Die ganze Verlogenheit der heutigen Politik wird am Beispiel Tony Blairs deutlich. Dieser Mann verantwortet einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg mit hunderttausenden Toten, und über vier Millionen Flüchtlingen. Seit Wochen bemühen sich Schmutzfinken, diesen Verbrecher rein zu waschen. Um so wichtiger ist es, einen Beitrag gegen das Vergessen zu leisten. Tony Blair wusste von Beginn an von den Kriegslügen. Er hat sich ganz bewusst gegen den bekundeten Willen seines Volkes entschieden. Wenn ein Milosevic vor ein Tribunal gestellt wurde, dann muss Tony Blair auch dahin. Hier misst die Politik mit zweierlei Maß. Wir Europäer machen uns damit mit Kriegsverbrechern gemein. Ich schäme mich dafür.
ZitatBlairs neue Waffe der Massenirreführung von John Pilger ZNet 05.02.2004
ZNet > Terror / Krieg > Irak Im Gefolge des Hutton-Fiaskos bleibt eine Wahrheit unangreifbar: Tony Blair befahl die grundlose Invasion eines anderen Landes unter einem vollkommen falschen Vorwand und Lügen und Täuschungen, die in London und Washington produziert wurden, verursachten den Tod von bis zu 55.000 Irakern, unter ihnen 9.600 Zivilisten.
Betrachten wir für einen Augenblick diejenigen, die den Preis für Blairs und Bushs Aktionen bezahlten, die selten in der Berichterstattung der Medien erwähnt werden. Es wird davon ausgegangen, dass monatlich 1000 kleine Kinder durch nichtexplodierte Streubomben sterben oder verletzt werden. Die Folgen der uranhaltigen Waffen - eine Massenvernichtungswaffe- die von den angloamerikanischen Streitkräften benutzt wurden, sind derart, dass die Messwerte, der von den Briten zerstörten irakischen Panzern so hoch sind, dass ein Überwachungsteam der britischen Armee weiße Ganzkörper-Strahlenschutzanzüge, Gesichtsmasken und Handschuhe trug. Irakische Kinder spielen auf und in der Nähe dieser Panzer. Britische Truppen "werden Zugang zur biologischen Überwachung haben", behauptet das Verteidigungsministerium.
Die Iraker haben keinen Zugang und keine Experten, die sie medizinisch unterstützen und Tausende leiden jetzt an einer damit in Zusammenhang stehenden Reihe von Krankheiten wie Fehlgeburten und Haarausfall, schrecklichen Augen-, Haut- und Atemwegsproblemen.
Weder die Briten noch die Amerikaner zählen ihre irakischen Opfer und die Tatsache, geschweige denn das Ausmaß der Massaker, die an Menschen begangen wurden, und die materiellen Zerstörungen werden von einer Regierung, die behauptet, sie sei von Lord Hutton, dessen Bericht von den meisten Briten deutlich als eine Parodie gesehen wird und den Rücktritt des Premierministers als angemessen erscheinen lässt, rehabilitiert worden, nicht einmal zugegeben.
Blair hat jetzt eine Untersuchung über "das Versagen des Geheimdienstes" angekündigt, der ihm auf mysteriöse Weise Beweise für Massenvernichtungswaffen vorenthalten habe, die, wie er wiederholt betonte, sein "Ziel" beim Angriff auf den Irak waren. Genau wie der Zwist mit der BBC und die Hutton-Untersuchung ziemlich bewusste Ablenkungsmanöver waren, ist auch seine neueste Untersuchung eine weitere Panikmaßnahme. Es wird deutlich, dass - wie es ein US-Journalist darstellte - George W. Bush "jetzt Tony Blair im Regen stehen lässt".
Blair ist bisher stets Bush gefolgt. Bei der Ankündigung vom letzten Wochenende über seine eigene Untersuchung bezüglich "des Versagens der Geheimdienste" hofft Bush, sich selbst als unschuldiges, ungerecht behandeltes Mitglied der Öffentlichkeit darzustellen, das wissen will, warum Amerikas zahlreichen Spionagedienste die Nation nicht über die Tatsache alarmiert haben, und die jetzt von Bushs eigenem Waffeninspekteur David Kay bestätigt wurde, dass es keine Massenvernichtungswaffen gab und dass wahrscheinlich keine seit der Zeit vor dem Golfkrieg von 1991 existierten und die Begründungen, den Krieg zu beginnen "beinahe alle falsch" gewesen seien. Roy McGovern erzählte mir: "Das Ganze war zu 95% eine Farce." McGovern ist ein ehemaliger hochrangiger CIA-Analytiker und einer aus einer Gruppe ehemaliger hoher Geheimdienstoffiziere, von denen einige beschrieben haben, wie die Bush-Administration forderte, dass Geheimdienstberichte so geformt werden sollten, dass sie mit den politischen Zielen in Einklang standen und welche Rolle Großbritannien bei dieser Farce spielte.
"Das waren Geheimdienstberichte, die absoluter Unsinn waren, " erklärte ein früherer Geheimdienstoffizier dem New Yorker, "aber die Briten wollten in England und überall auf der Welt Geschichten in Umlauf bringen." Er beschrieb, wie dem britischen Geheimdienst undurchführbare (unglaubwürdige) Geheimdienstberichte zugeleitet wurden und dieser dann die Zeitungen damit versorgte.
Der ehemalige oberste UN-Waffeninspekteur Scott Ritter behauptet, der britische Geheimdienst habe diese falschen Informationen systematisch weiterverbreitet. Den Hinweis auf diese Geheimoperation gab der Waffenexperte David Kelly am Tag vor seinem Selbstmord, was von Hutton später ignoriert wurde. Kelly teilte dem vom Premierminister eingesetzten Geheimdienst- und Sicherheitskomitee mit: "Ich fungiere als Verbindungsmann der Rockingham-Zelle."
Wie Ritter enthüllt, bezog sich diese Aussage auf die streng geheime "Operation Rockingham", die innerhalb des britischen Geheimdienstes eingerichtet wurde, um Informationen "herauszufiltern", die verdreht werden konnten , um als "Beweis" für die Existenz eines Waffenarsenals im Irak zu dienen. Es war eine vollkommen politische Operation, deren Fehlinformationen - so Ritter - ihn und seine Inspekteure "zu einem Ort, an dem ballistische Waffen vermutet wurden", führte. "Wir fanden nichts. Aber unsere Suchaktion gestattete den USA und Großbritannien die Behauptung, dass die Waffen existierten."
Ritter stellt fest, dass die falschen Geheimdienstberichte der Operation Rockingham an das gemeinsame Geheimdienstkomitee weitergegeben wurden. Das Komitee war für die beiden "Dossiers" verantwortlich, in denen die Blair-Regierung behauptete, Saddam Hussein sei eine Bedrohung. Ritter behauptet, die für Rockingham arbeitenden Offiziere hätten im Auftrag der Politik "auf höchster Ebene" gehandelt.
Wie hoch? Bis oben zu Blair selbst? Schließlich war es Blair, der aus dem Fund der Massenvernichtungswaffen eine persönliche "Mission" machte. Die Frage nach dem "wie hoch" muss dringend beantwortet werden. Wird man Scott Ritter zu Blairs Untersuchung vorladen? Und wird Blair dem Untersuchungsausschuss erklären, warum die britischen "Waffendossiers" vom Februar 2003, die Hutton lieber ignorierte, derart falsch waren und sich als das wortwörtliche Plagiat der Doktorarbeit eines amerikanischen Studenten erwiesen, von der selbst die Rechtschreibfehler übernommen wurden.
In Wahrheit hat die Blair-Regierung beinahe vom Tag des Amtantritts 1997 an gewusst, dass die irakischen Massenvernichtungswaffen ziemlich sicher im Anschluss an den Golfkrieg von 1991 zerstört wurden, genau wie Bushs Waffenexperte David Kay es jetzt bestätigt hat.
Was wusste Blair sonst noch?
Im Februar letzten Jahres enthüllte eine Abschrift einer durchgesickerten Befragung des irakischen Generals Hussein Kamel, dass sowohl die US- als auch die britische Regierung gewusst haben müssen, dass Saddam Hussein nicht länger im Besitz von Massenvernichtungswaffen war. General Kamel war kein normaler Abtrünniger, er war Bushs und Blair Starzeuge für die Argumente ihrer Regierungen gegen Saddam. Er ist ein Schwiegersohn des Diktators, hatte die vollständige Befehlsgewalt über die irakischen Waffenprogramme und lief mit Kisten voller Dokumente über.
Als Außenminister Colin Powell die angloamerikanischen Argumente für einen Angriff auf den Irak vor dem UN-Sicherheitsrat vorbrachte, verließ er sich auf die Verlässlichkeit der Beweise von General Kamel und zollte diesen Tribut. Was er nicht enthüllte, wie die Abschrift der Befragung Kamels offenbart, war die kategorische Stellungnahme Kamels: "Ich befahl die Zerstörung aller chemischen Waffen. Alle Waffen - biologische, chemische, Raketen und Nuklearwaffen - wurden vernichtet."
Der CIA und Großbritanniens MI6 wussten dies natürlich; und es steht außer Zweifel, dass Bush und Blair nicht informiert waren. Beide ließen sich das nicht anmerken - genauso wie Colin Powell die sensationellsten Informationen seines Informanten, die seine gesamten künstlichen Behauptungen widerlegt hätten, unterdrückte. General Kamel (der später von Saddam Hussein ermordet wurde) bestätigte Scott Ritters Behauptung, dass der Irak um "90 bis 95 Prozent" abgerüstet worden sei.
Der Irak wurde angegriffen, so dass die USA und Großbritannien das Öl und den Besitz des Landes beanspruchen konnten. Nur Mary Poppins hätte etwas anderes geglaubt. Die neuesten Beweise in einer langen Liste finden sich im Wall Street Journal, die Zeitung der herrschenden Klasse der USA, die Kopien von den geheimen Plänen der Bush-Administration über die Privatisierung des Landes durch den Verkauf seiner Besitztümer an westliche Gesellschaften und die Errichtung riesiger Militärbasen erhielt.
Der Plan wurde im Februar letzten Jahres entworfen, gerade als Tony Blair der britischen Bevölkerung versicherte, der einzige Grund sei die "Bedrohung" durch Saddam Hussein.
Der Bush/Blair-Angriff auf den Irak hat Tote, Zerstörung und große Verbitterung im Irak hervorgerufen. Es deutet alles darauf hin, dass die meisten Iraker ihre Lebensbedingungen jetzt als wesentlich schlechter betrachten als unter der Herrschaft Saddam Husseins. Mehr als 13.000 Menschen werden in Konzentrationslagern in ihrem eigenen Land festgehalten.
Das sind viel mehr als in den letzten Jahren in Saddams politischen Gefängnissen inhaftiert waren. Gegen niemanden ist eine Anklage erhoben worden, die meisten können ihre Familienangehörigen nicht sehen; die Vorwürfe über Folterungen und Brutalität durch die Besatzer nehmen täglich zu. Wie die in den USA ansässige Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch letzte Woche berichtete, fanden die größten Grausamkeiten in den 1980ern statt, zu einem Zeitpunkt als Saddam von den USA und Großbritannien unterstützt wurde.
Der Aufstand im Irak nimmt zu und hat seit der Gefangennahme von Saddam deutlich an Stärke gewonnen. Zwölf verschiedene Gruppen sind daran beteiligt, einschließlich derjenigen, die immer gegen Saddam waren; der Widerstand ist gut organisiert und wird nicht eher aufhören, bis die "Koalition" das Land verlässt. Die Errichtung einer "Marionettendemokratie" wird bloß die Zahl der Angriffsziele erhöhen. Wie Blair eigentlich aus der imperialen Geschichte wissen müsste, ist dies genau das, was in den anderen britischen Kolonien passierte, bevor sie ihre Besatzer herauswarfen, ebenso in Vietnam.
Eine Geheimdienstinformation, die der Wahrheit entsprach, und wir wissen, dass Blair sie erhielt, war ein Bericht, der ihn davor warnte, dass ein Angriff auf den Irak den weltweiten Terrorismus ansteigen lassen würde, besonders gegen britische Interessen und Staatsbürger. Er zog es vor, diesen zu ignorieren.
Vor zwei Wochen hat eine Juristenkommission den Internationalen Gerichtshof angerufen, um gegen die britische Regierung wegen der Kriegsverbrechen im Irak zu ermitteln. Ob das nun Erfolg hat oder nicht, klar ist, dass der Premierminister unbedingt einen neuen Hutton finden muss und zwar schnell.