Israel im Krieg mit Hamas und Hisbollah Von Steven Gutkin
Mit drastischen Militäraktionen reagiert Israel auf die Entführung mehrer Soldaten. Und es verfolgt dabei ein wichtiges strategisches Ziel: die Ausschaltung der Hamas im Gazastreifen und der Hisbollah im Libanon.
Der Vorstoß der israelischen Streitkräfte über beide Grenzen schafft neue Unsicherheit in einer Region, in der die internationalen Beziehungen durch den Krieg im Irak und die Atomkrise im Iran ohnehin schon zum Zerreißen gespannt sind. Die schwersten Luftangriffe auf den Libanon seit 24 Jahren und die fortgesetzten Angriffe auf den Gazastreifen haben aber inzwischen eine eigene Dynamik gewonnen, bei der die Konfliktparteien unvereinbare Ziele verfolgen.
Nordisraelische Stadt nach Hisbollah-Beschuss (dpa)
Kommt es zum Gefangenenaustausch?
Die sunnitische Hamas und die schiitische Hisbollah wollen Israel mit der Gefangennahme von Soldaten zwingen, drei libanesische und zumindest einen Teil der 9.000 palästinensischen Häftlinge freizulassen. Israel hingegen sieht in der neu entstandenen Situation die Chance, die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen zu unterbinden und die Hisbollah-Kämpfer weiter nach Norden zu drängen und damit von der eigenen Grenze fernzuhalten.
Die heftigen Luftangriffe auf Straßen, Brücken und den Flughafen von Beirut sowie der Tod von mehr als 50 Libanesen seit Mittwoch bedeuten, dass die beiden von der Hisbollah gefangen genommenen Soldaten Ehud Goldwasser und Eldad Regev nicht so schnell freikommen werden, ebenso wenig wie der schon Ende Juni entführte Gilad Schalit. Vielleicht wird es wie in der Vergangenheit irgendwann einmal zu einem Gefangenenaustausch kommen. Aber vorher will Israel die Situation an seiner Nordgrenze von Grund auf verändern.
Entscheidung für Bodenoffensive?
Nach 18-jähriger Besetzung eines Landstreifens im Süden Libanons hat sich Israel im Jahr 2000 von dort zurückgezogen. Die Hisbollah-Kämpfer rückten sofort nach, während sich Israel darauf konzentrierte, die zweite Intifada, also den Aufstand der Palästinenser, zu bekämpfen. Sechs Jahre lang vermied es Israel, sich einem offenen Konflikt an zwei Grenzen auszusetzen. Nur gelegentlich kam es im Norden zu Scharmützeln mit der Hisbollah. Diese Situation hat sich am Mittwoch schlagartig verändert, als Hisbollah-Kämpfer in den Norden Israels vorstießen, Goldwasser und Regev verschleppten und bei anschließenden Kämpfen acht israelische Soldaten erschossen. Regierungsmitglieder sagen jetzt, dass sie die Hisbollah aus dem Südlibanon vertreiben wollen. Israel zögert aber mit der Entscheidung, die dazu erforderliche Bodenoffensive einzuleiten.
Die dramatische Veränderung der Situation hat auch die bisherigen Prioritäten der Politik von Ministerpräsident Ehud Olmert an den Rand gedrängt: Solange die Streitkräfte im Gazastreifen und im Libanon angreifen, ist an einen Abzug aus dem Westjordanland nicht zu denken. Der Raketenangriff auf die Stadt Haifa bedeutet zudem, dass nun mehrere zehntausend Israelis zusätzlich der Gefahr von Angriffen aus dem Libanon ausgesetzt sind.
Sorge vor einem Flächenbrand
Mit der Eskalation im Nahostkonflikt steigt auch das Risiko einer direkten Verwicklung Syriens und des Irans. Es gebe jetzt die Sorge vor einem neuen regionalen Krieg, sagte am Donnerstag der palästinensische Präsident Mahmud Abbas. Israelische Experten halten es für möglich, dass Syrien das nächste Ziel Israels sein könnte - schließlich unterstützt Damaskus die Hisbollah und beherbergt den politischen Führer der Hamas, Chaled Maschaal. (AP)
Mittlerweile kommt es mir so vor, als wenn die angebliche Entführung eines israelischen Soldaten nur als ein Vorwand diente, den Libanon und die Palästinenser anzugreifen.
Für mich unbegreiflich, wie ein Volk, welches den Holocaust überlebte sich nun selbst daran macht, andere Völker zu verfolgen, Zivilisten in Größenordnungen zu ermorden, und Zivilgesellschaften zu zerstören.
Es geht hier nicht um die Verfolgung von Verbrechern, die es sicherlich in der Hisbollah und der Hamas genauso gibt wie in ider israelischen Armee , sondern darum diesen entfesselten Terrorismus des israelischen Militärs gegen die Zivilbevölkerungen zu stoppen! Das ist der erste Schritt einer Lösung dieses Krieges.
Nach der Ermordung von 4 UN-Mitarbeitern durch die israelischen Terroristen wird eine Resolution gegen Israel durch die USA verhindert. Derweil bomben die Terroristen auf alles, was sie für verdächtig halten, treffen dabei immer wieder Zivilisten, oder gar Hilfstransporte...
ZitatBeirut (Reuters) - Die israelische Armee hat bei erneuten Luftangriffen im Libanon nach Angaben aus libanesischen Sicherheitskreisen drei mit Hilfslieferungen beladene Lastwagen beschossen.
Durch den Beschuss am Donnerstag seien zwei Fahrer getötet worden, die medizinische Güter und Nahrung in den Osten bringen wollten, hieß es. Israel beschuldigt seinen östlichen Nachbarn Syrien, die Hisbollah-Extremisten mit Waffen auszurüsten.
Israelische Kampfflugzeuge griffen den Angaben zufolge zudem Funkmasten im Norden der libanesischen Hauptstadt Beirut an und bombardierten erneut Dörfer im Süden des Landes.
Die Hisbollah feuerte im Gegenzug aus dem Südlibanon erneut zahlreiche Raketen nach Israel ab. Wie israelische Rettungsdienste mitteilten, gab es dabei keine Opfer. Am Mittwoch hatten Hisbollah-Kämpfer in Gefechten nahe der israelischen Grenze neun israelische Soldaten getötet und damit dem Nachbarland die schlimmsten Verluste innerhalb von 24 Stunden seit Beginn seiner Offensive vor gut zwei Wochen beschert.
Insgesamt starben bei den Auseinandersetzungen über 480 Menschen, die meisten von ihnen libanesische Zivilisten. Der Krieg zwischen Israel und der Hisbollah war ausgebrochen, nachdem die Extremistenorganisation bei einem Überfall auf Nordisrael acht Soldaten getötet und zwei weitere entführt hatte.
Durch die israelische Offensive im Libanon geraten die Angriffe im Gazastreifen zunehmend aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit. Wie palästinensische Sanitäter mitteilten, tötete dort eine israelische Granate am Donnerstag eine 75-Jährige in ihrem Haus. Den Angaben zufolge hatten israelische Soldaten am Vortag 24 Palästinenser bei Gefechten getötet. Damit stieg die Zahl palästinensischer Todesopfer während der einen Monat andauernden Offensive Israels im Gazastreifen auf
Ich denke auch das die Israelis nur einen Vorwand gesucht (konstruiert) haben um den Libanon zu demokratisieren. Damit es keine unnötigen Zeugen gibt wurden 4 UN-Mitarbeiter hingerichtet, denn es gibt ausser der Brutalität, mit der im Libanon vorgegangen wird, noch den Verdacht das Giftgas eingesetzt wird.
Will man den Nachbarn besetzen oder ihn nur gefügig machen und seinen Willen brechen, wie es die Alliierten im 2. WK mit Deutschland und seinen maßlosen Flächenbombardements gemacht haben? Warum sonst werden Zivilisten, Flüchtlingskonvois und deutlich gekennzeichnete Rettungsfahrzeuge angegriffen? Deutsche und US-Blauhelme werden wohl mit offenen Armen empfangen. Wann Iran und Syrien ihren Blutzoll abliefern müssen, ist wohl nur noch eine Frage der Zeit.
Eine gigantische Ölpest, Geschosse mit abgereichertem Uran: Der Krieg im Libanon birgt auch zahlreiche Gefahren für die Umwelt. Achim Steiner, Exekutivdirektor des Uno-Umweltprogramms Unep, fordert einen sofortigen Waffenstillstand, um Hilfe zu ermöglichen.
SPIEGEL ONLINE: Nach der Bombardierung von Öltanks an der Küste in Beirut durch die israelische Luftwaffe trifft den Libanon auf rund 100 Kilometern Küstenlänge seine bisher schwerste Ölpest. Schauen Sie tatenlos zu?
Achim Steiner: Das Ausmaß der Zerstörung ist enorm Steiner: Keineswegs. Wir haben über die Auswertung von Satellitenaufnahmen eine erste Bestandsaufnahme ermöglicht. Die Uno arbeitet eng mit der EU an der Bereitstellung von Fachleuten und Spezialschiffen zur Ölpest-Bekämpfung unterstützen, wie sie etwa in Cuxhaven stationiert sind. Dazu muss allerdings der von Uno-Generalsekretär Kofi Annan geforderte Waffenstillstand her - drei Wochen schwimmt der Ölteppich bereits auf dem Mittelmeer ohne dass wir eingreifen können.
SPIEGEL ONLINE: Derweil sinkt das giftige Schweröl auf den Meeresboden, sind die Fischgründe zerstört und die Strände verseucht.
Steiner: Das ist eine der Tragödien dieses Krieges, dass das Land ökonomisch und ökologisch wieder um Jahre zurück geworfen wird. Das wahre Ausmaß wird erst deutlich werden, wenn die Kampfhandlungen vorüber sind.
SPIEGEL ONLINE: Was erwarten Sie?
Steiner: Das Ausmaß der Zerstörung ist enorm und betrifft auch Industriegebiete in denen möglicherweise giftige Stoffe ausgetreten sind. Zudem ist die Trinkwassversorgung unterbrochen. Wie in jedem Konflikt könnte es auch im Libanon Umweltflüchtlinge geben.
SPIEGEL ONLINE: Die bunkerbrechenden Geschosse, die von den Israelis verschossen werden, enthalten nach Informationen von Militärexperten auch abgereichertes Uran. Ein Risiko für die Umwelt?
Steiner: Wie nach dem Irak-Krieg wird sich herausstellen, ob die Uno einen Auftrag erhält dieses Risiko für Mensch und Umwelt zu untersuchen. Dies alles verdeutlicht, dass es hier eben nicht nur um die Schildkröten an den Küsten geht, sondern um die Lebensgrundlagen einer ganzen Region.
Man muss es gerade in der heutigen Zeit vielleicht besonders betonen. Es gibt auch ein anderes Israel. Eines zu dem man stehen kann.
ZitatUri Avnery: Kriegsjunkies
ES WAR für mich ein erschreckender Augenblick, als es mir wie Schuppen von den Augen fiel.
Ich hörte eine der täglichen Reden unseres Ministerpräsidenten. Er sagte: „Wir sind ein wunderbares Volk!“ Er sagte: „Wir haben diesen Krieg schon gewonnen, es ist der größte Sieg in der Geschichte unseres Staates.“ Und weiter: „Wir haben das Antlitz des Nahen Ostens verändert“. Und noch mehr in dieser Art.
Nun, sagte ich zu mir selbst, das ist eben Olmert.
Ich kenne ihn, seitdem er etwas über 20 Jahre alt war. Damals war ich Mitglied der Knesset und Olmert war (buchstäblich) Aktenträger eines anderen Knessetmitgliedes. Seitdem habe ich seine Karriere verfolgt. Er war niemals mehr als ein Parteifunktionär, ein Schmalspur-Politiker, der sich auf Manipulationen spezialisierte, ein mittelmäßiger Demagoge. Zwischendurch wechselte er mehrfach die Parteien und diente als Bürgermeister von Jerusalem mit der Note „kaum genügend“, bis er sich der viel versprechenden Sache Ariel Scharons anschloss. Rein zufällig wurde ihm der leere Titel „Stellvertretender Ministerpräsident“ verliehen. Und als Scharon seinen Schlaganfall erlitt, geschah etwas, worüber Olmert selbst sehr überrascht war: er wurde Ministerpräsident. Während seiner ganzen Karriere blieb er durch und durch Zyniker, an sich vom rechten Flügel, aber auch bereit, gegenüber Linken vorzutäuschen, er sei ein Liberaler.
Also – sagte ich zu mir – das wird eine weitere zynische Rede sein. Doch plötzlich kam mir ein entsetzlicher Gedanke: „Nein, der Mann glaubt tatsächlich, was er sagt!“
Man kann es sich kaum vorstellen, aber anscheinend glaubt Olmert wirklich, dies sei ein erfolgreicher Krieg, den er gewinnen werde; er habe radikal die Situation Israels verändert; er sei dabei, den Neuen Nahen Osten zu bauen; er sei ein historischer Führer und Ariel Scharon weit überlegen, (der ja immerhin im Libanon besiegt worden war und der der Hisbollah gestattete, ihr Raketenarsenal aufzubauen). Je länger es ihm erlaubt sei, mit diesem Krieg fortzufahren, um so mehr werde sein Ansehen bei zukünftigen Historikern wachsen.
Ehud Olmert hat offensichtlich jeglichen Kontakt mit der Realität verloren. Er lebt in einer selbst geschaffenen Seifenblase. Seine Reden zeigen, dass er ein echtes Problem hat.
Von allen Gefahren, denen Israel jetzt ausgesetzt ist, sind es diese, die man am ernstesten nehmen sollte. Denn dieser Mann entscheidet ganz einfach über das Schicksal von Millionen: wer sterben, wer Flüchtling, wessen Welt zerschmettert werden wird.
ABER OLMERTS Problem mit dem Größenwahnsinn ist nichts im Vergleich zu dem, was mit Amir Peretz geschehen ist.
Genau vor neun Monaten nach der Wahl zum Laborpartei-Vorsitzenden, hielt Peretz in Tel Aviv auf dem Rabin-Platz eine Rede und verriet seinen Traum: im Niemandsland zwischen Israel und dem Gazastreifen solle ein Fußballfeld gebaut werden, und ein Fußballspiel solle zwischen der israelischen Jugend von Sderot und der palästinensischen Jugend des nahen Bet Hanoun stattfinden. Ein israelischer Martin Luther King!
Neun Monate später wurde uns ein Monster geboren.
Bei der Knesset-Wahlkampagne erschien Peretz wie ein sozialer Revolutionär. Er verkündigte, er wolle das Antlitz der israelischen Gesellschaft verändern, die nationalen Prioritäten neu festlegen, Milliarden Schekel des Militärbudgets der Bildung, Erziehung, Wohlfahrt zukommen lassen und dafür sorgen, dass die Kluft zwischen den Reichen und Armen kleiner werde. Als alter Friedensanhänger würde er natürlich Frieden mit den Palästinensern und der ganzen arabischen Welt anstreben.
Dies ließ ihn die Stimmen vieler Bürger gewinnen, einschließlich vieler, die normalerweise nicht daran gedacht haben, jemals Labor zu wählen.
Was dann folgte, ist Geschichte. Er verführte sich selbst, als Olmert ihm das Verteidigungsministerium anbot. Das war Olmert, der Zyniker. Er wusste - genau wie wir - dass Peretz in eine Falle tappt, dass er als reiner Zivilist ohne ernsthafte militärische Erfahrungen, zur leichten Beute der Generäle werden würde. Aber Peretz schrak nicht zurück. Das höchste Ziel seines Lebens ist, Ministerpräsident zu werden, und um ein glaubwürdiger Kandidat zu sein, glaubte er, er müsse sich selbst als Sicherheitsexperte präsentieren.
Seitdem ist Peretz zum Oberkriegstreiber geworden. Nicht nur, dass er alle Forderungen der Generäle unterstützt, nicht nur dass er als ihr Sprecher fungiert – er hat auch mitgeholfen, Israel in den Krieg zu treiben. Seitdem fordert er, der Krieg solle fortgesetzt, ausgedehnt und vergrößert werden, es solle mehr getötet, mehr zerstört, mehr besetzt werden. Er erklärte selbst: „Nasrallah wird niemals den Namen Amir Peretz vergessen!“ – wie ein verwöhntes Kind, dass seinen Namen in eine Touristenattraktion einritzt.
Im Augenblick versucht er sogar, extremer als Olmert zu sein. Während der Ministerpräsident zögert, weiter zu gehen und um die zu vielen Todesfälle durch Raketen und durch Gefechte auf dem Boden besorgt ist, die ihm womöglich den Siegesglanz verdunkeln könnten. Peretz will den Litani-Fluss erreichen, was immer es auch kosten mag. Da gibt es keinen anderen Weg, falls man Ministerpräsident werden will: man muss über Leichen gehen.
So ist uns also ein Monster geboren worden. Rosemaries Baby.
HEUTE, AM 25. Kriegstag können wir eine interne Bilanz ziehen. Was waren die Ziele? Welches sind die Ergebnisse?
0 „Die Hisbollah zu zerstören“ Wer würde gedacht haben, dass die Hisbollah am 25. Tag noch immer stehen und kämpfen würde? Ein paar tausend Kämpfer gegen die fünfstärkste Armee der Welt. Keiner spricht mehr davon, sie zu eliminieren. Weder Olmert, noch Peretz und Dan Halutz auch nicht – der dritte im unheiligen Bunde.
0 „Die Hisbollah schwächen“
Das ist eine verwässerte Version des ersten Zieles. Sie eignet sich besser; denn sie kann nicht nachgemessen werden. Jedenfalls werden in einem Krieg beide Seiten geschwächt. Menschen werden getötet und verwundet, Waffen werden zerstört, Installationen vernichtet. Doch während die israelische Armee eine Division nach der andern mobilisieren kann, und die Amerikaner sich beeilen, noch mehr Bomben zu liefern - können die Hisbollah denn solche Verluste verkraften?
Keiner weiß, wie viele Kämpfer die Organisation verloren hat. Die israelische Armee verteilt Schätzungen, ohne sie beweisen zu können. Die Libanesen sprechen von viel kleineren Zahlen und haben auch keine Beweise. Aber das ist nicht die Hauptsache. Eine Organisation wie die Hisbollah hat kein Problem, immer mehr Freiwillige für den „Heiligen Krieg“ zu gewinnen. Egal wie hoch ihre Verluste sein mögen, nach dem Krieg wird die Organisation so viele neue Kämpfer trainieren, wie nötig sind. Ihr Arsenal wird sich mit neuen Waffen wieder auffüllen, die aus dem Iran und Syrien kommen. Die Grenze ist lang. Es ist unmöglich, sie völlig abzuriegeln.
0 „Die Hisbollah von der Grenze entfernen“
Das ist ein zusammengeschrumpftes Ziel, nachdem die beiden vorausgegangenen Ziele sich als unerreichbar erwiesen haben - ist auch dieses Ziel unerreichbar. Die meisten Hisbollah-Kämpfer kommen aus der lokalen Bevölkerung der südlibanesischen Städte und Dörfer. Sie werden auch weiterhin dort sein, offen oder getarnt. Keine internationale Kraft wird dies verhindern können, und die libanesische Armee sicher auch nicht.
Die Raketen können weiter weg entfernt werden. Wie viele Kilometer? Zehn? Zwanzig? Das wird die Bedrohung Nahariyas, Haifas oder Tel Avivs nicht beeinträchtigen – besonders, seitdem die Reichweite der Raketen jedes Mal größer wird, wenn technisch noch weiter entwickelte Typen ankommen.
0 „Hassan Nasralla töten“
Im Augenblick scheint es, als sei der Bericht über seinen Tod eine Übertreibung gewesen, um Mark Twain zu zitieren. Als eine Art Parodie der Entebbe-Aktion wurde Nasrallah aus einem Krankenhaus in Baalbek gezogen – aber es war ein anderer Hassan Nasrallah. Uups!
In der Zwischenzeit lebt und blüht der echte Nasrallah. Verglichen mit den kitschigen Reden Olmerts mit den endlosen Klischees und der auf den Tisch schlagenden Faust, erlebt man den Hisbollahführer als sachlichen Redner, maßvoll und meist auch ziemlich glaubwürdig.
0 „Der israelischen Armee wieder das Abschreckungspotential zurückgeben.“
Keiner zweifelt daran, dass die israelische Armee eine gute, professionelle Armee ist, die fähig ist, reguläre Armeen zu besiegen. Aber dieser Krieg beweist, dass sie nicht in der Lage ist, eine militärische Entscheidung gegen eine fähige Guerillaorganisation mit entschlossenen Kämpfern zu erreichen. Wenn die Hisbollah nach 25 Tagen noch lebt und kräftig ausschlägt, dann ist die Abschreckung der israelischen Armee geschwächt worden – was immer auch von jetzt an geschehen mag.
Von diesem Gesichtspunkt aus gesehen hat der Krieg die Sicherheit Israels beschädigt. Er hat bewiesen, dass Israels Etappe einer Gefahr preisgegeben ist, dass die Hisbollahkämpfer keinesfalls den israelischen Soldaten unterlegen sind, dass es kein De-Luxe-Krieg ist, dass die Luftkräfte nicht ohne die Landtruppen gewinnen können. Nicht einmal – wie hier - unter idealen Voraussetzungen, wenn die andere Seite so gut wie keine Luftverteidigung hat.
Einige trösten sich mit dem Gedanken, „die Araber haben gesehen, dass wir wahnsinnig werden können“. Wir reagieren auf eine kleine lokale Provokation mit einer Mord- und Zerstörungsorgie, zerstören ganze Länder und laufen eine Art nationalen Amok. Aber Amok laufen ist keine Politik. Es löst kein einziges Problem. Es ist ein unkontrollierter Reflex. Es erlaubt kein vernünftiges Denken. Dies erlaubt der andern Seite, uns durch vorausgeplante Provokationen zu manipulieren.
0 „Eine internationale Truppe an der Grenze entlang aufstellen.“
Dies ist eine Art Notlösung, nachdem die andern Ziele in Rauch aufgegangen sind. Zu Beginn des Krieges war Olmert energisch gegen solch eine Truppe, weil sie die Bewegungsfreiheit der israelischen Armee einschränken würde. Es ist klar, dass keine internationale Truppe kommen wird, solange vor Ort keine Waffenruhe herrscht und kein Abkommen mit der Hisbollah erreicht sein wird. Niemand will sich einem Kreuzfeuer aussetzen. Deshalb müssen diese Kräfte auch den Interessen der Hisbollah dienen, sonst beginnt ein Guerillakrieg gegen sie. Sind deswegen all die Opfer gemacht worden?
0 „Wir werden eine neue Situation im Nahen Osten schaffen.“
Das Ziel ist tatsächlich erreicht worden – aber nicht in der Weise, die Olmert es sich (und uns) erzählte. Die weitreichenden Kriegsfolgen werden nicht unmittelbar wahrgenommen. Sie gehören zur Kategorie, die Bismarck als „Imponderabilien“ definierte – Dinge, die man weder wiegen noch messen kann.
Zig Millionen von Arabern und Hunderte von Millionen Muslimen sehen jeden Tag auf ihren Fernsehschirmen die entsetzlichen Bilder der zermalmten Babys, die Anblicke der schrecklichen Zerstörung. Das wird sich tief ins Bewusstsein der Massen einprägen und wird eine Menge Zorn und Hass anhäufen, der viel gefährlicher sein wird als ein Arsenal von Raketen. In diesen 25 Tagen werden Tausende von Selbstmordattentätern neu geschaffen. Und so wie die Gestalt Nasrallahs als Held der arabischen Welt wächst, so wird die Achtung vor den „moderaten“ arabischen Regimen abnehmen - genau die Regime, auf die die USA und Israel angewiesen sind, um den Neuen Nahen Osten aufzubauen.
NACH DEM 25. Tag wird der 26. kommen und noch ein Tag und noch einer. Präsident Bush, der uns in diesen Krieg gestoßen hat, treibt uns an, weiter zu machen („bis zum letzten israelischen Soldaten“ – wie man sagt) Genau wie Olmert, lebt er in einer Phantasiewelt.
Bush, Olmert & Co. können die Massen anstacheln und hinter sich sammeln, bis der Ruf „Der Kaiser ist ja nackt!“ empfängliche Ohren erreicht.
Eine der scheußlichsten Ansichten des Krieges ist das Bild der internationalen Diplomaten, die alles taten, um Olmert und Co in die Lage zu setzen, mit dem Krieg fortzufahren. Die UN ist seit langem ein Agent des Weißen Hauses geworden. Heuchelei und Scheinheiligkeit haben einen großen Tag, während auf beiden Seiten der Grenze Leben zerstört und Tote beerdigt wurden.
Olmert will so viele Tage wie möglich für die Fortsetzung des Kampfes „gewinnen“. Was wird unser Gewinn sein? Wir erobern den Südlibanon, wie Fliegen die Fliegenfalle erobern. Generäle präsentieren Landkarten mit eindrucksvollen Pfeilen und zeigen, wie die Hisbollah nach Norden gedrängt wird. Das wäre überzeugend – wenn wir von der Frontlinie eines Krieges mit einer regulären Armee reden würden, so wie sie es in der Militärakademie gelernt haben. Aber dies ist ein völlig anderer Krieg. Im eroberten Gebiet bleiben die Hisbollahleute, und unsere Soldaten sind Angriffen ausgesetzt, wie die Hisbollah sie von ihrem ersten Tag an mit Erfolg ausgeführt hat.
Wir werden also bis an den Litani-Fluss gehen. Danach gibt es wiederum einen Fluss und noch einen Fluss. Der Libanon hat eine Menge Flüsse, an die wir gelangen können.
Vielleicht würde es sich für diese beiden Junkys, Olmert und Peretz, lohnen, von ihrem Rausch aufzuwachen, und die Landkarte zu studieren.
(Aus dem Englischen: Ellen Rohlfs und Christoph Glanz, vom Verfasser autorisiert)