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Dieses Thema hat 3 Antworten
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Schreiberling Offline




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10.11.2004 15:14
RE: Afghanistan nach der \"Wahl\" Antworten

Michael Moore sagt es in seinem Film sehr deutlich. Dieser Karsai, heutiger Präsident von Afghanistan war zuvor Mitarbeiter einer US-Ölfirma. In ihm sehen die USA einen treuen Vasallen, der ja auch nur durch den Schutz der USA und der NATO überhaußt noch im Amt ist.

Kurz nach den "Wahlen" kamen immer mehr Berichte über Unregelmäßigkeiten und Betrug bei dieser Wahl ans Tageslicht. An ihr kann man sehen, was die USA vorhaben, wenn sie auch für den Irak "freie" Wahlen planen.

Zitat
Millionenteurer Dilettantismus

Aus Kabul berichtet Matthias Gebauer

Einen Tag nach der Wahl wächst unter den Afghanen die Empörung über die internationalen Organisatoren. Trotz eines 200-Millionen-Euro-Budgets hat das von der Uno betreute Team die historische Abstimmung fast ins Chaos gestürzt. Zwar distanzieren sich die ersten Karzai-Gegner von Aufrufen zur Annullierung, doch der Glaubwürdigkeitschaden ist groß.

AP
Wählen auf afghanisch: Fingermarkierung sollte Mehrfachwahl verhindern
Kabul - Es war ein Sonntag voller Unverständnis und Wut. In den Basaren von Kabul und in den Unterkünften der internationalen Helfer gab es nur ein Thema: Wie konnte das passieren? "Es ist nicht zu glauben", erregte sich ein europäischer Wahlbeobachter, "nun ist alles sicher gelaufen, die Afghanen wollten alle wählen und diese Idioten haben das mit der Tinte nicht hinbekommen und die ganze Geschichte vollkommen unnötig in große Gefahr gebracht".

Wen der Wahlbeobachter mit den "Idioten" meinte, war nicht schwer zu erraten. Immer deutlicher gaben internationale Beobachter, Diplomaten und Vertretern der Uno zu erkennen, dass das internationale Organisationskomitee mit dem schönen Namen "Joint Electoral Management Body" (JEMB) bei der Wahl massive Fehler gemacht hat. Trotz eines Gesamtbudgets von rund 200 Millionen Euro hat es die Organisation, die aus Vertretern der Uno und afghanischen Mitarbeitern besteht und seit Monaten arbeitet, nicht vermocht, eine saubere Wahl sicherzustellen.

Tinte statt Bomben der Taliban

Das Ergebnis der schlampigen Organisation ist reichlich obskur: Statt wie erwartet durch Raketenangriffe oder gewaltsame Wahlbeeinflussung wurde die Legitimität der historischen Wahl durch den falschen Einsatz simpler Tinte gefährdet. Millionen Afghanen hatten sich enthusiastisch beteiligt, doch statt von außen wurde das System von innen bombardiert.

Mit der permanenten Tinte sollte - wie bei vielen anderen Wahlen rund um den Globus auch - die Möglichkeit von mehrfachen Stimmabgaben verhindert werden. Doch die lila Farbe ließ sich entgegen der Planung meist einfach abwischen. Schnell wurden Rufe nach einem Stopp des Urnengangs laut und 14 Kandidaten schlossen sich bereits vor Schließung der Wahllokale am Samstag zu einem Protestbündnis zusammen, das eine Annullierung der Wahl forderte.

Am Tag danach ging es zumindest nach außen hin nüchterner zu. So zeigten die internationalen Wahlbeobachter von der OSZE und anderen Gruppen gute Mine zum schlechten Spiel. In mehreren Statements spendierten sie Lob für die hohe Beteiligung und zeigten Erleichterung über die gewaltlose Wahl. Zwischen den Zeilen aber ist die Kritik an der JEMB mehr als deutlich. So spricht die unabhängige Gruppe "Free and Fair Election Foundation of Afghanistan" (FEFA) von "fehlender Aufmerksamkeit" der JEMB bei dem Einsatz der Tinte. Die OSZE forderte zumindest eine "tiefgreifende und transparente Untersuchung" der Vorgänge.

Liste des Versagens

Hinter den Kulissen indes gab es keine Diplomatie mehr, die JEMB steht unter massivem Beschuss. Unter Druck fertigten die Verantwortlichen rasch eine Analyse mit sechs Gründen für das Versagen. Daraus ergibt sich ein "organisierter Dilettantismus, den man kaum glauben kann", sagt ein westlicher Beobachter, der bei den Krisensitzungen dabei war.

REUTERS
Wahlen in Afghanistan: Alle Präsidentschaftskandidaten
Danach sei die permanente Tinte schon vor zwei Monaten gekauft worden. Da sie aber in einer normalen Halle in Afghanistan gelagert worden sei, hätte die Hitze die Flüssigkeit ausgetrocknet. Der massive Fehler wurde Tage vor dem Urnengang entdeckt. Die dann hektisch neu beschaffte Tinte sei dann entweder minderwertig gewesen oder von den Mitarbeitern an den Wahlstationen falsch gemischt worden, so die interne JEMB-Analyse gegenüber den Wahlbeobachtern.

Damit nicht genug: Es gab offenbar keine einheitliche Produktlinie, auf die man sich in Sachen Tinte geeinigt hatte. So gab es in manchen Wahlstationen Stifte zum Ausfüllen der Wahlzettel, Stifte zum Markieren der Daumen und Fläschchen, in welche die Wähler die Finger stecken sollten. In denen fast wie Kinderbücher gestalteten Anleitungen war dies jedoch nicht erklärt und die Mitarbeiter verwechselten die Produkte. Die Tinte für die Wahlzettel wurde für die Finger verwendet, dafür hält die Farbe auf den Wahlzetteln nun vermutlich für Ewigkeiten. Ebenso unprofessionell waren die Nachfüllfläschchen für die Wahlstifte und die Fingermarkierung ausschließlich in Englisch beschriftet und wurden ebenfalls oft vertauscht, gestanden JEMB-Verantwortliche intern ein.

Streit um die Untersuchungen

AP
Warten aufs Wählen: Frauenschlange vor Wahllokal in Kabul
Offiziell äußert sich die JEMB zu dem Chaos nicht mehr. Anfragen werden nicht beantwortet und bei den Briefings weisen die Sprecher stets auf laufende Untersuchungen hin. Auch um diese gibt es jedoch Streit. So will die JEMB die Unzulänglichkeiten lieber selbst untersuchen, während gerade die Vertreter der EU auf eine unabhängige Kommission setzen.

Bis zum Montagabend wurde über diese Frage noch heftig diskutiert. Möglich ist, dass eine afghanische Menschenrechtskommission die Vorgänge unter die Lupe nimmt. "Wir müssen auf jeden Fall verhindern, dass die Fehler unter den Tisch fallen", so ein Vertreter der EU, "sonst passiert das gleiche bei der nächsten Wahl im April 2005 wieder". Dann sollen die Afghanen nach augenblicklicher Planung ihr Parlament wählen.

Neben der Kritik an der chaotischen Wahlorganisation wurde in Kabul diskret verhandelt, um den Boykott von 14 Präsidentschaftskandidaten aufzubrechen. Sowohl Uno-Vertreter als auch der US-Botschafter in Afghanistan waren den ganzen Tag unterwegs, um die Kandidaten von ihrem gestrigen Beschluss abzubringen, die Wahl nicht anzuerkennen. Die Uno und die USA wollen auf jeden Fall verhindern, dass die Wahl am Ende ungültig werden könnte.

AFP
Präsident Karsai: Streit um wischfeste Tinte
Folglich raste US-Botschafter Zalmay Khalilzad den ganzen Montag von Kandidat zu Kandidat, wollte aber zum Erfolg seiner Mission nichts sagen. Von dem stärksten Gegenkandidaten Karzais, Yunus Qanuni, war am Montag gar keine Stellungnahme zu erhalten. Aus seiner Umgebung war aber zu hören, dass auch er gegen Zugeständnisse zu Verhandlungen bereit ist.

Boykott-Lager zerbricht langsam

Die Eil-Diplomatie zeigt zumindest erste Erfolge. So rückte der Kandidat Mohammed Mohaqeq öffentlich von dem Boykott ab. Auch der selbsternannte Sprecher der Kandidaten-Gruppe, der Usbeke Abdul Satar Sirat, deutete einen Kompromiss an. Journalisten wollen von ihm selber erfahren haben, dass er den Boykott-Block bereits verlassen hat. Sein Sprecher wollte dies jedoch nicht bestätigen. Offenbar wollen mehrere andere Kandidaten ihren Aufruf zurücknehmen, wenn sie an der Untersuchung über die Unregelmäßigkeiten beteiligt werden.


Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,322491,00.html

Schreiberling Offline




Beiträge: 2.222

10.11.2004 16:32
#2 RE: Afghanistan nach der \"Wahl\" Antworten

Auch in der Financial Times Deutschland waren/sind die "Wahlen" ein Thema:

Zitat
Aus der FTD vom 26.10.2004
Karsai-Konkurrent Kanuni wirft Regierung Wahlbetrug vor
Von Britta Petersen, Kabul


Der wichtigste Herausforderer des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai, Ex-Bildungsminister Junis Kanuni, wirft der Regierung in Kabul und den Vereinten Nationen (Uno) "organisierten Wahlbetrug" vor.

"Ich bin absolut überzeugt, dass ich die Wahl gewonnen hätte, wenn die Regierung nicht systematisch betrogen hätte", sagte Kanuni der FTD in seiner Kabuler Villa. Die Mitglieder seiner Partei hätten landesweit 100 Betrugsfälle aufgedeckt. Verantwortlich seien die Wahlbehörde JEMB und die Uno-Behörde Unama.

Zwar will der Nordallianz-Kandidat offensichtlich von seinem schlechten Abschneiden bei der ersten freien Präsidentenwahl in Afghanistan vor zwei Wochen ablenken. Seine Vorwürfe könnten dennoch zu einer Belastung für Karsais Präsidentschaft werden. Bereits am Wahltag hatten 15 Kandidaten wegen Unregelmäßigkeiten mit einem Boykott der Wahl gedroht. Davon wichen sie erst auf internationalen Druck hin ab.

Karsai gewinnt absolute Mehrheit

Nach Auszählung von rund 95 Prozent der Stimmen lag Amtsinhaber Hamid Karsai am Montag nach Angaben aus dem Präsidialamt mit einer absoluten Mehrheit von 55,3 Prozent der Stimmen klar in Führung. Kanuni kam mit etwa 16,2 Prozent auf den zweiten Platz. Das endgültige Ergebnis wird Ende der Woche erwartet. Laut Wahlbehörde ist mit einem zweiten Wahlgang nicht mehr zu rechnen. Zwar beteuert Kanuni, er werde sich "im nationalen Interesse" dem Urteil einer Untersuchungskommission beugen, die sich derzeit mit den Beschwerden verschiedener Kandidaten und Parteien befasst. "Es ist schwer, das Ergebnis dieser Wahl zu akzeptieren", sagte er jedoch mit Hinweis auf die technischen Pannen.

In der Provinz Ghasni seien nur fünf Wahlurnen offiziell aufgestellt worden. Die restlichen seien erst nach der Wahl aufgetaucht, gefüllt mit Wahlzetteln, die darin "ordentlich wie in einer Bibliothek gestapelt waren", sagte Kanuni. Außerdem seien 20 Millionen Wahlscheine gedruckt worden, obwohl nur 10,5 Millionen Wähler registriert waren.

Kanuni würde Ministeramt nicht ablehnen

Dennoch hält der frühere Bildungsminister sich die Möglichkeit offen, auch in einer künftigen Regierung Karsai ein Ministeramt anzunehmen. Ohne ein Amt könnte er leicht in der Versenkung verschwinden. Die Nordallianz, die im November 2001 mit US-Hilfe die Taliban von der Macht in Kabul vertrieben hatte, ist tief zerstritten.

Kanuni versucht nun, aus dem Bruch eine politische Tugend zu machen und sich als moderner Führer zu präsentieren. Bis zur Parlamentswahl im Frühjahr will er eine neue Partei gründen, die "eine neue Generation mit neuen Ideen verkörpert". Darin sollen "Ideologien keine Rolle mehr spielen" und Frauen gleiche Rechte erhalten wie Männer. "Ich hoffe darauf, dass die nächsten Wahlen fairer sind", sagte Kanuni.


Quelle: http://www.ftd.de/pw/in/1098712188861.html

Es bleibt der bittere Beigeschmack, dass die USA/NATO den Begriff "Demokratie" offensichtlich missbrauchen um ihnen treu ergebene Despoten zu installieren.

Schreiberling Offline




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10.11.2004 16:39
#3 RE: Afghanistan nach der \"Wahl\" Antworten

Und diese Kritiker sollten Recht behalten, als sie schrieben:


Zitat
Ein "Rezept" für Wahlbetrug.

Vorgestern legte die "unabhängige Forschungsorganisation", so die Selbstbeschreibung von AREU einen genaueren Bericht zur Situation in Afghanistan drei Wochen vor den anberaumten Wahlen nach. "Frei, gerecht oder fehlerhaft: Herausforderungen für legitime Wahlen in Afghanistan", heißt das Papier, welches angesichts der sich ständig verschlimmernden Sicherheitslage in Afghanistan und der Konsequenzen, die sich daraus für die Durchführung der Wahlen ergeben, eine Strategie empfiehlt, die bereits in anderen post-conflict societies wie Ost-Timor, Bosnien und Kambodscha angewendet wurde: den massiven Einsatz ("flooding") von Wahlbeobachtern, national und international, an den Wahllokalen. Ansonsten, so der AREU-Bericht, sei es wahrscheinlich, dass lokale Polizei und Milizen unter den wachsamen Augen des ortsansässigen warlords auf die "korrekte Durchführung" der Wahlen achten würden: ein "Rezept" für Wahlbetrug.

Bislang seien weniger als 150 internationale Beobachter "wahrscheinlich". Von den 200 Millionen US-Dollars, die man bislang für die Vorbereitungen zur Präsidentschaftswahl ausgegeben habe, sei nicht einmal eine halbe Million für die nationalen Wahlbeobachter ausgegeben worden; mit der Rekrutierung von den 100.000 Afghanen, die man benötigen würde, um für genügend offene Wahllokale zu sorgen, haben man eben erst begonnen und das nur sehr kärglich. Die Hälfte dieser Helfer sollte lesen und schreiben können, der Anteil der Frauen bei 50% liegen: die Verfasser des Berichts nennen dies eine "monumentale Aufgabe", die Hilfe benötige, denn jedes Wahllokal, das nicht geöffnet werden kann, jede Wahlurne, die nicht genau überprüft werden kann, jede Gewalt, die im Wahllokal ausbrechen kann, würde der Wahl die Legitimität entziehen.

Schon vor zwei Wochen machte die Organisation for Security and Co-operation in Europe (OSCE) darauf aufmerksam, dass die unsichere Situation in Afghanistan jede bedeutende Wahlbeobachtung verhindere.

Zu gefährlich für Wahlen

Die Wiener Organisation, welche bereits internationale Wahlbeobachter in mehreren emerging democracies stellte, entschied, dass das Risiko in Afghanistan zu groß sei, um die "üblichen Aufgaben" dort zu erledigen . Man will höchstens eine Handvoll Leute dorthin schicken, ein support team, das sich "jeden Kommentars" zu den durchgeführten Wahlen enthalten wird. Auch die EU will nur ein kleines Expertenteam schicken, das die Durchführung nicht kommentieren wird.

Ein "Spähtrupp" der OSCE, der Afghanistan im Juli besucht hat, kam zu folgendem Ergebnis:

Die gegenwärtigen und in naher Zukunft absehbaren Verhältnisse in Afghanistan sind deutlich unterhalb des Standards, der mindestens nötig wäre, um eine Wahlbeobachtung zu leisten, die den Namen verdient hat.

Seit Juli aber hat sich die Lage in Afghanistan noch verschlimmert. Der Anschlag auf Präsident Karzai vor ein paar Tagen machte dies noch einmal deutlich. Im Grunde, so Andrew Wilder von der Afghan Research and Evaluation Unit, sei ein Umfeld, das zu gefährlich für Wahlbeobachter ist, auch "zu gefährlich für Wahlen".


http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ost/18358/1.html

Die Befürchtungen sind eingetreten.

Schreiberling Offline




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08.12.2004 09:37
#4 RE: Afghanistan nach der \"Wahl\" Antworten

Neue Nachrichten von der Scheindemokratie in Afghanistan:

Zitat
Karsai-Kult in Kabul
In Afghanistans Hauptstadt wurde unter Militärbewachung der neue Präsident des Landes vereidigt

von Willi Germund

BANGKOK, 7. Dezember. Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen ist Hamid Karsai am Dienstag als gewählter Präsident Afghanistans in sein Amt eingeführt worden. Bei dem Urnengang Anfang Oktober war es zu zahlreichen Unregelmäßigkeiten und Problemen gekommen. Dennoch präsentierte sich Karsai, auf den nach offiziellen Angaben beachtliche 55,4 Prozent aller Stimmen entfielen, bei der Vereidigung voller Selbstbewusstsein. Auf den Tag genau drei Jahre nach der Kapitulation der radikalislamischen Talibanmilizen in der südafghanischen Stadt Kandahar verkündete Karsai vor 600 geladenen Gästen im streng abgeschirmten Kabuler Präsidentenpalast: "Unser Kampf gegen den Terrorismus ist noch nicht vorüber. Aber wir haben eine schwierige und dunkle Vergangenheit hinter uns gelassen und heute eröffnen wir ein neues Kapitel in unserer Geschichte."

In seinen Chapan-Umhang gekleidet, eine Mütze aus dem Fell eines ungeborenen Karakul-Schafes auf dem kahlen Kopf, trug Karsai dann seine Pläne vor. Die Aufzählung wirkte wie ein Katalog der Versäumnisse der vergangenen drei Jahre. Karsai versprach die "Herrschaft des Gesetzes" durchzusetzen, Privatmilizen zu entwaffnen und zu demobilisieren, die Korruption auszurotten. Ende der Vetternwirtschaft, Stärkung des Sicherheitsapparates und andauernde Stabilität waren weitere Kernpunkte seiner Rede.

Zwar blieb es in Kabul wie schon während der Wahl vor zwei Monaten ruhig. Aber die rund 150 ausländischen Ehrengäste - darunter der deutsche Staatsminister Hans-Martin Bury - hatten vor der Stippvisite in Kabul ihre Blutgruppe mitteilen müssen. Die Organisatoren wollten für alle Fälle gewappnet sein. Dem US-Vizepräsidenten Dick Cheney sowie Pentagonchef Donald Rumsfeld, die ebenfalls angereist waren, wurde gar angeraten, nicht in Kabul zu übernachten.

Die Afghanen blieben angesichts des Eisenrings, den die Internationale Isaf-Truppe um Kabul gelegt hat, und der wie Hornissen über Kabul kreisenden Helikopter am Dienstag lieber gleich zu Hause. Den Beginn eines massiven Personenkults um den Präsidenten werden sie ohnehin auch noch während der kommenden Tage bewundern können. Kabul ist seit Dienstag mit überlebensgroßen Plakaten übersät, die alle nur eines zeigen: den Paschtunen Hamid Karsai.

Der 47-Jährige, der trotz der Wahlen vielen Afghanen als US-Statthalter gilt,
ist angesichts der großen Herausforderungen kaum um seinen Posten zu beneiden. Auch in der Nacht zum Dienstag gab es schwere Kämpfe im Lande: Bis zu 200 mutmaßliche Taliban-Kämpfer, so wurde gemeldet, überfielen mit Mörsergranaten und Raketen einen Armeeposten in der Provinz Chost an der Grenze zu Pakistan überfallen. Pervez Musharraf, Diktator von Pakistan, hatte erst dieser Tage erklärt, dass die Spur von El Kaida-Chef Bin Laden, der im Grenzgebiet von Afghanistan und Pakistan vermutet wird, erkaltet sei. Dazu kommt das Drogenproblem: Unter den Augen des Westens vervielfachte sich während der vergangenen drei Jahre in Afghanistan die Anbaufläche für Schlafmohn um 1 500 Prozent auf mittlerweile rund 131 000 Hektar. 87 Prozent der Weltopiumproduktion stammen vom Hindukusch. Die Uno schätzt, dass dieses Rauschgiftgeschäft 2,8 Milliarden US-Dollar wert ist. 2005 wollen die USA nur 780 Millionen Dollar für die Bekämpfung dagegen setzen.

Schon in der kommenden Woche wird sich zeigen, ob Karsai den starken Worten Taten folgen lässt - oder ob er sich wieder als Don Quijote vom Hindukusch erweist. Denn bei der Kabinettsbildung muss er beweisen, ob er seinen Pakt mit den afghanischen Kriegsfürsten endgültig aufkünden will. Viele Zeichen lassen das Gegenteil vermuten. Laut einem Präsidentensprecher gab es bereits Gespräche mit Junus Kanuni über ein Ministeramt. Dieser vertritt die Tadschiken, Afghanistans zweitgrößte Bevölkerungsgruppe, und war bei den Oktoberwahlen abgeschlagen auf dem zweiten Platz gelandet.


Quelle: http://www.berlinonline.de/berliner-zeit...tik/401953.html

Wie Michael Moore treffend beschrieb, bei Karsai handelt es sich um einen Ex-Mitarbeiter einer US-Ölfirma. Er hat allein dafür zu sorgen, dass die Öl-Pipeline, die das kaspische Becken mit dem Ozean verbindet, sicher ist. Dafür geht die Ölmafia unendlich viele Kompromisse ein. Zum Beispiel bekämpft Karsai offiziell den Drogenanbau, der dennoch weiter wächst. Wie das zusammen paßt? Ganz einfach, die Ansagen Karsais sind reine Schaumschlägerei und verdecken die Ziele, um die es wirklich geht.

Dagegen hat sich die Lage der Menschen in Afghanistan nicht verbessert.

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