Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden  



 

Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 6 Antworten
und wurde 703 mal aufgerufen
 Texte aller Art, Gedichte, Lyrik, Kurzgeschichten, Altbeiträge
Tigermaedchen ( gelöscht )
Beiträge:

30.01.2011 21:54
RE: Tigermädchen Antworten

»Seht ihr die da drüben? Das ist eine von denen, die uns die Arbeitsplätze wegnehmen! Sie denken, wir müssten was bei ihnen gut machen, weil mal wer das einzig Richtige mit diesem Pack gemacht hat, damals vor siebzig Jahren.«, schimpfte Robin so laut, dass es das Mädchen auf der anderen Straßenseite unmöglich überhören haben konnte. »Kleine Zigeunerin, was willst du? Es gibt hier nichts zu klauen! Warum haut ihr nicht endlich ab?« Lachend drehte er sich zu seinen Freunden um. »Die waren vorgestern bei uns, wollten Arbeit.«, erzählte er. »Aber mein Vater hat sie weggeschickt. Solchen kann man nicht trauen, sagt er. Die klauen uns höchstens die Werkzeuge, wenn sie behaupten, den Zaun reparieren zu wollen. Und seit gestern ist Skye verschwunden. Ich wette, damit haben die was zu tun!«
»Sonderlich gern hast du deinen Hund auch nicht gehabt.«, murmelte Julian. »Würde mich nicht wundern, wenn der einfach nur abgehauen ist. Hör doch einfach auf, so einen Müll zu erzählen!«
Doch Robin lachte nur und ging nicht darauf ein. »War nur ein Hund, Julian, ein verlaustes Biest, das uns die Haare vom Kopf gefressen hat! Mann, du liebst echt jedes hergelaufene Vieh!«, spottete er und bemerkte zufrieden, dass die anderen lachten.
Julian machte sich nicht die Mühe, zu antworten. Nachdenklich sah er zu dem Mädchen in der alten, abgetragenen Fliegerjacke hinüber. Er konnte nicht verstehen, was Robin und sein Vater gegen die Roma hatten, die seit kurzem in der Nähe des alten Steinbruchs in ihren zugegebenermaßen recht schäbigen Wohnwagen lebten.
»Meine Oma sagt auch, die waren das mit Skye. Haben so viele Hunde, da fällt einer mehr nicht auf.«, erzählte Maik und beobachtete das fremde Mädchen. »Der trau ich zu, dass sie Hunde klaut.«, behauptete er.
»So was kann man jemandem nicht ansehen!«, widersprach Julian ärgerlich.
»Die Zigeuner brauchen Tierknochen für ihre Zaubereien. Abends, am Feuer, da singen sie dann ihre Beschwörungsformeln und legen die Knochen über Kreuz. Das bringt Unglück über den Ort, wo sie sind. Deswegen ziehen sie auch immer weg.«, sagte Robin.
Julian schüttelte den Kopf. »Wo hast du denn den Schwachsinn gehört?«
»Das sagt meine Oma.«, erklärte Robin. »Die Zigeuner sind neidisch auf die Leute, die in einer Stadt oder einem Dorf wohnen, weil sie selber keine Heimat haben. Sie dürfen glaube ich keine Staatszugehörigkeit haben.«
»Deine Oma hat dir auch erzählt, dass du vom Klapperstorch gebracht wurdest. Glaubst du das etwa? Aber ist kein Wunder, dass sie so redet. Ihr wurde diese Naziphilosophie schließlich in ihrer Jugend eingeprügelt.« Julian schüttelte den Kopf.
Das Mädchen bog um die Ecke. Julian sah auf die Stelle, an der sie eben noch gestanden hatte.
Robin interpretierte seinen Blick sofort. »Hast du dich etwa in diese Schlampe verliebt?« Er stieß Julian grob gegen eine graffitibeschmierte Hauswand und hielt ihn fest.
»Du bist durchgedreht, Rob, nicht ich! Lass mich los.« Julian befreite sich und ließ Robin einfach stehen »Versuch nicht, mir zu befehlen, was ich tun soll!«
»Frag sie, wo mein Hund ist.«, schrie Robin ihm hinterher. »Sie soll ihn nicht essen, hast du das gehört? Oder wenigstens seine Überreste in Ruhe lassen. Seine Knochen sind viel wertvoller als ihre!«
Julian gab keine Antwort und ging schnell um die Ecke. Aus den Augenwinkeln beobachtete er das Mädchen, dessen lange schwarze Haare im Herbstwind wehten. Die buntgefärbten Blätter wirbelten um sie herum und sie sah ihnen nach, als gäbe es nichts Schöneres auf der Welt. Das war es, was Julian an den Roma so liebte und Robin so sehr verachtete: Sie lebten für den Augenblick. Jetzt interessierte das Mädchen wirklich nichts so sehr, wie der Tanz der Blätter. Und schon im nächsten Augenblick kniete sie vor einer Hecke voller dicker, langer Dornen nieder und wollte anscheinend hineinfassen.
Julian rannte ohne auf die ärgerlich hupenden Autos zu achten quer über die Straße und riss sie von der Hecke weg. »Siehst du nicht, dass da Dornen sind!«, fuhr er sie an und erschrak selbst darüber, wie aufgebracht seine Stimme klang.
Sie sah ihn verwirrt aus dunklen Augen an. »Da ist ein Kätzchen! Wenn ich es nicht rette, verblutet es!«, sagte sie. Sie hatte eine wunderbare Stimme, dunkel und etwas rau.
Zwischen den dornigen Ästen saß ein kleines Fellbündel, das kläglich weinte. »Ich hole es raus. Du zerkratzt dir noch die Arme.«, sagte Julian, warf seinen Rucksack achtlos auf den Boden und griff ohne Zögern mitten in die spitzen Dornen, die ihm sofort die Haut aufrissen. Vorsichtig holte er das Katzenjunge heraus. Es krallte sich in seine Hand. Sanft strich er über das verkrustete Fell und achtete nicht auf seine blutenden Arme.
Das Mädchen beugte sich über die kleine Katze und flüsterte in einer fremden Sprache beruhigende Worte in die winzigen Öhrchen.
»Lass ihn in Ruhe mit deinen Zaubersprüchen!«, schrie Robin, der in diesem Moment um die Ecke bog, das Mädchen an. »Und lass die Katze los, sonst rufe ich die Polizei!«
»Ist ja gut!«, sagte sie, ohne Robin anzusehen. Plötzlich war sie wie verwandelt. Eben hatten ihre Augen noch in Freunde über die Rettung geleuchtet, doch jetzt legte sich ein Schleier über sie. »Die Katze muss zum Tierarzt!« Einen winzigen Augenblick lang streifte ihr Blick noch einmal Julian. Dann drehte sie sich um und ging.
»Weiß die nicht, wie teuer so ein Arzt ist? Am besten, du schmeißt sie wieder zurück in den Busch!«, beschwerte sich Robin.
Aber Julian legte schützend die Hand über das Katzenjunge und schüttelte den Kopf. »Ich frage mich wirklich, warum du einen Hund hast.«, sagte er und ließ Robin zum zweiten Mal stehen.
»Hattest. Und Skye konnte Zigeuner zerreißen!«, rief Robin ihm hinterher.
»Ach? Und wieso sagst du dann, dass sie ihn entführt haben? Wie sollen die das denn schaffen? Tote stehlen keine Hunde!«, gab Julian ärgerlich zurück.
»Das war klar, dass du sie beschützt! Hast dich ja total in die Zigeunerin verknallt! Das ist so widerlich, wie du sie anstarrst!
Julian reagierte nicht. Robin verstand mal wieder gar nichts. Hatte er ihre Augen nicht gesehen? Fast schwarz waren sie, dunkel und geheimnisvoll, und wie gerne würde er neben ihr am Lagerfeuer sitzen und hören, wie sie mit ihrer wunderbaren Stimme Lieder in einer ihm völlig unbekannten Sprache sang. »Ich bin nicht verliebt.«, sagte er wie zu sich selbst. Wer wusste, was Robin tun würde, wenn er es zugab? Er war unberechenbar, und er hasste die Roma. »Ich gehe jetzt jedenfalls mit der Katze zum Tierarzt. Wenn du mitkommen willst, dann komm.«
Natürlich kam Robin ihm nach. Er brauchte ihn einfach, brauchte seinen besten Freund, weil er sonst niemanden hatte. Sein Vater und seine Brüder verachteten ihn. Alle aus seiner Familie waren groß, stark und brutal. Obwohl Robin so tat, als sei er wie sie, war er ganz anders. Nachts weinte er unter der Bettdecke, weil er seine Mutter vermisste, aber sein Vater verbot ihm, über sie zu reden. Robin war ein Fehler, ein Versehen, entstanden wegen einer kleinen Unachtsamkeit, als seine Eltern betrunken gewesen waren. Es hätte ihn nicht geben dürfen. Und sein Vater zeigte ihm das jeden Tag.
»Wie kannst du nur dein Geld für so einen Tiger verschwenden!«, konnte er sich aber doch nicht verkneifen.

»Da ist ja schon wieder so ein Zigeuner!« Robin ließ sich auf den Stuhl im Warteraum fallen und dämpfte seine Stimme kein bisschen. »Die sollen endlich abhauen und uns in Ruhe lassen mit ihren Beschwörungen und Geistertänzen!« Julian merkte, dass Robin ihn testen wollte, ob er auch diesen Mann verteidigte oder nur das Mädchen.
»Hör auf damit, Robin! Warum kannst du nicht einfach mal deine Klappe halten?«, zischte er ihn an und rückte ein Stückchen ab. Die kleine Katze hatte er auf dem Schoß. Sie hatte die Augen geschlossen, schlief aber nicht. Ihr Atem ging unruhig.
Julian sprang auf. Mit dem Ellenbogen stieß er die Tür auf.
»Entschuldigen Sie, aber ich muss sofort da rein!«, rief er den Wartenden zu und ging ohne anzuklopfen ins Behandlungszimmer. »Sie müssen sich die Katze ansehen.«
»Man klopft an, bevor man einen Raum betritt, mein Junge! Und ich habe gerade einen Patienten.« Der Arzt sah ihn ärgerlich an.
Julian achtete nicht auf ihn und setzte das Kätzchen auf den Tisch. »Das kann warten. Die Katze überlebt nicht, wenn Sie nicht endlich was tun!« Er wurde laut.
»Schrei hier bitte nicht so herum.«
»Verdammt, machen Sie endlich was, sonst stirbt es!«
»Das sieht wirklich schlimm aus. Was hast du mit ihr gemacht? Sie in eine Hecke geworfen?« Endlich begann der Arzt, die Dornen aus dem verklebten Fell zu ziehen und die Wunden zu desinfizieren. Das Katzenjunge strampelte, obwohl es so schwach war, und wollte vom Tisch springen. Julian hielt es vorsichtig fest. »Dass ich nicht angeklopft habe heißt vielleicht, dass ich keine Manieren habe, aber nicht, dass ich Katzen quäle.«, sagte er kühl.
Der Arzt wickelte weiße Mullbinden um das Kätzchen. »Pass auf, dass es die nicht sofort wieder abreißt.«, meinte er statt einer Antwort. »Mehr kann ich nicht tun. Du sprühst jeden Tag etwas hiervon auf die Wunden und wechselst die Verbände. Und du solltest du selbst verbunden werden.« Er streckte ihm die Hand entgegen.
Julian nahm die kleine Katze vom Behandlungstisch und ging ohne ein Wort zur Tür.
»Du solltest wirklich höflicher sein!«, rief der Arzt ihm nach.
»Sie hätten die Schuld daran getragen, wenn es verblutet wäre.« Damit zog Julian die Tür hinter sich zu.
Als er mit dem verbundenen Kätzchen und drei verschiedenen Salben wieder aus dem Behandlungszimmer kam, ging der dunkelhaarige Roma ohne ein Wort aus dem Raum. Julian setzte das Kätzchen in einen Beutel, den er aus seinem Pullover geknotet hatte. »Was hast du dem erzählt?« Wütend sah er Robin an.
»Wem? Dem Zigeuner? Nichts. Aber wir haben heute Nacht was vor.«, sagte Robin und holte sein Handy aus der Tasche. »Hey, hier ist Robin. Wir treffen uns heute Nacht im Steinbruch. Kommst du? Ja? Gut. Bis dann.«
»Was haben wir vor? Lass bloß die Roma in Ruhe!« Unbewusst hatte er Robin am Arm gepackt.
»Wenn du es genau wissen willst, wir schmeißen deine Zigeuner raus! Lass mich los!« Robin versuchte ärgerlich, sich zu befreien. »Dein Tiger haut ab.«
Julian drehte sich nach dem Kätzchen um, dass er auf dem Gehweg abgesetzt hatte.
Robin tauchte unter seinem Arm durch und rannte weg. »Ich erwarte dich um Neun!«, schrie er.
Julian trat gegen die Wand. Etwas Mörtel bröckelte ab. Er war wütend auf sich selber, dass er gleich ausgerastet war. Robin konnte unberechenbar sein. Er trat noch einmal gegen die Wand.
Oben wurde ein Fenster aufgestoßen. »He, Junge, hör auf, das Haus zu demolieren!«, rief jemand von oben. »Ihr Jugendlichen müsst auch immer die großen Rebellen spielen!«
Julian griff nach dem Bündel mit der kleinen Katze und ging nach Hause.

Draußen wurde es langsam dunkel. Julian starrte auf das Heft, das aufgeschlagen vor ihm auf dem Schreibtisch lag, und versuchte, sich wenigstens die wichtigsten Formeln einzuprägen. Doch er war nicht bei der Sache. Ständig dachte er an das, was Robin beim Tierarzt gesagt hatte.
Wer war wichtiger? Das Mädchen, dem Robin vielleicht etwas antun würde? Oder Robin, der ihn brauchte und ohne ihn durchdrehen würde? Julian hatte die vielen Narben an seinen Armen bemerkt, obwohl Robin sie immer zu verdecken versuchte. Wie weit würde er gehen? Wie viel bedeutete ihm sein Leben?

Julian drückte das verbundene Kätzchen an sich und rutschte den Hang hinunter. In einem der Wohnwagen musste das Mädchen sein.
Auf einmal stand sie vor ihm. »Hallo, Tigermädchen.«, sagte er. Seine Stimme hörte sich heiser an.
»Was willst du?«, fuhr sie ihn an. »Deine Freunde haben uns schon gewarnt, du kommst zu spät. Kannst gleich wieder gehen!«
»Ich wollte eigentlich nur deine Katze wieder bringen.« Er hielt sie ihr entgegen.
»Die gehört mir nicht. Mach mit ihr, was du willst. Schmeiß sie doch zurück in die Dornen, wolltest du doch sowieso machen!«
»Robin war hier, oder? Und hat Lügen über mich erzählt.«
»Und wenn schon! Wie willst du beweisen, dass du nicht lügst? Ihr seid doch alle gleich! Redet schlecht von uns, seid aber selber nicht besser!« Sie zog einen Zettel aus ihrer Jackentasche. »Weißt du, was das ist? Die Todesnachricht meines Großvaters! Wollt ihr wirklich, dass wir genauso enden wie er? Was soll das? Ihr solltet es doch besser wissen! Aber stattdessen hängt ihr immer noch dem alten Aberglauben an, dass wir nur Unglück bringen. Glaubst du, ich weiß nicht, für was ihr uns alles die Schuld zuschiebt?«
»Nein, warte, ich bin nicht so ...«, versuchte Julian zu erklären, doch sie war wieder zwischen den Wohnwagen verschwunden. Er hörte ihre Stimme, als sie jemandem antwortete, sie habe mit niemandem gesprochen. Mit gesenktem Kopf ging er den Hang wieder hoch. Glaubte sie wirklich, dass er so dachte wie die anderen? Er musste Robin unbedingt aufhalten, bevor dieser etwas unüberlegtes tat.

Der alte Steinbruch ist unheimlich in der Dunkelheit. Robin kann kriminell werden, wenn es darum geht, endlich von seiner Familie akzeptiert zu werden, dessen ist sich Julian bewusst, und wenn er etwas vorhat, muss das verhindert werden. Die anderen sind schon da, alle in dunkler Kleidung. Neben Robin steht ein Kanister und er trägt Handschuhe an, obwohl es nicht kalt ist.
»Du willst doch nicht ...« Julian deutet entsetzt auf den Kanister.
Robin grinst. »Was will ich nicht? Also Leute, wenn die nicht sofort abhauen, dann geht’s los.« Die anderen nicken. Sie scheinen alles schon abgesprochen zu haben. Julian stolpert hinter der Gruppe her und versucht, Robin festzuhalten, doch dieser schüttelt ihn ab. »Robin, was auch immer du vorhast, lass es! Sie werden auch so wegziehen!«
»Hey, Zigeuner! Ihr habt eine Chance! Haut sofort ab und wir lassen euch in Ruhe!« Laut hallt Robins Stimme durch die Nacht. »Und lasst alles hier, was ihr geklaut habt, oder wir holen es uns!«
Die Menschen am Lagerfeuer sehen zu ihnen herüber. Julian versucht, sich hinter den anderen zu verstecken. Er will damit nichts zu tun haben. Aber sie rücken stumm zur Seite und geben den Blick auf ihn frei. Am Feuer, neben dem Mann, den er vom Tierarzt kennt, steht das Mädchen. Unbewegt steht sie da und sieht ihn direkt an. Der leichte Wind bewegt ihre Haare und in ihren Augen spiegelt sich das Feuer. Es sieht aus, als lodere es direkt in ihr. Etwas an ihr fasziniert Julian, aber er würde es nicht in Worte fassen können, wenn man ihn fragte.
»Was wollt ihr von uns?« Der Mann kommt auf ihn zu.
Julian weicht zurück, aber die anderen schieben ihn nach vorne. »Sie sollen abhauen, sag ihm das!«, flüstert Robin von hinten. Julian schweigt. »Sag es!«, zischt Robin. Der Mann sieht ihn starr an und seine Augen blitzen vor Zorn.
»Haut ab. Wir haben es schon mal gesagt. Geht weg von hier! Wir wollen euch nicht!« Robin legt Julian die Hand auf die Schulter. Julian versucht, sie abzuschütteln, aber Robin drückt zu, bis Julian fast vor Schmerzen aufschreit. »Zieht ab und lasst uns in Ruhe.«, wiederholt Robin und starrt zurück.
»Wir haben eine Genehmigung, uns hier aufzuhalten.«, erwidert der Mann.
»Aber nicht von uns!«, entgegnet Robin kalt.
»Das brauchen wir auch nicht!« Der Mann verschränkt die Arme vor der Brust.
»Wenn ihr nicht wollt?« Robin grinst und verschränkt ebenfalls die Arme. »Dann eben nicht!« Plötzlich tauchen aus der Dunkelheit Robins Brüder auf. »Er will nicht.«, sagt Robin anklagend.
»Du willst unseren Rat nicht annehmen, Zigeuner?« Drohend bauen sich die Männer vor ihm auf. »Weißt du denn nicht, dass man es mit uns zu tun bekommt, wenn man nicht auf die Ratschläge meines Bruders hört?«
»Er hat uns keinen Ratschlag gegeben.«, sagt der Roma.
»Hat er nicht? Dann sag ich es dir: Hau ab! Oder es wird dir sehr Leid tun!«
Der Mann weicht keinen Zentimeter zurück. »Wir haben eine Genehmigung.«, wiederholt er.
Robins Bruder holt blitzschnell aus und schlägt ihm in den Bauch. Julian sieht etwas Metallisches aufblitzen, als er den Arm zurückzieht, und eine dunkle Flüssigkeit tropft zu Boden. Der Mann krümmt sich und sie fallen über ihn her wie ein Rudel Wölfe über ein verletztes Reh.
Fassungslos sieht Julian zu, unfähig, etwas zu tun. Aus den Augenwinkeln sieht er, wie Robin mit dem Kanister kommt und die Flüssigkeit gegen einen Wohnwagen spritzt.
»Nein! Robin, lass das!« Er rennt auf ihn zu.
Dann steht er vor dem Mädchen.
»Ich dachte du wärst nicht wie sie!«, sagt sie und in ihrer Stimme schwingt Wut mit.
»Nein! Ich ... ich wusste nicht, was sie vorhatten, ich wollte doch nicht, dass so etwas passiert, aber sie haben mich mitgezogen!«, wehrt sich Julian und merkt selbst, wie falsch das klingt.
Sie sieht ihn abschätzend an. »Mitläufer!«, sagt sie verachtend. »Wenn du dich nicht in mich verliebt hättest, würdest du das tun, was sie tun.«
»In dich verliebt?« Julian sieht sie erschrocken an.
»Ja. Streite es nicht ab. Ich sehe es.« Sie sieht ihm in die Augen. »Warum hasst ihr uns? Was haben wir euch getan?«
»Gar nichts habt ihr uns getan. Sie wollen einfach nur etwas kaputt machen, egal was.«
»Romy!«, ertönt eine scharfe Stimme.
Das Mädchen dreht sich um. Romy heißt sie also, denkt Julian. Ein schöner Name. Romy und Julian. Aber er wischt den Gedanken schnell beiseite, als er ein leises Zischen hört. Ein Zischen von einem Feuerzeug. Robin! »Nein!«, schreit er auf und rennt auf ihn zu, aber es ist zu spät. Hoch schlagen die Flammen in den Himmel und wie erstarrt bleibt Julian stehen. »Du stehst also auf der anderen Seite?«, raunt ihm eine Stimme ins Ohr. Sein Arm wird nach hinten umgedreht.
»Ich verstehe nicht, was du gegen sie hast!«, sagt Julian. Robins Bruder dreht seinen Arm weiter, bis es knackt. Julian schreit auf.
»Das, Julian, war die falsche Antwort!« Sie stehen alle vor ihm. Robin, seine Brüder, die Jungen aus seiner Klasse, und sehen ihn voller Abscheu an.
»Das hätte ich nie von dir gedacht, Julian!« Robin sieht ihn kalt an. Dann schlägt er ihm ohne Vorwarnung ins Gesicht. Etwas Metallisches trifft seine Wange, Schmerz erfüllt seinen Körper und er fällt zu Boden. Mühsam hebt er den Kopf, über seine Wange läuft warmes Blut und seinen rechten Arm kann er nicht bewegen. »Wir waren doch Freunde, Robin. Warum ...« Robin tritt zu, immer wieder, bis Julian kein Wort mehr von sich gibt. Die anderen sind schon längst verschwunden, aber Robin bemerkt es erst jetzt. Hinter ihm flackert das Feuer und in der Ferne ertönen die Sirenen der Feuerwehr. Schnell läuft er davon.
Julian bleibt im Gras liegen, unfähig, sich zu rühren. Was hat Robin nur getan, um endlich Anerkennung bei seinem Vater und seinen Brüdern zu erlangen? Und wird die Tat überhaupt den gewünschten Effekt erzielen?

Erst drei Tage später wird Julian aus dem Krankenhaus entlassen. Die Unterkühlung, die er sich geholt hat, wird ihn noch länger beschäftigen, sein Arm ist im Gips, sein Körper voller blau schimmernder Flecken und von dem Schlagring wird ihm eine Narbe im Gesicht bleiben.


Julian sieht hinunter in den Steinbruch. Er ist leer. Nur noch das plattgetretene Gras weist noch auf die Roma hin. Sie sind weg und mit ihnen Romy, die er geliebt hat. Julian krault das Fell der kleinen Katze in seinem Arm. Zum Glück haben seine Eltern erlaubt, dass er sie behalten darf.
»Auf Wiedersehen, Tigermädchen. Ich hoffe jedenfalls, dass es ein Wiedersehen gibt.«, sagt er leise in die Ferne. Dann dreht er sich um. Er hat noch einen weiten Weg vor sich. Der Friedhof liegt außerhalb der Stadt und er möchte nicht zu spät kommen, um seinem ehemals besten Freund die letzte Ehre zu erweisen, auch wenn die Leute im Dorf sagen, dass jemand, der sich selbst umbringt, keine Ehre mehr hat.

Anonym [: ( gelöscht )
Beiträge:

31.01.2011 17:17
#2 RE: Tigermädchen Antworten

Ich muss zugeben, ich hab nicht alles gelesen, denn das war schon ein ganz schöönes Stück und ich hab nicht allzu viel Zeit, aber das WAS ich gelenen habe, war schon mal nicht schlecht. Nicht perfekt und es lässt sich auch noch daran arbeiten, aber auf keinen Fall schlecht.
Viele liebe Grüße

Arminus Offline



Beiträge: 403

31.01.2011 18:26
#3 RE: Tigermädchen Antworten

Hallo Gast (bei illustrierter Stich) - Anonym - Neuling mit 10 Jahren - Loves you - Kommi-Geber/-in,

sei doch so nett und melde dich entweder an - oder schreibe einheitlich mit einem Namen!

Wäre nett, danke ...

Liebe Grüße von Harald

Tigermaedchen ( gelöscht )
Beiträge:

04.02.2011 07:22
#4 RE: Tigermädchen Antworten

Ich habe das vor Ewigkeiten geschrieben, ich glaube, ich war 13 oder so... Das Problem ist: Mein Schreibstil hat sich geändert und wenn ich jetzt noch daran herumfeile, wird das seltsam klingen.

Tigermaedchen ( gelöscht )
Beiträge:

08.07.2011 02:19
#5 RE: Tigermädchen Antworten

Niemand sonst mehr eine Meinung dazu? Würde schon gern wissen, was ihr davon haltet...

Miss Rainstar Offline




Beiträge: 1.967

09.07.2011 10:49
#6 RE: Tigermädchen Antworten

wenn du den text weiterschreiben willst, solltest du aber dran rumfeilen auch wenn sich der stil dabei ändern wird...es kann doch sein, dass etwas noch besseres dabei herauskommt, oder?

...
Der Weg der Drachen - mein Roman

www.die-perlenzwerge.net

- mein Wunsch-einfach mal klicken und guggen!

Tigermaedchen ( gelöscht )
Beiträge:

04.08.2011 23:34
#7 RE: Tigermädchen Antworten

Hm, also der Text ist schon zu Ende.. Aber ich werde mich in der nächsten Zeit noch mal dransetzen. Wie findet ihr den Bruch in der Zeit? Wirkt das gewollt (wie es ist) oder wie ein Fehler von mir?

Raureif »»
 Sprung  
Xobor Einfach ein eigenes Forum erstellen | ©Xobor.de
Datenschutz