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Dieses Thema hat 15 Antworten
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Felios Offline



Beiträge: 416

03.11.2004 04:25
RE: Die Wahl in den USA Antworten

196: 113 Aktueller Stand für Bush

Schreiberling Offline




Beiträge: 2.222

03.11.2004 14:48
#2 RE: Die Wahl in den USA Antworten

@Felios
als wenn die Bush-Junta wie Michael Moore sie beschreibt, sich die Macht freiwillig aus den Händen reißen lassen würde. Dieser Wahlkampf war ganz und gar nicht fair. Immer wieder schürten die Bushisten die Angst in der Bevölkerung. Und dem Terror könne nur einer hart genug begegnen. George W. Bush ... Mir wird übel, wenn ich die markigen und simplen Sprüche von dem Mann höre, der mehr als hunderttausend Menschenleben auf dem Gewissen hat, und uns, die gesamte Weltöffentlichkeit mehr als einmal belog. Das so jemand überhaupt kandidieren darf, verwundert mich immer wieder.

Ein zweites Mal kann die Demokratie nicht verhindern, dass sich gewissenlose Kräfte die Macht sichern. Oder vielleicht doch? Meine Hoffnungen, dass Kerry die Wahl gewinnen kann, sind eher sehr gering.

saratoga Offline



Beiträge: 109

03.11.2004 17:38
#3 RE: Die Wahl in den USA Antworten

Eigentlich hat mich diese Wahl nicht herausragend interessiert, zum einen, da die Grundzüge der amerikanischen Außenpolitik sowieso verbleiben und zum anderen, da ich sowieso überzeugt war, dass Bush im Amt gehalten wird (je nach Lage durch Außerkraftsetzung der Wahlmechanismen, Terroranschlag oder Wahlmaschinen). Im Vorfeld der Wahl erschien bis auf das obligatorische BinLaden-Video nichts Außergewöhnliches - also war sich Bush seiner Sache sehr sicher. Dann hat's mich aber doch gepackt und ich habe mal im DemocraticUnderground-Forum etwas nachgelesen.

Was dort berichtet wird, ist mehr als haarsträubend. Ein sehr aktiver Teilnehmer, der wohl die ganze Zeit über die Resultate checkte, stellte fest, dass in den Bundesstaaten, wo Wahlmaschinen eingesetzt wurden, die Resultate für Bush nahezu 5% besser waren, als bei den "exit polls", die seit über 30 Jahren die Zuverlässigkeit schlechthin waren, wie ein anderer Teilnehmer bemerkte. Ganz im Gegensatz zu den Bundesstaaten, wo Wahlzettel zur Anwendung kamen, wo das Wahlergebnis mit den "exit polls" nahezu übereinstimmte. Ganz kurios dabei ist, dass CNN das Ergebnis des "exit poll" im diesjährigen Schlüsselstaat Ohio nachträglich änderte und an das Wahlergebnis anpasste, wobei ich feststellte, dass trotz einer höher angegebenen Zahl von Befragten die Stimmen für Kerry schwanden. Hier der Link dazu:
http://www.democraticunderground.com/dis...g_id=1191&page=
Der Verdacht liegt mehr als nahe, dass diese Anpassungen auch für andere Bundesstaaten erfolgten.

Doch es gibt noch weit mehr Merkwürdigkeiten, die wohl speziell demokratischen Hochburgen vorbehalten war:
- -zig tausend Wähler erhielten ihre Abwesenheitsstimmzettel erst unmittelbar vor der Wahl (z.B. Sonnabend, einige sogar erst am Wahltag). Ein solche von letzterem war datiert am 11.10. - für 80km Entfernung. Für die Demokratenhochburg Palm Beach in Florida (war da nicht was 2000) waren 5600 dieser verspäteten Abwesenheitsstimmzettel bestimmt, über 50.000 für Florida.
- Kaum zu glauben, doch viele Male berichtet - die seit langen Zeiten bestehenden Wahlbüros hatten gewechselt, die neuen waren kaum aufzufinden.
- Äußerst viele registrierte Wähler erschienen nicht in den Wahllisten. Diese wurden z.T. in ein anderes Wahlbüro geschickt bzw. ihnen sogar das Wahlrecht verweigert. Manchmal wurde ihnen gesagt, dass sie auch hier wählen können, ihre Stimmen jedoch provisorisch sind (das heißt, nochmalige Registrierung bis Freitag), anderen, dass ihre Stimmen nicht gezählt werden können. Besonders betraf dies Farbige (die große Mehrheit der Farbigen wählt demokratisch) und Erstwähler. Erstwähler waren oftmals einem ganz anderen Wahlbüro zugeordnet, obwohl sie an der gleichen Adresse wie ihre Eltern zuhause sind.
- mehrere berichteten, dass sie als tot geführt wurden.
- mancherorts wird von 4-5 Stunden Wartezeit berichtet, so dass viele die Stimmwaffe streckten.
- berichtet wird von Personen, die ohne Unterschrift oder ID-Check ihre Stimme abgaben
- wiederholt wird von Einschüchterungsversuchen in den Wahlbüros berichtet (Anwesenheit mehrerer Cops in Latino-Bezirken, Rep-Veteranen)

Auch von den Computervotes wird Merkwürdiges berichtet:
- so waren in einigen Bezirken vor Öffnung der Wahl schon Stimmen im Computer.
- bestätigte man seine Computerwahl mit der RETURN-Taste (wie eigentlich üblich) wechselte der gewählte Kandidat zum Präsidenten. Bemerkte man den Wechsel nicht und bestätigte daraufhin mit "cast ballot", war die Stimme für Bush. Nur ein nachfolgender Check der eigenen Wahl, zeigte daraufhin den Irrtum (wieviele haben dies überhaupt registriert?). Was dann zwingend folgen musste, war ein Anruf beim Headquarter - wieviele tätigten dies bei Registrierung des Umspringens? Dort wurde jedenfalls bestätigt, dass es viele solcher Situationen gab. Ein solches Verhalten des Wahlprogramms ist relativ leicht zu simulieren.
- in Texas wurde in den Checkboxen zunächst Kerry, eine Zeile folgen ein "(LIB)" aufgeführt. Es wurde berichtet, dass diese Aneinanderreihung nahezu zum zweimaligen Klicken einlädt, da das "(LIB)" auf den ersten Blick mit liberal assoziiert wird. Bei einer Checkbox ist jedoch nur eine Auswahl möglich - die letzte, die bei diesem Irrtum nicht Kerry ist.
- berichtet wird von einem ID-Check mit Adresse bei Demokraten-Vote, während Republikanerwähler freie Hand haben
- aus Florida wird von einem Computerfehler berichtet, in dessen Folge 13.000 Stimmen verloren gingen (wohl beim Einlesen der Stimmzettel). In dessen Folge mussten die Stimmzettel an einen anderen Ort transportiert werden, in dessen Folge einige Teilnehmer einen Austausch befürchten.

Dies war nur einiges, was am ersten Tag nach der Wahl berichtet wurde. Wenn es Euch interessiert, schaut Euch mal selbst in dem Forum um. Nach allem, was ich bisher erfahren habe, meine ich, dass der Sieger dieser Wahl schon feststand, bevor sie überhaupt begonnen hat. Ich hatte es allerdings auch nicht anders erwartet. Es liegt nun an den Amerikanern und insbesondere an den Demokraten, darauf entsprechend zu reagieren.

Schreiberling Offline




Beiträge: 2.222

03.11.2004 18:14
#4 RE: Die Wahl in den USA Antworten

Hallo Saratoga,
Gestern Abend kam bei ARTE einiges, wie Bush damals Gouverneur geworden ist. Schon damals kämpfte er mit unfairen Mitteln, verleumdete seine Gegnerin auf das Gröbste. Immer die gleiche Schiene.

Wo ich noch nicht dahintersteige: Warum sind die Demokraten wieder so wehrlos? Warum tritt Kerry nun schon wieder vor die Kameras und verkündet seine Niederlage?

Wie auch immer, 4 weitere Jahre Bush wird diese Welt weiter radikalisieren. Bush liebt die Gewalt, da er sich für unfehlbar und vor allem unschlagbar hält. Er wird nun einen Schritt schneller in den Untergang marschieren. Schlimm, dass dieses unschuldige Menschen mit dem Tod bezahlen müssen.

Wanderin Offline



Beiträge: 179

03.11.2004 20:57
#5 RE: Die Wahl in den USA Antworten

Hallo!
>Warum tritt Kerry nun schon wieder vor die Kameras und verkündet seine Niederlage?<
Vielleicht hat er keine Lust, die Suppe Irak auszulöffeln die Bush der USA eingebrockt hat.
Im Ernst: Ich verstehe nicht, wie ein Land, das die Demokratie weiterverbreiten will, sich so eine 'Wahl' erlauben kann.
Wie dem auch sei, entweder Kerry beschwert sich (und hat Erfolg) oder wir werden die nächsten vier Jahre viel zum diskutieren haben...
Eigentlich müsste man doch etwas gegen Bush unternehmen können, oder? Oder ist diese Hoffnung naiv?

Lieber Gruß,
Wanderin

saratoga Offline



Beiträge: 109

03.11.2004 22:32
#6 RE: Die Wahl in den USA Antworten

Hallo Schreiberling,

und genau wegen Deines letzten Satzes ist diese Wahl so fatal für die gesamte Welt und insbesondere für Menschen des Mittleren Ostens. Das schon seit Wochen vorbereitete Schlachtfest in Falludjah kann nun beginnen. Bei soviel Leichenschmaus werden auch große Teile Ramadis munden. Und im nächsten Jahr wird es auch mit dem Iran losgehen, wetten? Die Pläne sind schon lange ausgearbeitet.

Für Europa allgemein und Russland ist Bush nicht mal die schlechteste Wahl. Und wo Russland ist, ist auch China nicht weit. Sollen die Amis doch ihr Land selbst weiter ausbluten und verschulden - dies stärkt nur die Konkurrenzfähigkeit vom Rest der Welt.

Unter Bush können wir 4 bombige Jahre erwarten. Seine Flüsterer sehen sich in der 2.Szene des ersten Akts des 4.Weltkriegs (der Kalte Krieg war der 3.). Ich erwarte, dass in diesen 4 Jahren viele Dämme brechen. Bush braucht auf seine Wählerschaft keine Rücksicht mehr zu nehmen. Da bombt sich's gänzlich ungeniert. Wenn die Amis dann doch mal in 4 Jahren die Schnauze vom Kriegführen vollhaben sollten, und zum Rep->Dem-Kurswechsel drängen, kauft sich die Industrie bei den Demokraten ein und weiter geht's (gemäßigt) in gewechselter Farbe. Naja, wenn Florida-Bruder Jeb antritt, muss zum Schluß wohl doch etwas taktiert werden...

Warum Kerry sofort kuscht? Schon eigenartig, zumal die provisorischen Stimmen, die nach den neuerlichen Wahlturbulenzen wohl zumeist den Demokraten zugute kommen und erst nach erfolgter Neuregistrierung gezählt werden. Der in Deutschland lebende amerikanische Journalist Don Jordan hatte zweimal schriftlich Wahlzettel angefordert, jedoch keinen bekommen, schließlich den Tipp bekommen, aus dem Netz einen runterzuladen. Diesen ausgefüllt schickte er dann über den Teich mit der Forderung, dies zu quittieren. Bis heute keine Bestätigung. Auf die Frage, ob er die Wahl deswegen anfechten will, meinte er, wieso soll er so etwas tun, wenn noch nicht mal sein Kandidat um diese Wahl kämpft.

Diese ganze Wahl ist nur eine notwendige Showveranstaltung zur Beruhigung der Bevölkerung (ähnlich dem Colosseum im alten Rom). Wie beim Wrestling - der Sieger steht schon vorher fest. Zumindest bei dieser Wahl. Die Methoden von vor 4 Jahren wurden verfeinert. Wer weiß, welche Kräfte genau hinter den Kulissen wirken? Und Kerry weiß das, denn er ist ein Teil dessen.

Was mir aber wirklich zu denken gibt - nehmen wir an, Bush erhält 40% der Stimmen, 39% Kerry, 21% Nader. Ich nehme weiterhin an, dass die Leute, die Nader unterstützt haben, lieber Kerry als Bush als Präsidenten haben würden. Bei diesem Ergebnis wäre allerdings dann Bush wieder Präsident, trotz der Tatsache, dass ohne Nader 60% für Kerry wären, oder nicht? Man stelle sich hierzulande mal vor, die CDU stellt mit diesen 40% die Regierung gegen SPD und Grüne. Oder fällt ab einem bestimmten Prozentsatz der letzte Bewerber raus und es kommt zu einer Stichwahl? Oder muss der neue Präsident mindestens 50% der Stimmen besitzen? Irgendwie finde ich eine solche Wahl über dem Teich total beknackt (von den Wahlmännern und Unzulänglichkeiten ganz zu schweigen), denn so wird sich nie eine Alternative zu Republikanern/Demokraten etablieren können. Doch das ist wohl auch nicht gewünscht...

Felios Offline



Beiträge: 416

04.11.2004 05:46
#7 RE: Die Wahl in den USA Antworten

Mich erinnert die Bush-Junta und deren Gehabe an der Regierung verdächtig an Untaten einer deutschen Regierung vor über 70 Jahren.Der Weg zur Diktaktur ist nicht mehr fern und von der Weimarer Verfassung unterscheidet sich die amerikanische nur wenig.Der Präsident hat - nach Personenwahl legitimiert - eine ungeheure Macht, eine Parteien- und Mediendiktatur ,wie sie dort vorzufinden ist, verbunden mit extremer Religiösität, rechtsextremen Fanatismus , der ständig latenten Bedrohung durch Terror von außen, die der Bevölkerung vorgeschunkelt wird, das alles bildet ein explosives Gemisch. God bless America.

Gruß,Felix

Nathschlaeger ( gelöscht )
Beiträge:

04.11.2004 07:26
#8 RE: Die Wahl in den USA Antworten

Mein Gefühl sagt mir, dass die Regierung Bush in der folgenden Amtsperiode leiser treten wird. Die erste Amtsperiode dient doch meistens, um Geschichte zu machen (Im guten wie im schlechten), die zweite Amtsperiode nutzen die Präsidenten, wenn sie eine erleben, um in die Geschichte einzugehen. Vieles, was in der ersten Amtsperiode Anlass zur Sorge gegeben hat, wird in der zweiten Amtszeit womöglich aufgedröselt oder still bereinigt. Bush wird, so nehme ich an, eine Annähreung an Europa suchen, nicht zuletzt, weil die Stabilität der Wirtschaft in den USA auch inzwischen vom "Old Europe" abhängig ist. Bush mag das vielleicht nicht wissen, seine Wirtschaftsberater wissen das sicherlich. Bush wird sich hüten, einen neuen Kriegsherd dazuzunehmen, da er sicher die zweite Amtsperiode nutzen wird, um die Scherben aus den ersten 4 Jahren aufzukehren. Kein Präsident kann es sich leisten, seinem Nachfolger nach acht Jahren einen Trümmerhaufen zu hinterlassen.

So gesehen kann Kerry froh sein, dass Bush die Wahl, wie auch immer, gewonnen hat und nun selbst dafür zu sorgen hat, Stabilität dort hineinzubringen, wo er vorher Ungewissheit und Chaos gesät hat.

lg/Peter

Schreiberling Offline




Beiträge: 2.222

04.11.2004 10:05
#9 RE: Die Wahl in den USA Antworten

Hallo Peter,
auch wenn ich nicht daran glaube, aber ich wünsche mir, dass Du mit Deinem Gefühl richtig liegst.

Die Berliner Zeitung veröffentlichte heute einen Kommentar zu der Wahl, der meine Gefühle im letzten Abschnitt gut begründet:

Zitat
Die fundamentalistische Mehrheit

Holger Schmale

Ein paar Stunden hatte US-Präsident George W. Bush seinem Herausforderer Zeit gegeben, über das Eingeständnis der Niederlage nachzudenken. Das war klug und auch ein wenig nobel. Und Kerry war klug genug, die Zeit zu nutzen. Entscheidend für seinen Rückzug trotz des Streits um die Stimmen in Ohio dürfte gewesen sein, dass es mit Bush einem Präsidenten erstmals seit Jahrzehnten gelungen ist, eine klare Mehrheit der absolut abgegebenen Stimmen zu erringen. Das Ergebnis für Bush lautet hier 51 zu 48 Prozent - er hat 3,5 Millionen mehr Stimmen als Kerry bekommen. Das gibt dem Republikaner eine demokratische Legitimation, die er bei der Wahl vor vier Jahren nicht hatte. Und das verleiht seinem Sieg sogar ein wenig Glanz - gerade so viel, dass er sich eine noble Geste leisten mochte.

So weit ist also alles klar, und doch ist nichts beantwortet. Denn dem europäischen Beobachter stellt sich die eine, ebenso entscheidende wie beunruhigende Frage: Dieser Mann hat sein Volk belogen und das Ansehen seines Landes in der Welt schwer beschädigt. Er führt einen desaströs verlaufenden Krieg im Irak. Er verantwortet eine Wirtschaftspolitik, die hunderttausende Arbeitsplätze kostete - und er wird dennoch wieder gewählt. Wie ist das möglich?

Schon in der Fragestellung liegt die Antwort. Ganz offensichtlich interessiert sich eine Mehrheit der wählenden Amerikaner gar nicht so sehr für die genannten Themen oder für andere konkrete politische Fragen wie Krankenversicherung, Steuergesetze, Rentenreform. Themen, mit denen John Kerry und die Demokraten um die Stimmen der kleinen Leute warben. Jene Angestellten, Industriearbeiter und Farmer, die Amerika immer noch mehr ausmachen als die Großstädter, die Computer- und Finanzexperten, Intellektuellen und Künstler, die das Leben an den Küsten und oft auch das Bild des Landes nach außen prägen. Das Bild, das wir kennen.

Würden diese kleinen Leute nach ihrer konkreten Interessenlage wählen, hätten sie für Kerry stimmen müssen. Doch der Blick auf die Wählerlandkarte der USA zeigt deutlich, wonach ihnen, die im Herzen der Vereinigten Staaten leben, der Sinn stand: nach klarer Führung und nach eindeutigen, amerikanischen Werten, denn sie sind christlich orientiert, patriotisch und konservativ. Sie sind das Klientel, auf das George W. Bush all seine Anstrengungen im Wahlkampf gesetzt hat. Sie sind es, die er in seinen Reden über das Gute und das Böse in der Welt, über die Mission Amerikas, über seinen von Gott befohlenen Auftrag anspricht und begeistert. Sie stellen in diesem Land, fast 400 Jahre nach Ankunft der ersten christlichen Siedler, immer noch - oder besser wohl: wieder - eine Mehrheit mit einer grundsätzlich puritanischen Gesinnung. Deshalb hatten Referenden für Eheschließungen von Homosexuellen oder die Legalisierung von Marihuana keine Chance. Auch diese Ergebnisse zeugen von dem konservativen Mainstream, der die USA nach der Clinton-Ära erfasst hat.

Das Problem der Demokraten ist, dass sie dieser Entwicklung nichts entgegenzusetzen haben. Sie stehen für die kleinere Hälfte der Amerikaner, jene liberalen, in unserem Sinne aufgeklärten und an Europa orientierten Schichten, die an der zunehmend fundamentalistischen Mehrheit in ihrem eigenen Land zu verzweifeln beginnen. Ihr Kandidat John Kerry war geradezu der Prototyp der im anderen Lager so verhassten liberalen Ostküstenschickeria, der man den direkten Weg von den Vietnamprotesten in die Villen und Lofts von Boston und New York vorwirft. George W. Bush aber ist der Mann, der jene einst schweigende Mehrheit mobilisiert und ihr eine mächtige Stimme gegeben hat.

Der wieder gewählte Bush kündigt an, er wolle nun das so bitter polarisierte Land zusammenführen. Genau das hat er vor vier Jahren auch versprochen und das Gegenteil getan. Es gibt überhaupt keinen Grund, seinem Wort heute mehr zu trauen. Denn dieser missionarische Präsident kann sich in seinem Handeln durch die Wähler - zu Recht! - bestätigt und gestärkt fühlen. Er hat eine ausgebaute Mehrheit im Kongress hinter sich. Er wird sich also mit Engagement daran machen, dem American Way of Life eine dauerhafte konservative Färbung zu geben, zum Beispiel durch die Berufung entsprechend eingestellter Richter an das Oberste Gericht.

Und wir europäischen Amerikafreunde werden kopfschüttelnd und händeringend zuschauen.


Quelle: http://www.berlinonline.de/berliner-zeit...ung/392016.html

Es ist genausogut möglich, dass wir uns auf weitere Angriffskriege vorbereiten müssen. Die Liste der Wunschkandidaten ist ja schon seit langem genannt. Iran, Korea zum Beispiel. Und in seiner ersten Rede als wiedergewählter Präsident kündigte Bush auch gleich an, dass er alle Ressourcen für seinen Kampf gegen den Terror einsetzen werde. Der Mann wähnt sich auf der sicheren Seite. Foltervorwürfe, Lügen, Kriegsverbrechen konnten ihm nichts anhaben. Wir sollten wachsam sein.

Viele Grüße
vom Schreiberling

Schreiberling Offline




Beiträge: 2.222

05.11.2004 11:37
#10 RE: Die Wahl in den USA Antworten

Wie geht es weiter? - Die Reaktionen und Spekulationen nach dem Bushwahlsieg bleiben gespalten

Zitat
Reuters meldet: Experte: Bush wird außenpolitischem Kurs wohl treu bleiben
Donnerstag 4 November, 2004 08:08 CET


- von Carol Giacomo -

Washington (Reuters) - Gestärkt durch ein deutlicheres Mandat und eine größere Mehrheit in Kongress und Senat könnte der wiedergewählte US-Präsident George W. Bush Experten zufolge seinen umstrittenen außenpolitischen Kurs in seiner zweiten Amtszeit fortsetzten.

Darauf ließen Bushs Äußerungen während des Wahlkampfes schließen. "Er hat im vergangenen Jahr klar gemacht, dass er die grundsätzliche Linie seiner Politik nicht ändern wird", sagte der konservative Republikaner Gary Schmitt am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Er schloss einen radikalen Kurswechsel Bushs aus: "Seine Vision wird die gleiche bleiben".

Bush könnte jedoch Mitglieder in seiner außenpolitischen Mannschaft austauschen und kleinere Kurskorrekturen aus taktischen Gründen vornehmen, sagte Schmitt weiter. Zu Bushs ehrgeizigen Plänen zählt, den Irak in einen demokratischen Staat umzuwandeln und sicherzustellen, dass der Iran niemals Atomwaffen besitzt. Um dies zu erreichen schließt Schmitt selbst einen Militäreinsatz im Iran als letzten Schritt nicht aus.

Patrick Cronin vom Zentrum für Strategische und Internationale Studien hält dagegen einen grundlegenden Kurswechsel für unabdingbar. Um seine außenpolitischen Ziele zu erreichen, müsse Bush stärker auf Diplomatie und Kompromisse mit den Demokraten setzen sowie an der Verbesserung der transatlantischen Beziehungen arbeiten. Die außenpolitischen Herausforderungen - darunter die Stabilisierung des Irak, der Krieg gegen den Terrorismus und der Nahost-Konflikt - seien so groß, dass Bush auf Verbündete im In- und Ausland angewiesen sei. Um diese Aufgaben zu meistern, müsse Bush einen neuen Konsens mit den Demokraten und den europäischen Ländern finden. Sollte Bush dennoch bei seiner harten Linie bleiben, ist nach Worten Cronins eine außenpolitische "Katastrophe" zu erwarten.

Lee Feinstein, ein früherer Berater des ehemaligen Präsidenten Bill Clinton, hält es indes für möglich, dass dem Präsidenten in seiner zweiten Legislaturperiode die Puste ausgeht: "Es ist wirklich die Frage, ob sie die Energie, die Leute und die Ideen haben, um große außenpolitische Schritte zu unternehmen". Der immer noch andauernde Irak-Einsatz hindere die USA bis auf weiteres daran, sich dem Iran oder Nordkorea anzunehmen. Die USA verdächtigen beide Staaten, Atomwaffen zu besitzen oder nach ihnen zu streben.


Quelle: http://www.reuters.de/newsPackageArticle...33§ion=news

Schreiberling Offline




Beiträge: 2.222

05.11.2004 16:33
#11 RE: Die Wahl in den USA Antworten

Muss man solch eine Meldung noch kommentieren?

Zitat

Freitag, 05. November 2004 13:40 -- Newsticker Ausland
Briten reagieren entsetzt auf Bushs Wiederwahl

LONDON - Verzweiflung im Vereinigten Königreich. Nach der Wiederwahl Bushs reagieren britische Medien provokativ: "Wie können 59 054 087 Leute nur so dämlich sein?" titelt der "Daily Mirror". Der "Guardian" druckt eine ganze Seite schwarz.

"Ach Gott-oh-Gott", steht in der Mitte der "Guardian"-Seite. "Nicht noch vier Jahre mit diesem Mann, der so unfähig ist, dass er sich einmal fast mit einem Brezel ermordet hätte", entfährt es selbst dem konservativen Politiker Boris Johnson.

Die Briten waren mit grosser Mehrheit für John Kerry, und sie reagieren erschüttert auf seine Niederlage. Die Enttäuschung ist wohl um so grösser, weil es viele als enorm peinlich empfinden, als Verbündete der USA im Irak-Krieg so eng mit Bush verbunden zu sein.

Das ist auch das Problem von Premierminister Tony Blair: Er mag Bushs Wiederwahl als Bestätigung auch seiner Irak-Politik werten, doch nun wird er weiter Schulter an Schulter mit jenem Mann auftreten müssen, den so viele in der Labour-Partei leidenschaftlich hassen.

Selbst Alastair Campbell, Blairs ehemaliger Chefberater, gibt zu, dass der "faustische Pakt", von dem die "Times" spricht, "eine schwere Belastung" für den Labour-Premier ist.

Das erklärt, warum der oft als "Schosshund" geschmähte Blair in seiner Stellungnahme zu Bushs Wahlsieg geradezu kritische Töne anschlug, so als wolle er "die Pudellocken abschütteln" ("Daily Mail"): Der Terrorismus werde "nicht nur durch militärische Macht besiegt", mahnte er, und: Der Nahost-Friedensprozess sei die "grösste politische Herausforderung" für Bush.


Quelle: http://www.tagi.ch/dyn/news/newsticker/433119.html

Wann jagen die Briten endlich den Kriegsverbrecher Blair aus dem Amt? Er hat sich führend beteiligt an der Kriegshetze und dem verbrecherischen Überfall auf den Irak.

Schreiberling Offline




Beiträge: 2.222

06.11.2004 15:21
#12 RE: Die Wahl in den USA Antworten

Zitat
Aus der FTD vom 5.11.2004
Konservative greifen nach Oberstem Gericht
Von Joachim Zepelin, Washington

Die Wiederwahl von George W. Bush wird ihm voraussichtlich ermöglichen, mehrere Richterstellen am Supreme Court, dem höchsten US-Bundesgericht, neu zu besetzen. Damit könnten seine christlich-fundamentalistischen Wertvorstellungen zur Grundlage der höchstrichterlichen Entscheidungen in den USA werden.

Denn die Richter, die letztinstanzlich über wichtige gesellschaftliche und politische Fragen urteilen, werden auf Lebenszeit berufen. Die Auswahl von neuen Richtern gehört zu den wichtigsten innenpolitischen Entscheidungen eines Präsidenten. An Themen wie der Abtreibungsfrage, über die der Supreme Court in den nächsten Jahren wohl zu entscheiden hat, wird die Brisanz der Besetzungen deutlich.

In seiner Pressekonferenz am Donnerstag sagte Bush, er werde Richterkandidaten nach ihren Fähigkeiten und nicht nach ihrer Ideologie auswählen. Aber Bush lehnt ein Recht auf Abtreibung mit wenigen Ausnahmen strikt ab. Seine extrem rechten christlichen Wähler würden es kaum akzeptieren, wenn er einen liberalen Richter ernennen würde, der in dieser Frage eine andere Meinung vertritt. Im Supreme Court sind Entscheidungen zur Abtreibung meist nur knapp mit einer Stimme Mehrheit getroffen worden. Bushs Nominierungen für andere, niedrigere Bundesgerichte führten zu scharfen Auseinandersetzungen, zehn seiner Kandidaten wurden von den Demokraten im Senat blockiert.


Ähnlich konservativ könnten künftig auch Entscheidungen über die gleichgeschlechtliche Ehe ausfallen. Hier hat Bush - bislang vergeblich - versucht, einen Zusatzartikel zur Verfassung durchzusetzen, mit der die Ehe eindeutig als Gemeinschaft von Mann und Frau festgelegt wird. In dieser Woche stimmten die Wähler in elf US-Bundesstaaten in Volksbefragungen mit überwältigenden Mehrheiten gegen die Homoehe. Das höchste US-Gericht dürfte darum schon bald mit dieser Frage befasst werden. Andere Themen sind etwa das Recht auf Waffenbesitz, die Förderung von Minderheiten, Schwulenrechte oder die Rolle der Religion im öffentlichen Leben.


Letzte Änderung vor elf Jahren


Seit elf Jahren hat sich die Zusammensetzung des neunköpfigen Supreme Court nicht mehr geändert. Nun ist der Vorsitzende Richter des Supreme Court, der 80-jährige erzkonservative Jurist William Rehnquist, an Krebs erkrankt. Drei weitere Richter haben inzwischen ihren 70. Geburtstag hinter sich. Nur einer der neun Richter hat das Pensionsalter noch nicht erreicht.


Unter den möglichen Kandidaten für den Supreme Court ist auch Alberto Gonzales, Bushs Rechtsberater im Weißen Haus. Gonzales war in den Folterskandal von Abu Ghraib verstrickt. Er soll die scharfen Verhörtaktiken dort als rechtlich unbedenklich eingestuft haben.



Quelle: http://www.ftd.de/pw/in/1099117016704.html?nv=cpm

Was ist von einem Richter zu erwarten der Folter für legitim hält? Sollte es zur Ernennung solcher Richter in den USA kommen, dann ist die Bushjunta einen weiteren Schritt Richtung Diktatur gegangen. Von einer Unabhängigkeit der Justiz von der Politik kann dann auch keine Rede mehr sein.

karona Offline



Beiträge: 124

08.11.2004 21:22
#13 RE: Die Wahl in den USA Antworten

Wenn der Bericht aus der NET- Zeitung stimmen sollte bin ich neugierig wie das weitergeht:

Demokrat in Florida hält
US-Präsidentschaftswahl für gefälscht
08. Nov 11:27

Ein demokratischer Kandidat in Florida behauptet, die Wahl-Computer in dem Bundesstaat seien gehackt worden. Tatsächlich bekam Bush auffällig viele Stimmen in den Gegenden, in denen mit Computern ausgezählt wurde.

Der demokratische Kandidat für das Repräsentantenhaus im 16. Bezirk in Florida, Jeff Fisher, hält das Ergebnis der Präsidentschaftswahl für gefälscht. Er erklärte am Wochenende, er habe Erkenntnisse darüber, dass die Wahlcomputer gehackt worden seien.

Er wisse, so Fisher gegenüber dem Internetmagazin «Common Dreams», wer die Ergebnisse manipuliert habe und wie. Er hat nach eigenen Angaben inzwischen das FBI eingeschaltet.
Tatsächlich gibt es in mehreren Counties in Florida Wahl-Ergebnisse, die auf den ersten Blick fragwürdig erscheinen. In Landkreisen, in denen Wahlscheine mit optischen Scannern und dem Computerprogramm GEMS ausgezählt wurden, hat Bush auffällig viele Stimmen erhalten – und nur dort.

So waren beispielsweise in Baker County im Norden Floridas 12.887 Wähler registriert, davon 69,3 Prozent als Demokraten und 24,3 Prozent als Republikaner. Von den abgegeben Stimmen erhielt George W. Bush 7738 (77 Prozent), Kerry dagegen nur 2180 (22 Prozent). Ähnliche Zahlen gibt es in vielen anderen Landkreisen, überall dort, wo mit GEMS ausgezählt wurde.

In Franklin County sind 77,3 Prozent als Demokraten registriert, aber 58,5 Prozent stimmten für Bush. In Holmes County sind 72,7 Prozent der Wähler als Demokraten registriert, dort sollen sogar 77,25 Prozent für Bush gestimmt haben.
Ergebnisse verglichen

Im Internet haben Bürgerrechtsaktivisten inzwischen die Wahlergebnisse aus Florida zusammengetragen und mit den Zahlen der registrierten Wähler gegenübergestellt. Demnach gibt es in 14 Counties Abweichungen von über 50 Prozent zugunsten Bushs.

So erhielt Bush in allen GEMS-Counties zusammen fast 600.000 Stimmen mehr, als anhand der Wählerregistrierungen zu erwarten gewesen wäre. So gewann Bush in Florida die Wahl schließlich mit einem Vorsprung von 377.612 Stimmen. Eine mögliche Erklärung für das Phänomen ist, dass demokratisch registrierte Wähler in den vergangenen Jahren vermehrt begonnen haben, Republikaner zu wählen. So gab es bereits im Jahr 2000 in Florida Abweichungen, wenn auch sehr viel geringer.

Windows-Rechner ermittelten das Ergebnis
Ungewöhnlich ist allerdings, dass die Landkreise in Florida, in denen nicht mit GERM ausgezählt wurde, keine so hohen Abweichungen aufweisen – auch diejenigen, in denen erstmals Touchsreen-Monitore zur Stimmabgabe eingesetzt wurden.
Zweifelhafte Ergebnisse gab es nur bei Auszählungen mit Scannern, die jeweils an normale Computer angeschlossen sind. Die Ergebnisse wurden von einem Windows-basierten Programm ermittelt, in einer Datenbank abgespeichert und schließlich über das Internet an die zentrale Wahlkommission in Tallahassee übermittelten. (nz)

Wanderin Offline



Beiträge: 179

09.11.2004 20:47
#14 RE: Die Wahl in den USA Antworten

Wird das FBI wirklich gegen Bush agieren? Vielleicht hab ich auch ein zu schlechtes Bild vom FBI, aber ich könnt mir gut vorstellen, dass Bush da auch Beziehungen hat.

Lieber Gruß,
Wanderin

Schreiberling Offline




Beiträge: 2.222

11.11.2004 13:06
#15 RE: Die Wahl in den USA Antworten

Immer mehr verdichten sich die Informationen, dass diese Wahl womöglich flächendeckend manipuliert wurde.

Zitat
ZWEIFEL AM US-WAHLERGEBNIS

Der Bezirk mit 139 Prozent Wahlbeteiligung


Von Marc Pitzke, New York

Phantom-Wähler, verschwundene Stimmen, Zählcomputer, die subtrahierten statt addierten: Während in der Wahlnacht kaum über Probleme beim Urnengang berichtet wurde, mehren sich inzwischen Informationen über Unregelmäßigkeiten. Erste Kongressabgeordnete fordern eine Untersuchung.

AFP
Wahllokal in Boston, Massachusetts: Schwerwiegender Verdacht
Glaubt man Greg Palast, dann hat John Kerry die US-Präsidentschaftswahl gewonnen. "Ich weiß, keiner will's mehr hören", seufzt der investigative Reporter, Dokumentarfilmer und Bestseller-Autor, der sich mit seinen Recherchen zum Florida-Wahlfiasko von 2000 einen Namen machte. Jetzt will er einem neuen Wahlbetrug auf die Spur gekommen sein: "Kerry hat in den ausschlaggebenden Staaten Ohio und New Mexico die meisten Stimmen bekommen. Sie sind aber zu Tausenden nicht gezählt worden."

Ein schwerer Vorwurf, doch er kommt nicht von irgendjemandem. Palast, wohnhaft in New York und London, arbeitet für die BBC, den "Guardian" und dessen Schwesterblatt "Observer". Die heimischen Mainstream-Medien dagegen, so berichtet Palast stolz, als sei das eine Ehren-Auszeichnung, boykottierten ihn beharrlich, und Floridas Ex-Innenministerin Katherine Harris hat ihn "pervers und verrückt" genannt.

Palast verdächtigt die Behörden in Ohio (dem Staat, dessen 20 Wahlmänner die Wahl entschieden) und New Mexico (dem Staat, den Kerry mit knapp 8000 Stimmen verlor), durch "alte und neue Tricks" die Ergebnisse zu Gunsten von US-Präsident George W. Bush manipuliert zu haben. Zum Beispiel durch "verdorbene Stimmen", die als "ungültig" unter den Tisch fielen. Im "Swing State" Ohio, wo oft noch die alten, suspekten Stanzmaschinen von 2000 zum Einsatz kamen, waren das nach bisheriger Zählung 92.672 Stimmen. Die meisten dieser "Müllstimmen", so glaubt Palast, wären in den kritischen Bezirken den Demokraten zu Gute gekommen.

Paranoia oder Realität?

Greg Palast steht mit seiner Behauptung, am 2. November sei nicht alles mit rechten Dingen zugegangen, längst nicht mehr alleine. Während Kerry schon am Tag danach aufgab und sich selbst die Bush-kritischen US-Medien seither bedeckt halten, klammern sich viele waidwunde Demokraten bis heute an den festen Glauben, diese Wahl sei ihnen, wie schon die Wahl 2000, "gestohlen" worden.

Die beharrlichen Zweifel am Wahlergebnis - die bereits vor Schließung der Wahllokale gärten - schlagen sich nicht nur in den alternativen Medien nieder oder in wütenden Internet-Blogs wie www.stolenelection.com. Auch bei Watchdog-Gruppen, Bürgerinitiativen und den Kommunalbüros der Politiker sind bisher schon Zehntausende von Beschwerden eingegangen. Der Kerry-Clan verfolgt die Berichte mit Interesse: "Wir ignorieren das alles nicht", sagte Kerrys Bruder Cameron am Dienstag.

Vieles davon mag reine Verschwörungstheorie sein, Zufall, Verliererschmerz, Paranoia oder auch nur das übliche Pannenchaos. Anderes aber gibt zumindest Anlass zum Aufhorchen.

Kerry-Stimmen für Bush

Sichtung der provisorischen Stimmen in Ohio, dem "neuen Florida", erst am Wochenende
Die meisten dieser Vorwürfe kommen aus Ohio, dem "neuen Florida", wie es die Blogger getauft haben. Hier, unter der Aufsicht des erzkonservativen Innenministers Kenneth Blackwell, gewann Bush mit einer Mehrheit von 136.483 Stimmen - vorbehaltlich von 155.428 "provisorischen Stimmzetteln", deren Sichtung ja erst an diesem Wochenende beginnen soll.

Schon jetzt aber gibt es Ungereimtheiten. So verbuchte eine Wahlmaschine in einem eher republikanischen Vorort der Hauptstadt Columbus 4258 Stimmen auf Bushs Konto - obwohl dort nur 638 Leute gewählt hatten. Wahlleiter Matthew Damschroder, ein vormaliger Bezirkschef der Republikaner, erklärte das "Supersizing der Bush-Stimmen" (so die Lokalzeitung "Columbus Dispatch") schnell mit einem technischen "Schluckauf".

Ähnliche "Schluckaufs" gab es jedoch auch in Cleveland, wo 93.000 fiktive Extra-Stimmen entdeckt wurden, und ironischer Weise in dem Ort Miami/Ohio, wo ein Zählautomat 19.000 mysteriöse Phantom-Stimmen addierte. In Youngstown/Ohio behaupten Demokraten, dass die Maschinen ihre Stimmen nicht für Kerry, sondern für Bush registrierten.

10.000 Stimmen doppelt gezählt

In Auglaize in Nordohio kursieren Gerüchte, ein Ex-Mitarbeiter des Wahlmaschinen-Herstellers ES&S habe kurz vor der Wahl unerlaubt Zugang zum zentralen Computersystem gehabt. Im Bezirk Warren verbarrikadierten sich die Wahlleiter zum Zählen der Stimmen "zwecks Heimatschutz" hinter verschlossenen Türen - ein noch nie dagewesener und womöglich illegaler Vorgang. Hier gewann Bush mit 41.124 Stimmen Vorsprung.

"Die Beweise verdichten sich, dass die Wahl in Ohio gestohlen wurde", sagt Bob Fitrakis, ein Soziologe am Columbus State Community College und liberaler Kolumnist. Ohios Innenminister Blackwell weist solche Vorwürfe als Spinnereien des Internet-Zeitalters zurück: "Es gibt ja auch Websites, die behaupten, dass die Mondlandung nicht stattgefunden habe", erwidert Blackwells Sprecher James Lee.

Doch nicht nur in Ohio ging es rund. Im Ort Papillion im Bundesstaat Nebraska wurden 3342 Stimmen gezählt - 400 mehr als Wahlberechtigte. Insgesamt schätzt das Wahlamt, dass in dieser Ecke Nebraskas "bis zu 10.000 Stimmen doppelt gezählt" worden seien. Noch bizarrer wird es auf der Website des zuständigen Bezirks Sarpy. Die beziffert die offizielle Wahlbeteiligung auf 139,93 Prozent: 82.607 Wahlberechtigte, 115.593 abgegebene Stimmen, eine mysteriöse Differenz von 32.986 Stimmen - über 10.000 mehr als Bushs Vorsprung im Endergebnis.


Im Bezirk Carteret in North Carolina gingen dagegen 4530 Briefwahl-Stimmen "verloren" und können, da die Wahlcomputer keinen Papierausdruck haben, auch per Recount nicht mehr rekonstruiert werden. Möglicherweise muss hier nun komplett neu gewählt werden. Anderswo im Bundesstaat wurden nachträglich 22.000 Stimmen für Kerry entdeckt.

Die Bürgergruppe Count Every Vote 2004 (CEV2004) hat Hunderte "Unregelmäßigkeiten" in rund 700 Wahllokalen in den Südstaaten protokolliert, wo Bush kräftig abräumte: lange Wartezeiten, mechanische Defekte, nicht genügend Stimmzettel, Einschüchterung von Wählern. Besonders davon betroffen gewesen seien Minderheiten und Arme. "Selbst wenn die Vereinigten Staaten eine starke Demokratie sind", sagt CEV-Chefaktivist Keith Jennings, "sind sie auch eine mangelhafte Demokratie."

Blackout der großen Medien?
"Wir haben das ungute Gefühl, dass wir nur die Spitze des Eisbergs sehen", sagt Cindy Cohn, die Justitiarin der Bürgergruppe Electronic Frontier Foundation. Auch die Watchdog-Gruppe People for the American Way (PFAW) beklagt eine "irreparable Beschädigung der Bürgerrechte". Doch je länger die Wahl zurückliegt, desto schwerer fällt es, all diese Meldungen sinnvoll auseinander zu sortieren.

Zumal die meisten etablierten US-Medien offenbar beschlossen haben, die Sache vorerst auf sich beruhen zu lassen. Selbst das linke Wochenblatt "Nation" beantwortet seine eigene Überschrift "Wurde die Wahl gestohlen?" mit einem zögerlichen "wahrscheinlich nicht". Greg Palasts These vom Stimmenklau in Ohio, schreibt "Nation"-Politikchef David Corn, sei "höchst unwahrscheinlich" und "vielleicht der Beginn eines Falls, aber kein Fall für sich".

"Die großen Medien leiden an einem Blackout", kritisiert dagegen David Swanson, der Medienkoordinator der Journalistenvereinigung ILCA. Nur ein paar Lokalzeitungen und TV-Sender blieben dem Thema noch auf den Fersen. Dabei sei der Skandal doch nicht nur, ob die Unregelmäßigkeiten das Wahlergebnis verändert hätten, sondern dass es überhaupt zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei.

Nicht alle haben aufgegeben. Die drei demokratischen Kongressabgeordneten John Conyers, Jerrold Nadler und Robert Wexler haben den US-Rechnungshof GAO jetzt aufgefordert, den Zweifeln am Ablauf der Wahl "dringend" nachzugehen. "Wir bekommen täglich neue Beschwerden", schrieben sie am Dienstag in einem Brief an GAO-Chef David Walker. "Bisher sind es über 30.000."

Bushs Vorsprung - 3,5 Millionen Stimmen

Doch selbst wenn zehntausende Stimmen falsch gezählt oder unterschlagen worden sein sollten bleibt festzuhalten: Nach dem bisherigen Ergebnis hat Präsident Bush bei der US-Wahl am 2. November 59,7 Millionen Stimmen erhalten - sein Herausforderer John Kerry nur 56,2 Millionen. Und niemand behauptet bisher, dass bei der Wahl mehr als 3,5 Millionen manipuliert wurden. Nach absoluten Stimmen hat Bush die Wahl also klar gewonnen.

Zum Sieg in Ohio - und damit zur Mehrheit der Wahlmännerstimmen - hätten Kerry zwar rund 130.000 zusätzliche Stimmen genügt, doch auch dieser Vorsprung Bushs war den Demokraten viel zu groß, um sich erneut auf juristische Scharmützel einzulassen. Bisher.


Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,327359,00.html

Mir bleibt unverständlich, warum die Demokraten so aus der Defensive heraus agieren. Bush hat im Wahlkampf seine Wähler so oft belogen. Seine verbrecherische Politik bot und bietet soviele Ansätze, ihn aus dem Amt zu werfen, doch die Demokraten fügen sich. Wo liegt da das Motiv? Sind die am Ende froh, denn Schuttberg, den Bush aufgehäuft hat, nun nicht wegräumen zu müssen?

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