Es seien gnadenlose Kämpfer, die jede Reisegruppe um einen erheblichen Wegezoll berauben würden, welche nicht stark genug sei, sich dagegen zu wehren.
Unbehaglich hatten die Ritter Wanja danach gefragt, denn das hatte er bis zu diesem Zeitpunkt nicht erwähnt. Doch er hatte nur in aller Ruhe erklärt, die Nomaden sollten sie getrost ihm überlassen.
Überhaupt hatte er auf der ganzen Reise bisher nur so viel mit ihnen gesprochen, wie unbedingt nötig war, umso weniger, je näher sie ihrem Ziel kamen. Irgendwann hatten sie begriffen, dass er keine Gespräche wünschte, und ihn seinen Gedanken überlassen. Es war ja auch keiner begierig darauf, sich mit ihm anzufreunden. Nur der König hatte immer wieder das Gespräch mit ihm gesucht. Doch Wanja blieb stets einsilbig. Zu sehr schmerzte sein Herz vor Sorge um Valeria. Und zu sehr verfluchte er die langsame Reisegeschwindigkeit. Allein wäre er schon längst am Ziel ... zumindest hatte er das bis zum Piratenüberfall gedacht. Dem wäre er allein keinesfalls gewachsen gewesen. Und unentwegt überlegte er, wie sie in den festungsähnlichen Palast von Ghadamis eindringen, wie die beiden Frauen befreien sollten, ohne ihr Leben zu gefährden.
Baron Tarzel und seinen beiden Freunden, dem Baron Marburg und dem jungen Grafen Felden, gefiel es, Wanjas Wortkargheit als Angst zu deuten. Ihr Spott machte es nicht angenehmer, mit den Reisegefährten über das zu sprechen, was sie in der Stadt und der Wüste erwarten würde, und über das, was sie über das Reisen durch diese Gegenden wissen mussten. Dass Wanja in Vinitessa seinen “Freund” nicht angetroffen hatte, von dem er sich doch Unterstützung erwartet hatte, vergrößerte nicht den Respekt, welchen man ihm entgegen brachte, und mit welchem sie seine Ratschläge aufnahmen. Es würde schwer sein, die ungestümen und übermäßig von sich selber überzeugten jungen Ritter in der weißen Stadt vor sich selber zu schützen..
Kurz, bevor die Windbraut in den Hafen einlief, vertraute Wanja diese Sorge dem König an und bat ihn, die jungen Männer fest im Zaum zu halten. König Karl hörte seine Worte aufmerksam an. Dann lächelte er jedoch beruhigend und fragte:
“Macht Ihr Euch nicht zu viele Sorgen, Herr Bajarin? Die drei sind recht sorglos, darin gebe ich Euch recht. Doch sind sie keine kleinen Kinder. Sie werden sich zu helfen wissen, wenn sie in Schwierigkeiten geraten. Wart Ihr nicht in genau demselben Alter, als Ihr Euer Elternhaus verließet, um durch die Welt zu reisen? Und so, wie damals ihr, werden diese jungen Männer durch die Erfahrungen dieser Reise reifen.”
Unzufrieden mit dem Vergleich, brummte Wanja, dazu sei es erforderlich, dass man bereit sei, zu lernen. Auch seien die weiße Stadt und der schwarze Kontinent keine Klosterschule.
“Ja, Ihr habt abermals recht. Doch auch das zu erkennen, ist ein Teil der Lebenstüchtigkeit, die ich von meinen Rittern erwarte. Wenn sie sie bisher noch nicht besaßen, so müssen sie sich nun eben mehr bemühen. Und sind sie dazu nicht in der Lage, sind sie es nicht wert, Ritter genannt zu werden.”
Überrascht blickte Wanja seinem König in das streng gewordene Gesicht. So hart hatte er ihn bisher nicht erlebt. Aber, natürlich, nur durch Güte regierte man ein so großes und vielfältiges Königreich nicht. Es schien, als müsse nicht nur der König ihn, Wanja, sondern auch er seinen König noch besser kennen lernen. Staunend erkannte er, wie sehr sich König Karl seiner Verantwortung bewusst war und mit wie großer Entschlossenheit und Stärke er sie trug.
“Ja, Herr”, sagte er deshalb reumütig. “Ich erkenne zu spät, dass Euch dieses Problem längst bewusst war. Bitte vergebt mir, dass ich es für nötig hielt, Euch darauf aufmerksam zu machen.”
“Ihr tatet, was Ihr für Eure Pflicht hieltet, Herr Bajarin”, entgegnete der König, nun wieder freundlich. “Es gibt keinen Grund, sich dafür zu entschuldigen. So vermessen bin ich nicht, zu glauben, dass ich derartiger Ratschläge nicht bedürfe.”
Er beschattete seine Augen gegen die höher steigende Sonne.
“Bitte sagt mir, was ich dort sehe. Diese beiden Türme zu beiden Seiten der Hafeneinfahrt, wozu dienen sie?”
“Auf ihren Dächern werden des Nachts Signalfeuer entzündet, Herr.” Wanja sah ebenfalls zu den Leuchttürmen hinüber. “Ich erwähnte doch, dass viele Schiffe nachts fahren, aus Angst vor den Piraten. Die Leuchttürme leiten sie sicher in den Hafen.”
“Das ist ja eine ungeheuer nützliche Einrichtung!” König Karl sah die Türme bewundernd an. “Unsere Häfen haben auch Laternen, welche die Einfahrten bei Nebel und Dunkelheit kenntlich machen. Aber ein solches Feuer ist natürlich etwas anderes. Jetzt verstehe ich, was Herr Taranas meinte, als er sagte, die Seefahrer beklagten sich über das schwache Leuchtfeuer des Hafens von Harburg. Vielleicht sollten auch wir solche Türme bauen lassen.”
“Soweit ich weiß, besteht im Hafen von Harburg eher das Problem, dass sich das Fahrwasser der Alba-Mündung ständig verlagert”, murmelte Wanja, in den Anblick der zahllosen Schiffe versunken. “Eine so enge felsige Einfahrt wie hier gibt es dort nicht.” Des Königs beeindrucktes Schweigen veranlasste ihn, hinzuzufügen: “Zumindest habe ich mir das erzählen lassen.”
“Offensichtlich!” König Karl schüttelte verwundert den Kopf. “Ich staune, was Ihr Euch alles merkt, um es dann bei Gelegenheit plötzlich zur Verfügung zu haben. Nur aus Neugier: Wie würdet Ihr das Problem der sich verlagernden Fahrrinnen lösen?”
Wanja zuckte mit den Schultern. “Darüber habe ich noch nie richtig nachgedacht. Grundsätzlich kann man mit einem Problem zu leben versuchen, es beseitigen, oder ihm aus dem Weg gehen. Heißt es nicht so?
Wie also könnte man damit leben? Nun, ein Leuchtfeuer wäre sicher die richtige Lösung. Aber es müsste mit dem Fahrwasser verändert werden können. Vielleicht mit kleinen beleuchteten Booten? Aber die Lichter müssten vor dem Wasser geschützt sein.
Könnte man das Problem beseitigen? Das wäre sehr schwierig. Die Fahrrinne müsste befestigt werden. Ich weiß nicht, ob Ihr den Küstenschutz der Flammländer kennt. Diese Leute verstehen etwas davon, wie man Wasser bändigt. Aber diese Sandmassen, die der Fluss mit sich bringt? Ich weiß nicht, ob es möglich ist, die zu beherrschen. Auf jeden Fall wäre es sehr, sehr schwierig.
Und wie könnte man dem Problem aus dem Weg gehen? Indem man den Hafen verlegt, vielleicht, irgendwohin flussaufwärts, wo die Alba immer in einem gleichmäßig tiefen Bett bleibt. Aber es bliebe immer noch das Problem, dorthin zu kommen. Und es würde alle diejenigen ärgern, die von Handel und Seefahrt leben, weil der Weg zwischen Hafen und Stadt länger würde. Also wäre vielleicht die Sache mit den beleuchteten Booten der einfachste Weg. Ich weiß es nicht ...”
Er sah weiter auf den Hafen und gab vor, nicht die Verwunderung des Königs zu bemerken. Die Windbraut war schon zwischen den Leuchttürmen hindurch geglitten. Kapitän Dorella stand am Bug und beobachtete scharf den Kurs seines Schiffes. Hin und wieder rief er dem Steuermann einen Befehl zu. Schließlich erreichte die Windbraut einen Liegeplatz und der Kapitän ließ die Segel einholen. Zwei Seeleute sprangen an Land, um das Schiff zu vertäuen.
Dann mussten die Pferde an Land gebracht werden. In Vinitessa hatte man sie vom niedriger gelegenen Kai über einen Steg ins Schiff führen können. Doch hier mussten sie mit einem Kran aus dem Leib des Schiffes heraus gehoben werden.
Manch eines der Tiere begann zu toben, wenn es mit einer Tuchbahn unter dem Leib in die Höhe gehoben werden sollte und musste mit vielen Seilen gefesselt werden, damit es sich nicht verletzen konnte.
Wanjas Hengst bleib als einziges Tier völlig ruhig, denn sein Herr saß auf seinem Rücken und sprach ihm beruhigend zu. Zwar legte das Tier die Ohren unwillig an und grunzte empört, als das Tuch es aufhob, aber es ließ den Flug durch die Luft mit gespreizten Beinen und lang gestrecktem Hals widerstandslos über sich ergehen. Wieder auf dem Boden angelangt, schüttelte es sich und stolzierte von dem ausgebreiteten Tuch herunter. Liebevoll strich Wanja ihm über den Hals. Auch mit seinen beiden anderen Pferden verfuhr er auf diese Weise, wenn sie auch nicht so ruhig blieben, wie sein Streitross.
Die anderen Ritter hatten diese Vorführung bewundernd verfolgt und mehrere von ihnen lobten den Gehorsam der Wolfsburger Pferde. Davon überrascht dankte Wanja ihnen, bevor er sattelte.
Schließlich waren alle Pferde und alles Gepäck an Land. Der herbeigeeilte Gehilfe des Hafenmeisters musste mit enttäuschtem Gesicht und beinahe leeren Händen wieder gehen, denn wertvolle Güter gab es hier nicht zu besteuern.
Herzlich verabschiedeten sich die Ritter aus dem Mittländischen Reich sodann vom Kapitän und der Mannschaft der Windbraut. Kapitän Dorella bot an, zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder die weiße Stadt anlaufen und auf seine vornehmen Fahrgäste warten zu wollen. Doch ließ der König ihm durch Wanja danken und ausrichten, man wisse noch nicht, wie lange die Mission dauern würde, auf der sie seien. Und demnach sei es völlig ausgeschlossen, schon jetzt Pläne für die Rückreise zu schmieden.
Dann bestiegen die Ritter und ihr König ihre Pferde, welche froh waren, wieder festen Boden unter den Hufen zu haben. Sie folgten Wanja zu einem Anwesen am Rande der Stadt, welches er eine Karawanserei nannte. Dort wollten sie Unterkunft für ihre Tiere und sich selber finden, um am Abend auf dem Markt, die Dinge einzukaufen, die sie brauchen würden.
Doch die Karawanserei war überfüllt. Die Torwachen hätten sie wohl noch eingelassen. Jedoch ließ die Vielzahl der Tiere, welche sich bereits jetzt im Hof drängten, weil sie in den Pferchen keinen Platz mehr gefunden hatten, sie von ihrem Vorhaben Abstand nehmen. Das Gebrüll der unzähligen Tiere, der Staub und der Gestank waren unerträglich.
Am Tage zuvor seien gleich zwei große Karawanen eingetroffen, erzählte der behäbige Wirt strahlend, mit dem Wanja über eine Unterkunft sprach, und am Tage davor auch schon. In allen Kammern und Sälen, ja, selbst entlang der Hausmauern auf dem Hof schliefen die Reisenden dicht gedrängt.
Als er Wanjas enttäuschtes Gesicht sah, lächelte der Wirt spöttisch und fragte:
“Warum versucht ihr nicht, in der Niederlassung der Nordleute einen Schlafplatz zu finden? Die halten sich zwar für etwas Besseres, aber vielleicht machen sie ja eine Ausnahme für euch. Immerhin habt ihr ja die gleiche blasse Haut und die gleichen farblosen Augen, wie sie.”
“Nordleute?” Wanja horchte auf. “Haben die denn jetzt eine feste Niederlassung in Castasarna?”
“Oh, ja, Mittländer. Seit zwei Jahren schon. Auch liegt zur Zeit kein Nordland-Schiff im Hafen. Gewiss haben sie für euch wenigen Reiter Platz in ihrer großen Niederlassung. Sie liegt dort draußen auf dem Silidon-Hügel.” Der Mann gluckste, als hätte er einen guten Witz erzählt. “Ihr könnt sie ja um ihre Gastfreundschaft bitten, wenn sie euch zu Wort kommen lassen, und euch nicht gleich erschlagen, sobald ihr an ihre Tür geklopft habt. Sie sind nämlich mit ihren langen Schwertern schnell bei der Hand.”
“Das ist ja endlich einmal eine gute Nachricht!” Froh sah sich Wanja nach seinen Gefährten um. Sein Gesicht verdüsterte sich kurz, als er die jungen Ritter ihre Nasen rümpfen sah. Doch ermahnte er sich, geduldig zu bleiben. Die jungen Leute würden sich an noch ganz andere Dinge gewöhnen müssen, ehe diese Fahrt zu Ende war.
Mit wenigen Worten berichtete er, was er erfahren hatte. Der König schlug erleichtert vor, sogleich diese Niederlassung aufzusuchen. Das unübersehbare Gedränge der Handelsstadt beunruhigte ihn. Anders als den meisten seiner Ritter, war ihm die ständig unterschwellig vorhandene Gefahr durchaus bewusst.
Noch einmal mussten die Gefährten die Stadt durchqueren, deren Häuser aus der Nähe und in der Tageshitze betrachtet bei Weitem nicht mehr so weiß aussahen. In den ärmeren Stadtvierteln fiel der Putz in großen Platten von den Wänden und der Unrat zog von unten in die Mauern. Schwärme von Fliegen folgten jedem ihrer Schritte, ebenso wie die Horden unerträglich bettelnder Kinder. Mehrmals musste König Karl seine Ritter mahnen, keine Gewalt gegen diese zu richten.
Endlich standen sie vor dem gesuchten Anwesen. Es war auf einem der felsigen Hügel erbaut, welche sich rings um die Stadt erhoben. Das ursprünglich kleine Fischerdorf war aus seiner geschützten Lage im Tal in die Breite gewachsen und hatte die umliegenden Hügel überwuchert. Dort hatten die Reichen und Mächtigen der weißen Stadt ihre Wohnsitze. Und hier war die weiße Stadt wirklich weiß, und die Häuser, deren frisch gekalkten Hauswände ständig von einer sanften Brise umspielt wurden, waren in ihrem Inneren angenehm kühl.
Die hohe und wehrhafte Mauer um die Niederlassung wurde von nur einem einzigen Tor unterbrochen. Davor lungerten vier dunkelhäutige Söldner herum. Als die Reisegesellschaft aus dem Mittländischen Reich näher kam, erhoben sich die Männer langsam und misstrauisch.
“Was wollt ihr?”, fragte einer von ihnen grob. König Karl sah Wanja fragend an, der ihm übersetzte.
“Wir sind eine Schar Ritter aus dem Mittländischen Reich und bitten um Obdach für eine Nacht. Die Karawanserei ist überfüllt”, ließ er ihn dann antworten.
“Dies ist keine Herberge”, knurrte der Söldner. “Die Herren dieses Hauses wünschen nicht, in ihren Mauern von Fremden belästigt zu werden.”
“Wir sind keine Fremden”, antwortete Wanja. “Geh´ zu deinem Herrn, Wachmann, und sage ihm, dass Wanja Bajarin vor seiner Tür steht und Obdach begehrt.”
Die Blicke der Wachleute blieben misstrauisch, doch nickte einer von ihnen und verschwand durch das schwere eisenbeschlagene Tor. Schon nach sehr kurzer Zeit kam er in Begleitung eines großen, bärtigen und blondhaarigen Nordländers zurück. Wanja lächelte froh. Endlich hatten sie auch einmal Glück: Diesen Mann kannte er. Freundlich fragte er deshalb:
“Hast du schon ausgeschlafen, Einar Bjarnason? Oder habe wir dich aus deinem Bett geholt?”
Der groß gewachsene junge Mann strahlte.
“Wahrhaftig, da ist dieser verrückte Ostling! Was machst du denn hier in Castasarna, Mann?”
Wanja sprang vom Pferd und tauschte mit dem Nordmann eine Umarmung.
“Das ist eine lange Geschichte, Einar”, erklärte er, zur mittländischen Sprache zurückkehrend, damit seine Gefährten ihn verstehen konnten. Er wusste, dass sie dem Nordmann geläufig war.
“Können wir heute bei euch übernachten? Ich erzähle dir dann alles.”
“Natürlich wohnt ihr hier! Kommt erst mal rein. Hier draußen wird man ja gebraten.”
Der Nordmann befahl den Wachen, das Tor ganz zu öffnen, und die Ritterschar konnte endlich in den schattigen Hof reiten. Erleichtert saßen die Männer ab.
________________________
So, das war´s erst einmal. Bin gespannt, wie es Euch gefallen hat.
[ Editiert von Heike-Korfhage am 07.01.11 12:38 ]