CIA schafft Gefangene heimlich zu Verhören außerhalb des Iraks
24.10.2004 15:55 Washington (dpa) Der US-Geheimdienst CIA hat nach einem Bericht der «Washington Post» im letzten halben Jahr Gefangene zu Verhören aus dem Irak geschafft. Das sei vor dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz verheimlicht worden und verstoße gegen die Genfer Konvention, schreibt das Blatt. Der heimliche Abtransport der irakischen Gefangenen sei vom Justizministerium genehmigt worden. Der US-Geheimdienst hatte bereits im Zusammenhang mit dem Misshandlungsskandal im Gefängnis Abu Ghoreib Schlagzeilen gemacht.
Also foltern die Verbrecher ungeniert weiter. Es ist unglaublich wie offen und unverfroren die Bushjunta die verbrecherische Praxis der systematischen Folterung von Gefangenen fortsetzt. Bush und seine Junta müssen vor Gericht. Sie haben längst den Boden det Verfassung der USA verlassen.
Amnesty International spricht von systematischer Folterung der Gefangenen und fordert von beiden Präsidentschaftskandidaten eine klare Aussage zu der bekannt gewordenen Folterpraxis.
Hier ein Beitrag des SPIEGEL, welches die systematische Folterung von Gefangenen nicht nur im Irak, sondern auch in Afghanistan aufzeigt:
Zitat US-FOLTER IN AFGHANISTAN
"Sie haben uns stundenlang mit Schlagstöcken geprügelt"
Die Behandlung von Gefangenen durch US-Soldaten in Afghanistan ist einem Fernsehmagazin zufolge noch viel brutaler als im Irak. Missbrauch und Gewalt seien dort an der Tagesordnung, berichten ehemalige Häftlinge.
Hamburg - Die ehemaligen Gefangenen schilderten erstmals dem deutschen Fernsehen die sexuellen Misshandlungen durch US-Soldaten. "Sie haben uns gefesselt und auf den Boden geworfen. Mit Schläuchen nass gespritzt und dann mit Schlagstöcken stundenlang auf uns eingeprügelt." So schildert ein 47-jähriger Ex-Polizist aus Gardez seine Erlebnisse während der Haft gegenüber dem ARD-Politikmagazin "Kontraste". "Ich musste sagen, mit welchem Tier ich am liebsten Sex hätte, damit sie es für mich besorgen könnten."
Unabhängige Menschenrechtsorganisationen bestätigten gegenüber "Kontraste" die Systematik der Misshandlungen. Zu mehr als 20 Lagern habe nicht einmal das Rote Kreuz Zugang. "Der Missbrauch in Afghanistan ist gravierender als im Irak, nicht nur sexuelle Erniedrigung, sondern auch Folter, Prügel, schwere Verletzungen", erklärt der Verfasser des Human Rights Watch-Berichtes für Afghanistan.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) forderte die Bewerber um das US-Präsidentenamt, George W. Bush und John Kerry, auf, sich klar gegen Folter in US-Gefängnissen auszusprechen. "In ihren Debatten haben die Kandidaten einen unguten stillen Konsens bewiesen: Sie haben beide nichts zu Misshandlungen und Folter an den Gefangenen im Irak, in Guantanamo und in Afghanistan gesagt", sagte der USA-Experte von ai-Deutschland, Sumit Bhattacharyya, heute.
In ihrem neuesten Bericht wirft Amnesty Bush vor, in seinem Kampf gegen den Terrorismus im Umgang mit Gefangenen einen Weg der Folter, Grausamkeit und Erniedrigung eingeschlagen zu haben und forderte eine unabhängige Untersuchungskommission.
Die US-Regierung sei in ein aus der Geschichte vertrautes Verhaltensmuster verfallen: "Menschenrechtsverletzungen im Namen der 'nationalen Sicherheit'", sagte Bhattacharyya. Im besten Fall habe die US-Regierung die Bedingungen für Folter und grausame Behandlungen geschaffen, im schlechtesten Fall habe sie Verhörmethoden genehmigt, die ihrer internationalen Pflicht zur Ablehnung der Folter spotteten, hieß es in dem Bericht. Die Kriegsmentalität der Regierung habe zur Folge, dass "grundsätzliche Menschenrechts-Prinzipien" auf der Strecke blieben.
Im April waren Bilder von misshandelten Irakern aus dem Bagdader Gefängnis Abu Ghureib an die Öffentlichkeit gelangt. Im August hatte ein US-General erstmals eingestanden, dass dort Iraker gefoltert worden waren. In einem der seitdem angestrengten Prozesse wurde vor einigen Tagen ein US-Militärpolizist zu acht Jahren Haft verurteilt. Seine Anwälte haben eine Berufung angekündigt. In den USA wird am 2. November gewählt.
Wahrscheinlich denken die Verbrecher um Bush nach diesem Wahlergebnis "nun erst recht". Jedenfalls lassen sie weiter in ihren Gefängnissen die Gefangeneen systematisch foltern. Ob nun in Guantanamo oder im Irak, ob in Afghanistan oder sonstwo. Die heuchlerische Stellungnahme von Bush nach Bekanntwerden der Folterpraxis in Abu Graib kann nur noch als Witz aufgefasst werden, angesichts solcher Schlagzeilen:
ZitatIn US-Gefängnissen im Irak wird weiter gefoltert Psychiatrisches Krankenhaus berichtet über Einlieferung traumatisierter Patienten - Kongress in Deutschland
Das US-Geheimdienst- Programm "Copper Green" sieht angeblich den gezielten Einsatz von Hunden zur Demütigung moslemischer Gefangener vor.
Berlin - In US-Gefängnissen im Irak wird nach Angaben irakischer Ärzte weiter gefoltert. Der Chefarzt eines psychiatrischen Krankenhauses in Bagdad, Hashim Al-Zainy, sagte am Freitag in Berlin, zwar dürfe sein Personal nicht in die amerikanischen Gefängnisse, viele Entlassene kämen aber traumatisiert in seine Klinik.
Die Ärztin Maysem M. Abdul-Wahab sagte: "Es ist in unserer Kultur eine große Schmach, als Mann von einer Frau gedemütigt zu werden." Es dauere Jahre, bis die Opfer wieder Vertrauen fassten. Ohne internationale Hilfe könnten die Folteropfer kaum versorgt werden. "Die Menschen, die wir behandeln, haben keine Familie, keinen Besitz und keine Ziele mehr für die Zukunft."
Die beiden Ärzte nehmen an diesem Samstag an der Tagung "Folter und Humanität" des Vereins Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) in Berlin teil.
Die internationale humanitäre Organisation setzt sich weltweit für eine präventive Medizin ein. In Not- und Kriegssituationen hilft sie mit medizinischem Personal, Leiden zu mindern. Auf der Tagung werden neben den irakischen Ärzten auch deutsche Psychiater und Wissenschafter referieren. (APA/dpa)
Unglaublich finde ich auch, dass die Bushisten diese Folterpraxis quasi mit dem Wissen der Weltöffentlichkeit fortführen. Dabei müsste man Bush allein wegen dieser menschenverachtenden Praxis international an den Pranger stellen. Wenn so jemand von Demokratie und Freiheit spricht, dann weiß man doch gar nicht mehr, ob man lachen oder weinen soll.
Gestern gab es etwas Hoffnung für die Gefangenen von Guantanamo
ZitatDienstag, 9. November 2004 "Bush ist kein Tribunal" Guantánamo-Prozess gestoppt
Ein US-Bundesgericht hat den Prozess gegen den ehemaligen Fahrer von Osama bin Laden gestoppt. Dem Jemeniten Salim Ahmed Hamdan hatte sich vor einem Sondertribunal auf der US-Militärbasis Guantánamo Bay verantworten müssen. Richter James Robertson verlangte nun, dass zuerst Hamdans Gefangenenstatus von einem kompetenten Tribunal überprüft werden müsse.
Damit stoppte erstmals ein US-Gericht eines von insgesamt 15 geplanten Verfahren gegen Guantánamo-Häftlinge. "Der Präsident ist kein Tribunal ", sagte Richter Robertson unter Anspielung auf die Entscheidung von Präsident George W. Bush, dass die festgenommenen El-Kaida-Mitglieder keine Kriegsgefangenen seien.
Der Richter wies außerdem die Argumentation der US-Regierung zurück, wonach Hamdan nicht im Konflikt zwischen den USA und Afghanistan, sondern in einem separaten Konflikt mit dem Terrornetzwerk El Kaida gefangen genommen worden sei. In seiner Urteilsbegründung verlangte Robertson, dass Hamdan bis zur Feststellung seines Gefangenenstatus als Kriegsgefangener gemäß der Genfer Konventionen behandelt werden müsse.
Das Urteil zerstöre die Argumentation der Regierung von Präsident Bush, dass die Genfer Konventionen nicht auf die in Afghanistan Festgenommenen angewendet werden müssten, erklärte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Als Konsequenz verlangte die Organisation eine sofortige Abschaffung der umstrittenen Militärkommissionen.
Zweieinhalb Jahre nach seiner Verhaftung hatte sich Hamdan gemeinsam mit drei weiteren Guantánamo-Häftlingen Ende August vor einer Militärkommission wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen und Terroraktionen verantworten müssen.
Hamdan wurde im November vor drei Jahren in Afghanistan festgenommen. Der Jemenite bestritt jegliche Verstrickung in Terroranschläge und gab an, lediglich als Fahrer Bin Ladens seinen Lebensunterhalt verdient zu haben.
Menschenrechtsorganisationen hatten von Anfang an die geplanten Prozesse gegen Hamdan und 14 seiner Mitgefangenen vor der Militärkommission - einer Sonderform des Militärtribunals - als unfair bezeichnet.
Bislang hat sich die Bushjunta noch über jeden richterlichen Beschluß hinweg gesetzt. Und sei es mit solch fadenscheinigen Tribunalen wie in Guantanamo. Wir dürfen gespannt sein, wie die Verbrecher diesen Richterspruch "entkräften". Bislang gibt es wieder ein klein wenig Hoffnung für die Gefangenen.
Im Internet bin ich auf die Homepage www.folterfrei.de gestoßen. Dort haben sich Studenten in einer wissenschaftlichen Arbeit mit der Berichterstattung über die Folterpraxis, die systematische Folterung Gefangener befasst. Ihr Ergebnis ist sehr aufschlussreich. Deutsche Medien schwiegen zunächst. Das ist ein handfester Skandal. Und ein Beispiel wie die Medien Meinungsmanipulation betreiben, anstatt ihrem journalistischen Auftrag zur Information gerecht zu werden.
Zitat"Das ist ein journalistischer Offenbarungseid"
FOLTER FREI in Frankfurter Rundschau
13. November 2004. Horst Müller redete Klartext im Interview mit Oliver Gehrs zum Thema Abu Ghraib in den deutschen Leitmedien. Die Frankfurter Rundschau veröffentlichte das ausführliche Gespräch am 13. November in ihrer Print- und Onlineausgabe unter dem Titel "Ich nenne das Hurra-Journalismus".
Die Dokumentation "FOLTER FREI - Abu Ghraib in den Medien" von Medienstudenten der Hochschule Mittweida zieht damit immer weitere Kreise. Während sich betroffene deutsche Leitmedien wie ARD, ZDF, Spiegel oder FOCUS zumeist weiterhin in Schweigen hüllen, hat jetzt die Frankfurter Rundschau (Ausgabe Samstag, 13. November 2004, Medienseite) ein ausführliches Interview mit Projektleiter Horst Müller veröffentlicht. Darin geht der Professor für Redaktionspraxis unter anderem auch auf die Gründe für die "Nichtberichterstattung" führender deutscher Zeitungen, Zeitschriften und TV-Programme über den so genannten Folterskandal vor Ausstrahlung der CBS-Bilder am 28. April dieses Jahres ein: "Drei so genannte Leitmedien wollen von den Folterungen nichts gewusst haben: RTL-aktuell, Bild und Focus. Das ist ein journalistischer Offenbarungseid."
Leider ist die systematische Folterung durch die verbrecherischen US-Besatzer immer noch nicht vom Tisch. Immer mehr Fälle werden bekannt. Hinzu kommen die Morde, wo Gefangene bis zum Tode gefoltert wurden.
ZitatAbu Ghraib ist Alltag geworden Seit US-Soldaten Gefangene in Irak folterten, häufen sich Hinweise auf ähnliche Fälle / Teil 1 VON D. OSTERMANN (WASHINGTON)
Folter in Abu Ghraib (rtr) Der junge Mann hatte lange mit sich gerungen. Sollte er melden, was seit Wochen auf den Computern des 320. US-Militärpolizei-Bataillons kursierte? Schwer erträgliche Bilder, auf denen zu sehen war, wie Kameraden irakische Häftlinge misshandelten. Der Kapuzenmann mit den Stromkabeln am Leib, nackte Menschenknäuel am Boden, das Mädchen mit der Hundeleine.
Specialist Joseph Darby kannte die Täter. Er gehörte derselben Reserve-Einheit an wie sie. Sollte er sie verraten? Konnte er schweigen, wie die anderen, die von den Bildern wussten? Darby kopierte die Fotos auf eine CD-Rom. Die deponierte er am 13. Januar 2004 anonym auf dem Bett eines Militärermittlers.
Dass am Anfang des Abu-Ghraib-Skandals der Aufstand eines Anständigen stand, macht dieses düstere Kapitel der jüngeren US-Geschichte kaum besser. Aber es zeigt, dass es auch die anderen Soldaten gibt. Die Perversen, die Folterer sind eine Minderheit. Nur: System hatte das Ganze eben doch. Auch wenn das, was Joseph Darbys schlechtem Gewissen folgte, zunächst sogar an den korrekten Dienstweg erinnert: Militärstaatsanwälte beschlagnahmten noch in der Nacht zum 14. Januar die Computer, verhörten Verdächtige, meldeten den Vorfall an höchste Stellen.
Zwei Tage später wurde sogar die Öffentlichkeit informiert. In einer knappen, allgemein gehaltenen, Mitteilung, in der von Ermittlungen im Zusammenhang mit der Misshandlung von Gefangenen die Rede war. Am 19. Januar ordnete der oberste US-General in Irak, Ricardo Sanchez, eine geheime Untersuchung an. Ende Februar lag im Pentagon ein schonungsloser Bericht von General Antonio Taguba vor, lange bevor der Fernsehsender CBS die schockierenden Bilder am 28. April erstmals ausstrahlte.
Funktionierte also das System? Darauf beharrt das Pentagon bis heute. Trotz mehr als 20 toten Gefangenen weltweit, trotz mehr als 100 Folter-"Einzelfällen". Von einer heimlichen Folterpolitik könne keine Rede sein. Man gehe gegen Fehlverhalten vielmehr mit aller Härte vor. Wirklich?
Die Einzeltäterthese ist längst erschüttert. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld muss im Frühjahr einräumen, für das Gefangenenlager Guantánamo Bay fragwürdige Verhörmethoden erlaubt zu haben. Andere Gefangene lässt er vor dem Roten Kreuz verstecken. Irak-Kommandeur Sanchez hat kurz vor den Abu Ghraib-Exzessen ähnliche Methoden für Irak genehmigt. Darunter auch die Empfehlung des früheren Guantánamo-Chefs Geoffrey Miller, Wachmannschaften als "Möglichmacher" für Verhöre einzusetzen. Die Folterer von Abu Ghraib erklären später, Geheimdienstler hätten sie aufgefordert, den Gefangenen "eine schlechte Nacht" zu bereiten. Und dann gelobt: "Gut gemacht."
Die Papierspur von Abu Ghraib führt auch ins Weiße Haus. Dort hat Rechtsberater Alberto Gonzales - den US-Präsident George W. Bush zum Justizminister machen will - bereits Anfang 2002 die Genfer Konvention über Kriegsgefangene als veraltet abgetan. Auf Wunsch der CIA und unter Berufung auf Gonzales verfasst das Justizministerium ein halbes Jahr später ein "Gutachten", das Folter nicht nur für rechtmäßig erklärt, sondern für notwendig. Gab es einen Folterbefehl? Grauzonen wurden geschaffen, Grenzen verwischt.
In den USA sorgen solche Enthüllungen für Scham und Empörung. Zwei Monate lang beherrscht Abu Ghraib die Schlagzeilen. Der Kongress untersucht, Rücktritte werden gefordert, Verantwortung eingeklagt. Das vielleicht traurigste Kapitel aber steht noch bevor. Es gibt immer neue Folterhinweise, doch die Öffentlichkeit stumpft ab. Schlimmer: Der Horror geht weiter. In Falludscha und Bagdad erschießen entfesselte US-Soldaten Gefangene wie lästige Tiere. In Guantánamo beklagt das Rote Kreuz folterähnliche Methoden. Angehörige einer Spezialeinheit betreiben in Irak geheime Gefängnisse. Als zwei Militärgeheimdienstler sie beim Verprügeln eines Gefangenen fotografieren, werden ihnen Film und Autoschlüssel abgenommen. Als der Chef des Militärgeheimdienstes den Fall im Pentagon beklagt passiert: nichts. Abu Ghraib ist Alltag geworden. Nicht nur das Ansehen der USA in der Welt ist ramponiert. Auch die US-Gesellschaft hat Schaden genommen.
Die Befehle für die Folterung Gefangener kamen und kommen von "ganz oben"
ZitatBush genehmigte angeblich harte Verhörmethoden im Irak E-Mails von FBI-Mitarbeitern veröffentlicht
Washington - US-Präsident George W. Bush hat einer E-Mail eines FBI-Mitarbeiters zufolge die Verwendung von bestimmten harten Verhörmethoden im Irak autorisiert. In der erst jetzt veröffentlichten E-Mail vom 22. Mai 2004 an hochrangige Mitarbeiter der Bundespolizeibehörde FBI nimmt ein Beamter der Bundespolizei im Irak wiederholt Bezug auf eine entsprechende von Bush unterzeichnete Anweisung. In US-Regierungskreisen wurden die Angaben als falsch zurückgewiesen. Die E-Mail gehört zu einer Reihe von Mitteilungen, die auf Anfrage der Bürgerrechtsgruppe ACLU unter dem US-Informationsfreiheitsgesetz in zensierter Form öffentlich gemacht werden mußten.
Der Autor der E-Mail wurde vor der Veröffentlichung herausredigiert. Im Text werden als von Bush autorisierte Verhörmethoden der Einsatz von Militärhunden, Schlafentzug sowie der Zwang genannt, längere Zeit anstrengende Körperhaltungen einzunehmen. Seit der Ankunft im Irak habe das FBI seine Mitarbeiter trotz dieser Erlaubnis angewiesen, nur die Verhörmethoden anzuwenden, die auch in den USA zulässig seien.
In Regierungskreisen hieß es, allein das Verteidigungsministerium lege die Verhörmethoden im Irak fest. "Der FBI-Agent hat sich bezüglich der Existenz einer Exekutivanweisung zu Verhörtechniken geirrt. Es gibt keine derartige Exekutivanweisung, noch hat es jemals eine gegeben."
In einer stark zensierten E-Mail vom 25. Juni mit dem Titel "Urgent Report" ("Dringender Bericht") an den Leiter des FBI berichtet ein weiterer Beamter von Augenzeugenberichten über schwere körperliche Mißhandlungen von Gefangenen im Irak. "Er sagte, daß zu solchen Mißhandlungen Würgen, Schläge, das Einführen von brennenden Zigaretten in die Ohren der Gefangenen und nicht autorisierte Verhöre gehören", hieß es.
In einer weiteren E-Mail wird davor gewarnt, daß sich Verhörende des Verteidigungsministeriums in dem Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba als FBI-Agenten ausgäben. "Sollte dieser Gefangene jemals freigelassen und seine Geschichte in irgendeiner Art publik gemacht werden, werden die Verhörenden des Verteidigungsministeriums nicht dafür belangt werden, weil diese Foltermethoden von ,FBI"-Verhörenden angewandt wurden", hieß es. "In den Augen der Öffentlichkeit würde das FBI die Verantwortung tragen." In einer E-Mail vom 21. Januar hieß es, US-Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz habe der Täuschung zugestimmt. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums wies dies zurück. Der ACLU-Anwalt Jameel Jaffer sagte, die Dokumente zeigten eindeutig, daß die Mißhandlungen von Gefangenen "das Ergebnis einer Politik sind, die von den höchsten Ebenen der Regierung getragen wurde".
In zwei Militärjustizverfahren gegen US-Soldaten, die im irakischen Gefängnis Abu Ghraib eingesetzt waren, ergingen derweil die Urteile: Freispruch für einen Unteroffizier der Marinespezialeinheit Seal, der angeklagt war, einen mit Handschellen gefesselten Häftling geschlagen zu haben, der danach starb. In dem anderen Fall ging es um die Mißhandlung bei einem Verhör, der mit einer zur Bewährung ausgesetzten Haftstrafe von sechs Monaten endete.
Eine Mehrheit der US-Bürger ist offenbar der Ansicht, daß US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld zurücktreten sollte. In einer "USA Today"-CNN-Gallup-Umfrage sprachen sich 52 Prozent der Befragten dafür aus, während 46 Prozent sich hinter Rumsfeld stellten. Noch am Montag hatte Präsident George W. Bush den Pentagon-Chef gegen wachsende Kritik, insbesondere wegen dessen Irak-Kurs, in Schutz genommen und ihm in einer Ansprache eine "prima Arbeit" bescheinigt. DW
Entführt, verhört, versteckt Dies ist eine unheimliche Geschichte. Sie handelt von einem Privatflugzeug, das auf einem Flughafen in Deutschland stationiert ist, von Entführungen, die sich auf offener Straße in Europa abspielen, und von Folterpraktiken, die schlimmer sind als die in Guantánamo und Abu Ghraib. In dieser Geschichte treten ganz unterschiedliche Akteure auf: Rechtsanwälte, Spione und Agenten, vor allem aber Menschen, die als Terroristen verdächtigt werden. Und es gibt diese Geschichte nur, weil das Wort "Menschenrechte" - wie ein ehemaliger CIA-Agent es ausdrückt - "ein sehr flexibler Begriff geworden ist".
Von STEPHEN GREY * * Freier Journalist. Autor einer Dokumentation zum Thema in der BBC-Sendereihe "File on 4".
DIE Geschichte beginnt am Nachmittag des 18. Dezember 2001, nur zehn Wochen nach dem 11. September, als der schwedische Anwalt Kjell Jönsson, der sich für Immigranten einsetzt, mit einem seiner Klienten, dem ägyptischen Asylbewerber Mohamed al-Zery, telefonierte. "Plötzlich mischte sich am anderen Ende eine Stimme ein", erinnert sich Jönsson, "die zu al-Zery sagte, er solle das Gespräch beenden. Es war die schwedische Polizei, die gekommen war, um ihn zu verhaften."
Jönsson hatte von der schwedischen Regierung die Zusicherung verlangt, dass es keinen negativen Eilentscheid über den Flüchtlingsstatus seines Klienten geben würde, denn er befürchtete, dass al-Zery gefoltert würde, falls man ihn nach Kairo zurückschickte. Aber dann erfolgte die schnellste Ausweisung, die Jönsson in seinen dreißig Jahren als Asylanwalt erlebt hat. Fünf Stunden nach der Verhaftung wurde al-Zery zusammen mit einem zweiten Ägypter namens Ahmed Agiza vom Stockholmer Flughafen Brömma in Richtung Kairo ausgeflogen.
Das Geheimnis - das zwei Jahre lang nicht herauskam - war, dass in Brömma in jener Nacht ein US-amerikanisches Flugzeug bereitstand und ein Team amerikanischer Agenten, die sich die beiden Ägypter griffen, ihre Hände und Füße fesselten, sie in orangefarbene Overalls steckten, ihnen eine unbekannte Droge verpassten und sie in das Flugzeug verfrachteten.
Wer waren diese amerikanischen Agenten? "Sie hatten schwarze Kapuzen übergezogen und trugen keine Uniformen", sagt Jönsson. "Sie trugen Jeans. Nach Auskunft der schwedischen Sicherheitspolizei waren sie äußerst professionell." Die ganze Operation hatte keine zehn Minuten gedauert: "Es war offensichtlich, dass sie so etwas nicht zum ersten Mal machten", sagt Jönsson.
Über dieses Ereignis wurde monatelang Stillschweigen bewahrt, desgleichen über die Identität der Kapuzenmänner. Doch unter dem wachsenden Druck der verstörten Öffentlichkeit ordnete das schwedische Parlament eine Untersuchung an und veröffentlichte Dokumente, aus denen die Ereignisse auf dem Flughafen und die Identität der Agenten rekonstruiert werden können.
So erklärte etwa Arne Andersson, der die Abschiebung seitens der schwedischen Sicherheitsbehörden leitete, dass man in jener Nacht Probleme hatte, ein Flugzeug zu besorgen. Deshalb habe man sich an die CIA gewandt: "Am Ende gingen wir auf ein Angebot unserer amerikanischen Freunde ein - die CIA ist ja sozusagen unsere Partnerbehörde; sie besorgten uns ein Flugzeug, das für ganz Europa unbeschränkte Überflugrechte hatte, um die Deportation in kürzester Zeit abzuwickeln."
Vor ihrer Entscheidung, einer Überstellung der beiden Verhafteten nach Ägypten zuzustimmen, hatte sich die schwedische Regierung offiziell zusichern lassen, dass die beiden Männer nicht gefoltert würden und dass sie in Kairo konsularisch betreut, also regelmäßig von schwedischen Diplomaten besucht werden dürften. Man verschwieg der Öffentlichkeit, dass sich die Häftlinge über ihre Behandlung beschwert hatten. Gegenüber dem schwedischen Parlament und einem Ausschuss der Vereinten Nationen erklärte die Regierung im Gegenteil, die Gefangenen hätten keinerlei Beschwerden. Tatsächlich aber hatten die beiden Männer gegenüber dem schwedischen Konsul schon bei dessen erstem Besuch geklagt, dass man sie schwer gefoltert hatte.
Jönsson sagt, sein Klient Mohamed al-Zery sei fast zwei Monate lang gefoltert worden: "Er war in einer sehr kalten, sehr kleinen Zelle untergebracht, und er wurde geschlagen. Am schlimmsten waren die elektrischen Foltermethoden, bei denen ihm wiederholte Male unter ärztlicher Aufsicht Elektroden an allen empfindlichen Körperteilen angebracht wurden."
Mohamed al-Zery ist inzwischen freigelassen, ohne dass man ihm je etwas zur Last gelegt hätte. Aber er darf Ägypten nicht verlassen - und auch nicht über seine Gefängniszeit sprechen. Ahmed Agiza dagegen sitzt nach wie vor in einer ägyptischen Haftanstalt.
In Kairo erzählte mir Agizas Mutter, Hamida Schalibai, die ihren Sohn häufig im Gefängnis besucht, wie es ihm dort ergangen ist: "In Ägypten angekommen, brachten sie ihn, noch mit Kapuze und Handfesseln, in ein Gebäude und führten ihn in das Kellergeschoss, eine Treppe hinunter. Dann begannen sie mit den Verhören und den Folterungen. Wenn er eine Frage beantwortete, passierte ihm nichts. Aber sobald er auf eine Frage mit ,Ich weiß nicht' antwortete, schlugen sie ihn und verabreichten ihm Elektroschocks. Die ganze Zeit war er völlig nackt, ohne jede Bekleidung! Nicht einmal Unterwäsche! In den ersten Monaten war er bei den Verhören ständig nackt, er wäre fast erfroren."
Die Bestätigung, dass US-Agenten an dem schwedischen Fall beteiligt waren und dass die beiden Ägypter gefoltert wurden, belegte erstmals den schon länger existierenden Verdacht, dass die USA seit dem 11. September 2001 im globalen Maßstab an Gefangenenverschiebungen mitgewirkt haben. Heute kann man aufgrund der Ermittlungen von staatlichen Stellen und Journalisten aus aller Welt eindeutig sagen, dass die USA systematisch damit befasst sind, islamische Kämpfer in Länder der arabischen Welt und des Fernen Ostens zu verschicken, wo sie inhaftiert und mit Methoden verhört werden können, die US-Agenten selber nicht anwenden dürfen. Manche bezeichnen dieses System als "torture by proxy", was so viel wie "Auftragsfolter" heißt. In der Zeitschrift The New Yorker wird derselbe Vorgang auch "outsourcing torture" genannt.
Festnahmen gab es nicht nur in Kriegsgebieten wie Afghanistan oder dem Irak, sondern überall auf der Welt, etwa in Bosnien und Kroatien, in Mazedonien und Albanien, in Libyen und im Sudan, in Kenia, Sambia und Gambia, in Pakistan, Indonesien und Malaysia. Die CIA hat für dieses System den offiziellen Begriff "extraordinary rendition" erfunden, und natürlich würde sich kein US-Amerikaner, der eine offizielle Funktion bekleidet, über diese "Auslieferung der besonderen Art" je öffentlich äußern.
Jetzt hat allerdings ein ehemaliger hochrangiger CIA-Mitarbeiter, der im November 2004 aus dem Geheimdienst ausgeschieden ist, sich ausführlich über diese spezielle Methode der "Auslieferung" geäußert. Michael Scheuer leitete Ende der 1990er-Jahre die Spezialeinheit, die mit der Jagd auf Ussama Bin Laden betraut war. In einem Interview für das BBC- Radioprogramm "File on 4" hat er mir bestätigt, dass die geschilderte Stockholmer Geschichte kein Einzelfall, sondern Teil eines sehr viel umfassenderen Systems gewesen ist.
Laut Scheuer stand die CIA, als sie vom Weißen Haus mit der Jagd auf al-Qaida betraut wurde, vor der Frage, was mit den gefangenen Terroristen geschehen solle: "Das ist euer Problem, antworteten uns die Auftraggeber. Also entwickelten wir dieses System, Ländern behilflich zu sein, die bestimmte Leute suchten, weil sie ihnen Verbrechen anlasteten oder sie bereits verurteilt hatten. Wir wollten diese Leute im Ausland festnehmen und in das entsprechende Land zurückschicken, in dem sie gesucht wurden."
Barbara Olshansky gehört zu einer Gruppe von Leuten, die Licht in diese Sache zu bringen versuchen. Als Anwältin für das New Yorker Centre for Constitutional Rights untersucht sie nicht nur neuere Fälle von "Sonderausweisungen", sondern auch deren juristische Rechfertigung. Sie glaubt, dass die US-Exekutive die Gefangenen nicht nur in Drittländern verhören lässt, sondern auch in ihren eigenen, von der CIA eingerichteten und betriebenen Offshore-Gefängnissen.
Die Juristin Olshansky sagt, dass es seit über hundert Jahren in den USA die Praxis gebe, Leute außerhalb des eigenen juristischen Zugriffsbereichs zu fassen, um sie in den USA vor Gericht zu bringen. Das prominenteste Beispiel ist Manuel Noriega, der Expräsident von Panama. Für diese Übung hat sich das Wort "rendition" eingebürgert, obwohl es sich juristisch nicht um eine Auslieferung handelt. Doch seit die CIA mit dem Kampf gegen al-Qaida befasst ist und vor allem seit dem 11. September, gibt es auch das Konzept der "extraordinary rendition", der Sonderauslieferung, bei der eine Person nicht an die USA, sondern an ein anderes Land überstellt wird.
Nach Barbara Olshansky wurde damit "die ganze Idee auf den Kopf gestellt". Denn Sonderauslieferung bedeutet, "dass die USA Leute festnehmen und zum Verhören und Foltern verschicken. Man überstellt sie, um Informationen aus ihnen herauszukriegen. Das Ganze soll also gar nicht mit einem juristischen Verfahren enden."
Sieht man sich die Praxis der Sonderauslieferungen an, kann man eine überraschende Entdeckung machen: Zum Transport ihrer Gefangenen benutzen die CIA und andere Agenturen der USA regelmäßig anonyme Privatflugzeuge. In meinem Besitz befinden sich die vertraulichen Logbücher eines Langstreckenjets vom Typ Gulfstream V, der für das Transportsystem der CIA offenbar eine zentrale Rolle spielt. Dieses Flugzeug hat seit 2001 über 49 Flughäfen außerhalb der USA angeflogen, darunter regelmäßig Jordanien, Ägypten, Saudi-Arabien, Marokko und Usbekistan - also durchweg Länder, in denen die USA ihre Gefangenen abliefern.
"Plane-spotters" haben das Flugzeug schon mehrfach fotografiert. Es ist weiß angestrichen und trägt als einzige Aufschrift die zivile Registriernummer N379P, jedenfalls bis vor kurzem. Nach Dokumenten, die ich einsehen konnte, wurden die beiden Ägypter im Dezember 2001 in Schweden eindeutig mit diesem Flugzeug abgeholt. Dieselbe Maschine wurde im Oktober 2001 auch in Pakistan gesichtet, als Zeugen auf dem Flughafen von Karatschi beobachteten, wie eine Gruppe Maskierter einen Mann in ein Flugzeug schaffte. Der Mann landete schließlich in Jordanien.
Auch Robert Baer, dem die Logbücher vorlagen, hat keine Zweifel, dass dieser Gulfstream-Jet mit den Auslieferungen zu tun hat: "Er fliegt immer Orte an, wo gefoltert wird." Baer hat für die CIA 21 Jahre lang als Geheimagent im Nahen Osten gearbeitet, bevor er vor etwa zehn Jahren den Dienst quittierte. Er meint, ein solches Flugzeug sei für den Geheimdienst deshalb von Nutzen, weil es keine militärischen Kennzeichen trägt. Als formeller Besitzer fungiere eine Briefkastenfirma: "Die kann man praktisch über Nacht auflösen, wenn sie enttarnt wird. Und wenn's sein muss, wechselt man einfach das Flugzeug. Das ist ziemlich üblich."
Nach Baer geht es bei der Sonderauslieferungspraxis um mehr als nur darum, Terroristen in Länder wie Ägypten zu schicken, damit sie dort im Gefängnis sitzen. Manchmal geht es auch darum, sie ganz verschwinden zu lassen. Der angestrebte Zweck sei je nach Land verschieden: "Wenn du einen Gefangenen nach Jordanien schickst, bekommst du ein besseres Verhör. Wenn du aber einen etwa nach Ägypten schickst, wirst du ihn wahrscheinlich nie wieder sehen, und dasselbe gilt für Syrien."
Nun könnte man ja Länder wie Syrien für Feinde der Vereinigten Staaten halten. Im Geheimkrieg gegen den militanten Islamismus sind sie jedoch Verbündete, versichert Baer: "Im Nahen Osten gilt die einfache Regel, dass der Feind meines Feindes mein Freund ist, und genau so funktioniert das. All diese Länder haben auf diese oder jene Weise unter dem islamischen Fundamentalismus zu leiden." Die Syrer haben den USA schon seit Jahren eine Zusammenarbeit gegen den militanten Islamismus angeboten: "Zumindest bis zum 11. September wurden diese Angebote zurückgewiesen. Von den Ägyptern und den Syrern haben wir im Allgemeinen Abstand gehalten, weil sie so brutal waren."
Die Genfer Konventionen zum alten Eisen
LAUT Baer hat die Sonderauslieferungspraxis der CIA erst nach dem 11. September eine viel umfassendere und systematische Dimension angenommen. Seitdem seien hunderte von Gefangenen an Gefängnisse im Nahen Osten überstellt worden, und zwar mehr als die Gefangenen, die in Guantánamo Bay gelandet sind. Der 11. September, meint Robert Baer, diente als Rechtfertigung, die Genfer Konventionen zum alten Eisen zu werfen: "Es war das Ende der rechtsstaatlichen Prinzipien, wie wir sie im Westen kannten."
In der US-Regierung gibt es Leute, die diese Praxis verteidigen mit der Behauptung, es gehe nur darum, Terroristen aus dem Verkehr zu ziehen. Nachdem man einen Gefangenen beispielsweise nach Ägypten verfrachtet habe, ist es den USA offenbar völlig egal, was mit dem mutmaßlichen Terroristen danach passiert. Doch der Fall des Australiers Mamdouh Habib lässt erkennen, dass diese Sonderauslieferungspraxis auch noch einem anderen Ziel dienen soll: Man will sich Informationen verschaffen, an die man wohl nur mit Hilfe von Foltermethoden herankommt, die amerikanischen Agenten untersagt sind.
Mamdouh Habib, der früher ein Café in Sydney betrieb, wurde einen Monat nach dem 11. September 2001 in Pakistan nahe der afghanischen Grenze verhaftet. Obwohl er australischer Staatsbürger ist, wurde er an US-amerikanische Agenten übergeben, die ihn nach Kairo ausflogen. Hier hat man ihn, wie er seinem amerikanischen Anwalt, Professor Joe Margulies von der University of Chicago, berichtet hat, volle sechs Monate lang gefoltert. Mit unbeschreiblichen Methoden, die weit über regelmäßige Schläge hinausgingen: "Er wurde in einen Raum gebracht, wo man ihm Handfesseln anlegte und den Raum dann allmählich mit Wasser anfüllte, bis der Wasserspiegel knapp unter seinem Kinn stand. Stellen Sie sich die Angst vor, wenn man glaubt, dass es kein Entrinnen gibt!"
Ein anderes Mal wurde er an den Händen an einer Wand aufgehängt, wobei seine Füße auf einer Walze standen, die eine Metallachse hatte: "Wenn sie die Walze unter Strom setzten, bekam er einen elektrischen Schlag und musste die Füße anheben, sodass er nur noch an den Händen hing. Und das ging so lange, bis er ohnmächtig wurde."
Aufgrund solcher Verhörmethoden gestand Habib, Kontakte zu al-Qaida gehabt zu haben. Er unterschrieb bereitwillig "jedes Dokument, das sie ihm vorlegten", erzählt Joe Margulies. Danach wurde Habib wieder an die Amerikaner überstellt. Die schickten ihn nach Afghanistan und dann nach Guantánamo. Dort wurden ihm die durch Folter erpressten Geständnisse zum Verhängnis: "Die Militärtribunale, die über seinen Kombattantenstatus zu befinden hatten, stützten sich bei ihrer Entscheidung, Mr. Habib in Haft zu halten, auf das Beweismaterial aus Ägypten."
Im Januar 2005 wurde Habib endlich freigelassen. Nachdem Margulies und andere gegen die Folterung ihres Mandanten protestiert hatten, wurde er von Guantánamo nach Hause geflogen. Die Regierung in Canberra hat zwar erklärt, dass man ihm kein Vergehen zur Last legt, doch aus Kreisen des australischen Geheimdienstes wird er nach wie vor beschuldigt, Verbindungen zu al-Qaida zu haben.
Die meisten Häftlinge, die von US-amerikanischen Geheimdiensten an Gefängnisse im Nahen Osten überstellt wurden, sind nicht in der Lage, zu berichten, was ihnen widerfahren ist und wie sie behandelt wurden. Nur einer kann heute frei darüber reden: ein kanadischer Staatsbürger, der von der CIA in einer syrischen Gefängniszelle abgeliefert wurde. Seine Geschichte untermauert die Behauptung, die einer der Anwälte aufgestellt hat: Wenn die Amerikaner ihre Gefangenen in andere Länder verschicken, liefern sie einen "Fragenkatalog" gleich mit.
Maher Arar ist ein Handytechniker aus Ottawa. Im September 2003 machte er auf der Rückreise von seinem Urlaub in Tunesien nach Kanada einen Zwischenstopp auf dem Kennedy-Flughafen in New York. Er rechnete nicht mit Problemen, da er die USA häufig besucht und dort auch schon gearbeitet hatte. Aber dann wurde er bei der Ankunft herausgewinkt und in einen Verhörraum geführt. Schließlich landete er im Metropolitan Detention Centre in Brooklyn, einem Auffangzentrum für Immigranten. Bald wurde klar, dass seine Festnahme aufgrund von Informationen aus Kanada erfolgt war. Die kanadische Polizei hatte offenbar einen mutmaßlichen Terroristen im Visier, der in Ottawa lebte. Dessen Namen hatte Maher Arar einmal angegeben, als er bei der Anmietung einer Wohnung eine Kontaktadresse hinterlassen musste.
Arar ist gebürtiger Syrer, lebt aber schon seit siebzehn Jahren in Kanada und besitzt die kanadische Staatsbürgerschaft. Daher war er überrascht, dass man ihm in New York mit Fragen konfrontierte, die man ihm ohne weiteres auch zu Hause, in Ottawa, hätte stellen können.
Zwölf Tage nach seiner Festnahme auf dem JFK-Flughafen wurde Arar um drei Uhr morgens aufgeweckt und darüber informiert, dass er aus den USA abgeschoben werde. Man fuhr ihn nach New Jersey und setzte ihn - noch immer an Händen und Füßen gefesselt - in einen Privatjet.
Was ihm durch den Kopf ging, als er sich in einem Flugzeug mit Ledersesseln wiederfand, schildert Arar im Rückblick so: "Ich begann, über mich nachzudenken: Wer bin ich, dass sie mir das antun? Bin ich für die so wichtig? Welche Informationen könnte ich ihnen bieten? Als sie mir dann dieses schöne Essen servierten, da fiel mir die Tradition ein, die es in der muslimischen Welt gibt, die wir eid nennen, da schlachtet man ein Tier, und bevor man es schlachtet, füttert man es. Ich dachte nur darüber nach, wie ich der Folter entgehen könnte, denn zu diesem Zeitpunkt wurde mir klar, dass es nur einen einzigen Grund für meinen Abtransport geben konnte: Man würde mich foltern, um an Informationen heranzukommen. Darüber war ich mir sicher."
Nach zwei Tankstopps landete das Flugzeug in der jordanischen Hauptstadt Amman. Von dort wurde Arar in einem Auto nach Damaskus gefahren und im Hauptquartier der syrischen Geheimpolizei abgeliefert. Dort wurde er in eine Zelle gesteckt, die nur wenig größer war als ein Sarg. In dieser Zelle, sagt Arar, hat er über zehn Monate verbracht.
Schon nach kurzer Zeit erwies sich seine Angst vor der Folter als berechtigt: "Der Verhörmensch sagte: ,Weißt du, was das ist?' Ich sagte: ,Ja, das ist ein Kabel.' Und er sagte: "Öffne deine rechte Hand." Ich öffnete die rechte Hand, und er schlug zu wie von Sinnen. Der Schmerz war so brennend, dass ich aufschrie; dann befahl er, meine linke Hand zu öffnen, und zuerst schlug er daneben, aber dann traf er mein Handgelenk. Und dann stellte er Fragen. Wenn er dir nicht glaubt, dass du die Wahrheit sagst, schlägt er wieder zu. Nach ein, zwei Stunden steckte er mich manchmal in einen Raum, wo ich hören konnte, wie andere Leute gefoltert wurden."
Fast genau ein Jahr nachdem man ihn den Syrern ausgeliefert hatte, wurde Maher Arar freigelassen und nach Ottawa zurückgeflogen. Weder Kanada noch Syrien haben irgendeine Anklage gegen ihn erhoben. In Kanada hat sein Fall große Empörung ausgelöst und zu offiziellen Ermittlungen geführt. Wie bei vielen der jüngsten Folteropfer hat die Behandlung bei Arar keine sichtbaren Narben hinterlassen. Das passiert modernen Verhörprofis nicht, dazu sind sie zu clever.
Auch bei Arar sind die Narben vor allem psychischer Natur. Alex Neve, Chef der kanadischen Sektion von amnesty international, ist davon überzeugt, dass Arar die Wahrheit sagt: "Ich glaube das aus mehreren Gründen. Ich habe mich ziemlich ausführlich mit ihm unterhalten. In den vielen Jahren bei amnesty habe ich hier in Kanada viele überlebende Folteropfer interviewt - auch Menschen, die direkt aus Gefängniszellen kamen. Und für mich war das, was Arar geschildert hat, als Erfahrung glaubwürdig, denn es entsprach dem, was ich aus anderen Interviews weiß und erfahren habe."
Doch wer trägt für dieses System von "Sonderauslieferungen" die letzte Verantwortung? Und wer in Washington hat es abgesegnet? Um diese Fragen zu klären, musste ich nach Fall's Church in Virginia fahren. Hier wohnt Michael Scheuer. Von ihm wollte ich mehr über die Praktiken des "Krieges gegen den Terrorismus" erfahren. Ich wollte vor allem wissen, warum die CIA zu der Zeit, als Scheuer die auf Bin Laden angesetzte Einheit leitete, diese Art der Auslieferung als Taktik gegen die al-Qaida entwickelt hatte. Scheuer nimmt in der Regel kein Blatt vor den Mund. Er hat noch während seiner CIA-Zeit unter dem Pseudonym "Anonymus" zwei kritische Bücher über al-Qaida verfasst. Das zweite trug den Titel "Imperial Hybris". Fortsetzung folgt
DOCH nie zuvor hat er derart offen über derart heikle Fragen gesprochen. Scheuer versichert, jede "Auslieferungs"-Operation sei von Juristen gebilligt worden: "Innerhalb der Central Intelligence Agency gibt es eine große juristisch Abteilung, die mit der rechtlichen Interpretation der nachrichtendienstlichen Arbeit befasst ist. Und auch beim National Security Council des Präsidenten gibt es ein Team von Juristen. Und bei all diesen Entscheidungen sind diese Juristen auf die ein oder andere Weise beteiligt. Sie haben unser Vorgehen abgesegnet. Die Vorstellung, hier handle es sich um eine Schurkerei, die sich irgendjemand mal so ausgedacht hat, ist schlichtweg absurd."
Scheuer erinnert sich, dass er solche Operationen früher - als Chef der Bin-Laden-Einheit - nur organisieren konnte, wenn sie vom Direktor der CIA oder von dessen Stellvertreter autorisiert waren: "Die das abzeichnen, sind die Nummer eins und die Nummer zwei des Geheimdienstes." Außerdem sagt Scheuer, dass er bei jeder einzelnen dieser Auslieferungsaktionen der Überzeugung war, dass "diese Leute zu Recht nicht mehr auf der Straße herumlaufen". Aber Fehler passieren eben, das war schon immer so, und natürlich mag es vorkommen, dass Unschuldige festgenommen werden: "Es ist ausgeschlossen, dass im Spionage- und Geheimdienstgeschäft keine Fehler vorkommen. Aber hier wurde nie irgendwie leichtfertig oder unbedacht gehandelt. Wir haben das verdammt ernst genommen, und wenn wir uns vertan haben, dann haben wir uns vertan. Aber wir haben uns immer an die Beweise gehalten."
Die Gefahr, dass die verhafteten Männer gefoltert werden könnten, bereitet Scheuer offenbar kaum Gewissensbisse: "Aber letzten Endes muss man sagen: Dass alle Leute aus dem Verkehr gezogen werden, bei denen man davon ausgehen muss, dass sie an Operationen oder an der Planung von Operationen beteiligt sind, bei denen Amerikaner getötet werden könnten - dass ist doch die Sache wert."
"Selbst wenn sie womöglich gefoltert werden?" Auch auf diese Frage hat Scheuer eine Antwort: "Es wären ja nicht wir, die sie foltern. Und ich glaube auch, bei dem, was wir da über die Folter in Ägypten und in Saudi-Arabien zu lesen bekommen, ist viel Hollywood dabei. Ich finde es ziemlich heuchlerisch, sich Sorgen zu machen, was die Ägypter mit solchen Terroristen anstellen, und nicht auch die Israelis zu verurteilen für das, was sie mit den Leuten tun, die sie für Terroristen halten. Menschenrechte - das ist doch ein sehr flexibler Begriff. Das hängt doch immer auch irgendwie davon ab, nach wie viel Heuchelei dir gerade zumute ist."
Eines muss man Scheuer lassen: Er zerbricht sich durchaus den Kopf über die langfristigen Folgen der Sonderauslieferungspraxis. Er glaubt, dass autoritäre Regime wie in Ägypten und Jordanien zu Teilen mitverantwortlich sind für die Existenz des militanten Islamismus. Strategisch gesehen sei es daher wenig sinnvoll, mit ihnen so eng zusammenzuarbeiten: "Jeder Gefangene, den wir festnehmen, ist ein taktischer Erfolg, aber im strategischen Sinne sind wir dabei zu verlieren. Und einer der Hauptgründe ist, dass wir die Diktatoren in der muslimischen Welt unterstützen."
Doch nach Scheuers Meinung gibt es für die USA kaum Alternativen. Was sollen sie mit diesen Gefangenen machen? Die Politiker wollen nicht, dass man Terroristen auf amerikanischen Boden zurückbringt und vor ein US-Gericht stellt. "Es gibt so viele Orte in aller Welt, wo uns schwerlich etwas anderes übrig bleibt, und manchmal muss man eben mit dem Teufel paktieren." So lange die US-Politiker sich nicht mit der Frage befassten, wie man nach amerikanischem Recht mit diesen Gefangenen umgehen könne, könne die CIA nur nach dem Motto handeln: "Man tut, was man kann, und mit dem, was man hat."
Scheuer schätzt die Zahl der durch die CIA "ausgewiesenen" sunnitischen Terroristen auf insgesamt etwa einhundert. Andere Experten wie Robert Baer glauben, dass die Zahl viel höher liegt. Sie gehen davon aus, dass seit dem 11. September auch das US-Verteidigungsministerium unter Donald Rumsfeld mit der globalen Verschiebung von Gefangenen befasst ist und dass das US-Militär seitdem hunderte mutmaßliche Terroristen in Gefängnissen des Nahen Ostens abgeliefert hat.
Doch im Pentagon wie bei der CIA ist niemand bereit, sich über das System der Auslieferungen und dessen Rechtsgrundlage zu äußern. Dagegen konnte ich ein Gespräch mit Danielle Pletka führen, der Vizepräsidentin des American Enterprise Institute. Dieser Think-Tank liegt auf der Linie der Bush-Administration, und Mrs. Pletka bekleidete früher eine hohe Position auf dem Capitol Hill, beim außenpolitischen Ausschuss des US-Senats. "Ich bin kein großer Anhänger von Folterpraktiken", meint sie, und auch für Syrien hat sie nicht viel übrig, so wenig wie für das Gefängnis- und Sicherheitsregime in Ägypten.
Natürlich kann Daniella Pletka die Praktiken der Syrer und der Ägypter nicht gutheißen, aber dann meint sie doch: "Im Krieg gibt es leider Zeiten, da ist es notwendig, Dinge auf eine Art und Weise zu tun, die den meisten guten und ehrlichen Menschen absolut zuwider ist. Und obwohl ich damit nicht etwa sagen will, dass die Vereinigten Staaten solche Praktiken routinemäßig angewendet haben - weil ich nicht glaube, dass man das in irgendeiner Weise als Routine sehen darf -, dies also vorausgeschickt: Wenn es absolut notwendig ist, in diesem Moment etwas herauszufinden, dann ist es eben unumgänglich, etwas herauszufinden, und dafür ist nun mal der Club Méditerrannée bestimmt nicht der richtige Ort."
Zum Schluss frage ich, wie sie - von Fragen der Moral und der taktischen Vorteile einmal abgesehen - die Legalität solcher Operationen beurteilt. Derartige Fragen, meint Daniella Pletka, könne sie als Nichtjuristin leider nicht beantworten.
Die Anti-Folter-Konvention der UN wurde von den USA ratifiziert und von Präsident Bush mehrfach gewürdigt. In dieser Konvention steht der Satz: "Kein Staat darf eine Person in einen anderen Staat ausweisen, zurückschicken oder an ihn ausliefern, wenn es substanzielle Gründe für die Annahme gibt, dass er in Gefahr ist, dort gefoltert zu werden." Das US-Außenministerium veröffentlich alljährlich einen Report, der Menschenrechtsverletzungen einschließlich Folter detailliert darstellt und verurteilt. Zu den regelmäßig aufgeführten Ländern gehören auch Ägypten, Syrien und Saudi-Arabien. Im Bericht des letzten Jahres heißt es zum Beispiel, in Ägypten sei Folter "common and persistent", eine übliche und verbreitete Praxis.
Wie um alles in der Welt können diese Sonderausweisungen legal sein? Zu dieser Frage erhält man vom US-Justizministerium keinen Kommentar. Die juristische Rechtfertigung der USA ist derzeit eine Art Staatsgeheimnis.
Die Tatsache, dass sich das offizielle Washington über die rechtliche Seite seiner Ausweisungspraxis weitgehend ausschweigt, dürfte auch mit der zunehmenden Angst zu tun haben, dass man diese Praxis demnächst einmal vor einem Gericht rechtfertigen muss. Diese Angst bezieht sich nicht nur auf die Gefahr von straf- und zivilrechtlichen Klagen vor amerikanischen Gerichten. Auch in Europa laufen rechtliche Ermittlungen gegen die CIA wegen des Verdachts auf Entführung. So befindet sich die zentrale Operationsbasis für die Ausweisungsflüge der CIA in Deutschland. Und die von mir eingesehenen Logbücher belegen, dass der genannte Gulfstream-Jet wie auch eine Boeing-737, die für andere Ausweisungen benutzt wurde, regelmäßig in Frankfurt gelandet sind. Im weißen Privatjet nach Afghanistan
IN Deutschland laufen juristische Ermittlungen im Fall des Khaled al-Masri. Der deutsche Bürger aus Ulm hat ausgesagt, dass er am 31. Dezember 2003 in der mazedonischen Hauptstadt Skopje von Unbekannten gekidnappt wurde. Drei Wochen später habe man ihn nach Afghanistan ausgeflogen, wo er in einem von den USA unterhaltenen Gefängnis immer wieder mit Schlägen traktiert worden sei. Nach vier Monaten habe man ihn nach Europa zurückgeflogen und auf einer Landstraße in Albanien ausgesetzt.
Al-Masris Schilderungen klangen zunächst wild übertrieben und unglaubwürdig. Aber die Logbücher, die mir Luftfahrtexperten zugänglich gemacht haben, belegen eindeutig, dass es die Boeing-737 der CIA war, mit der er am 23. Januar 2004 aus Skopje ausgeflogen wurde. Aus dieser Quelle ergibt sich, dass dieses Flugzeug, das aus Mallorca kam, Khaled al-Masri von Skopje über Bagdad nach Kabul transportierte. Beweismittel wie diese könnten die CIA in eine schwierige Position gegenüber ihren Geheimdienstkollegen in Deutschland bringen. Denn die deutschen Behörden werden kaum umhinkommen, den Fall al-Masri als illegale Entführung zu behandeln.
In einem anderen Fall wird in Italien ermittelt. Um die Mittagszeit des 16. Februar 2003 verschwand in der Via Guerzona in Mailand ein Ägypter namens Abu Omar auf dem Weg von seiner Wohnung zu einer zehn Minuten entfernten Moschee. Ein Augenzeuge sah, wie er auf der Straße von drei Männern angehalten wurde und wie an dieser Stelle ein Lieferwagen auf den Gehsteig fuhr. Hier besteht der ungeheuerliche Verdacht, dass sich US-Agenten ohne den Hauch einer rechtlichen Legitimierung auf offener Straße eine von ihnen verdächtigte Person gegriffen haben - und das im Land eines ihrer engsten europäischen Verbündeten.
Abu Omar stand unter Beobachtung der italienischen Polizei, die aber bestreitet, mit seinem Verschwinden irgendetwas zu tun zu haben. Es besteht also der plausible Verdacht, dass er von US-Agenten gefasst, zur US-Luftwaffenbasis Aviano gebracht und von dort nach Ägypten geflogen wurde. Armando Spataro, der stellvertretende Oberstaatsanwalt von Milano, der mit den Ermittlungen betraut ist, hütet sich derzeit noch, die Amerikaner zu beschuldigen. Aber er geht von einer Entführung aus und ist davon überzeugt, das sich Abu Omar heute in Ägypten befindet. Auf die Frage, ob es sich, falls US-Amerikaner mit der Sache zu tun hätten, um ein Verbrechen handeln würde, gibt er eine eindeutige Antwort: "Wenn das zuträfe, wäre dies ein gravierender Verstoß gegen italienisches Recht. Es wäre absolut illegal."
Jeder Kommentar erübrigt sich. So sehen die Taten jener Moralisten aus, die lauthals herausposaunen, dass sie angetreten sind, den Menschen Demokratie und Freiheit zu bringen.
ZitatZurück aus der Hölle Der Deutsch-Türke Murat Kurnaz war 44 Monate in Guantanamo eingesperrt. Seine Anwälte erzählen, wie es ihm erging
Andreas Förster
BREMEN. Es muss ein bewegender Moment gewesen sein, Freitagnacht, auf der Autobahn vor Bremen. Ein paar Stunden zuvor war Murat Kurnaz auf der US-Militärbasis im rheinland-pfälzischen Ramstein gelandet. Vierundvierzig Monate Haft im US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba lagen da hinter ihm. Mehr als 1 600 Nächte ohne Dunkelheit, denn über seinem Gefangenenkäfig brannten Nacht für Nacht die Neonscheinwerfer. Nun saß er in diesem Auto, mit seiner Familie, seinem deutschen Anwalt Bernhard Docke, und fuhr durch die Dunkelheit nach Hause. Plötzlich habe Murat darum gebeten, auf einem Parkplatz anzuhalten, erzählt Bernhard Docke. "Murat stieg aus, ging ein paar Schritte vom Fahrzeug weg und schaute hoch in den dunklen Sternenhimmel. Minutenlang, ohne ein Wort zu sagen."
Die Freilassung des in Bremen geborenen und aufgewachsenen Türken Murat Kurnaz ist kaum zwanzig Stunden her, als Bernhard Docke und der US-Anwalt Baher Azmy im Überseemuseum in Bremen vor die Presse treten. Murat ist nicht dabei, auch nicht seine Mutter. Die Familie brauche Zeit und Ruhe, um wieder zueinander zu finden, sagen die Anwälte. Vor allem aber müsse man dem heute 24-jährigen Deutsch-Türken die Chance geben, in ein normales Leben zurückzufinden. "Er ist durch die Hölle gegangen", sagt Docke.
Murat Kurnaz, Sohn türkischer Gastarbeiter, die in den siebziger Jahren nach Deutschland kamen, war ein normaler Jugendlicher. Er interessierte sich für Sport, spielte in einer Band Gitarre und Keyboard und lernte den Beruf des Schiffbauers. Im Juli 2001 heiratete er in der Türkei seine Verlobte, ein paar Monate später wollten sie sich für immer in Deutschland niederlassen. In jenem Sommer entwickelte sich Murat zu einem strenggläubigen Moslem und besuchte eine andere, fundamentalistischer ausgerichtete Moschee in Bremen. Einen Monat nach den Anschlägen vom 11. September in den USA brach er nach Pakistan auf, um an Koranschulen zu lernen, sagt seine Mutter. Die deutschen und amerikanischen Geheimdienste sagen, dass er an der Seite der Taliban in Afghanistan gegen die Amerikaner kämpfen wollte.
Wie es wirklich war, wird sich nicht mehr aufklären lassen. Fest steht inzwischen aber, dass Murat nie eine Waffe in die Hand nahm und sich auch nie an Kampfhandlungen oder Terroranschlägen beteiligte. Nichts ist daher unzutreffender, als die Bezeichnung "Bremer Taliban", die deutsche Behörden für Kurnaz fanden und gezielt an die Öffentlichkeit lancierten, um ihn in ein falsches Licht zu rücken. Denn Murat hatte überhaupt keine Gelegenheit, sich den Taliban anzuschließen. Schon Ende November 2001, als er noch durch die Koranschulen reiste, nahmen ihn pakistanische Behörden fest und übergaben ihn den Amerikanern. Die verschleppten ihn zunächst in ein Gefangenlager in Afghanistan, wo er brutal gefoltert wurde, wie sein Anwalt Baher Azmy sagt.
Im Januar 2002 schließlich brachte ihn das amerikanische Militär nach Guantanamo, wo er zusammen mit Hunderten so genannten feindlichen Kämpfern in Käfigen gehalten wurde - ohne rechtlichen Beistand, ohne Kontakt zur Außenwelt. Physische Folter durchlitt Murat dort kaum, einmal nur wurde er geschlagen. Er erlebte aber sexuelle Demütigungen und Nahrungsentzug. "Die systematisch praktizierte Misshandlung der Gefangenen von Guantanamo ist psychischer Art, man bricht den Menschen dort ihren Willen, macht sie orientierungs- und hoffnungslos", sagt Baher Azmy. Der Anwalt war der einzige Mensch ohne Uniform, den Murat in den mehr als viereinhalb Jahren in Guantanamo zu Gesicht bekam. Fünfmal nur durfte der Anwalt ihn besuchen, insgesamt ein Dutzend Stunden, in denen er versuchte, seinem Mandanten ein wenig Hoffnung und Zuversicht zu vermitteln.
Dabei waren die US-Ermittler schon Ende 2002 davon überzeugt, dass Kurnaz kein Taliban oder El-Kaida-Anhänger war. Auch deutsche Geheimdienstler, die in jenem Jahr den Deutsch-Türken in Guantanamo vernehmen durften, kamen zu dem Ergebnis, dass der junge Mann kein Extremist sei, sich nur zur falschen Zeit am falschen Ort aufgehalten hatte. Die amerikanischen Behörden boten der Bundesregierung dann auch die Auslieferung von Murat Kurnaz an, als eine Art Geste guten Willens. Aber die Bundesregierung lehnte ab. Wie es heißt, soll vor allem der damalige BND-Chef August Hanning in der Runde im Kanzleramt darauf gedrängt haben, das "Sicherheitsrisiko" Kurnaz nicht ins Land zurückzuholen.
Mit am Tisch gesessen haben sollen damals der Geheimdienstkoordinator Ernst Uhrlau und Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier. Die von allen drei mitgetragene Entscheidung, die Murat Kurnaz gut dreieinhalb Jahre seines Lebens gekostet hat, schadete bislang keinem dieser Herren: Hanning ist heute Innenstaatssekretär, Uhrlau Präsident des Bundesnachrichtendienstes, und Steinmeier ist als Bundesaußenminister inzwischen zum beliebtesten Politiker des Landes aufgestiegen.
Es sei schon eine Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet das Außenministerium von Herrn Steinmeier jetzt in den zähen Verhandlungen mit den Amerikanern die Entlassung seines Mandanten erreicht habe, sagt Anwalt Docke an diesem Freitagmittag im Bremer Überseemuseum. Ansonsten will er sich zu möglichen juristischen Schritten gegen Verantwortliche der rot-grünen Bundesregierung nicht äußern. Das sei noch nicht entschieden, sagt er und fügt dann doch hinzu, dass der Tag kommen werde, da man nach den Verantwortlichen für diese Art von "Kollaboration" mit den Amerikanern fragen wird, unter der sein Mandant so lange habe leiden müssen.
Bernhard Docke hat Murat Kurnaz, der seit vier Jahren sein Mandant ist, das erste Mal am Donnerstagabend bei dessen Rückkehr nach Deutschland gesehen und gesprochen. Murat habe eine starke physische Natur, sagt der Anwalt, er habe ihn als wach, freundlich und sogar humorvoll empfunden. "Aber man merkt auch, dass da noch etwas anderes im Hintergrund ist, etwas, was wir nicht erahnen können, weil Dinge auf seiner Seele lasten, die er erlebt hat, die wir uns aber nicht annähernd vorstellen können", sagt Docke.
Die Erlebnisse der letzten Stunden stehen auch den beiden Anwälten im Gesicht. Sie wirken übernächtigt, bewegt und sehr ernst. Nichts ist zu spüren von anwaltlicher Routine, als sie über die Haftbedingungen ihres Mandanten in Guantanamo sprechen, vom Versagen der Bundesregierung, die eine vorzeitige Entlassung von Kurnaz verhinderte, vom Zusammentreffen ihres Mandanten mit seiner Familie. Als Anwalt Docke versucht, den Moment des Wiedersehens zwischen Murat und seiner Mutter zu beschreiben, bricht ihm die Stimme. Für einen Moment herrscht Stille, selbst das unaufhörliche Klicken der Kameras verstummt.
Unter den mühsam beherrschten Emotionen der Anwälte ist aber auch Zorn zu spüren. Und es fällt schwer, sich diesem Zorn zu entziehen. Etwa wenn Docke schildert, wie Murat Kurnaz, dessen Unschuld von US-amerikanischen und deutschen Behörden unbestritten ist, am Donnerstagabend nach vierundvierzig Monaten Lagerhaft nach Deutschland geschafft worden ist: "Es war ein großes Transportflugzeug des US-Militärs, an Bord waren außer Herrn Kurnaz nur noch das Wachpersonal, fünfzehn amerikanische Soldaten", erzählt der Anwalt. "Herr Kurnaz war während des gesamten Fluges an Händen und Füßen gefesselt, die Fesseln waren zusätzlich am Boden fixiert. Seine Augen waren mit einem Klebeband zugeklebt."
In diesem Zustand sei Kurnaz nach der Landung aus dem Flugzeug geführt und den deutschen Beamten vom Auswärtigen Amt und der Bundespolizei übergeben worden, sagt Docke. Die Beamten seien schockiert und erschüttert gewesen und hätten den Deutsch-Türken umgehend von seinen Fesseln befreien lassen. "Gefesselt, gedemütigt und entwürdigt, genauso, wie die Amerikaner ihn Anfang 2002 nach Guantanamo schaffen ließen, um ihn dort wie ein Tier zu halten, haben sie ihn jetzt zurückgebracht", sagt Docke. Er spricht langsam, mit ruhiger Stimme, aber die Worte hallen lange nach. Berliner Zeitung, 26.08.2006
Was sind das für Menschen, die anderen Menschen derartiges Leid antun? Murat Kurnaz ist ein lebender Beweis dafür, dass die US-Regierung ihre menschenverachtenden Folterungen auf Guantanamo fortsetzt - allen Urteilen der eigenen Gerichte zum Trotz. Diese Täter müssen vor Gericht, vom einzelnen Gefängnisfolterer, bis zum höchsten Kommandeur!
Hier ein weiterer Fall von Staatswillkür unter Bush.
Zitat
Maher Arar - verdächtigt und gefoltert
Von Katja Gloger, Washington
Von der CIA verschleppt, in Syrien gefoltert - der Kanadier Maher Arar will eine Entschädigung von der USA. Dort hat man sich gerade auf ein neues Gesetz zur Behandlung von Gefangenen geeinigt. Doch geheime CIA-Programme bleiben bestehen.
Wenn man so will, hat Maher Arar durchaus Glück gehabt. Er überlebte das Foltergefängnis, in das er verschleppt wurde. Er kam frei. Er kämpfte um die Wahrheit. Wenigstens einen Teil davon konnte er erfahren.
Der Kanadier Maher Arar, 37, wurde Opfer jener amerikanischen Praxis, die verharmlosend "renditions" genannt wird, Überstellung: die Entführung und Verschleppung Verdächtiger - und Unschuldiger - in Foltergefängnisse anderer Staaten. Das geschah stets heimlich, meist in kleinen Privatjets, CIA-Kommandos wickelten die Operationen ab.
Maher Arars Geschichte erzählt viel darüber, wie Amerika im Kampf gegen den Terrorismus das Recht bislang nach eigenem Gusto beugte - und zugleich zur Geisel der ständigen Rechtsverletzungen wurde. Seine Geschichte erzählt auch, wie sich andere Länder zu Komplizen der Amerikaner machten, wissentlich oder unwissentlich, vielleicht gar in guter Absicht.
Das erste Verhör Flughafen John F. Kennedy, 26. September 2002, nachmittags gegen zwei. Der syrischstämmige Kanadier Maher Arar kam aus Europa, musste auf dem Weg nach Hause in New York umsteigen. Er zeigte seinen Pass, wurde in ein Büro gebeten. Arar wunderte sich. Der junge Telekommunikationsingenieur war regelmäßig geschäftlich in den USA, und nie hatte es ein Problem gegeben.
Jetzt aber nahmen sie Fingerabdrücke und durchsuchten seine Taschen. "Sie fragten mich nach Osama bin Laden, nach Palästina, dem Irak", sagt Maher Arar. Er ist ein zurückhaltender Mann, hat große braune Augen und kurzes Haar, sieht fast ein bisschen jungenhaft aus. Doch heute noch zittert seine Stimme vor Wut und vor Scham, wenn er an diesen Tag vor vier Jahren denkt. "Sie wollten alles wissen, über meine Bankkonten, meine Freunde, über die Moschee, in der ich bete." Das erste Verhör dauerte zehn Stunden. Sie erklärten ihm, er habe kein Recht auf einen Anwalt. Dann legten sie ihn in Ketten und führten ihn ab. "Sie sagten mir nicht, warum."
Am fünften Tag durfte er ein zweiminütiges Telefonat führen. Am dreizehnten Tag weckten sie ihn morgens gegen drei, brachten ihn in ein Flugzeug - er war der einzige Passagier - und deportierten ihn nach Syrien. Jenes Land, das US-Präsident Bush einen "Terrorstaat" nennt. Maher Arar kam in das berüchtigte "Far Falestin"-Gefängnis des syrischen Militärgeheimdienstes.
Ein erpresstes Geständnis Zehn Monate und zehn Tage verbrachte Arar dort, "in meinem Grab", wie er sagt. Er hockte in einer Zelle, einen Meter mal zwei Meter groß, zwei Meter hoch, keine Lampe darin, in der Decke lediglich eine vergitterte Öffnung. Zwei Decken, zwei Teller. Zwei Flaschen, eine für Urin, eine für Wasser. Er wurde wochenlang verhört und mit fingerdicken Elektrokabeln geschlagen. Er wollte sich umbringen. Er hörte die Schreie der Gefolterten und war sicher, dass er das Loch nicht lebend verlassen würde. Irgendwann erklärte er seinen Folterknechten, ja, er sei in einem Trainingscamp für Terroristen in Afghanistan gewesen. Es war ein unter Schlägen erpresstes, falsches Geständnis. Maher Arar war nie in Afghanistan.
Später würde sich herausstellen, dass die kanadischen Behörden seinen Namen an das FBI weitergegeben hatten - als mutmaßliches "Mitglied von al Kaida". Später würde es auch heißen, seine Auslieferung habe auf "inakkuraten" Informationen beruht. Er war bei einem kurzen Treffen mit einem anderen angeblichen Verdächtigen beobachtet worden. Dabei, so stellte sich später heraus, sprachen sie über Preise in einem Copyshop.
Seine Frau rettete ihn Maher Arar überlebte, er kam im Oktober 2003 frei, weil seine Frau Monia für ihn kämpfte und nie aufgab. Sie engagierte Rechtsanwälte und mobilisierte die Öffentlichkeit. Doch Arar sah seine Zukunft in Trümmern, er hatte keine Arbeit mehr, litt unter Angstzuständen. Er wollte die Wahrheit. Und eine Entschuldigung. Er strengte eine offizielle Untersuchung seines Falles an. Die dauerte vier Jahre. Jetzt sprach ihn die gerichtliche Kommission von allen Vorwürfen frei. Arar soll nun wenigstens Entschädigung bekommen.
Die kanadischen Behörden trifft zumindest eine Mitschuld. Doch die Bush-Administration hatte sich stets geweigert, über die Rolle der USA bei der Verschleppung Arars Auskunft zu geben. Seine Klage vor einem US-Bundesgericht blockiert sie unter Verweis auf die nationale Sicherheit. US-Justizminister Alberto Gonzales betont, seiner Kenntnis nach sei der Mann nie gefoltert worden.
Doch viele CIA-Agenten fürchten mittlerweile, dass sie für ihre Rolle bei Verschleppungen, Entführungen und vor allem beim hochgeheimen CIA-Verhörprogramm für Terrorverdächtige womöglich irgendwann zur Verantwortung gezogen werden. So wurde in Italien wegen der Entführung eines Mailänder Imams und dessen Verschleppung in ein ägyptisches Foltergefängnis Haftbefehl gegen 13 CIA-Agenten erlassen. In Deutschland ermittelt die Münchener Staatsanwaltschaft wegen der Verschleppung des Deutsch-Libanesen Khaled el Masri nach Afghanistan.
Schon vor Jahren prophezeite Cofer Black, der hemdsärmelige ehemalige Anti-Terror-Chef der CIA: "Eines Tages werden wir für das, was wir hier tun, alle angeklagt." Ein fauler Kompromiss Mit einem kühnen Streich will US-Präsident Bush jetzt das juristische Problem vom Tisch fegen - und gleich auch noch das desaströse Ansehen der USA in der Welt reparieren. Er ließ 13 Gefangene aus den geheimen CIA-Lagern nach Guantanamo überstellen, darunter die Planer des 11. September. Sie würden vor Gericht gestellt, kündigte er an. Zugleich drängt er den Kongress, noch vor den Wahlen im November ein Gesetz über den Umgang mit Gefangenen zu verabschieden.
Das Gesetz, das nun verabschiedet wurde, ist noch weniger als ein fauler Kompromiss: Die geheimen Programme der CIA sollen weiterlaufen, die Verhörmethoden Staatsgeheimnis bleiben. Sie sollen im Einklang mit der Genfer Konvention stehen, heißt es lediglich. Außerdem soll den immer noch 450 Gefangenen auf Guantanamo das Recht verwehrt werden, ein Gericht eigener Sache anzurufen. Damit könnten sie für immer festgehalten werden.
Und nach dem Gesetzesentwurf kann nun auch jeder zum "feindlichen Kämpfer" erklärt und verhaftet werden, der "gezielt und materiell Feindseligkeiten gegen die USA unterstützt". "Damit wird eine 'carte blanche' ausgestellt", kritisiert Kenneth Roth, Chef der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. "Die USA foltern nicht", versichert der Präsident. Das sehen selbst republikanische US-Senatoren offenbar anders. Sie konnten wenigstens durchsetzen, dass Methoden wie das Fast-Ertränken durch das so genannte "Water-Boarding" verboten werden sollen.
Die Kritik an den USA wächst Die USA stehen am Pranger für Verhörmethoden, geheime Lager, Folter und Verschleppungen. Doch auch in anderen Ländern wächst die Kritik, wird nach möglicher Mitwisserschaft gefragt. In Deutschland beschäftigt sich jetzt ein Untersuchungsausschuss des Bundestages mit der Frage, was die deutschen Behörden wirklich von der Verschleppung des Neu-Ulmers el Masri in das berüchtigte "Salzgrube"-Gefängnis in Afghanistan wussten.
Und die Abgeordneten wollen auch wissen, wer die Verantwortung dafür trug, dass der in Deutschland aufgewachsene Türke Murat Kurnaz jahrelang auf Guantanamo gefangen gehalten wurde - obwohl er selbst den Amerikanern als unschuldig galt und sie ihn bereits im Herbst 2002 gerne nach Hause geschickt hätten. Doch die damalige rot-grüne Bundesregierung lehnte ab. Kurnaz musste vier weitere Jahre in Guantanamo bleiben. Erst vor wenigen Wochen kam er frei.
Maher Arars Klage vor einem Bundesgericht in New York wurde übrigens abgewiesen, wie es heute im STERN 43/2006 Seite 106 zu lesen ist. All die Qualen wegen einer Namensverwechslung? Wie nennst man sowas? Ich nenne es Willkür, und da diese Willkür von der Regierung ausgeht, ist es Staatswillkür - etwas was mit einem Rechtsstaat und einer Demokratie unvereinbar ist. Ich hoffe, irgendwann werden die daran Schuldigen vor Gericht sich verantworten müssen!
Zitat Ex-Präsident "weiß es mit Gewissheit" Carter wirft Bush-Regierung Folter vor
Washington (RPO). Der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter hat der gegenwärtigen Regierung in Washington Menschenrechtsverletzungen und Folter vorgeworfen.
Auf die Frage, ob unter Präsident George W. Bush der Einsatz von Folter bei Verhören gebilligt wurde, sagte Carter in einem CNN-Interview: "Ich glaube das nicht nur, ich weiß es mit Gewissheit." Der Friedensnobelpreisträger widersprach Bush, der in der Vorwoche den Einsatz von Folter gegen Terrorverdächtige in US-Obhut bestritten hatte. "Das ist keine zutreffende Äußerung", sagte Carter. Auf die Frage, ob Bush also gelogen habe, entgegnete Carter: "Der Präsident hat selbst definiert, was wir tun, und die Folterung von Gefangenen autorisiert, ja."
Das Weiße Haus wies die Kritik des früheren Präsidenten umgehend zurück. "Die Vereinigten Staaten foltern nicht", sagte Bushs Sprecherin Dana Perino. "Unsere Verhörmethoden sind hart, sicher, notwendig und legal." In der vergangenen Woche hatte die "New York Times" ein vetrauliches Dokument des Justizministeriums aus dem Jahr 2005 veröffentlicht, in dem unter anderem simuliertes Ertränken, Schläge auf den Kopf und eisige Temperaturen gebilligt werden.
Ein Ex-US-Präsident als Zeuge. Hierzu muss man wissen, dass es höchst selten ist, dass sich ein US-Präsident so deutlich über einen seiner Nachfolger äußert. Carter muss der Kragen geplatzt sein, ob der dreisten Lügen aus dem Weißen Haus.
Nicht nur die Bushisten ließen im Irak foltern. Offenbar waren auch die Briten immer wieder beteiligt.
ZitatFoltervorwürfe gegen britische Soldaten im Irak Anwalt Phil Shiner, der neun Iraker vertritt, stützt Vorwürfe auf Augenzeugenberichte, Sterbeurkunden und Videoaufnahmen London - Anwälte haben gegen die britischen Truppen im Irak schwerwiegende Vorwürfe von Folter und Menschenrechtsverletzungen erhoben. Sollten sich entsprechende Behauptungen als wahr herausstellen, wäre das der schlimmste Fall von Fehlverhalten der britischen Armee innerhalb der vergangenen 100 Jahre, sagte der Anwalt Phil Shiner am Freitag. Shiner vertritt in dem Fall neun irakische Zivilisten.
Die Vorwürfe stehen im Zusammenhang mit Kämpfen zwischen britischen Truppen und Aufständischen in der südirakischen Stadt Madschar-al-Kabir im Mai 2004. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums kamen bei den gewaltsamen Auseinandersetzungen etwa 28 Iraker ums Leben, neun weitere wurden in Gewahrsam genommen. Den Anwälten zufolge wurden dagegen im Gewahrsam der britischen Truppen 22 Menschen getötet.
Neun weitere hätten Folter und Missbrauch überlebt. Die Anwälte stützen ihre Vorwürfe auf Augenzeugenberichte, Sterbeurkunden und Videoaufnahmen der Familien der Opfer. Einem Bericht der Zeitung "Guardian" zufolge wird den Soldaten unter anderem vorgeworfen, Leichen die Augen ausgedrückt, Gefangene erstickt und sie an den Genitalien geschlagen zu haben. Shiner bestätigte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters entsprechende Vorwürfe.
Das Verteidigungsministerium in London sagte, der Vorfall werde seit Dezember erneut untersucht. Eine erste Untersuchung der britischen Militärpolizei hatte nach Angaben der Behörden 2004 keine Hinweise auf widerrechtliche Tötungen, Folter oder Leichenschändung ergeben. Im April wird sich der Oberste Gerichtshof des Landes vermutlich mit einem Antrag auf eine unabhängige Untersuchung befassen.
Gegen die britischen Truppen im Irak wurden mehrfach Vorwürfe von Missbrauch und Folter von Gefangenen erhoben. Bislang kam es jedoch nur zu einer Verurteilung. (Reuters)
Das Foltern geht auf Befehle von oberster Stelle zurück. Bis heute wurde kein einziger Offizier wegen der Folterverbrechen in Abu Graibh verurteilt. Die USA auf dem Weg zur Bananenrepublik.
ZitatWashington (AFP) - Die US-Regierung hat ihre Vetopläne gegen ein vom Parlament verabschiedetes Folterverbot für US-Geheimdienste bekräftigt. Präsident George W. Bush werde sein Veto einlegen, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Dana Perino. Die USA müssten die Möglichkeit haben, "effektiv zu verhören", um Anhänger des Terrornetzwerks El Kaida aufzuspüren. Der Senat hatte mit der demokratischen Mehrheit einen Gesetzentwurf verabschiedet, der die Geheimdienste zum Verzicht auf umstrittene Verhörmethoden wie das sogenannte Waterboarding verpflichtet. Menschenrechtler kritisieren die Methode, bei der die Betroffenen zu ertrinken glauben, als Folter.
Für die Initiative hatten am Mittwoch 51 Senatoren gestimmt, 45 votierten dagegen. Der Senatsbeschluss verfehlte allerdings die Zwei-Drittel-Mehrheit, die erforderlich ist, um ein Veto des Präsidenten abzuwenden. Das Weiße Haus hatte Bushs Veto bereits im Dezember angekündigt, nachdem das Repräsentantenhaus dem Gesetzentwurf zugestimmt hatte. Dieser sieht vor, dass auch für den Auslandsgeheimdienst CIA die vom Militär entwickelten Regeln für Verhöre gelten sollen.
Die Bush-Regierung hatte nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ein geheimes Inhaftierungs- und Verhörprogramm entwickelt, das den Geheimdiensten anders als dem Militär den Gebrauch von härteren Methoden bei Verhören von Terrorverdächtigen erlaubt. Die CIA sieht sich dem Verdacht ausgesetzt, Videoaufnahmen von Verhören mit möglichen Beweisen für Misshandlungen oder gar Folter von Terrorverdächtigen in US-Gewahrsam vernichtet zu haben.
Die Sprecherin des Weißen Hauses Perino sagte, dass das "Waterboarding" derzeit nicht angewandt werde. Sie schloss aber nicht aus, dass die Geheimdienste zukünftig von dieser Methode wieder Gebrauch machen könnten.
ZitatDie USA haben dem UN-Sondergesandten für Folter, Manfred Nowak, den Zugang zu Gefängnissen im Irak verweigert. Nowak kritisierte außerdem die Verhörmethoden der CIA.
Der UN-Sonderbeauftragte Manfred Nowak forderte die USA auf, ihm Zugang zu den US-Gefängnissen im Irak zu gewähren. Er plant nach eigenen Angaben in diesem Jahr eine Irak-Reise, um die Einhaltung des internationalen Verbots von Folter und Misshandlungen zu überprüfen. Von Großbritannien und der irakischen Regierung habe er bereits Zusagen, deren Gefängnisse kontrollieren zu dürfen. Lediglich die USA weigerten sich.
Nowak äußerte Unverständnis für die Entscheidung der US-Regierung. Die Begründung sei juristisch nicht stichhaltig.
Konsequenzen aus Abu-Ghraib Skandal
"Wenn die Amerikaner nichts zu verbergen haben, können sie mich auch reinlassen", sagte Nowak am Rande der Sitzung des UN-Menschenrechtsrats in Genf. Die Absage habe ihn überrascht. "Der Besuch ist im Interesse der USA", so Nowak. Er habe glaubwürdige Berichte erhalten, dass sich die Lage in den US-Gefängnissen im Irak deutlich verbessert habe. Dies sei eine Folge der Kritik nach dem Abu-Ghraib-Skandal.
Fotos aus dem US-Gefängnis in Abu-Ghraib, auf denen Soldaten irakische Gefangene misshandeln, hatten vor vier Jahren weltweit Empörung ausgelöst.
Kritik auch an "Waterboarding"
Nowak kritisierte auch das Veto von US-Präsident Bush gegen das Folterverbot. Damit bleibt die umstritten Verhörmethode des "Waterboardings" für die CIA weiterhin nicht verboten.
Beim "Waterboarding" hat der Gefangene das Gefühl zu ertrinken. Bush hatte ein Gesetz, dass die CIA auf 19 vom Militär genehmigte Verhörmethoden verpflichten sollte, mit seinem Veto gekippt. Die Demokraten verfehlten im Repräsentantenhaus knapp eine Zwei-Drittel-Mehrheit, die Bushs Veto hätte außer Kraft setzen können.
Nowak verlangte, das Folterverbot müsse für alle gelten. Der UN-Sonderbeauftragte besucht im Auftrag des UN-Menschenrechtsrats Gefängnisse in ausgewählten Ländern und gibt Empfehlungen ab, um das Folterverbot durchzusetzen. (jb)