ZitatUSA streichen Ziel nuklearer Abrüstung Regierungsbeamter: Wir brauchen atomare Macht
Roland Heine
BERLIN. Die US-Regierung will offenbar das im Atomwaffensperrvertrag (NPT) fixierte Ziel der atomaren Abrüstung nun auch offiziell von ihrer Agenda streichen. Linton Brooks, Chef der Nationalen Atomsicherheitsbehörde, erklärte am Freitag als erster hoher Regierungsvertreter, dass das nicht nur im NPT festgehaltene Ziel von Washington nicht mehr verfolgt werde. Die USA "müssen in absehbarer Zeit beides beibehalten - nukleare Macht und die Fähigkeit, Atomwaffen zu haben und diese zu modernisieren", sagte Brooks in Oak Ridge (Tennessee). Dort ist eine große Atomwaffenfabrik angesiedelt.
"Mit dem Kalten Krieg ist nicht auch die Bedeutung von Atomwaffen verschwunden", sagte Brooks. Er legte Pläne zur Modernisierung des Atomwaffenarsenals und zur Entwicklung neuer Atomsprengköpfe vor, darunter der Robust Nuclear Earth Penetrator, der unterirdische Ziele zerstören soll.
Zuletzt hatten Ex-US-Präsident Bill Clinton und der damalige russische Präsident Boris Jelzin im September 1998 in einer gemeinsamen Erklärung die Verpflichtung beider Länder zum "ultimativen Ziel der nuklearen Abrüstung" bekräftigt. Im Sperrvertrag, den auch die USA unterzeichnet haben, werden die Atommächte durch Artikel VI zu Verhandlungen mit dem Ziel einer vollständigen nuklearen Abrüstung verpflichtet. Im Atomstreit mit Iran werfen die USA der Regierung in Teheran gerade vor, gegen Bestimmungen des NPT zu verstoßen. Unter Bush haben die USA in den letzten Jahren etliche Rüstungskontrollvereinbarungen geschwächt oder ein Zustandekommen ganz verhindert. So weigern sie sich, das seit 1996 vorliegende Atomteststoppabkommen zu ratifizieren.
Auch im Fall der Verbotskonvention für B-Waffen von 1972 betreibt Washington eine Verhinderungspolitik. Die USA sind ihr zwar beigetreten, im Kreis der Vertragsstaaten verhindern sie jedoch, dass ein wirksamer Überprüfungsmechanismus erarbeitet wird. Internationale Vor-Ort-Kontrollen, so heißt es, würden Industrielabors und Militäreinrichtungen der USA der Spionage ausliefern. So könnte jedes Land gegen jede Art von Rüstungskontrolle argumentieren. Hinzu kommen Berichte, wonach die US-Regierung ganz konkrete Projekte in diesem Bereich verheimlichen möchte. So schrieb die New York Times, die USA betrieben ein Geheimprogramm für Biowaffen, das an die Grenze des Erlaubten gehe. Die Rede ist unter anderem von so genannten nichttödlichen, bewusstseinsverändernden Waffen.
Auch die Konvention über das C-Waffen-Verbot von 1996 wurde von den USA zwar ratifiziert, am Inspektionsregime nimmt das Land mit dem höchst entwickelten Chemiesektor jedoch nur sehr eingeschränkt teil - auch hier unter Hinweis auf Spionagegefahren. So wurde die chemische Industrie sowohl von allen Deklarationspflichten als auch von internationalen Kontrollen praktisch ausgenommen - europäische Diplomaten sprechen von einem "partiellen Vertragsbruch". Zudem behält sich der US-Präsident das Recht vor, Verdachtskontrollen zu untersagen. (mit AFP)
Angesichts dieser Haltung ist die Frage, wieso die USA den Iran vor den UN Sicherheitsrat zerren lassen, wo sie selbst völlig offen, die Verträge für null und nichtig erklären.