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Schreiberling Offline




Beiträge: 2.222

11.05.2005 13:03
#16 RE: Die Wahl in den USA Antworten

Hier ein interessantes Interview mir Greg Palast

Zitat
Die Kunst des Betrügens in Perfektion


Ein Interview mit Greg Palast
von Felicity Eliot

Der Amerikaner Greg Palast hat das Buch The Best Democracy Money Can Buy geschrieben (eine Rezension befindet sich in der englischen Juli/August-Ausgabe 2002 von Share International). Michael Moore hat dessen Reportagen für das BBC-Fernsehen als "mutig" bezeichnet, und Noam Chomsky meinte, Palast "bringt die richtigen Leute aus der Fassung".
In Großbritannien gilt Palast als "der bedeutendste investigative Journalist unserer Zeit", so das britische Magazin Tribune. In den USA allerdings dürfen seine preisgekrönten Berichte nicht über den Äther gehen, und seine Artikel für die britische Zeitung The Guardian dürfen nicht ins Land.
In den USA ist Palast bestens bekannt aufgrund seiner Berichte über den Stimmendiebstahl bei den Wahlen in Florida und die Verbindungen zwischen den Familien Bush und Bin Laden, die für Michael Moores jüngsten Film "Fahrenheit 9/11" die Grundlage lieferten.

Share International: Es regt sich vielfach der Verdacht, daß bei den US-Präsidentschaftswahlen im November 2004 im großen Stil betrogen wurde, mehr noch als im Jahr 2000. Wie es scheint, haben sich die Republikaner in der Kunst des Betrügens perfektioniert. Sehen Sie das auch so?

Greg Palast: Die Republikanische Partei ist mit den gestohlenen Wahlen im Jahr 2000 durchgekommen – daran haben wir keinerlei Zweifel und dafür haben wir stichhaltige Beweise, wie Sie aus meinem Buch The Best Democracy Money Can Buy ersehen können. Auch diesmal hat sie sich wieder einer ganzen Palette von neuen und alten Tricks bedient.

SI: Könnten Sie uns eine Vorstellung davon vermitteln, welcher Art diese Tricks waren?

GP: Der alte Trick bestand darin, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen kontinuierlich Wahlberechtigte aus den Wählerverzeichnissen zu streichen, indem man sie zu Straftätern machte, die sie nicht waren. Sie weiteten dieses Konzept vermeintlich "illegaler Wähler" aus und starteten erstmals wieder seit einem halben Jahrhundert einen breiten Angriff auf das Wahlrecht der schwarzen Amerikaner. Sie fochten erst die Registrierung Hunderttausender schwarzer Menschen an und dann konkret deren Recht zu wählen.

SI: Das ist ja kaum zu glauben.

GP: Das ist unglaublich. Schon die geringste Formsache genügte, und die Republikaner fochten die Stimmberechtigung an – etwa wenn die Unterschrift etwas anders ausfiel, oder wenn jemand seinem Namen eine Initiale hinzufügte oder nur in die nächste Umgebung umgezogen war oder eine spezielle Kennkarte nicht dabei hatte und so weiter.
In Florida habe ich mich an offizielle Wahlbeauftragte gewandt und konnte so eine Liste in die Hand bekommen, auf der Tausende von schwarzen Wählern standen, deren Wahlrecht die Republikanische Partei angefochten hatte. Und zwölf Wahlaufseher haben mir berichtet, in ihrer ganzen Laufbahn sei es noch nicht vorgekommen, daß jemandem das Stimmrecht verwehrt worden ist.

SI: Man hatte es also besonders auf die schwarzen Wähler abgesehen?

GP: Das war zu Zeiten der Rassentrennung so. Es gab damals zwar keine Gesetze, die den Schwarzen das Wählen verboten, dafür aber eine Reihe von Regelungen und Vorschriften, mit denen die Schwarzen davon abgehalten wurden. Die Republikanische Partei hat sich bei diesen Wahlen wieder dieses alten Tricks bedient, unbedeutende Regelungen wieder aufzugreifen und völlig unerwartet gegen die schwarzen Wähler anzuwenden.

SI: Wie steht es mit den anderen Ethnien, den Hispanoamerikanern etwa?

GP: Ich habe gerade Informationen über massive Stimmenanfechtungen in New Mexico bekommen, wo viele Hispanoamerikaner leben, ich habe aber auch Informationen über die Indianer. Sie wählen größtenteils alle die Demokraten, fast so wie die Schwarzen. In New Mexico gab es jetzt aber auch einen nagelneuen Trick: den vorläufigen Wahlschein.

SI: Was ist das, ein vorläufiger Wahlschein?

GP: Eine Art Schein-Wahlschein, der möglicherweise nicht gezählt wird. Man bekommt ihn vorläufig ausgehändigt, etwa nach dem Motto "Wir wissen noch nicht, ob wir ihre Stimme zählen", und dann, nach den Wahlen, nimmt man ihn sich vor und streitet darüber, ob man ihn wertet. Ob eine Stimme gezählt wird, liegt in der Hand des betreffenden Bundesstaatsbeamten. Im Falle Ohio läßt der gegenwärtige Innenminister Blackwell, der mit dem gesamten Ablauf der Stimmenauszählung beauftragt ist, Katherine Harris, die Innenministerin von Florida im Jahr 2000, wie Thomas Jefferson ausschauen.

SI: Ich muß schon sagen: Für jemanden von außen ist es unbegreiflich, daß jemand, der so offensichtlich parteiisch ist, mit der Stimmenauszählung beauftragt ist.

GP: Na ja, das ist auch vielen Amerikanern unbegreiflich. Da gibt es Leute, die absolut parteiisch sind. Was Harris und Blackwell angeht: Sie gehören offiziell dem Bush-Wahlkampfteam an. Es sieht also so aus, daß hier Politiker und offizielle Mitglieder eines Wahlkampfteams mit der Stimmenauszählung beauftragt sind. Bis vor kurzem haben diese offiziell Beauftragten noch versucht, sich zurückzuhalten, aber das ist mittlerweile nicht mehr der Fall.

SI: Selbst entfernten Beobachtern erscheint es offensichtlich, daß es jetzt härter zugeht und die Wahlen immer eklatanter, ja unverhohlen manipuliert werden.

GP: Richtig, und das geht so weit, daß Blackwell, der Innenminister von Ohio, wo Kerry verloren hat, auf die Frage, ob er Katherine Harris Vorgehensweise in Florida im Jahr 2000 imitieren wolle, sagte, er habe "Harris zuletzt im Kongreß gesehen und nicht in einer Schlange vor der Suppenküche". Mit anderen Worten: Mach' deine Sache gut, liefer' George Bush den [Bundes-] Staat und du wirst belohnt.
In Ohio wurden üble, rassistische Methoden angewandt. Blackwell ließ Registrierungsformulare ausgeben, und als Schwarze diese ausgefüllt vorlegten, wurde ihnen gesagt, die Formulare seien ungültig, weil sie auf dem falschen Papier gedruckt seien! Wenn man schwarz ist, ist es dreimal wahrscheinlicher, daß die Registrierung nachträglich abgelehnt wird.
In Ohio gibt es gerade massive Stimmenanfechtungen: Fast 200 000 Stimmen sind in den vorläufigen Wahlscheinen eingefroren. Außerdem – und auch das mag die Europäer bestürzen – werden im ganzen Land rund zwei Millionen Stimmen überhaupt nicht gezählt. Sie fliegen raus.

SI: Wie das?

GP: Aus technischen Gründen. Unsere technische Ausrüstung ist gewöhnlich ziemlich schlecht: Die Leute wählen, und ihre Stimmen werden nicht registriert, oder auf dem Wahlzettel befinden sich Zusatzmarkierungen und dergleichen mehr.
Uns ist bekannt, daß mehr als die Hälfte dieser etwa zwei Millionen Stimmen von schwarzen Wählern stammen. In Ohio wurden dieses Mal 93 000 Stimmen nicht gezählt. Und nachdem wir das nachgeprüft haben, können wir sagen, daß diese Stimmen mit überwältigender Mehrheit von schwarzen und/oder armen Wählern stammten, die alle mit überwältigender Mehrheit die Demokraten gewählt haben. Wenn man also zu den vorläufigen Wahlscheinen diese als ungültig erklärten Stimmzettel hinzuaddiert – und wir kennen die Wählergruppen dieser Kategorien –, dann hat George Bush in Ohio eigentlich verloren.

SI: Und wie steht es mit New Mexico?

GP: In New Mexico war es dasselbe. Die Nichtauszählung von Stimmen hat zweierlei zur Folge: Wir wissen, daß Kerry in New Mexico gewonnen hätte, wenn alle Stimmen gezählt worden wären, ebenso wie in Ohio. Und wenn man dann noch die Leute hinzurechnet, die gleich am Anfang von der Stimmabgabe ausgeschlossen wurden, weil sie fälschlicherweise aus den Wählerverzeichnissen gestrichen wurden, dann wären, weiß Gott, noch einige weitere Bundesstaaten an Kerry gegangen – vielleicht Florida und noch ein paar andere.
Die Republikaner haben sich also in der Kunst der Unterdrückung der schwarzen Wählerstimme perfektioniert. Sie haben es auf die schwarzen Wähler abgesehen, weil diese wehrlos sind. Da die Schwarzen vorwiegend in bestimmten Vierteln wohnen, kann man ihnen schlechte Wahlmaschinen verpassen oder sogar für einen "Wahlstau" sorgen. Ich weiß von einigen Orten, wo die Warteschlangen so lang waren, daß die Leute mehr als sieben Stunden anstehen mußten, bis sie wählen konnten. Die New York Times hat über diese langen Schlangen berichtet, hat aber nicht geschrieben, daß sich diese meist in den schwarzen Kommunen befanden.

SI: Das wollte ich Sie fragen: Wie verhalten sich die Medien generell?

GP: Unsere Presse stellt sich nicht der Tatsache, daß in Amerika ein Apartheidswahlsystem aufrechterhalten wird, und sie wird immer schlechter, nicht besser. Gerade habe ich mit einem Wahlexperten gesprochen: Die Ergebnisse der Wählerbefragungen nach Verlassen des Wahllokals haben ergeben, daß Kerry in Ohio, New Mexico, Florida und noch einigen anderen Bundesstaaten gewonnen hat. Mit der Wählerbefragung stellen die Wahlbeobachter fest, ob das offizielle Wahlergebnis manipuliert wurde. Es gibt also Abweichungen zwischen dem, was die Leute sagten, gewählt zu haben, und den von den Maschinen registrierten Abstimmungen. Das ist ein Riesenproblem. Vieles davon ist darauf zurückzuführen, daß sehr viele Stimmen nicht gezählt werden. Sie geben also ihre Stimme ab, haben aber keine Möglichkeit, zu erfahren, ob diese auch gezählt wurde.
Das andere Problem ist, daß wir zur Wahl mit dem Computer übergegangen sind, was sehr absonderliche Ergebnisse zur Folge hatte, vor allem in kleinen ländlichen Verwaltungsbezirken. Anscheinend ist es einfacher, am Computer herumzuspielen, ohne daß es jemand merkt oder die Macht hat, das anzufechten. Da gibt es dann zum Beispiel einen Ort, der vorwiegend demokratisch gesonnen ist und das letzte Mal auch die Demokraten gewählt hat, und auf einmal liefern die Wahlmaschinen dort enorme Endergebnisse für George Bush, die sich aber nicht überprüfen lassen. Und das geschah in Florida im großen Ausmaß.

SI: Könnten Sie das Phänomen Florida erklären? Für Außenstehende erscheint es unglaublich, daß Bush dort nach dem Debakel im Jahr 2000 wieder gewonnen hat.

GP: Dazu muß man wissen, daß Florida zum alten Süden, dem alten Süden der Plantagen, gehört. Sobald man Miami oder Palm Beach verläßt, gelangt man in eine andere Welt.
Zunächst einmal besteht das Problem darin, daß der Bruder des Präsidenten für die Stimmenauszählung in diesem wichtigen Bundesstaat verantwortlich ist. Dann gibt es dort die Löschung Zehntausender sogenannter "illegaler Wähler", die übrigens nach der Wahl wieder ins Wählerverzeichnis gesetzt werden. Es gibt also gleich mehrere zehntausend, vielleicht sogar 100 000 Wähler, die nicht registriert werden. Dieses Mal war es noch schlimmer. Hinzu kommen noch die wirklich verlorengegangenen Stimmen – also nicht durch Betrug oder manipulierte Ergebnisse – aufgrund von schlechter technischer Ausstattung.
Und es gibt noch einen Faktor: die Kultur.

SI: Was meinen Sie damit?

GP: Es gibt da die Gefühlshaltung: "In der Liebe, im Krieg und bei Wahlen ist alles erlaubt". Wenn sich eine Stimme klauen läßt – dann nur zu! Bislang waren die Demokraten dabei noch besser: Sie haben in den Großstädten Tote wählen lassen und so weiter. Aber jetzt haben die Republikaner mehr Geld und haben sich neue, ausgefeiltere Methoden einfallen lassen, um mit all den Mitteln, über die wir eben gesprochen haben, Stimmen zu blockieren. Und der Einzug des Computers hat enorm zum Wahlbetrug beigetragen.

SI: Die Republikaner scheinen voll des Mutes zu sein. Glauben Sie, daß Kerry zu früh aufgesteckt hat?

GP: Nun, er hat sich seine politischen Chancen ausgerechnet. Und er wußte, daß alles beim Obersten Gerichtshof landen wird, der, wie jeder weiß, eine manipulierte, eine politische Institution ist. Man muß kein Genie sein, um sich ausrechnen zu können, daß, auch wenn Kerry die Stimmen für sich gewonnen haben sollte, keine Chance bestand, daß diese noch gezählt werden. Schließlich haben wir hier eine Regierung, die etwa im Irak Marionettendiktatoren aufstellt und das dann Demokratie nennt.

SI: ... und die nur in einigen Gebieten "Wahlen" abhält.

GP: Ja, genau. Das klingt zwar absurd, ist aber wirklich gefährlich, denn dadurch ist nicht nur die Demokratie in Amerika beschädigt, das Ganze hat auch weltweite Auswirkungen.

SI: Würden Sie dem zustimmen, daß Amerikas Versagen in der Demokratie seinem Ansehen in der Welt Schaden zugefügt hat?

GP: Die Bush-Administration hat das Wohlwollen, das die Welt Amerika unter Clinton entgegenbrachte, und die Sympathie für uns nach dem 11. September vertan. Das ganze Wohlwollen, das Clinton aufgebaut hat, hat George Bush zerstört und weggeworfen.

top


Quelle: http://www.shareinternational-de.org/hef...0410_palast.htm

Das wirklich Schlimme ist nicht der Wahlbetrug an sich, sondern das sich in den uSA keine Opposition findet, die diesen Betrug konsequent auf die Tagesordnung bringt. Damit wird die Demokratie in ihren Grundfesten erschüttert, wenn nicht gar zerstört.

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