Wenn man sich denkt, heute hätte ich Lust in eine Jazzkneipe zu gehen und schaut so nebenbei auf die Preisliste der dort dargebotenen Speisen und Getränke, dann kommt einem ein seltsames Paradoxon in den Sinn. Warum, fragt man sich, warum ist das so? Jazz, die Musik von ursprünglich armen Menschen praktiziert. Von Flüchtlingen. Vertriebenen. Sklaven. Eine schwarze Natur, die eine Gattung Musik erschuf, die Freiheit und Unabhängigkeit ausstrahlte und den Menschen, die gleichermaßen unter Unterdrückung und der Wertigkeit als Menschen zweiter Klasse litten oder leiden, wieder Hoffnung gab. Ihnen die Möglichkeit gab, wenigstens für eine kurze Zeit ihr Leid zu vergessen.
Schaut man sich aber die Preise für eine CD an, für ein Konzert oder für eine Jazzbar, glaubt man, von einem Pferd getreten zu werden. Für arme Menschen unerschwinglich, höchstens ein einmaliges Erlebnis. Jazz ist zu einer Musik für reiche Menschen geworden. Für die Oberschicht, die im fetten Mercedes Benz zum Konzert vorfährt, mit vornehm gekleideten Musikkollegen und Publikum bei teurem Sekt an der Bar herumsteht und für eine kleine Mahlzeit eben ein Vermögen aus der Hemdtasche zaubert. Das mag übertrieben klingen, aber Jazz ist nicht mehr Musik für jedermann. Sondern für jene, die es sich leisten können, ihre persönlichen Sklaven für sich spielen zu lassen.
Felios, 02.02.07
"Der beste Kenner einer Gesellschaft ist der Fremde, der bleibt." (Georg Simmel)
Hallo Felios, So wie du es beschreibst lief es nicht nur mit dem Jazz. Rock´n Roll, Blues, Tango - Musik entstand oft bei den Menschen in ärmsten Verhältnissen. Musik ist eine Droge, eine Fluchtmöglichkeit aus der Realität, und in den ärmsten Bevölkerungsgruppen gibt es immer wieder kreative Menschen, die aus der Not Kreativität entwickeln und das in Musik umsetzen, die dann die Charts stürmt. Die Gutverdiener machen sich diese Musik dann zu eigen. Es befriedigt womöglich Urinstinkte aus einer Zeit, wo wir noch eine Gemeinschaft unter Gleichen waren? Musik wurde kommerzialisiert, wie alles andere in unserem Leben, leider. Und doch gibt es sie noch und immer wieder, die öffentliche Musik, die nicht viel kostet. In Irland kannst du das in fast jeder Kneipe erleben. In Berlin kenne ich auch ein paar Kneipen, wo Live-Musik einfach so und ohne Eintrittspreis zu erleben ist. Aber das alles soll nichts im Vergleich zu Brasilien sein, wo Musik zum Leben dazu gehört, wie das tägliche Brot. Viele Grüße