wer kann mir bitte verständlich die metrik eines gedichtes erklären, möglichst mit einem textbeispiel?
es hat etwas mit der betonung einzelner silben zu tun, soviel ich verstanden habe. aber woran erkenne ich z.b. das eine metrik falsch ist oder nicht? welche arten werden heutzutage bevorzugt?
also leute, enttäuscht mich nicht! irgendeiner hier muss doch ahnung vom versmaß bzw. metrik haben, und das in dem ausmaß, dass er es mir erklären könnte!?!
Die Metrik, auch Verslehre genannt, bezeichnet die Gesetzmäßigkeiten und Regeln des Versbaus und der Versmaße in der Dichtung sowie allgemein die Verskunst. Es gibt drei Möglichkeiten der Sprachlenkung im Gedicht:
1. die quantitierende (messende)
2. die akzentuierende (wägende)
3. die alternierende
Beim quantitierenden Versbau der altgriechischen und altrömischen Verskunst entsteht der Versrhythmus durch die historisch bedingten Quantitäten (Sprechdauerzeit der Silben von lang und kurz).
Beim akzentuierenden Versbau der deutschen, englischen u.a. Verskunst sind Hebungen und Senkungen des Versrhythmus grundsätzlich an den natürlichen Sprachduktus angepaßt, so daß Vers- und Sprachbetonung übereinstimmen.
Beim alternierenden Vers wechseln Hebungen und Senkungen miteinander ab. Die kleinste rhythmische Einheit des Verses ist der steigende oder fallende Versfuß.
Ein steigender Versfuß mit einer Senkung heißt Jambus = ~ _ ( ~ = unbetonte [korrekte Darstellung nur als einfacher, nach oben offener Bogen]/ _ = betonte Silbe)
Ein steigender Versfuß mit zwei Senkungen heißt Anapäst= ~~_
Ein fallender Versfuß mit einer Senkung heißt Trochäus= _ ~
Ein fallender Versfuß mit zwei Senkungen heißt Daktylus= _~~
So gibt es Gedichte und Verse mit steigendem, fallendem sowie wechselndem Rhythmus. Als Versschmuck gelten der Stabreim und der Reim in verschiedenen Formen, die Assonanz. Das Hinausreichen eines Satzes über das Versende nennt man Versbrechung oder Enjambement. Oft steht ein unbetontes Wort, Auftakt genannt, am Versanfang: In unterirdischer Kammer wird metrisch so dargestellt, daß man den Auftakt "In" abteilt: ~| _~_~~_~.
Bekannte Versarten mit einem steigenden Rhythmus sind der Alexandriner, der jambische Funffüßler (Fünfheber), der reimlose Blankvers, der jambische Vierfüßler (Vierheber), den besonders Schiller in seinen Balladen verwendet. Verse mit fallendem Rhythmus sind der trochäische Vierfüßler (vgl. Schiller "Hero und Leander"), der trochäische Fünffüßler (vgl. Schiller "Hektors Abschied"), der Hexameter und der Pentameter.
Alte deutsche Verse sind der Stabreimvers, uspr. eine achthebige Langzeile, die aus zwei vierhebigen Kurzzeilen besteht und durch Stabreim gebunden ist, der Nibelungenvers und die Knittelverse.
In der modernen Lyrik verwendet man vielfach freie Rhythmen.
Die einzelnen Verse werden zur Strophe verbunden. Strophenformen sind: Alkäische Strophe, Distichon, lyrische Strophe des Minnesangs (Aufgesang), Sonett, Terzine und Stanze.
Der Ursprung der griechischen und römischen Metrik, die keine Verwandtschaft mit der Verslehre der übrigen indogermanischen Sprachen aufweist, ist unklar. Der Hexameter tritt völlig durchgebildet in Erscheinung, die übrigen Formen entstehen im 7. und 6. Jh. v. Chr.; mit dem 4. Jh. ist die Ausbildung aller Formen beendet.
Die lateinische Metrik ist eine Nachahmung der griechischen, abgesehen vom Saturnier. Die Quantität der Silben (Prosodie genannt) ist etwa die gleiche, jedoch wurde auf die langen Schlußvokale zumeist verzichtet. Tiefgreifende Unterschiede im Gegensatz zur griechischen Versbildung zeigen die Dramatiker der republikanischen Ära wie z. B. Plautus durch die Teilung bisher unteilbarer Langsilben (Longa). Außerdem verwendet er zwischen kurz und lang schwankende (anceps) Akkorde vor seinen Schlußsilben statt kurze (breve). Im Hexameter werden die Zäsuren anfangs breiter gehandhabt als im Griechischen. Vergil führt aber diese Strenge wieder ein, verwendet sie aber an anderen Versstellen. Horaz ersetzt in seinen lyrischen Strophen das anceps durch das longum (Langsilben) und regelt die Zäsuren sehr streng. Die Strophik der griechischen Chorlyrik haben die Römer nicht übernommen.
Die deutsche Verswissenschaft hat sich lange mit den Theorien der quantitierenden antiken Metrik befaßt und versuchte, diese schematisch auf den akzentuierenden deutschen Vers zu übertragen. Erst im 20. Jh. ging man dazu über, den Vers nicht mehr in bezug auf sein Erscheinungsbild, sondern in bezug auf seinen Klang hin zu erforschen. Damit wurde der Begriff Metrik zweideutig. In seiner ursprünglichen Interpretation war der ganze Umfang der Verslehre gemeint. Heute erklärt Metrik bezüglich des deutschen Verses nur noch dessen schematische Ordnungen. Dafür erweitert sich das Gebiet der deutschen Verslehre gegenüber der antiken um Aussagen über die Schemata der Reimstellung.
Kompliment - das war eine erstklassige Erklärung zur Frage.
Das Einzige, was mich jetzt noch interessieren würde: Woher weiß eigentlich der Leser eines Gedichts, wo wann welche Betonunen zu setzen sind?
Ich meine, so wissenschaftlich korrekt deine Ausführungen sind: Selbst die alten Ägypter besaßen Hyroglyphen zur Lautbestimmung - wo um alles in der Welt finde ich ebensolche in der Lyrik?
Ist nicht einer wie Busch vielleicht deshalb noch in aller Munde, weil es selbst einem unbedarften Leser leicht fällt, ohne nachzudenken dessen Reime so wiederzugeben, dass ein jeder lacht, der sie hört?
PS: Das soll keine Kritik sein. Ich lese zwar gern Gedichte, verstehe aber nichts von der Wissenschaft, die offenbar dahinter stehen muss, um sie als solche zu bewerten...
die abhandlung über metrik habe ich auf der site (siehe mein link oben)ja auch schon erlesen können.
vielen dank trotzdem, stiller see.
aber wie kann ich ein gedicht von mir (z.b.) so korrigieren, das die metrik stimmt, woher weiß ich denn, wann die metrik stimmt? ein jeder leser betont doch wieder anders!
und wenn ich buchstaben mit betonungszeichen (also anführungsstriche oder sowas) heraushebe, spreche ich dem leser doch schon wieder das recht ab, selbst zu bestimmen, wann er betont und wie das gedicht sich dadurch verändert in seinem sinne.
also, warum muss dann ein metrikgrundsatz existieren? und wie wendet man ihn auf die eigenen gedichte, beim korrigieren an? (leider hat mir die sachliche hilfe von "stiller see" und der site da, nicht geholfen, ich brauch möglichst handfeste beispiele um das zu lernen, bin leider kein theoretiker)
Recht gute Erklärungsansätze finden sich auch auf www.gedichte.com, im Sprechzimmer.
Ich halte es grundsätzlich nicht für schlecht, Metrik zu erlernen, möchte aber doch auch deutlich darauf hinweisen, dass Metrik sein kann, nicht muss. Es gibt mehr als genug Gedichte, die auch ohne der klassischen Metriklehre auskommen und funktionieren, indem sie einfach Bilder so atemberaubend beschreiben und verdichten, dass es zu Dichtung im wahrsten Sinne des Wortes wird.
Die Beat Generation predigte beispielsweise, dass die verslänge durch den "seelischen" Atem des Autoren bestimmt wird. Dadurch wird Metrik sehr frei ausgelegt und zwingt weder den Autor noch den Leser in ein festes Schema.
Ein recht einfacher Ansatz, metrisch zu schreiben wäre der Trommelrythmus, wie ihn schon der geniale Mister Keating in: "Der Club der toten Dichter" vormachte: ta-tata-ta-tata-tatatata ta-ta-ta-ta-ta-ta-tatatata
sind nur einige Möglichkeiten. Was du tun mußt ist in erster Linie, Wort- und Silbenzahl diesem Schema unterzuordnen.