ZitatHoffentlich können die US-Amerikaner sich noch selbst von diesem fanatischen Machtklüngel befreien.[/b]
Hi,
ich fürchte, dass "die US-Amerikaner" als Gesamtheit da gar kein Interesse dran haben. Die USA sind noch nie durch übermäßigen Pazifismus aufgefallen, um das mal vorsichtig zu formulieren. Auch der Eintritt in den zweiten Weltkrieg geschah nicht, um das arme gebeutelte Europa vom Faschismus zu befreien, sondern es lagen klare wirtschaftliche Interessen zu Grunde.
George W. Bush mag jetzt besonders extrem wirken, aber ich denke, das liegt eher daran, dass er dümmer ist, als viele seiner Vorgänger und weniger daran, dass er soviel extremer ist. Er lügt einfach schlechter als ein Bill Clinton oder als sein Vater.
Die USA führen Demokratie ad absurdum, sowohl innenpolitisch (ein, sagen wir "merkwürdiges" Rechtssystem, ein Wahlsystem, bei dem von Gleichheit keine Rede sein kann, Klüngel und Korruption in einem Ausmaß, das so den meisten Bananenrepubliken der Welt zu einem Aufstand führen würde etc.) als auch in der Außenpolitik. Kaum ein internationales Abkommen, bei dem sie nicht querschießen oder eine Sonderstellung einnehmen (und das ist nicht erst seit Bush junior so, sondern ist so, seit es internationale Abkommen gibt). Kein Jahrzehnt, in dem die USA nicht in militärische Konflikte mit einem anderen Land verstrickt waren. Und immer als Angreifer. Und immer unter scheinheiligen Begründungen und mit dem Dollarzeichen in den Augen.
Auf politischer Seite sehe ich also gar keine so extreme Zuspitzung unter der Bush Administration. Was nicht heißt, dass ich die faschistischen Tendenzen nicht sehe, aber es ist eben nicht neu: die USA haben eine lange Geschichte als faschistische Demokratie, angefangen mit der systematischen Ausrottung der nordamerikanischen Ureinwohner, über eine lange rassistische Tradition bis hin zu ihrer Rolle als selbsternannte militärische Weltpolizeit.
Aber wenigstens stellt sich Bush junior so blöd an, dass immer größere Teile der Welt ihren Unmut über die Sache äußern, auch wenn es sich natürlich kein Staat der Erde leisten kann, allzu laut zu bellen.
Die jüngste Rede Bushs macht mir Angst. Zu deutlich sind die Parolen, zu ähnlich sind sie denen der Hitlerfaschisten, die damals für den "Weltfrieden" in den Krieg zogen, die die Russen vom Bolschewismus "befreien" wollten, oder den Balkan "befrieden " wollten...
ZitatRede zum Irak Bushs Predigt vor Bekehrten
Von Carsten Schmiester, NDR-Hörfunkstudio Washington
US-Präsident George W. Bush (Foto: dpa/dpaweb) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: US-Präsident George W. Bush ] Gleich zu Beginn seiner Rede vor bushfreundlichen Soldaten und deren Familien stellte der Präsident in Idaho eines klar. Entgegen zynischer Verunglimpfungen von Leuten, die den USA Größenwahn vorwerfen sei Freiheit "nicht das Geschenk Amerikas, sondern des allmächtigen Gottes für alle Menschen dieser Welt." Amerika überbringt dieses Geschenk also nur, in höherem Auftrag und gegen den Widerstand des Bösen. In einem Satz hat Bush damit sein Weltbild gemalt.
Diese zweite Rede der Propagandatour für den "Krieg gegen den Terror" war der erneute Versuch, verlorengegangenen Rückhalt in der Bevölkerung zurückzugewinnen. Mit frenetisch beklatschtem Lob für die tapferen Soldaten des Landes, die ja schon öfter in der Geschichte vor ähnlichen Herausforderungen gestanden haben, so Bush. "Wir haben mehrfach erlebt, dass Freiheit gegen das Böse stand. Im Zweiten Weltkrieg haben freie Nationen gemeinsam den Faschismus bekämpft - heute sind die Feinde von damals unsere Alliierten im Kampf für den Frieden." Ein neuer Weltkrieg
Heute habe man es wieder mit einem globalen Krieg zu tun, sagte der Präsident, und er fügte hinzu: "Dieser erste Krieg des 21. Jahrhunderts ist wieder ein Weltkrieg. Wir müssen auf allen Schlachtfeldern gewinnen, wollen wir unser Volk schützen. Wir fordern unsere Freunde auf, an unserer Seite zu kämpfen - und das tun sie ja auch."
Allerdings mit den bekannten Einschränkungen, doch die blieben unerwähnt. Nicht nützlich für den Präsidenten, dem seit Kriegsbeginn Alliierte wie die Spanier eher abhanden gekommen sind und der es nun auch noch mit wachsendem Widerstand im eigenen Volk zu tun hat. Doch Bush bleibt dabei: Es war richtig, im Irak einzumarschieren und es wäre falsch, aufzugeben. "Wenn wir uns jetzt zurückzögen, würden wir die Terroristen nur ermutigen. Solange ich Präsident bin, bleiben und kämpfen und gewinnen wir diesen Krieg." Sterben für eine gerechte Sache?
Und dann kam ein Seitenhieb auf diejenigen, die gegen den Krieg sind und nicht mehr an einen Sieg Amerikas glauben. Bush zitierte Tammy Pruett, deren Mann und vier Söhne im Irak waren oder noch sind. Sollte einem von ihnen etwas passieren, hat die Frau geschrieben, dann wüsste ich, dass sie für eine Sache gestorben sind, an die sie fest geglaubt haben. "Amerika ist frei, weil es diese Familien gibt", sagte Bush.
Seine Gegner kontern das sofort nach der Rede. Celeste Zappala hat ihre ältesten Sohn vor einem Jahr im Irak verloren und gehört zu den Kriegsgegnern um Cindy Sheehan, die vor Bushs Ranch in Texas protestieren. Sie wirft dem Präsidenten, der so gern den Mut seiner Soldaten lobt, Feigheit vor, weil er sich weigert, sich seinen Kritikern zu stellen. Wir denken, sagt sie, "dass er etwas von uns lernen könnte, wenn er mit Leuten spräche, die nicht seiner Meinung sind."
Es gibt noch Hoffnung, dass die US-Amerikaner endlich aus ihrer Gleichgültigkeit aufwachen und dem Spuk Bush ein Ende bereiten...
Zitat"Abzug aller US-Truppen aus dem Irak" TeilnehmerInnen einer Großdemonstration in Washington fordern Amtsenthebung von Präsident Bush wegen seiner Lügen zur Rechtfertigung des Krieges. RednerInnen verknüpfen hohe Ausgaben mit der mangelhaften Hilfe für "Katrina"-Opfer AUS WASHINGTON ANDREAS ZUMACH
Bei der größten Demonstration seit Beginn des Irakkrieges im März 2003 haben am Samstag in Washington über 200.000 AmerikanerInnen das "Ende der Besatzung Iraks und den sofortigen Abzug aller US-Truppen" gefordert. Die Demonstranten warfen US-Präsident George W. Bush, seinem Vize Richard Cheney sowie Verteidigungsminister Donald Rumsfeld vor, das Land mit "Lügen über angebliche irakische Massenvernichtungswaffen in den Krieg gestürzt" zu haben. Kleinere Demonstrationen fanden in Los Angeles, San Francisco und Seattle statt.
Die meisten RednerInnen bei der Abschlusskundgebung in der "Mall" - einem Grünstreifen zwischen Weißem Haus und Kapitol - verknüpften das Thema Irak mit den katastrophalen Auswirkungen des Hurrikans "Katrina". Die "horrenden Ausgaben" für den Irakkrieg und die anhaltende Besatzung (bislang rund 250 Milliarden US-Dollar) seien "ein wesentlicher Grund für das schwere Versagen der Bush-Administration" bei der Prävention in den von Hurrikans bedrohten Regionen der Golfküste wie bei der Hilfe für die "Katrina"-Opfer, erklärte Jesse Jackson, einer der Führer der Afroamerikaner.
Die Abgeordnete Cinthia MCinney, eine von fünf demokratischen Kongressmitgliedern, die als RednerInnen bei der Kundgebung auftraten, forderte unter Verweis auf die "manipulierte Wahl" von Präsident Bush im Jahr 2000 den "umgehenden Rücktritt der kriminellen Gang, die unser Land unrechtmäßig regiert und in diesen unsinnigen Krieg gestürzt hat". Andere RednerInnen verlangten ein Amtsenthebungsverfahren gegen Bush, weil er den Kongress bei den Begründungen für den Irakkrieg belogen habe und verantwortlich sei für den Tod von inzwischen mehr als 1.900 US-Soldaten sowie von über 100.000 IrakerInnen. Als Symbol für diese Todesopfer stellten Demonstranten auf der "Mall" über 1.000 weiße Holzkreuze auf.
Cindy Sheehan, Mutter eines gefallenen Soldaten, erklärte, der Krieg im Irak sei "kein einziges Leben eines amerikanischen Soldaten mehr wert". Sheehan hatte im August mit ihrem Protest vor Bushs Landsitz in Crawford, Texas, die Antikriegsbewegung neu belebt.
Die Kundgebung in Washington wurde von "United for Peace and Justice" (Vereinigt für Frieden und Gerechtigkeit) koordiniert, einem Bündnis mit einem hohen Anteil afroamerikanischer Organisationen und Aktivisten.
Jüngsten Umfragen zufolge verliert der Präsident beim Thema Irak an Unterstützung. 63 Prozent der Befragten forderten in einer Untersuchung des Meinungsforschungsinstituts Gallup, die US-Streitkräfte sollten ganz oder teilweise abgezogen werden. 54 Prozent sagten, die Regierung solle mehr Mittel für die Hurrikanopfer und weniger für den Krieg ausgeben.
taz Nr. 7778 vom 26.9.2005, Seite 9, 94 Zeilen (TAZ-Bericht), ANDREAS ZUMACH
Das Amtsenthebungsverfahren ist überfällig, stoppt Bush!
Hallo Roblion das habe ich zu deiner Frage gefunden:
ZitatImpeachment Das amerikanische Veto Ein Impeachment (englisch: öffentliche Anklage), ist die amerikanische Möglichkeit des Veto-Rechts. Die öffentliche Anklage dient der Entscheidung, ob ein Mandatsträger für bestimmte Machenschaften angeklagt und bestraft werden soll. Das Impeachment hat seinen Ursprung im englischen Parlamentsrecht des 14. Jahrhunderts. Da eine direkte Abwahl des Präsidenten nicht möglich ist, wurde diese Sicherheit in die amerikanische Verfassung eingebaut. Um eine letzte Kontrollinstanz gegenüber dem Kongress zu manifestieren, hatte der Senat die Macht mit diesem Verfahren über die politische Zukunft eines Mandatsträgers zu entscheiden. Dabei ist zunächst die einfache Mehrheit des Repräsentantenhauses für eine Anklage und dann eine Zweidrittelmehrheit des Senats für die Absetzung erforderlich. Bisher wurden nur zwei Impeachment-Verfahren gegen US-Präsidenten eingeleitet. 1868 wurde Präsident Johnson vom Vorwurf der Amtsanmaßung freigesprochen. Johnson, absoluter Gegner der Reconstruction-Politik des Kongresses, hatte den radikalen Verteidigungsminister Edwin M. Stanton entlassen und stattdessen General Ulysses S. Grant eingesetzt. Als er auch einige radikalere Generäle in den Südstaaten entließ, wurde er angeklagt. Mit einer Stimme Mehrheit wurde Johnson damals vom Senat freigesprochen. Eine große Niederklage für die radikalen Kräfte in der Neuen Welt. Das zweite Impeachment-Verfahren fand in der Neuzeit statt. 1974 sollte der damalige Präsident Richard M. Nixon wegen seiner Verstrickungen in die Watergate-Affäre durch ein Impeachment abgesetzt werden. Nixon kam seiner Absetzung aber durch den eigenen Rücktritt zuvor. Konservative Kräfte hatten auch bei der Praktikantinnen-Affäre von Bill Clinton nach einer öffentlichen Anklage verlangt, jedoch befand der Senat das Vergehen des Präsidenten für nicht so anklagenswert.
Es ist also sehr schwierig, ein Verfahren gegen Bush zu eröffnen. Aber wenn es genügend Druck aus der Bevölkerung gibt, dann kann sich auch der Senat nicht darüber hinweg setzen.
Interessante Einblicke in die Denkweise der Bushisten bietet diese Kolumne:
ZitatWenn die Kinder ihre Revolution auffressen
von Patrik Etschmayer / Mittwoch, 5. Oktober 2005
Während der 90er Jahre kämpften die jungen Republikaner gnadenlos und hart gegen Bill Clinton. Als 2000 George W. Bush ins Amt gehievt wurde, gingen sie daran, in den USA ihr Ziel zu verwirklichen und mit der zweiten Bush-Amtszeit schien es schon zum Greifen nah. Doch jetzt wird es von jenen, die am härtesten dafür kämpften, vielleicht wieder zu Fall gebracht.
Das Ziel war die 'Republikanische Revolution'. Und es sah auch lange nach einer solchen aus: Unaufhaltsam, konservativ, streng gläubig und schmerzhaft selbstgerecht. Dass etwas am wackeln war, zeigte sich erstmals ganz klar im August.
Jack Abramoff, konservativer Lobbyist und einer der besten Freunde von Tom DeLay, dem soeben zurückgetretenen republikanischen Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, wurde wegen eines Betrugs im Zusammenhang mit dem Erwerb von Casinobooten verurteilt. Abramoff, der sich selbst einmal als 'durchgeknallten Republikaner' bezeichnet hatte, wird zudem noch anderer Vergehen bezichtigt.
Unter Anderem werden Abramoff und andere Lobbyisten bezichtigt, im Zusammenhang mit Indianer-Casinos gegen ihre Kunden gearbeitet zu haben (Abramoff bezeichnete die Indianer wiederholt als Affen, Höhlenmenschen und die grössten Idioten, die es in Amerika gäbe), um zusätzliches Geld aus ihnen heraus zu holen und Politikern illegale Geschenke im Austausch gegen politische Gefälligkeiten gegeben zu haben.
Einer der so Geschmierten ist Freund Tom DeLay, der von Abramoff eine gratis Golfreise nach Schottland geschenkt bekommen hatte. Er musste soeben zurücktreten, weil er der Geldwäsche im Zusammenhang mit Parteispenden bezichtigt worden ist. Delay behauptet, er sei unschuldig und die Anklage die wackligste, die man sich vorstellen könne. DeLay muss es wissen. Er ist über die Jahre in zig Fälle der Korruption, Begünstigung, Unterschlagung und andere Delikte verwickelt worden und konnte sich meist – mitunter dank aussergerichtlicher Vergleiche – wieder raus winden. Ob dies wieder gelingt, muss sich erst zeigen, doch sein Rücktritt von seinem Führungsposten im Repräsentantenhaus kommt sicher nicht gerade zu einem günstigen Zeitpunkt.
Denn auch im Senat muss der Mehrheitsführer um sein Amt bangen, da ein Verfahren wegen Aktien-Insiderhandel von gegen ihn eröffnet wurde. Bill Frist verkaufte die Aktien der von seinem Vater und seinem Bruder gegründeten Firma HCA einen Monat, bevor schlechte Quartalszahlen einen Kurssturz verursachten. Die Ausrede, dass er lediglich einen Interessenkonflikt ausräumen wollte, tönt dünn: Er hatte die Aktien schon seit zehn Jahren und seine Beförderung zum Mehrheitsführer liegt auch schon drei Jahre zurück. Frists persönlicher Kurs ist auf alle Fälle am sinken und seine Optionen auf die Kandidatur als nächster Präsident, für die er schon gehandelt wurde, sehen nicht mehr gut aus.
Der vierte im Quartett des Schreckens ist Karl Rove, der Vizestabschef des Weissen Hauses und Chefstratege der Bush-Regierung. Ihm wird vorgeworfen, die Identität einer CIA-Agentin enthüllt zu haben, deren Mann die Lieferung von waffenfähigem Plutonium aus dem Niger in den Irak als falsch enthüllt und die Bush-Regierung dafür kritisiert hatte. Die Enthüllung könnte Vergeltung für diese Kritik gewesen sein und ruinierte nicht nur die Karriere der Agentin sondern auch der anderen CIA-Leute, die von der selben Tarn-Firma aus wie sie arbeiteten. Sollte Rove der Verrat nachgewiesen werden, drohen erhebliche Konsequenzen für ihn – das Ende seiner Karriere nur als Anfang.
Diese vier sind nur die Spitze eines Eisberges. Was sie und andere republikanische Revolutionäre verbindet, ist ihre Verachtung für den Staat, die Gesetze, für Anstand und Respekt gegenüber anders denkenden. Sie sind sich – genau wie viele Republikaner – absolut sicher, dass sie das Recht für sich gepachtet haben. Sie bekämpfen zwar den Unterricht der Evolution in den Schulen, sind selbst aber Sozialdarwinisten der übelsten Sorte. Der Staat hat zu verschwinden, die Stärkeren haben immer Recht, Schwache sollen beseitigt werden.
Und genau so handeln sie auch: Egoistisch bis zum Niveau des Psychopathischen ohne Schuldgefühle oder Spuren eines Gewissens. Die Grenzen des Anstands haben sie schon weit hinaus geschoben, doch jetzt zeigt sich, dass sogar diese noch überschritten werden können.
Sie unterminieren damit den Anspruch der Republikaner, dass ihr Modell automatisch zu einem besseren Land führen werde – Hauptsache, die Politiker sind alles gute Christen (oder, wie bei Abramoff: Juden), die fleissig beten. Stattdessen hat sich eine Selbstbedienungs- und Selbstjustiz-Kultur entwickelt. Posten werden nicht aufgrund von Fähigkeit, sondern wegen Beziehungen und Bestechungen besetzt. Nepotismus macht sich breit wie in einer Feudalgesellschaft. Sogar Dynastien – wie jene der Bush-Familie – bilden sich wieder.
Früher oder später musste dies auch dem Volk auffallen und dass dies nun passiert, ist kein Zufall. Denn die Kinder haben schon lange begonnen, ihre eigene Revolution aufzufressen und kaum einer kann die Frassspuren noch ignorieren.
Ein weiteres Opfer – die Verfassung der USA Freiheitsrechte werden nach «Katrina» weiter eingeschränkt
Von Bob Barr*
Immer wieder in Zeiten großer Krisen hat Amerika in der Tiefe seiner Seele geforscht und die außergewöhnliche Kraft gefunden, die stärksten Kräfte des Bösen zu besiegen, die die Welt gegen die Zivilisation aufgeboten hatte. Ironischerweise ist Amerika aber in eben solchen Zeiten großer Herausforderung auch den Verlockungen von Macht und Berechnung erlegen, diejenigen Gesetze zu schwächen, die dazu dienen, gerade unsere Freiheitsrechte zu untermauern.
Der drohende Krieg mit Frankreich im späten 18. Jahrhundert brachte uns die berüchtigten Alien and Sedition Acts. Der Civil War [1] lieferte Präsident Abraham Lincoln den Vorwand, das Great Writ – Habeas corpus [2] außer Kraft zu setzen. Die «Rote Gefahr» [3] brachte uns nach dem Ersten Weltkrieg die unseligen «Palmer Raids» [4] und der Zweite Weltkrieg die Internierung von Tausenden von Amerikanern japanischer Herkunft. Die kommunistische Bedrohung in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg brachte das Komitee des Repräsentantenhauses mit dem Namen «Un-American Activities Committee» und die unwürdigen McCarthy-Verhöre hervor. In neuerer Zeit haben uns die durch die terroristischen Angriffe vom 11. September 2001 hervorgebrachten elenden Ängste das «USA Patriot Act» gebracht, welches das Fourth Amendment [5] seiner Garantien gegen willkürliche Durchsuchungen und Verhaftungen bzw. Beschlagnahmen zu berauben droht und damit den Schutz der Privatsphäre, der darin geregelt ist, unterminiert. In jedem dieser Kapitel auf Amerikas Weg der Verfassungsgestaltung war es eine wirkliche oder vorgestellte militärische Bedrohung, die eine Verfassungskrise auslöste. In einem gewissen Sinn war es vielleicht verständlich, dass beim gut gemeinten Versuch, diesen Herausforderungen zu begegnen und sie zu lösen, Fehler begangen wurden. Heute werden die Grundfesten von Amerikas Verfassung nicht als Reaktion auf eine militärische Bedrohung, sondern auf Grund eines Naturereignisses erschüttert. Entscheidungsträger im Weißen Haus und auf dem Kapitol denken über gesetzgeberische Reaktionen auf den Hurrikan Katrina nach, die einige unserer grundlegendsten Sicherungen gegen den Missbrauch zentraler Regierungsmacht zunichte machen würden. Der Föderalismus, ein Eckstein unseres Regierungssystems, wird dem zum Opfer fallen, aber auch das während unserer gesamten Geschichte geltende Prinzip, wonach Rechtsstaatlichkeit unvereinbar damit ist, dass Gesetze im Inland mit der Gewalt unserer Streitkräfte erzwungen werden. Speerspitze dieser Bemühungen sind republikanische Abgeordnete, die in den vergangenen Jahrzehnten stolz darauf waren, nicht die Partei von Big Government, sondern diejenige der Rechte der Einzelstaaten und der individuellen Freiheitsrechte zu sein. Das war einmal. US-Senator John Warner, der sich aus Virginia zu Wort meldet, dem Staat, der uns so zeitlose Meister der Freiheit wie Thomas Jefferson, Patrick Henry und James Madison geschenkt hat, scheint den Angriff anzuführen, mit dem der Grundsatz des «Posse comitatus» [6] zunichte gemacht werden soll – das Gesetz aus der Zeit nach dem amerikanischen Bürgerkrieg, das 125 Jahre lang sichergestellt hat, dass das Militär nicht eingesetzt werden darf, um im Inland die Einhaltung von Gesetzen zu erzwingen, außer unter ganz eng eingegrenzten und mit großer Bedachtsamkeit umschriebenen Ausnahmebedingungen. Mit der stillschweigenden, wenn nicht ausdrücklichen Zustimmung der Bush-Administration planen viele im Kongress insbesondere Änderungen an der Bundesgesetzgebung, die unter anderem folgendes vorsehen: Truppen des Bundesmilitärs im aktiven Dienst sollen ermächtigt werden, lokale Gesetze unmittelbar durchzusetzen; es sollen militärische Spezialeinheiten für die Reaktion auf innenpolitische Probleme geschaffen werden; der Präsident soll ermächtigt werden, Truppen der Nationalgarde [7] dem Kommando des Bundes zu unterstellen, ohne vom Gouverneur des Einzelstaates darum gebeten worden zu sein; und es soll eine nationale militärische Kommandozentrale eingerichtet werden, die in einem «Notfall» unverzüglich die Kontrolle über Logistik, Sicherheit und Versorgung übernimmt. Solche Veränderungen würden, obwohl sie vielleicht unter dem Eindruck der bürokratischen Stümperei nach den Dammbrüchen in New Orleans einen gewissen Reiz haben, in fataler Weise die Prinzipien des Föderalismus und des Vorranges der zivilen Rechtsstaatlichkeit zersetzen, die uns bisher befähigt haben, ein in einmaliger Weise freies Volk zu bleiben. Noch Furcht erregender als die Eile bei der Militarisierung aller Aspekte der Bewältigung von Naturkatastrophen ist der Schritt im Repräsentantenhaus, ein Gesetz zu verabschieden, das einem einzelnen Bundesrichter die Machtfülle einräumen würde, sämtliche Zivil- und Strafgesetze und Vorschriften für Gerichtsverfahren aller Bundesgerichte im Fall eines vage definierten «Notfalls» (emergency) außer Kraft zu setzen. Zudem würde sich nach der vom Repräsentantenhaus erörterten Gesetzgebung jeder nach Bundesrecht strafbar machen, der einen Bundesangestellten oder jegliche Person, die einem Bundesangestellten hilft, «stört», gegen sie «opponiert» oder sie «einschüchtert», wenn diese möglicherweise mit der Bewältigung eines Notfalls oder eines Unglücks beschäftigt ist. Danach wären diejenigen nach Bundesrecht strafbar gewesen, die sich gewaltsam gewehrt haben, ihre Häuser in einer überfluteten Gegend zu verlassen, als sie dazu von irgend jemandem aufgefordert wurden, der von einer Bundesbehörde eingestellt war. Und wenn sie zum Zeitpunkt der Tat eine Feuerwaffe in ihrem Haus gehabt hätten, wären sie mit einer verlängerten Strafe von 15 Jahren Freiheitsentzug in einem Bundesgefängnis zu bestrafen gewesen. Diese krassen und völlig unnötigen Überreaktionen auf die offenkundigen Probleme in der Folge der Regenfälle und Stürme von «Katrina» werden vom Kongress ernsthaft erörtert. Wenn es deren Befürwortern gelingen sollte, derartige Maßnahmen Gesetz werden zu lassen, wird «Katrina» ein weiteres Opfer gefordert haben – die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika.
Fußnoten: * BOB BARR: ehemaliger Kongressabgeordneter und früherer US-Bundesanwalt, jetzt Rechtsanwalt in Atlanta, USA. [1] Sezessionskrieg zwischen den Südstaaten und dem Norden [2] Wörtlich: Der große Kodex – Habeas corpus (bringe mir den Körper); Menschenrecht auf Schutz vor willkürlicher Inhaftierung; bezieht sich auf ein rechtsstaatliches Verfahren, in dem jemand, der von einer staatlichen Institution in Haft genommen wird, die Rechtmäßigkeit seiner Inhaftierung von einem unabhängigen Gericht überprüfen lassen kann (Haftprüfungstermin). [3] durch die Bolschewisten, Kommunisten und «Roten» allgemein, vgl. Fußnote 4. [4] A. Mitchell Palmer, Präsident Wilsons Generalstaatsanwalt, glaubte, dass «der Kommunismus sich seinen Weg in die Heime der amerikanischen Arbeiterschaft frisst.» In seinem Aufsatz «The Case Against the Reds» warnte er vor den Wirkungen sozialrevolutionärer Propaganda. 1919 gab es eine Reihe von sozialen Unruhen, Serien von Streiks in der amerikanischen Arbeiterschaft, eine Anzahl von Anarchisten zugeschriebenen Bombenanschlägen und zahlreiche Demonstrationen. Ermutigt durch den Kongress, der sich 1919 weigerte, den rechtmäßig gewählten sozialistischen Abgeordneten von Wisconsin, Victor Berger, sein Mandat ausüben zu lassen, führte Palmer zahlreiche repressive Durchsuchungs- und Verhaftungsaktionen gegen Linke und Radikale durch. Seine Beamten stürmten Gewerkschaftsbüros, Parteizentralen und Versammlungsstätten, unter anderem von kommunistischen und sozialistischen Organisationen. Im Dezember 1919 verhafteten sie 249 Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, internierten sie und schickten sie an Bord des Schiffes «Buford» in die Sowjetunion. Unter diesen Ausgewiesenen befand sich unter anderem auch Emma Goldman, die die Deportation später in ihrer Autobiographie beschrieben hat. [5] Vierter Verfassungszusatz zur Verfassung der Vereinigten Staaten: «The right of the people to be secure in their persons, houses, papers, and effects, against unreasonable searches and seizures, shall not be violated, and no Warrants shall issue, but upon probable cause, supported by Oath or affirmation, and particularly describing the place to be searched, and the persons or things to be seized.» (Das Recht der Menschen, mit ihrer Person, ihrem Haus, ihren Papieren und persönlichen Gegenständen gegen willkürliche Durchsuchungen und Verhaftungen/Beschlagnahmen geschützt zu sein, darf nicht verletzt werden, es sei denn wegen eines angemessenen Grundes, der sich auf einen Eid oder eine Versicherung stützt und in dem der zu durchsuchende Ort und die zu verhaftende Person oder die zu beschlagnahmenden Sachen genau beschrieben sind.) [6] Posse Comitatus Act (18 USC 1385) von 1878, wird heute teilweise abfällig als «gesetzgeberische Antiquität» bezeichnet. [7] Die amerikanische Nationalgarde ist eine einzelstaatliche Truppe, die nicht dem Bund, sondern dem Gouverneur des Einzelstaates untersteht.
Wie die Verfassung und die Grundrechte der Bürger in den USA mit den Füßen getreten werden, dass offenbart auch ein Blick auf die neuesten Erkenntnisse aus Übersee. Die Bushisten bespitzeln mit ungesetzlichen Mitteln tausende Bürger, darunter Friedensaktivisten, Oppositionelle...
ZitatDie Mao-Bibel unter Beobachtung
Florian Rötzer 19.12.2005 Die Bush-Regierung hat nach dem 11.9. die Überwachung der US-Bürger drastisch und teilweise heimlich ausgebaut, "watch lists" scheint es nicht nur für mutmaßliche Terrorverdächtige, darunter Friedensaktivisten, zu geben, sondern auch für Bücher Schon bevor US-Präsident Bush 2002, wie er bereits selbst einräumte, dem Auslandsgeheimdienst NSA die Erlaubnis gab, Telefongespräche und Email-Verkehr von Hunderten oder Tausenden von US-Bürgern zu überwachen, wurde dies schon kurz nach dem 11.9. [extern] praktiziert. Damals wurden auch bereits unter Umgehung eines Gerichtsbeschlusses Telefongespräche und Emails zwischen den USA und Afghanistan abgehört. Auch der Ende 2001 eilig durch den Kongress gepeitschte Patriot Act, der die Überwachungsmöglichkeiten erweiterte, hatte es der NSA nicht ermöglicht, in den USA selbst abzuhören – und schon gar nicht ohne Gerichtsbeschluss.
Wie so vieles wurde dies von Bush heimlich durch einen Präsidentenerlass angeordnet, was erst vor ein paar Tagen durch einen [extern] Artikel in der New York Times bekannt wurde ([local] Schmutzige Nummer). 2004 wurde die Regelung von einem Richter des für die Bewilligung von Hausdurchsuchungen und Lauschangriffen zuständigen Federal Intelligence Surveillance Court (FISA) beanstandet, weil dabei Informationen von der NSA an das FBI weiter gegeben werden. Das Gericht hatte die Sorge, dass, wie auch schon 2002 beanstandet, sich das Justizministerium nicht an das Recht hält ([local] FBI hat sich Lauschangriffe erflunkert). Allerdings hatte Ashcroft gegen den FISA Ende 2002 durchsetzen können, dass die bislang vorhandenen Barrieren FBI und Geheimdiensten im Rahmen des Patriot Act weitgehend eingezogen werden, um einen möglichst ungehinderten Informationsfluss zu ermöglichen ([local] USA: Freier Informationsfluss zwischen Geheimdiensten und FBI).
Die Times hatte die Informationen über den Präsidentenerlass aus dem Jahr 2002 auf Druck der Bush-Regierung noch ein Jahr lang der Öffentlichkeit vorenthalten. Angeblich hätte dies die Aufklärung terroristischer Aktivitäten behindern können, viel eher aber wollte man das Thema vor den Präsidentschaftswahlen und vor der Verlängerung des Patriot Act lieber im Dunklen lassen. Immerhin hat die Times nun mit der lange verzögerten Veröffentlichung die Diskussion auch über Patriot Act wieder in Gang gesetzt. Der Senat hat am Freitag schon einmal gegen eine Verlängerung über den 31.12.2005 hinaus gestimmt.
Bush rechtfertigte die von ihm bewilligten Lauschaktionen, dass sie für die Terrorabwehr notwendig gewesen seien und man dadurch nicht näher genannte Anschlagspläne hätte vereiteln können. Überdies sei alles auch ganz rechtmäßig geschehen, was allerdings viele, selbst in der NSA, nicht überzeugen kann. Allerdings waren angeblich auch einige Kongressabgeordnete darüber informiert, so dass wohl auch hier nicht genügend Kontrolle über die Regierung ausgeübt wurde. Allerdings behauptet der ehemalige demokratische Senator Bob Graham, der im Geheimdienstausschuss saß, dass niemals über eine Erweiterung der NSA-Befugnisse gesprochen worden sei. Anzeige
Bush hatte, wie auch bei der Schaffung von rechtsfreien Räumen für die Entführung, Inhaftierung und Folterung so genannter "feindlicher Kämpfer", schlicht von Rechtsberatern den rechtlichen Rahmen zurecht biegen lassen. In diesem Fall sind sie, wie die Times schreibt, aber noch geheim, was auch auf ein besonderes rechtsstaatliches Verständnis der Bush-Regierung hinweist.
Überwacht wurden seit 2002 heimlich auch zahlreiche US-Bürger. Wie sich vor kurzem herausstellte, hat man neben anderen US-Bürgern und Menschen, die sich in den USA aufhalten, auch Oppositionelle und Friedensaktivisten u.a. von der 2002 im Pentagon [extern] geschaffenen Geheimdienstabteilung Counterintelligence Field Activity (CIFA) [extern] abgehört. In aller Regel seien diese, so das FBI gegenüber der [extern] Washington Post, keiner Straftat verdächtig gewesen. Die Informationen wurden, auch wenn sich keine Erkenntnisse ergaben, in Datenbanken gespeichert. Vermutlich geraten auf die Weise auch viele Menschen auf die Beobachtungslisten, wodurch sie an Flughäfen strenger kontrolliert und manchmal auch am Flug gehindert werden.
Die Mao-Bibel sollte man lieber nicht lesen
Aber auch die Überwachungsmöglichkeiten, die der Patriot Act ermöglicht, bestätigen, dass die Bush-Regierung ihren Krieg gegen den Terrorismus, der nicht nur im Ausland, sondern vor allem auch an der "Heimatfront" geführt werden müsse, auf Kosten von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit führt. Mit der angeblichen Verteidigung der Freiheit schrumpft diese Stück für Stück. Der Patriot Act, der schon mit seinem Titel so tut, als wäre die Erweiterung der Überwachung ein Dienst am Vaterland, erweiterte die Befugnisse der Sicherheitsbehörden beim Überwachen der Kommunikation, bei Hausdurchsuchungen und bei der Einsicht in Daten von Banken, Unternehmen, Krankenhäusern und Bibliotheken. All das ist weitgehend auch ohne konkreten Verdacht möglich und geschieht heimlich, wenn auch mit Genehmigung des FISA oder mit so genannten National Security Letters. Jährlich 30.000 solcher Genehmigungen zum Abhören oder zu Einsicht in Daten von US-Bürgern werden über die National Security Letters von der FBI [extern] ausgestellt, ohne dass diese von eine Richter genehmigt oder vom Kongress kontrolliert werden.
Dass die Überwachung der Bibliotheken, wodurch sich Leseverhalten oder auch Nutzung der mit dem Internet verbundenen Computer einsehen lässt, nicht nur auf dem Papier steht, hat nun ein [extern] Fall an der University of Massachusetts at Dartmouth deutlich gemacht. [extern] Brian Williams, Professor für Islamische Geschichte, und Robert Pontbriand, Professor für Kulturgeschichte, [extern] berichten, dass ein Student wegen des Ausleihens eines Buches in den Blick des Heimatschutzministeriums geraten ist.
Für eine Arbeit über den Kommunismus in dem Kurs über Faschismus und Totalitarismus von Pontbriand sollte sich der Student eine Mao-Bibel bzw. das Rote Buch (Die Worte des Vorsitzenden Mao) ausleihen. Da Pontbriand, wie er sagt, den Studenten empfiehlt, direkt zu den Quellen zu gehen, suchte der Student sich eine offizielle Version des von der damaligen chinesischen Regierung veröffentlichten Buches über die Fernleihe zu besorgen. Dazu musste er persönliche Angeben machen. Kurz darauf standen zwei Angehörige des Heimatschutzministeriums vor der Tür seines Elternhauses. Sie erklärten, das Buch – immerhin aus den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts – befinde sich auf einer "Beobachtungsliste", weswegen sie der Sache nachgehen müssten. Sie hatten das Buch dabei, berichtete der Student Pontbriand und Williams, aber übergaben es ihm nicht.
Das Heimatschutzministerium, so Pontbriand, überprüfe offensichtlich zumindest die Fernausleihe der Universitätsbibliotheken. Und offenbar sei dies auch ohne richterliche Anordnung geschehen. Williams, der für seine Forschung Kontakte mit Menschen aus Bosnien, Mazedonien, Tschetschenien oder Usbekistan pflegt, geht auch davon aus, dass seine Telefongespräche abgehört werden: "Mein Gefühl sagt mir, dass viel mehr gelauscht wird, als wir denken." Williams wollte eigentlich im nächsten Semester einen Kurs über Terrorismus anbieten, überlegt aber nun, ob er damit seine Studenten nicht Gefahren aussetzt, weil sie vom Heimatschutzministerium verdächtigt werden könnten: "Ich muss mit Schaudern daran denken, was die Regierung von all den Studenten halten wird, die ich al-Qauida-Websites habe beobachten lassen. Mao Tse-Tung hingegen ist völlig harmlos."
Update:
Paul Saffo hatte den Artikel aus Southcoast Today, wie er [extern] berichtet, einem Bekannten geschickt, der beim Heimatschutzministerium arbeitet. Seine Antwort ist nicht uninteressant:
"This is clearly intended to be a scare story. I'm sure, lots of information was left out - especially about his 'time abroad' and other associations. I assure you that DHS does not have 'agents' that investigate people who che ck out library books. This story, I'm sure, was intended as another bullet against renewal of the Patriot Act. If the 'Gorelick Wall' between intelligence and counter-terrorism is erected as before, then you can count the days before our country is attacked again. What people do not know is how successful we've been at neutralizing the bad guys - and the Patriot Act has played a significant role."
Es ist nun fast zwei Jahre her, seit dem letzten Beitrag in diesem Thread. Zwei Jahre, in denen die Bürgerrechte immer weiter ausgehöhlt wurden, zwei Jahre in denen das Verbrecherregime um George W. Bush seine Machtpositionen ausbauen konnte, zwei Jahre die die internationale Staatengemeinschaft ungenutzt ließ, diese aus meiner Sicht neuen Faschisten zu stoppen. Nachdem Afghanistan und Irak brennen, in Jugoslawien ein Schwelbrand existiert, besteht die Gefahr, dass diese Bande weitere Länder angreift.
Was vermag die Menschen aufzurütteln? Wie kann man Bush und Co. noch stoppen? Wer da denkt, das Problem erledigt sich mit der Neuwahl, der macht sich was vor. Längst ist die Gesellschaft in den USA umgebaut.
Hier ein interessantes Interview mit einer Frau, die die politische Szene in Washington sehr gut kennt.
ZitatInterview mit Naomi Wolf Bush ist wie Hitler - oder jedenfalls ein bisschen "So haben die das in Deutschland auch gemacht": Foltergefängnisse, Rechtsbeugung, Schikane - Kulturkritikerin Naomi Wolf warnt vor der Demontage der Demokratie in Amerika. Interview: Andrian Kreye
SZ: Sie vergleichen die Jahre der Bush-Regierung mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten. Kann man Bush wirklich mit Hitler vergleichen?
Naomi Wolf: Da müssen wir gleich mal differenzieren. Ich vergleiche Bush nicht mit Hitler. Ich ziehe nur Parallelen. Es gibt bestimmte Muster und Praktiken, die immer wieder auftauchen, wenn der demokratische Prozess gefährdet wird. Es wäre sehr dumm, wenn wir das nicht begreifen und nicht aus der Geschichte lernen würden.
SZ: Das klingt zwar differenzierter, ist aber immer noch ein Vergleich. Ziehen Sie diese Parallelen nicht gerade, weil sie rhetorische Sprengsätze sind?
Wolf: Durchaus. Gleich nach dem Holocaust war es ein Zeichen von Respekt, dass bestimmte Diskussionen tabu waren. Und natürlich können Sie solche Vergleiche nicht ziehen. Sie sind Deutscher. Ich würde mich sehr aufregen, wenn Sie als Deutscher daherkämen und mir erzählen würden, dass es in Amerika wie im Dritten Reich zugeht. Ich kann das sehr wohl. Und ich bin als Jüdin mit einer Familiengeschichte im Europa des Dritten Reiches sogar dazu verpflichtet. Dieses tiefe Trauma hängt sozusagen im zellularen Gedächtnis. Wenn man solche Parallelen erkennt, stellt sich ein regelrechtes Gefühl der Panik ein.
SZ: Auch bei Ihnen als Amerikanerin, die in den sechziger Jahren geboren wurde?
Wolf: Ich habe dieses Buch als Tochter von Holocaust-Überlebenden geschrieben. Meine Eltern haben mir in den letzten Jahren oft gesagt: So haben die das in Deutschland auch gemacht, es gibt wichtige Lektionen, wie man die Demokratie und die Bürgerrechte schützt.
Ich habe sie erst für verrückt erklärt. Aber dann habe ich angefangen, Bücher über die Geschichte des frühen 20. Jahrhunderts in Deutschland zu lesen und erschrak. Inzwischen bin ich der Meinung, dass es für die Opfer sogar eine Ehre ist, wenn man diese Lektionen früh lernt.
SZ: Was haben Sie denn gelesen?
Wolf: Ich habe Josef Goebbels' Tagebücher gelesen, und die Parallelen waren beängstigend. Es gibt bestimmte Taktiken, um Demokratien zu schwächen, Korruption zum Beispiel. Eine andere Methode hat zum Beispiel Pinochet eingesetzt und die Pakistanis benutzen sie: Sie haben den öffentlichen Dienst gesäubert und Linientreue der Mächtigen installiert.
SZ: Und das haben Pinochet und die pakistanischen Militärs von den Nazis gelernt?
Wolf: Eine der ersten Maßnahmen Goebbels' war es, den öffentlichen Dienst aufzulösen. Und dabei ist er als Erstes gegen die Anwälte vorgegangen. Wenn man die Geschichte betrachtet, dann ist das viel schlimmer als die Politisierung bestimmter Ämter. Eine Geschichte, die die New York Times beispielsweise nicht weiter verfolgt hat, ist die Tatsache, dass es wahrscheinlich Mails und Memos zwischen Bushs Rechtsberaterin Harriet Miers und dem Justizministerium gab, in der sie die Möglichkeit erwogen, nicht nur einige Bundesanwälte zu feuern, was ja bekannt ist, sondern alle. Und zwar gleichzeitig.
SZ: Aber im Gegensatz zu Deutschland in den dreißiger Jahren ist das ja nicht geschehen.
Wolf: Richtig. Das kann man auch nicht direkt vergleichen. Aber schon die Tatsache, dass ernsthaft darüber nachgedacht wurde, sollte den amerikanischen Bürgern zu denken geben. Die Bundesanwälte sind zum Beispiel für Wahlbetrug zuständig, für Unstimmigkeiten bei der Registrierung von Wählern. Und wenn erst einmal die Bundesanwälte weg sind, wird alles sehr schwierig.
Schauen Sie sich Berlin 1931 an. Da gab es legale Abtreibungen, es gab Rechte für Schwule, es gab Menschenrechtsanwälte, Menschenrechtsaktivisten, modernistische Architektur. Das sah wirklich nicht aus, als wäre das Land auf dem Weg in die Diktatur. Und gerade deswegen wäre es dumm, die Gefahr für Amerika zu unterschätzen, wenn es zum Beispiel der Exekutive immer mehr Macht gibt, um das Kriegsrecht zu verhängen - was mit dem National Defense Authorization Act des Jahres 2007 geschehen ist. Es ist höchst gefährlich, ein geheimes Gefängnissystem aufzubauen, in dem gefoltert wird. Nennen Sie mir eine Regierung, die geheime Gefängnisse unterhielt, in denen gefoltert wurde, die nicht irgendwann die Opposition verfolgt hat.
SZ: Warum gibt es keinen Aufschrei gegen solche Maßnahmen?
Wolf: Amerikaner sind naiv. Sie haben keine Vorstellung davon, wie anfällig eine Demokratie sein kann, wenn erst einmal eine bestimmte Zahl von Kontrollmechanismen außer Kraft gesetzt wird. Die Versuche, die Bundesanwälte zu feuern, sind ja nur ein Beispiel dafür. Ich würde das auch nicht so hoch hängen, wenn diese Regierung nicht sieben Jahre lang den Gesellschaftsvertrag unserer Demokratie mit Füßen getreten hätte. Sie geht einfach davon aus, dass wir das nicht bemerken. Und da soll ich als Amerikanerin nicht das Recht haben, das mit Hitler in den Dreißigern zu vergleichen? Als Kulturkritikerin muss ich diese dramatischen Angriffe auf die Demokratie einfach wahrnehmen.
Es gibt an diesen Wendepunkten der Geschichte einen Katerzustand, der sehr gefährlich ist, weil die Menschen nicht erkennen, was passiert: weil es einfach zu beängstigend ist, weil es schrittweise passiert und weil die Demokratie sehr klug und strategisch angegriffen wird. Bei den meisten solcher schrittweisen Angriffe auf eine Demokratie gibt es dann ein plötzliches traumatisches Ereignis.
SZ: Haben wir diese Wendepunkte in Amerika schon hinter uns?
Wolf: Ich glaube schon. Wenn Sie mir 2003, als der Skandal um die Folterungen in Abu Ghraib losbrach, erzählt hätten, dass wir drei Jahre später Folter per Gesetz legitimieren und so die Folterer in Amerika rückwirkend schützen - das ist definitiv ein Wendepunkt.
Oder nehmen Sie die Ärzte, die Folter unterstützt haben. Ärzte und Psychiater, die per Eid dazu verpflichtet sind, niemandem Schaden zuzufügen, und die per Unterschrift Praktiken zulassen, die das Rote Kreuz als Folter klassifiziert. Solche Ärzte gab es auch in Deutschland. Aber auch das ist kein Vergleich, sondern eine Parallele.
SZ: Mit dem Faschismus.
Wolf: Es geht natürlich nicht um Faschismus per se, ich habe das als eine Art Kurzformel für einen Essay benutzt. Aber die Diktatoren dieser Welt haben sich nun einmal gegenseitig studiert. Hitler lernte von Mussolini, Stalin studierte Hitler, Hitler studierte Stalin, die amerikanische Militärakademie School of the Americas studiert alle drei und brachte Diktatoren aus ganz Lateinamerika die Techniken bei, wie man Gesellschaften dichtmacht. Das ist kein Geheimnis. Mein Buch beschäftigt sich mit sechs verschiedenen Zeiten und Orten quer durch das Spektrum der Unterdrückung: Italien in den Zwanzigern, Deutschland in den Dreißigern, Ostdeutschland in den Fünfzigern, die Tschechoslowakei in den Sechzigern, Pinochets Coup von 1973 und China in den späten achtziger und frühen neunziger Jahren. Die Tyrannen, egal ob sie von rechts oder links kommen, folgen denselben Mustern, um die Demokratie auszuhebeln.
SZ: Sehen Sie diese Muster in Amerika denn immer noch so oft?
Wolf: Immer öfter. Aber genau das passiert, wenn eine offene Gesellschaft systematisch geschwächt wird. Ein Schneeballeffekt entsteht. Vor einem Jahr habe ich alle paar Tage vielleicht ein, zwei Geschichten gefunden. Jetzt bekomme ich permanent E-Mails von Leuten, die mir erzählen, dass beispielsweise dieser Unterstützer der Demokraten angezeigt wird oder ein anderer einen Brief von der National Security Agency bekam, dass ein Blogger im Gefängnis ist oder gefeuert wurde, und noch schlimmer. Sie schreiben über einen Bauarbeiter, der im Irak arbeitet und Korruption bei Waffenverkäufen gesehen hat und eingesperrt und gefoltert wurde.
Wir beobachten eine ständige Begriffserweiterung. Nach den jüngsten Gesetzen gilt schon jemand als Terrorist, der einen Kuhstall anzündet, also jeder militante Tierschutzaktivist. Das gab es auch unter Stalin, diese ständig veränderbare Definition eines Staatsfeindes, eines Subversiven, eines Saboteurs. Deswegen ist es wichtig, dass man nicht nur die deutsche, sondern eben auch die italienische, tschechische, chilenische Geschichte studiert, weil der Siedepunkt in jedem Fall ein anderer war.
SZ: Europäer hoffen, dass nach Bush und Cheney alles besser wird. Selbst wenn Republikaner wie Rudy Giuliani oder Mitt Romney an die Macht kommen.
Wolf: In einer intakten Demokratie wäre das ja auch der Fall.
SZ: Würde sich denn mit einem Wahlsieg der Demokraten nicht tatsächlich alles verändern?
Wolf: Es ist natürlich möglich, dass meine ganze Argumentation vollkommen überzogen ist. Wunderbar. Dann gibt es eine Wahl, die Demokraten gewinnen, so wie sie übrigens im Jahr 2000 gewonnen haben und vielleicht auch im Jahr 2004 . . . Aber lassen wir das mal beiseite inklusive der enormen Angriffe auf die Demokratie in diesem Jahr.
Die Demokraten gewinnen also, oder wenigstens ein Republikaner, der bei Trost ist. Und der macht die Auflösungserscheinungen rückgängig. Dann wären mein Buch und meine Essays überflüssig, hysterisch, der Ruf einer Kassandra. Obwohl Kassandra ja recht hatte, wie sich herausgestellt hat.
Nutzen Sie Ihren gesunden Menschenverstand. Diese Regierung hat gegen den vierten Verfassungszusatz verstoßen, der gegen unrechtmäßige Durchsuchungen schützt, gegen den ersten Verfassungszusatz, der die Meinungsfreiheit garantiert, sie hat illegal einen Krieg begonnen, gefälschte Dokumente dafür benutzt, ein geheimes Gefängnissystem aufgebaut, in dem gefoltert wird, sie hat Leute entführt und gefoltert, sie hat das Parlament ignoriert, Verfügungen über den Kongress hinweg erlassen. Lauter Dinge, die sich seit 200 Jahren niemand mehr getraut hat. Angesichts dieser systematischen Demontage der Verfassung und ihrer Prinzipien, wie kann man da noch Vertrauen in dieses System haben?
SZ: Die Mehrheit schrumpft zwar, aber ein Großteil der Amerikaner hat offensichtlich immer noch großes Vertrauen in dieses System.
Wolf: Amerikaner glauben, dass die amerikanische Demokratie nicht totzukriegen ist und sich immer wieder von selbst erneuert. So ähnlich denken sie auch über die Natur und Rohstoffe. Dass Natur immer da sein wird, dass man sie aufreißen, ausbeuten und missbrauchen kann und sie trotzdem immer für uns sorgen wird. Aber nun stellt sich eben heraus, dass wir für Demokratie und die Natur sorgen müssen, wenn wir wollen, dass sie weiterhin für uns sorgen.
Gerade bemerke ich den Jubel unserer so angeblich freiheitlichen Welt über die Ermordung von Osama Bin Laden. Zuvor las ich, dass US_Senatoren ganz offen die Ermordung von Ghadaffi fordern und die NATO gezielt zivile Gebäude bombardiert, in denen sie Mitglieder der Familie Ghadafis vermutet. Und unsere Politiker haben nichts besseres zu tun, als sich über so was zu freuen? Herr Westerwelle, Herr Wowwereit und Co., wachen Sie endlich auf. Die NATO als verlängerter Arm von angloamerikanischen Machtinteressen und die USA sind längst auf dem Weg weg von Demokratie und Rechtstaatlichkeit. Sie verkommen zu Terroristen wo derjenige Recht hat, der der Stärkere ist. Was ist denn los bei uns, das alles so aus dem Ruder läuft???
Die Tötung eines Menschens in einem Fremden Land durch Geheimagenten ist ein Terroranschlag, die Tötung eine Ermordung. Niemand darf ohne Gerichtsprozess einfach ermordet werden. Und Krieg gegen Zivilisten ist Terror. Mir kommt es langsam so vor, als wenn wir jegliches Augenmaß verlieren. Am Angloamerikanischen Wesen soll die Welt genesen? Ekelhaft!