ich mach dafür mal einen eigenen Thread auf, weil es in den "Warum eigentlich" Thread, in dem es bis jetzt diskutiert worden ist, nicht hineingehört.
Die "Normseite" ist eigentlich ein technischer Anachronismus, oder sollte es sein. Sie stammt aus einer Zeit, in der Manuskripte mit Schreibmaschine getippt wurden und es keine Möglichkeit gab, die Zeichenanzahl automatisch zu ermitteln. Da wurden nicht nur Buchmanuskripte, sondern z.B. auch wissenschaftliche Arbeiten in diesem Normseitenformat getippt, weil das erstens ganz gut lesbar war und zweitens dem Lektor/Korrektor/Bewerter eine schnelle Abschätzung über den Umfang des Gesamttextes erlaubt.
Auch auf einer genau eingerichteten Normseite sind in der Regel keine 1800 Zeichen. 1800 Zeichen sind vielmehr das Maximum, das daraufpassen würde (30 Zeilen a 60 Anschläge). Leerzeichen, Leerzeilen oder halbleere Seiten vor einem neuen Kapitel werden da stumpf mitgezählt, wenn die Gesamtzeichenzahl ermittelt wird. Die Gesamtzeichenzahl nach Normseitenzählung ist also immer etwas größer als die, die man beispielsweise mit Word ermittelt (selbst bei der Zählung inklusive Leerzeichen), denn hier werden Leerzeilen und Leerräume vor einem Seitenumbruch nicht gezählt.
Trotzdem ist diese Zeichenzählung nach Normseiten ein sinnvolles Maß, dass es dem Lektor erlaubt, sozusagen auf einen Blick abzuschätzen, wie viele Seiten das endgültige Buch umfassen wird. Das ist je angestrebtem Buchformat unterschiedlich, da spielen Seitengröße, Schriftgröße, Seitenränder, evtl. Platz für Illustrationen, Layout von Kapitelanfängen etc. natürlich eine Rolle. Daher gibt es auch in dem anderen Thread so unterschiedliche Einschätzungen, wie Normseiten in Buchseiten umgerechnet werden. Für einen Lektor, der diese Abschätzung aber für ein bestimmtes Produkt vornimmt, also für einen Titel in einer bestimmten Buchreihe oder eben für ein in seinem Verlag verwendetes Standardformat, ist es recht klar, ob 200 Normseiten jetzt 150 oder 300 Buchseiten werden.
Bei einem Papierausdruck (und die meisten Manuskripte werden ja immer noch so eingereicht) macht man dem Lektor seine Arbeit also leichter, wenn man möglichst genau an dieses alte Schreibmaschinenformat herankommt. Denn auch, wenn man selbst ja bequem auf den "Wörter zählen" Knopf in Word drücken konnte, der Lektor kann es nicht, wenn er nur den Ausdruck in der Hand hat. Dem Lektor sein Leben so leicht wie möglich zu machen ist immer eine gute Idee!
Bei Verlagen, bei denen man die Texte als Datei einreicht (auch das gibt es inzwischen, vor allem bei Kleinverlagen und natürlich erst recht bei BOD) kann man auf die Normseite eher verzichten. Am besten fragt man vorher an, in welcher Form Manuskripte eingereicht werden sollen.
Ich finde die Normseite beim Schreiben z.B. eher unpraktisch, ich schreibe lieber einzeilig, so dass ich mehr auf einmal am Bildschirm sehen kann und wandele das Manuskript gegebenenfalls am Ende vor dem Ausdrucken um. Oder auch schonmal zwischendurch, um eben zu gucken, bei wie vielen Normseiten ich denn jetzt bin.