In diesem Forum wurde ja hinsichtlich der Aspekte "Weiterentwicklung (des Schreibstils)", "Satzlänge" und "Ausführlichkeit von Beschreibungen" schon eine Menge Interessantes geschrieben. Trotzdem wäre ich aber dankbar, wenn ihr meine persönliche Entwicklung als "Schreiber" mal - sagen wir: beurteilen könntet:
Meine ersten "literarischen Versuche" (...wie man so sagt...) habe ich tendenziell sehr schnell aufgeschrieben. Die Beschreibungen waren detailiert, die Sätze im Durchschnitt nicht sehr lang.
Heute schreibe ich im Ganzen eher langsam. Unsere Zeit ist so schnellebig, denke ich manchmal, sodass viele Leute (darunter ich!) keine Geduld für allzu lange Beschreibungen haben - und beschreibe selbst kurz und möglichst prägnant. Um aber Sachverhalte (wie die Handlungsmotivation meiner Romanfiguren) trotz aller Kürze der Beschreibung ausgewogen darlegen zu können, verwende ich oft ziemlich lange Sätze.
Was ich heute schreibe (zum Beispiel ein Buch über einen Jugendlichen) ist insgesamt kurz und prägnant, dafür aber recht schwer zu lesen.
Wie beurteilt ihr diese Entwicklung? Findet ihr sie eher positiv oder negativ?
@Michael was ist schwer zu lesen? Also Hegel, Kant, schlimmer noch Marx - alle in meinem Umfeld stöhnten, und ich habe das in mich reingefressen. Dafür tue ichmich sehr schwer beim Lesen von Tiergeschichten, besonders wenn die Tiere darin bis zur Unkenntlichkeit vermenschlicht sind.
Der Geschmack ist verschieden genauso wie die Bewertung des Schreibstils. Und das ist ein großes Glück. Und wenn du dich in deinem Schreiben wieder findest, dann brauchst du niemanden, der dir sagt, das hast Du gut gemacht.
Ich finde deine Meinung sehr erfreulich und teile sie im Grunde auch -- allerdings haben meiner Einschätzung zufolge Manuskripte mit kurzen Sätzen größere Chancen veröffentlicht zu werden?! Und so wohl ich mich beim Schreiben auch immer fühlen mag - wenn mir mein Schreibstil der Veröffentlichung des Geschriebenen im Weg stünde, wäre das schon ziemlich ärgerlich...
Hallo Michael, tja, aber dazu kann ich dir leider nichts sagen. Da müsstest Du schon Verleger fragen, ob die Satzlänge ein Kriterium für die Auflage eines Buches ist. So richtig vorstellen, kann ich mir das allerdings nicht. Viele Grüße
Ob ich mein Manuskript bei einem Verlag unterbringen kann, wird sich ja noch zeigen... Dass längere Sätze diesbezüglich ein Hinderungsgrund sein könnten, meinte ich nur einigen Reaktionen vonseiten meines näheren Umfeldes "entnommen" zu haben, beispielsweise den Äusserungen meines ehemaligen Deutschlehrers ("damals", noch in der Mittelstufe...), der in meiner Gegenwart immer wieder von "kurzen, prägnanten Sätzen" zu reden anfing. Vielleicht habe ich ja in ihm und meinen ehemaligen Mitschülern bloß nie die richtigen Zuhörer gefunden - obgleich meine Texte tendenziell ansich sehr positiv aufgenommen wurden.
Auf jeden Fall beruhigt es mich, vonseiten dieses Forums bei der Erwähnung langer, manchmal ETWAS komplizierterer Sätze keine entsetzten Ausrufe zu "ernten".
Und im Falle sich häufender Absagen habe ich für mich ja so immer einen Scheingrund "auf Lager"!
alos ich schließe mich der meinung von schreiberling an. ich kann es mir auch nicht vorstellen, daß die satzlänge groß was mit dem erfolg einer geschichte zu tun hat. wichtig ist..in meinen augen...doch immer nur, daß die geschichte interessant, kurzweilig zu lesen ist und der leser neugierig bleibt....
Hallo Leute, bin wieder da, war in Spanien. Zu den kurzen/langen Sätzen nur soviel: Meine Lektorin und auch meine Dozentin (Autorenschule) haben mir lange Sätze immer gandenlos zusammengestrichen. Peter T.
Naja, nee, kann schon was mit Erfolg zu tun haben. Die Satzlänge. Ein Autor, der nicht nur selbstverliebt in den eigenen Worten badet sondern für den Leser schreibt, wird sich bemühen, ein paar Regeln einzuhalten. Peter T. hat ein paar dieser Regeln schon erwähnt, glaub ich.
Schachtelsätze vermeiden. Nebensätze meiden Die beiden Hälften des Verbs zusammenziehen. Präpositionen vermeiden Subjekt und Prädikat zusammenschieben Attribute vermeiden Falschen Zwischensinn vermeiden.
Also lange Sätze sind nicht grundsätzlich pfui gack. Verschachtelte Sätze, wie man sie oft in angeblich ach so literarischen Zeitungen findet, hingegen schon.
Und siehst Du? Der obere Satz zum Beispiel: Verschachtelte... ist so ein Fall: Verschachtelte Sätze schon, ist die Hauptaussage. Die Nebenaussage: Wie man sie oft... kann rausgenommen werden.
Verschachtelte Sätze schon. Die findet man häufig in angeblich literarischen Zeitungen.
Klar, was ich meine?
lg/Peter[f1][ Editiert von Nathschlaeger am: 10.02.2004 13:34 ][/f]
@ Nathschlaeger also ich mag lange Sätze. Vielleicht liegt das daran, dass sie meine Gedanken anregen? Ein gutes Buch bringt mich zum Träumen, fühlen, miterleben. Da darf es ruhig auch mal so sein, dass ich einen Satz zweimal lesen muss. Ich freue mich dann sogar ab und zu schelmisch, wenn ich mich dabei ertappe, dass ich etwas überlesen habe.
Danke für eure Ratschläge/ Gedanken. Um meine Frage zum Schreibstil etwas zu veranschaulichen, möchte ich euch einfach mal einen Beispielsatz aus meinem Manuskript nennen, wirklich einen der längsten und verschachteltesten Sätze:
"Was ihn dennoch zur Bankfiliale trieb, war die Überzeugung, dass jegliche minimale Chance, dass sie ihn nicht abweisen, sondern sich ernsthaft mit seinen Gefühlen für sie konfrontieren würde, dass sie zumindest versuchen würde, sich in seine Situation hineinzuversetzen und vielleicht irgendeine Art der Verbindung oder Freundschaft mit ihm eingehen würde, für Lorenzo mehr Gewicht hatte, als das Mehr an Leid, welches ihm seine Enttäuschung im Falle, dass sie nicht wie von ihm erhofft handeln würde, gegenüber seiner Niedergeschlagenheit, wenn er nicht versuchen würde, diese kleine Chance wahrzunehmen, einbringen könnte."
Ein wirklich echt langer Satz, aber doch sinnvoll: Wer ihn beim ersten Lesen versteht, hat einen Gedankengang nachvollzogen, den man langwierig über Seiten erklären (und den Leser dadurch langweilen) könnte. Was meint ihr?
Ich schließe mich Schreiberling an. Meines Erachtens ein viel zu langer Satz. Aber sie kommen vor, die überlangen Sätze. Hier 2 Beispiel: Jimmy Kooper ist der Typ Mann, der um halb fünf aufwacht, ins Fitnesscenter geht und mit seinen Anwaltskumpeln Gewichte hebt, zwei Stunden in einem türkischen Bad absteigt, sich dann beim Friseur am Plaza rasieren und in einem piekfeinen Etablissement, das nur zwanzig Leute kennen, eine Massage verpassen lässt, danach zur Arbeit geht, eine dreistündige Mittagspause mit Klienten oder Freunden einlegt, dann wieder zur Arbeit zurückkehrt, um seine Mitarbeiter fertig zu machen, ein zweistündiges Meeting mit seinem Börsenmakler, Anlageberater oder Buchmacher dazwischen schiebt, nach der Arbeit bei seiner Geliebten vorbeischaut und sich dort Handschellen anlegen lässt oder sie in Handschellen legt, und dann nach Hause geht. Er wirkt einfach wie die Sorte Mann, die aus einem vierundzwanzigstündigen Tag sechzig Stunden herausquetschen kann.
Mit einem Zahnstocher zwiebelt er sich ein Stückchen Kopfsalat aus den Zwischenräumen und gibt dabei ein lautes, saugendes Geräusch von sich. „Tja, Stil", sagt Jimmy Kooper. Er hat den Salat mittlerweile rausbekommen und pult mit einen anderen Zahnstocher nach anderen Essensresten. „Stil muss man schon haben." Seine Frau betupft ihren kleinen Mund mit ihrer Serviette. Ein Pitbull und eine Afghanenhündin - Jimmy und Carol Cooper haben die klassische Statur eines Komikerduos: der Dicke (Hardy) und die Dünne (Laurel), allerdings nicht ganz so überzogen, denn er hat zwar Schultern wie ein Sofa, ist aber nicht fett, sie hat etwas von einem Kleiderbügel, ist aber nicht magersüchtig. Wenn ich sie so anschaue, ihren schweren, über den Stuhl gehängten Zobelfellmantel, ihr reiches mit Puder überzogenes East-Side-Gesicht, ihr sorgsam gekämmtes, blondes Haar, ihren glänzenden Teint (sie sieht aus wie eine Wachsbirne) und ihre kleine Hakennase, dann erinnert sie mich an jemanden... aber ich komme nicht mehr drauf. Selbst die Art, wie sie spricht und auftritt, lässt mich an jemand anderen denken, aber ich kann mich nicht mehr entsinnen, wer es ist.
Wer hat das vollbracht? Es handelt sich um das Erstling eines amerikanischen Autors, Ted Heller, mit dem Titel: „Heiße Luft". Erschienen im Goldmann Verlag.
Zugegeben: Dieser Satz ist tatsächlich einer der längsten in "Lorenzo" - und zitiert habe ich ja schon die "leserfreundliche Version", denn ursprünglich ging dem Satz noch ein Halbsatz "contra den Bankbesuch" vorraus... sozusagen "antithetisch" .
Ich habe mir auch schon überlegt, ihn und "wesensgleiche Artgenossen" ein wenig zu zerlegen - obwohl das nicht wirklich meinem Stil entspräche...
Allerdings bin ich etwas überrascht, Schreiberling, dass du den Satz zu lang findest - da du lange Sätze tendenziell nicht schlecht findest?! Allzu schwer zu lesen ist er doch eigentlich nicht, so im Vergleich zu Kant, oder?
Hatte dieser amerikanische Autor denn mit seinem Erstling Erfolg, Peter? (Zugegeben, ich kenne das Buch nicht...)
"Was ihn dennoch zur Bankfiliale trieb, war seine Überzeugung einer minimalen Chance, dass sie ihn nicht abwies. Er hoffte, dass sie sich ernsthaft mit seinen Gefühlen für sie auseinandersetzen würde. Vielleicht versuchte sie sogar, sich in seine Situation hineinzuversetzen und würde irgendeine Art der Verbindung oder Freundschaft mit ihm eingehen. Die Enttäuschung in dem Fall, dass sie nicht wie von ihm erhofft handeln würde, stand in keinem Vergleich zu der Niedergeschlagenheit, mit der er sich plagen würde, wenn er diese auch noch so geringe Möglichkeit nicht wahrnahm."