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  • Thema von nuncine im Forum Texte aller Art, Gedic...

    Der Träumer

    Es ging durch meinen Traum heut Nacht,
    auf leisen Pfoten still und sacht,
    mein Kätzchen stolz auf allen Vieren
    von Baum zu Baum im Mond spazieren.

    Ihr Schwänzchen wippte hin und her,
    als wenn's 'ne Wünschelrute wär'.
    Ich sah ihr nach, was das wohl sei.
    Versank in tiefer Grübelei.

    Ihr Gang war voller Elegance.
    Mein Blick gar seltsam frug in Trance,
    was mir verbarg der leise Traum,
    der ohne Zeit und ohne Raum.

    Mein Kätzchen wagt sich ohne Bangen
    hoch hinaus ohne zu fallen,
    doch ich, in meinem Traum gefangen,
    find keinen Halt ganz ohne Krallen.

    Ach, könnt ich wie mein Kätzchen wandeln,
    so unbeschwert und sorglos handeln,
    ganz ohne Angst so sicher gleiten,
    auf meinem Lebenswege schreiten.

    Was gäb' ich drum, ohne zu denken,
    so sicher meinen Schritt zu lenken.
    Doch überleg ich viel zu sehr,
    welcher für mich der rechte wär'.

    So bleibe ich der Träumer nur,
    verwische meine Lebensspur.
    Bleib traurig träumend hier zurück,
    versäume so mein Lebensglück.

  • Thema von nuncine im Forum Texte aller Art, Gedic...

    Gleichnisse

    Ich bin das Meer – du bist mein Ufer,
    an dem Ruhe ich finde.
    Ich bin das Schiff – du bist der Leuchtturm,
    der mich sicher um die Klippen leitet.

    Ich bin der Baum – du bist der Regen,
    der mit Leben mich erfüllt.
    Ich bin ein leeres Blatt – du bist der Gedanke,
    der meinem Dasein Inhalt gibt.

    Ich bin der Tag – du bist die Sonne,
    die mein Herz erwärmt.
    Ich bin die Nacht – du bist der Stern,
    der mich vor der Finsternis bewahrt.

    Ich bin die Verlorene – du bist der Geliebte,
    der mich der Einsamkeit entreißt.
    Ich bin die Hungernde – du bist die Liebe,
    die mir Nahrung gibt.

    Ich bin das Gestern – du bist mein Heute,
    der mein Morgen mit Sinn erfüllt.
    Ich bin der Augenblick – du bist die Ewigkeit,
    die mein Gleichmaß ist.

    Ich bin der Frühling – du bist der Regenbogen,
    der meine Seele berührt.
    Ich bin der Sommer – du bist der Wind,
    der Erfrischung mir verschafft.

    Ich bin der Herbst – du bist der Sturm,
    der mich zu entwurzeln droht.
    Ich bin der Winter – du bist der Schnee,
    der in sorgsamer Liebe mich wärmt.

  • Thema von nuncine im Forum Ablage Speakers Corner

    Hallo zusammen,

    Mandy16 und Blaue Feder haben ein Thema aufgeworfen, über das man einmal diskutieren könnte. Kaum einer in diesem Forum passt in eine Norm.
    Was aber ist eine Norm? Gibt es überhaupt Normen, in die ein Individuum passt. Vielleicht in die Norm der Legastheniker (hatten wir schon), die Norm der Fettnäppchentreter, der Meckerer, der Querulanten, der Angepassten, der Angsthasen .....

    Liebe Grüße - nuncine

  • Thema von nuncine im Forum Texte aller Art, Gedic...

    Wenn die Krähen Flossen hätten
    und Fische lägen in den Betten,

    Wenn die Wanzen Polka tanzen
    und Kühe trügen einen Ranzen,

    Wenn Kamele Pfeife rauchen
    und Katzen wie ein U-Boot tauchen,

    Wenn Elefanten Pirouetten drehn
    und Kraken auf der Nase stehn,

    Wenn Affen alten Whisky saufen
    und Schlangen sich die Haare raufen,

    Wenn Antilopen lernen fliegen
    und Läuse junge Hunde kriegen,

    Wenn Hähne wie die Hühner gackern
    und Tiger auf dem Acker ackern,

    Wenn Löwen wie die Tauben gurren
    und Eisbären wie die Bienen surren,

    Wenn Schweine über Bäume springen
    und Nilpferde wie Meisen singen,

    Wenn Krokodile Kinder hüten
    und Schnecken wie die Haie wüten,

    Wenn Frösche wären schöne Prinzen
    und Eulen wie die Starlets grinsen,

    Wenn Esel wären Professoren
    und Wölfe hätten Hasenohren,

    Fragst du dich, "Welchen Sinn macht das?"
    Dann sag ich dir, "Das ist kein Spaß!"

  • Thema von nuncine im Forum Ablage Speakers Corner

    Galaktische Grüße an Euch, Euer Erlaucht! Euer fürstliche Hoheit! .... tiefe Verbeugung (na ja, zumindest angedeutet!) ;-)))))))))

    Ich hoffe und wünsche, dass Euer Widerspenstigkeit so bleibt, unergründlich wie das Universum! Nur Erdlinge fürchten die Zeit und das Wissen um die Unendlichkeit, ein Fürst niemals! In 52,7865431947 Sternenstaubsekunden schicke ich dir meine Geburtstagsgrüße zum Aldebaran, wo ich dich vermute.

    LG nuncine

  • Thema von nuncine im Forum Texte aller Art, Gedic...

    Zur Abwechslung mal ein frühes Werk von nuncine

    Zitat
    Erkennen

    Wer bin ich – wer Du?
    Immer Dich erkennen wollend
    Deine Worte ergründend
    Deine Gesten verfolgend.

    Wissend darum,
    dass ich Dich erforsche,
    wie Du mich zu erkennen meinst.

    Bin ich so, wie ich zu sein scheine?
    Bist Du der, den ich zu kennen glaube?
    Deinen prüfenden Blick spürend
    erhöht die Ungewissheit den Reiz der Gegenwart.

    (1980)

  • Thema von nuncine im Forum Texte aller Art, Gedic...

    Einst drängte sich ein dicker Wal,
    von Kopf bis Flosse war er oval,
    durch den Panamakanal.
    Doch dieser war, was sehr fatal,
    für Hansi Prahl, so hieß der Wal,
    weil dieser äußerst kolossal,
    leider optimal zu schmal.

    Da kam vorbei ein kluger Wal,
    der sportlich war und sehr vital.
    Der kluge Wal hieß Parzival
    und trat sehr gern ins Radpedal.
    Um dieses band er seinen Schal
    und dann noch um den Hansi Prahl.
    So zog er schnell den dicken Wal
    aus dem Panamakanal.

    Und so erlöst von seiner Qual
    bedankte sich der Hansi Prahl
    bei seinem Retter Parzival.
    der sagte ihm „Versuchs doch mal,
    und spiel mit mir mal Volleyball.
    Dann wirst du sehn, auf jeden Fall,
    bist du bald wie ich so schmal.

    ...

    lg nuncine

  • Thema von nuncine im Forum Texte aller Art, Gedic...

    Januarmond

    Ich wünschte, Du wärst hier.
    Wärst hier, so nah bei mir.
    Ich wünschte, Du hieltst meine Hand,
    die im Winter die Deine fand.

    Wenn ich Dich doch wiederfände
    für einen Winter ohne Ende,
    ich schenkte Dir den Erntemond,
    der über Weizenfeldern wohnt.

    Doch blieb mir nur der Wintermond,
    der in meiner Seele wohnt.
    Sonnensplitter träumen den Winter zurück.
    Splitter des Lebens und Flügel des Glücks.

    Sie fliegen mit mir zum Horizont.
    Doch wer weiß, ob das Glück dort wohnt?
    Am Morgen, wenn die Träume fliehn,
    dann war das Glück doch nur geliehn.

    (1980)

    lg - nuncine

    [ Editiert von nuncine am 26.10.09 21:22 ]

  • Thema von nuncine im Forum Texte aller Art, Gedic...

    Ausgegrenzt

    Das Gewissen geflutet
    Von gewisser Losigkeit,
    den Verstand seziert,
    Verständnislos rezensiert
    Verlieren sich Träume,
    Illusionen den Grabgesang
    Zu zelebrieren.
    Hoffnung die flüchtig
    im Blendwerk erblindet,
    Überlebend im Fatalismus.

  • Thema von nuncine im Forum Texte aller Art, Gedic...

    @ an alle querdenker, dafür mag ich euch...

    Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Geschichte, nachdem ich in diesem Forum schon Vieles gelesen habe, so gar nicht nach Eurem Geschmack ist. Ich stelle einen Teil trotzdem hier ein, denn ich glaube, dass auch Geschichten dieser Art ihre Daseinsberechtigung haben. Es ist eine Geschichte für Kinder, vor allem ist es Mathildas Geschichte. Vielleicht gefällt sie euch, vielleicht auch nicht. Was ich damit sagen will, Mathilda hat mich vor eine Herausforderung gestellt, und mir machte es großen Spaß, ihr ihre ganz persönliche Geschichte zu schreiben. Manches ist wahr, anderes erfunden. Entspannt euch einfach mal für ein paar Minuten, ehe ihr mich für diese Geschichte zerpflückt.

    lg nuncine


    Dieses Buch ist für Mathilda ganz persönlich

    von Tante Mara

    Was Tante Mara an Weihnachten erzählt

    Ich war dabei, mein weiß ich nicht wievieltes Buch zu schreiben. Dabei hatte ich noch nicht einmal das erste veröffentlicht. Eigentlich hab ich gar keine Ahnung, ob überhaupt jemand lesen will, was ich da so schreibe.
    Ein verrücktes Jahr war das. Dauernd war ich unterwegs. Meine Reisetasche hatte ich längst aufgegeben, auszupacken. Das war praktisch, wenn ich zu Katharina und Karl düsen musste, weil Karl krank war, und Katharina mit ihrer Oma aus Oklahoma einige wichtige Dinge bereden musste. Außerdem fahre ich immer gern zu Mathilda. Mathilda und Max sind die Geschwister von Flo und Paul. Also die Kinder von meinem Bruder Wolle und seiner Frau Eseorè.
    Im Sommer hatte ich ein paar Tage Zeit und war zu Hause. Meine kleine Freundin Mathilda hatte sich zu Besuch angemeldet. Auf ihren Besuch freue ich mich immer sehr. Wenn Mathilda ins Haus kommt, dann lacht die Sonne, selbst wenn es draußen regnet und stürmt. Der kleine Wirbelwind ist immer fröhlich und herzerfrischend aufgeschlossen. Da muss auch der brummigste Brummbär ein freundliches Gesicht aufsetzen. Weil ich Mathilda meist nur fröhlich kenne, fällt es mir besonders auf, wenn sie ein Problem hat. So klein diese Knirpse sind, haben sie ihre Fragen an die große Welt. Manchmal sind sie auch traurig. Das kommt natürlich vor. Ich mag es gar nicht, wenn Mathilda traurig ist. Überhaupt, alle Kinder sollten immer glücklich lachen können und ihre Welt unbeschwert entdecken.
    Bei diesem Besuch war Mathilda ständig um mich herum. Dass sie etwas auf dem Herzen hatte, spürte ich genau. Sie wurde etwas ernst, was ich von ihr nicht gewohnt war. Dann kam das große Fragezeichen, mit dem ich nicht gerechnet hatte.

    „Duu, Tante Mara, schreibst du auch für mich eine Geschichte?“.

    Ich war platt. Das hatte mich bis jetzt noch niemand gefragt.
    Mathilda sah mich erwartungsvoll an. In ihren Augen strahlte das Blau des Sommerhimmels, wenn die Sonne lacht und die Wolken längst ins Weihnachtsland gezogen sind.
    „Klar, Mathilda, mach ich. Worüber soll ich dir denn eine Geschichte schreiben?“ fragte ich zurück. Das hätte ich nicht tun sollen!
    Mathildas Antwort war klar und deutlich. „Na über miiich!“. Dabei lächelte sie mich mit dem hoffnungsvollsten Lächeln an, das man sich nur vorstellen kann.

    Jetzt hatte ich den Salat. Über alles hätte ich schreiben können. Über Feen, Schmetterlinge, Elfen und andere Märchengestalten. Jetzt stand ein kleines Mädchen vor mir, das selbst aus einem Märchenbuch gestiegen war, so zauberhaft und offenherzig.

    „Schreib was über mich!“ sagte Mathilda noch einmal.

    Ich musste feststellen, dass ich beinahe nichts von dem lustigen Blondschopf mit dem langen Feenhaar weiß.
    So sind wir großen Menschen. Wir nehmen leicht den Mund voll, geben vor, alles zu wissen, bis ein kleines Mädchen uns eine Aufgabe stellt und uns damit zeigt, dass auch große Menschen nicht alles wissen können.
    Immerhin, ich weiß schon, dass die Geschichte „Mathildas Reise zu den Sternen“ heißen wird.
    Nur, wie soll Mathilda zu den Sternen reisen? Wäre Mathilda ein Junge, dann wär' die Sache klar. Ein Spaceshuttle würde ihn zu den Sternen bringen. Was sonst!
    Freilich, heutzutage spielen die Mädchen nicht nur mit Puppen. Sie können mindestens so gut wie ihre Brüder ihr Fahrrad reparieren. Und Papa können schon mal die Haare auf seiner Festplatte zu Berge stehen, wenn Mathilda ihm eines Tages erklärt, dass die Festplatte im Computer zwar manchmal eine haarige Angelegenheit sein kann, aber niemals unter Haarausfall leiden wird.

    Seit Tagen sitze ich vor meinem Computer, doch dessen Festplatte will mir einfach nichts über Mathilda erzählen. Da muss ich nun selber nachdenken. Ich sitze vor meinem Schreibtisch mit dem Computer und denke, und denke und denke. Und ich denke immer noch. Während ich so denke, ist es draußen dunkel geworden. Mein Schreibtisch steht am Fenster. Von dort kann ich in meinen Garten sehen. Manchmal finde ich unter den Büschen und Blumen eine Geschichte. Ich muss nur genau hinsehen. Ha, ich hab’s gewusst!

    Unter den Blüten von Fräulein Lila, der Glockenblume, raschelt etwas. Ob das Frau Raschelleis ist? Um diese Zeit? Tatsächlich! Frau Raschelleis macht Besorgungen. Die Kinderschar hat Hunger, denn gleich ist Brotzeit. Durch den Gartenzaun huscht Frau Raschelleis hinüber auf das Feld, das gleich nach meinem Garten beginnt. Im Sommer war dort ein großes goldgelbes Meer. Bauer Frieder hatte den schönsten Weizen weit und breit. Inzwischen war Herbst, das Feld längst abgeerntet. Aber für Frau Raschelleis und ihre Kinder war dort das Paradies. Diesen Winter würden sie nicht hungern. Frau Raschelleis steckte ihr spitzes Näschen in die Höhe, schnupperte in alle Richtungen. Mit ihren Knopfaugen beobachtete sie die Umgebung. Die Luft war rein. Lilli, die Katze mit der Tatze, war nirgends zu sehen. Jetzt aber flink. Mit ihren kleinen Füßen trippelte Frau Raschelleis im Laufschritt zum Feld.

    Sssst hörte ich nur, schon war sie auf dem Feld und sammelte die Weizenkörner, die beim Ernten heruntergefallen waren. Sssst machte es, und Frau Raschelleis schlüpfte zurück durch den Zaun und verschwand unter Fräulein Lilas Glöckchen, die leise bimmelten. Fräulein Lila schloss ihre Glöckchen und träumte vor sich hin. Sie träumte von einer kuscheligen weißen Schneedecke. Die Herbstnächte waren schon kühl. Bald konnte der erste Schnee fallen. Da war es Zeit, sich auf den Winter vorzubereiten. Fräulein Lila würde ihre Glöckchen sorgfältig in zarte Decken hüllen, genau so, wie ich jedes Jahr den zerbrechlichen Christbaumschmuck in Seidenpapier verpacke. Bald wird sich Fräulein Lila in die weiche Gartenerde zurückziehen. Wenn dann der Schnee fällt und sie zudeckt, kann sie schlafen. Im nächsten Frühling wird sie so schön blühen wie nie zuvor und ihre Glöckchen aufpolieren, damit die Frühlingsluft sich in die Herzen der Menschen singen kann.
    Ein Schatten schlich durch den Garten. Sammy? Wie kommt der hierher? Der müsste doch bei Mathilda sein. Nanu, was ist das? Sammy auf Reisen. Wie hat er das geschafft?

    Vielleicht mit einer Zeitreise? Quatsch, die gibts noch gar nicht. Höchstens in unseren Träumen. Ich schob meine Brille von der Nasenspitze dorthin, wo sie hingehört. Ach, das war doch Lilli. Sie ist Sammy aber auch zu ähnlich. Lilli schlich zu Fräulein Lila. Dort hatte doch grade was geraschelt. Fräulein Lila hatte die Klingel abgestellt. Nachtruhe!

    Frau Raschelleis rief eilig ihre Kinder und schickte sie ins Mäuseloch. Tief unten, in der guten Stube, hatte Herr Raschelleis schon den Tisch gedeckt. Die Kinder mussten ihre Pfötchen noch sauber putzen, dann stellte Frau Raschelleis die Schüssel mit den leckeren Körnern auf den Tisch. War das gemütlich. Alle lachten über die Katze mit der Tatze, die wieder einmal das Nachsehen hatte. Die schlich zurück zum Haus, setzte sich aufs Fensterbrett und mauzte so lange, bis ihr Dosenöffner kam.

    Der Dosenöffner ist mein Mann, Onkel Juli. Lilli beneidet ihn, doch es hilft alles nichts. Ihre Pfötchen können wunderbar schleichen. Ist Lilli auf der Jagd, kann sie auch ihre Krallen ausfahren. Wie viel Mühe sie sich aber auch gibt, sie hat es noch nie geschafft, die Dose mit dem leckeren Gänseklein alleine aufzumachen. Letztens hat sie sich sogar ihre beste Kralle dabei abgebrochen. Dabei sieht es so einfach aus. Der Dosenöffner steckt seinen Zeigefinger durch die Lasche am Deckel. Es zischt, und schon zieht ein lieblicher Duft von Gänsebraten in leisen Wölkchen durch die Barthaare in Lillis Schnuppernase.
    Während ich Lilli beobachtete, wurde ich müde. Ich nickte etwas ein. Ein gewisser Monsieur Schmetterling besuchte mich.
    „Na, fällt dir nichts ein? Ist doch ganz einfach! Lass mich Mathilda die Geschichte über sich erzählen. Ist ja nicht die erste Geschichte, die ich dir erzähle. Schlaf ruhig weiter. Du könntest etwas Ruhe brauchen.“
    So schlief ich ein und ließ Monsieur Schmetterling meine Geschichte über Mathilda erzählen. War sicher besser so.

    Monsieur Schmetterling nimmt die Dinge leichter. Er hat sozusagen den Durchblick. Nun ja, hör zu, Mathilda, was er mir über dich erzählte.

    Mathildas Reise zu den Sternen

    Tante Mara sah wieder aus dem Fenster. Noch nicht eine Zeile über Mathilda hatte sie auf das Papier geschrieben. Naja, eine schon. Den Namen der Geschichte. Im Garten war jetzt alles ruhig. Kein Lüftchen bewegte Fräulein Lilas Klingel. Ganz weit hinten, hinter dem Feld, dort wo der Wald beginnt, schimmerte ein schmaler dunkelroter Streifen. Die Sonne war müde und wollte sich gerade in ihr Bett legen. Dabei muss sie der erste Stern am Himmel beobachtet haben. Genau, du hast Recht. Es war der, der immer so frech blinkert und zuerst am Abendhimmel zu sehen ist. Aha, deswegen ist sie so rot geworden. Es wird wohl kalt werden heute Nacht.

    Wenn die Nächte kalt werden, dann blinken die Sterne besonders schön und noch geheimnisvoller als sonst. Genau wie an jenem besonderen Tag im Dezember.

    Es war der Tag und die Nacht von Sankt Nikolaus vor acht Jahren. Wie immer, wenn die Nacht sternenklar ist, stand Tante Mara auf dem Balkon ihrer Wohnung im letzten Haus am Rand der Stadt, wo sie einmal wohnte. Es war kalt. Sehr kalt. Am Tag waren die ersten Schneeflocken gefallen. Tante Mara sah in den Winterhimmel. Die Sterne funkelten heute außergewöhnlich hell. Gerade dachte sie darüber nach, welchen Braten sie am Weihnachtstag in den Ofen schieben würde. Plätzchen musste sie noch backen. An dem Pullover, den sie Onkel Juli versprochen hatte, fehlte noch der linke Ärmel. Wie sollte sie das alles nur schaffen?
    Draußen, in der klaren Nachtluft gelingen Tante Mara Pläne besonders gut. Sie schickt ihre Träume auf die Reise zu den Sternen. Die blinzeln ihr zu. Dann weiß sie, dass ihre Träume dort angekommen sind.
    Tante Mara fiel ein, dass Sankt Nikolaus der Schutzheilige der Seefahrer und der Reisenden ist. Warum fiel ihr das ausgerechnet jetzt ein? Na klar, heute war ja die Nacht des Sankt Nikolaus. Daran hätte sie auch gleich denken können. Über dem Waldrand blinkte ein Stern heller als die anderen, als sich plötzlich ein goldener Sternenglitzerstein von ihm löste und seine Reise zur Erde antrat. Man darf sich etwas wünschen, wenn ein Sternenglitzerstein zur Erde fällt. Die Wünsche, die man reinen Herzens wünscht, sollen wahr werden. Verraten darf man seine gewünschten Wünsche aber niemandem, sonst hilft das Wünschen nicht.

    Viele Sterne sah Tante Mara zur Erde fallen, aber noch nie einen so außerordentlich schönen. Vor lauter Glück, dass sie ihn gesehen hatte, vergaß Tante Mara das Wünschen.
    Am anderen Morgen rief Tante Maras Bruder an. Ganz aufgeregt war er. Hauptsächlich aber war er glücklich. „Du bist mal wieder Tante geworden.“ platzte es aus ihm heraus.

    „Sie heißt Mathilda und ist wunderhübsch!“. Tante Mara wollte noch etwas sagen, doch ihr Bruder, der Papa von Mathilda, musste die frohe Botschaft in der Welt verbreiten. Tante Mara war baff. In der Nacht von Sankt Nikolaus, genau in dem Moment, wo sie auf dem Balkon stand und der kleine Stern zur Erde fiel, steckte Mathilda ihr Näschen ins Licht der Welt. Genau so war es.

    Mathilda ist also eine Sternenreisende. Jetzt war Tante Mara alles klar. Das war Mathildas Stern! In seinem Gepäck hatte er alle guten Wünsche für ein kleines Mädchen, das sich eines Tages eine Geschichte über sich wünschen würde. Deswegen war Tante Mara kein Wunsch eingefallen. Er gehörte Mathilda.
    Mathilda war ein Geschenk von Sankt Nikolaus für alle, die sie kennen und lieb haben. Mit ihr gelangte Freude und Sonnenschein in ihre Familie. Kein Wunder, denn ihre langen Haare sehen aus wie die Strahlen der Sonne. Ihre Augen leuchten so blau wie der Himmel, an dem die Sonne am Tag und die Sterne in der Nacht ihr Licht in die Herzen der Menschen schicken.

    Nicht lange dauerte es, und Mathilda begann ihre Welt zu entdecken. Was gab es da nicht alles zu sehen. Auf bunten Sommerwiesen tummelten sich Schmetterlinge.
    „Mathilda, flieg mit uns. Es macht Spaß!“ wisperten die zarten Wesen.
    „Mama, hast du gehört, sie reden mit mir!“ jauchzte Mathilda vor Vergnügen.
    Mama lächelte und schaute Mathilda zu, wie sie ihre Arme ausbreitete und sich um sich selbst drehte. Der Wind wehte ihr Röckchen in die Höhe. Es sah aus, als würde Mathilda mit den Schmetterlingen fliegen. Singend sprang und hüpfte Mathilda über die Wiese. Die lila Glockenblumen bimmelten vor Vergnügen.
    Nur eine Glockenblume konnte nicht mehr klingeln. Traurig lag sie am Wiesenrand und ließ ihr Glöckchen hängen. Der Filsbauer wollte Heu für seine Kühe machen. Die lila Glockenblumen und die weiße Schafgarbe waren für den Filsbauern nur wichtig, wenn seine Kühe davon satt wurden und fette Milch für die gute Butter gaben. Ihre Schönheit sah der alte Zausel nicht. Und auch nicht Mathildas traurige Augen. Sie hob die unglückliche Glockenblume auf und brachte sie Mama. Die steckte sie in eine Vase, damit sie sich wieder erholte.
    Ein paar Tage stand sie so auf dem Küchentisch. Dann nahm Mama die Blume, legte sie vorsichtig in ein dickes Buch bis sie trocken war. So landete die Glockenblume zum Glück nicht im Bauch einer Kuh. Sie wurde auf eine Postkarte geklebt und auf eine weite Reise geschickt.

    Eines Tages zogen Mama, Papa, Mathilda und ihre Brüder um. Und weil sie einmal beim Möbelpacken waren, zogen Oma und Opa gleich mit um. Die ganze Familie zog auf den Bauernhof oben auf dem Berg. Endlich hatte Mathilda ein Zimmer für sich allein.

    Neben dem Hof wuchsen die schönsten Wiesen, die man sich vorstellen kann. Hinter den Wiesen begann der große Wald. Der Wald war so groß, dass man mindestens einen Tag brauchte, um durchzulaufen.
    Auch Bobby und Johnny hatten nun ihren Stall, von dem sie träumten. Gleich neben dem Stall lag die große Koppel, auf der sie sich richtig austoben konnten.
    Wenn Mama Zeit hatte, setzte sie Mathilda auf Bobby. Oben, auf Bobbys starkem Pferderücken sah die Welt ganz anders aus. Hier war sie den Sternen schon ein klitzekleines Stück näher gekommen. Mathilda streckte ihre Hand nach oben. Doch den Stern, der über der großen Tanne hinter dem Haus blinzelte, konnte sie noch nicht erreichen.

    Das Leben auf dem Berg war anders, als das Leben unten im Dorf. Mathilda war gerade erst zur Schule gekommen. Stolz zeigte sie allen, was sie schon gelernt hatte. Sie konnte jetzt MAMA, PAPA und ihren Namen schreiben.
    Papa und Opa waren jeden Tag im Wald. Sie haben die großen Fichten zersägt, die der Sturm im Winter umgeknickt hatte, als wären sie dünne Streichhölzer.
    Papa hat das Holz zerhackt und auf riesige Stapel gepackt. Das brauchte man im Winter zum Heizen, damit es in der Stube schön warm war.
    Mathilda sieht gern zu, wenn das Feuer im Ofen knistert und die Funken wie tausend Sterne stieben. Dann sitzt die Familie zusammen um den Ofen. Am schönsten ist das, wenn Papa nicht mit den Jungs schimpfen muss. Papa schimpft oft mit den Jungs. Die haben soviel Unsinn im Kopf. Aber meistens ist der gar nicht so schlimm. Papa schimpft dann trotzdem und ist ungerecht. Das liegt bestimmt daran, dass er soviel arbeiten muss. Er meint es sicherlich nicht so.

    Mathilda aber ist dann sehr traurig und versteckt sich am liebsten in ihrem Zimmer. Manchmal sitzt sie auf dem Holzklotz hinter dem Haus, von wo sie die Tanne hinter dem Haus sehen kann, über der jeden Abend ein kleiner Stern blinzelt. Dabei hat sie den Papa so lieb, wie keinen anderen Papa auf der ganzen Welt. Und die Mama, die ist die allerliebste Mama, die es gibt. Sie fährt Mathilda und die Jungs überall hin, wo sie hin wollen. Und den Papa auch. Den fährt sie auch in die Arbeit, weil er keine Fahrerlaubnis hat.
    Wenn Papa nicht schimpft, dann ist er lustig und spaßig, wie es nur der Papa sein kann. Eben der tollste Papa auf der Welt. Mathilda wünschte sich den Papa immer so lustig.
    Wie im letzten Winter. Da lag soviel Schnee, dass man kaum zur Tür raus konnte. Papa hat Mathilda auf Bobby gesetzt und zum Schulbus gebracht, weil Mamas Auto sich einen Iglu unter dem Schnee gebaut hatte und nicht mehr rauskommen wollte. Dann hat er wie ein Indianer getanzt und den Schnee mit dem Schneeschieber und allerlei Sprüchen, die wirklich nicht fromm waren, auf einen riesigen weißen Berg gezaubert. Der Schneeberg war höher als der Berg, auf dem der Bauernhof steht.

    So hoch der Schneeberg auch war, Mathilda konnte ihren Stern über der Tanne hinter dem Haus immer noch nicht erreichen. Außerdem war bald Frühling. Der weiße Riesenberg wurde zu einem grauen Matschzwerg. Bald zeigten sich die ersten Blumen. Mathilda freute sich auf den Frühling. Die Sonne schien jeden Tag wärmer und schickte den jüngsten Sonnenstrahl in Omas Garten. Sie half Oma, den Garten in ein Paradies zu verwandeln. Das war anstrengend, denn die alten Besitzer hatten den Garten verwildern lassen. Mathilda beobachtete die ersten bunten Schmetterlinge, die die Blumen in Omas Garten bewunderten. Emsig flogen sie hin und her und her und hin. Sie konnten sich nicht entscheiden, welche Blume die schönste war. Welche Blume hatte den süßesten Saft in ihrem Kelch? Mathilda findet, dass jede Blume die schönste ist.

    Kaum hatte der Frühling Farben in die Welt gezaubert, war auch schon Ostern. Und war Ostern erst einmal vorbei, stand der Sommer vor der Tür.
    Es war jetzt lange hell und Mathildas Stern über der Tanne hinter dem Haus blinzelte erst spät am Abend über der Baumspitze hervor. Der Sommer ging vorüber und Weihnachten stand vor der Tür.
    Mathilda hockte sich auf einen Baumstumpf, den Papa zu einem Sitz getischlert hatte. Papa war ein Meister guter Ideen.
    Hatte er eine, dann dauerte es nicht lange, und aus der Idee war ein Gartensitz geworden. Hierher verkrümelte sich Mathilda gern, wenn sie glücklich war, und wenn sie traurig war.

    Mama und Papa hatten Sorgen. Sie sagten zwar nichts, aber Mathilda merkte es immer. Dann war sie traurig und lief hinaus, ihren Stern zu bitten, dass er ihr einen Sternenglitzer für einen Wunsch schickt. So war es auch heute.
    Die Ellenbogen hatte Mathilda auf ihre Knie gestützt. Mit ihren Händen hatte sie eine Schale gebaut, in die sie ihr Kinn legte und den Kopf stützte. Die Hausaufgaben hatte sie längst gemacht. Und Oma hatte sie beim Plätzchen backen geholfen.
    Jetzt wartete sie auf ihren Lieblingsstern und dachte über ihren Weihnachtswunschzettel nach. Viel stand nicht darauf. Mit dem Fahrrad, das würde bestimmt nicht klappen. Aber vielleicht mit der Putzbox, die sie dringend brauchte. Seit dem Sommer durfte sie zweimal in der Woche auf Covergirl reiten lernen. Kam Mathilda in den Stall, warf Covergirl den Kopf nach hinten und wieherte, weil sie sich auf ihre kleine Freundin freute. Die Sache mit einer kleinen E-Gitarre hatte Mathilda lieber nicht auf den Wunschzettel geschrieben. Die Jungs waren ja auch noch da. Und Flo brauchte für die Schule unbedingt einen Computer. Na ja, irgendetwas würde der Weihnachtsmann schon bringen. Wie der das machte, war ihr rätselhaft. Vor allen Dingen war Mathilda rätselhaft, wie der Rauschebart es schaffte, die Wünsche aller Kinder auf dieser Welt zu erfüllen.

    Mathilda war müde und wünschte sich, dass ihr Stern endlich anfing zu blinzeln. Sie überlegte, wie es auf ihrem Stern aussieht. Ob es da auch bunte Wiesen gab? Und Schmetterlinge? Mama rief nach Mathilda. Wie aus weiter Ferne hatte sie Mamas Stimme gehört. Sie machte sich noch etwas kleiner und sah hoch zur Tanne hinter dem Haus.
    „Blinzle doch endlich, kleiner Stern!“ flüsterte Mathilda in den Himmel.
    Plötzlich hörte sie ein leises Mauzen.
    „Was machst du hier, Sammy?“. Mathilda streichelte den kleinen Kater.

    Die Sache mit Sammy war so: Vor ein paar Tagen, als Mama und Papa in der Kreisstadt einkaufen waren, brachte der Nachbar eine kleine Kiste. In dem Kistendeckel waren Löcher. Etwas Geheimnisvolles rumorte in der Kiste.
    „Ich bring die Katze.“ brummte der Nachbar. Er stellte die Kiste ab und verschwand.
    „Auweia!“ rief Max. „Das gibt Ärger. Der Papa und der Opa schmeißen sie raus. Wir müssen sie verstecken. Aber wo?“
    „Im Zimmer hinter der Küche!“ legte Flo fest. „Wir sagen’s erst der Mama. Und ihr haltet alle die Klappe! Wehe, ihr sagt dem Opa was!“
    Da war es nun, das neue Familienmitglied. Es war ja klar, dass der Opa zuerst mit Mama schimpft. Mama kann es nämlich nicht sehen, wenn Tiere leiden und will am liebsten alle mitnehmen. Das geht natürlich nicht. Aber der kleine Kater gehörte niemandem und hatte immer Hunger. Immer, wenn er Mama sah, mauzte er sie an und wippte mit der Schwanzspitze hin und her. Das hieß „Nimm mich doch endlich mit.“ Klar, Mama hätte ihn am liebsten sofort mitgenommen. Nur, wie? Ärger war vorprogrammiert. Am Ende kam dann doch alles ganz anders. Der Opa schimpfte zwar erst mit Mama, dann war er aber gleich der beste Freund der Katze, die in Wirklichkeit ein Kater war.
    Max hat für den Neuen im Stall eine gemütliche Kiste und eine Pinkelecke eingerichtet. Als das Fellknäuel, das Tante Maras Lilli so ähnlich sieht, ins Haus kam, war Tante Mara gerade zu Besuch bei Mathilda. Sie sagte Max, dass er aufpassen soll, wo die Katze zuerst hinpinkelt. Dort sollte er das Katzenklo bauen. Das hat fürs Erste auch prima geklappt.

    Mathilda war ein bisschen eingeschlafen, wachte aber gleich wieder auf. Sie musste Sammy noch füttern. Sammy schnurrte immer noch um ihre Füße und schielte mit einem Auge hinauf zur Tanne hinter dem Haus. Zwischen Wachen und Träumen sah Mathilda ein winziges grünes Licht. Dann noch eins, und noch eins, bis es ganz viele waren. Ein ganzes Meer von Lichtern tauchte am Bach neben dem Haus auf und kam auf Mathilda zu. Es wisperte und knisperte, wurde immer lauter. Als sie näher hinsah, erkannte sie die Elfen mit ihren grünen Hütchen und durchsichtigen Flügeln. Die zart grünen Kleidchen leuchteten im Schein der Laternen, die sie in ihren Händen hielten.

    „Mathilda, Mathilda, komm mit uns. In dieser Nacht darfst du mit uns zu den Sternen reisen. Schau, dort oben, dein Stern hat sein Licht heute nur für dich angezündet.“
    Jetzt sah es auch Mathilda. Über der Tanne hinter dem Haus blinkte ihr Stern so hell wie noch nie.
    „Worauf wartest du? Sankt Nikolaus hat dir sein Schiff geschickt. Wir werden dir den Weg zeigen. Komm mit! Komm mit!“
    Träumte sie? Oder geschah wirklich, was sie hier sah? Mathilda rieb sich die Augen. Die Elfen waren immer noch da.
    „Aber das geht doch nicht, was sollen Mama und Papa sagen, wenn ich nicht mehr da bin. Da sind sie doch traurig!“
    „Es wird Zeit, Mathilda. Das Schiff wartet nicht. Wenn du heute nicht mit uns kommst, wirst du niemals erfahren, wie es auf deinem Stern aussieht. Sankt Nikolaus schickt dir sein Schiff nur ein einziges Mal. Also komm, komm mit mir!“
    „Wer bist du?“ Mathilda fragte die Elfe, deren Laterne am hellsten leuchtete. Sie trug als einzige ein weißes Kleid, dessen Ränder mit Feenstaub bestickt waren.
    „Ich bin Nefele, die Königin der Elfen. Du musst keine Angst haben. Du hast dir doch immer gewünscht, zu erfahren, wie es auf deinem Stern aussieht. Heute Nacht geht dein Wunsch in Erfüllung.“
    „Woher wisst ihr, dass ich zu den Sternen reisen will? Ich habe es doch niemandem verraten.“
    „Du bist am Tag des heiligen Sankt Nikolaus geboren. Du weisst doch, er schützt die Seefahrer und die Reisenden. Er kennt die Wünsche der Kinder, die an seinem Tag geboren werden. Auch deine Wünsche kennt er. Komm nur mit. Du wirst heute Nacht viele Wunder erleben, wie sie Kinder sehen, die ein gutes Herz haben. Nur wer zuerst an die anderen denkt, die Hilfe brauchen, der kann die Wunder dieser Welt sehen. Sankt Nikolaus hat gesehen, wie du den Blumen Wasser gibst, damit sie blühen. Er hat gesehen, wie du Mama und Papa lieb hast und der Oma im Garten hilfst. Er weiß, dass du deine Hausaufgaben nicht vergisst. Und er weiß auch, dass du dein Zimmer immer aufräumst.“
    „Aber ich räum mein Zimmer doch gar nicht immer auf. Das ist so langweilig!“ gab Mathilda zu.
    „Mathilda, dass du ehrlich bist, und höchstens mal eine klitzekleine Notlüge erzählst, auch das weiß Sankt Nikolaus. Ehrlichkeit ist eine gute Eigenschaft. Manchmal ist es schwer, die Wahrheit zu sagen. Doch hinterher fühlst du dich leicht. Nun komm endlich. Sankt Nikolaus weiß, was er tut.“

    Mathilda wurde ganz leicht. Die Elfen fassten sie bei den Händen und hoben sie in die Lüfte. Seltsam, der Bach neben dem Haus, der sonst nur leise gluckste, war plötzlich so groß wie das Meer. Mathilda war noch nie am Meer. Wieso wusste sie auf einmal, dass das, was vor ihr lag, das Meer war? Äußerst rätselhaft.
    Millionen Sterne spiegelten sich im Meer und glitzerten wie Edelsteine auf einem dunkelblauen Tuch. Am Ufer schaukelte ein riesiges Segelschiff. Die Segel sahen beinahe aus wie Flügel. Mathilda hatte gar keine Angst und stieg über die schwankenden Bretter auf das Schiff. Die Elfen knüpften die Seile vom Bootssteg los und legten ihn ans Ufer. Das Schiff bewegte sich sachte auf den Wellen. Plötzlich spürte Mathilda einen Windhauch, der die Segel weit aufblähte. Langsam, von unsichtbarer Hand gesteuert, legte das Schiff vom Ufer ab und schaukelte auf dem Meer.
    Seltsam, wer lenkte dieses Schiff? Mathilda konnte niemanden entdecken. Nur die Elfen waren in ihrer Nähe und tanzten um die Segelmasten. Das Schiff war hell erleuchtet. Aus seinem Bauch drang leise Musik. Mathilda war neugierig. Komisch, wenn sie sonst am Abend noch einmal auf den Hof gehen sollte, Sammy zu füttern, hatte sie Angst. Sie machte sich dann selber Mut, und die Jungs staunten, dass sie in der Dunkelheit gar keine Angst hatte. Darauf war sogar Max neidisch. Der erschrak nämlich vor sich selbst, wenn sein Schatten ihn überholte. Klar hatte Mathilda Angst. Doch sie sperrte ihre Angst weg und ließ den Mut aus ihrem Herzen heraus.

    Das Steuerrad bewegte sich und hielt das Schiff auf Kurs. Aber wer hielt es in der Hand?
    Plötzlich ging ein Zittern durch das Schiff. Mit einem Ruck erhob es sich in die Luft. Mathilda stand an der Reeling und schaute nach unten. Tief unter ihr wurde das Haus immer kleiner. Durch das Küchenfenster schien Licht auf den Hof. Mama war bestimmt dabei, das Abendessen vorzubereiten. Hatte sie nicht vorhin nach Mathilda gerufen?
    Auch im Stall von Bobby und Johnny brannte noch Licht. Flo gab ihnen bestimmt gerade frisches Heu.
    „Ob sie mich schon vermissen?“ fragte sich Mathilda, als Nefele zu ihr schwebte.
    „Komm mit nach unten. Du wirst erwartet.“.
    „Wer wartet auf mich? Ich habe niemanden gesehen.“
    „Warte ab. Sei nicht so ungeduldig.“ Nefele flog voraus. Jetzt entdeckte Mathilda die Tür, hinter der eine schmale Treppe hinunter in den Schiffsbauch führte. Nefele führte sie in einen großen Raum. Zuerst sah Mathilda den uralten Tisch, vor dem ein großer Sessel stand. Der Sessel war mit dunkelrotem Samt überzogen, auf dem seltsame Muster und Zeichen zu sehen waren. Auf jeder Seite der Sessellehne waren Ohren angebracht, die auch dunkelrot überzogen waren. Noch nie hatte sie einen so riesigen Sessel gesehen.
    Auf dem Tisch lagen alte Landkarten und Geräte, die sie nicht kannte. Bei genauerer Betrachtung entdeckte sie auf den Karten Sterne, die in verschiedene Figuren eingezeichnet waren. Das eine Bild kannte sie genau. Das war der große Wagen. Das hatte Mama ihr erklärt. Jetzt erkannte sie auch ihren Stern, der ihr über der Tanne hinter dem Haus jeden Abend zublinzelte, wenn er sich nicht gerade hinter einer dicken Wolke versteckt hatte.

    Mathilda schaute sich im Raum um, als sie ein leises Mauzen hörte.

    „Sammy? Wie kommst du denn hierher?“
    „Miau, weißt du nicht, dass wir am gleichen Tag geboren sind? Ich will auch zu den Sternen fliegen. Davon träume ich wie du jeden Tag. Du hast gar nicht gemerkt, dass ich mit dir auf das Schiff geklettert bin. Hast wohl vergessen, wie leise ich schleichen kann? Ist es nicht toll hier. Man kann die Sterne mit der Pfote anfassen. Sieh mal aus dem Fenster, dort sind die Fische. Mmh. Mir läuft das Wasser im Maul zusammen. Meine Schnurrhaare sind schon ganz aufgeregt.“ Tatsächlich, Sammys Schnurrhaare zitterten vor Aufregung.
    Mathilda wunderte heute nichts mehr. Dieser Tag war so außerordentlich, dass sie nicht ein bisschen erstaunt war, dass Sammy plötzlich mit ihr sprach. Sie stieg auf die Kommode, die unter dem Bullauge stand. An der dicken Scheibe drückte sie ihre Nase platt. Das Glitzern und Funkeln war noch viel schöner, als sie es in der Nacht sieht, wenn sie in ihrem Zimmer aus dem Fenster schaut und auf ihren Stern wartet.

    „So so. Bist du also doch gekommen.“ hörte Mathilda eine tiefe Stimme sagen und erschrak. Wer war das? Sammy war's nicht. Langsam drehte sie sich um, konnte aber nichts sehen.
    „So so. Du bist also die Mathilda, die so gern lacht. Hi hi hi.“
    „Wer ist da?“ Mathilda hatte nun doch Angst. Ein klitzekleines bisschen jedenfalls. Sie nahm ihren Mut zusammen und stieg von der Kommode.
    Die Stimme kam vom Sessel. Vorsichtig und ganz leise tappste sie um den Sessel herum. Auf dem großen Sessel saß ein alter Mann. Er war klein und dünn. Uralt musste er sein. Auf seinem Kopf ragte ein spitzer Hut in die Höhe, der höher war, als der Alte selbst. Um die Schultern trug der Greis einen dunkelblauen Umhang, der ebenso wie sein Hut mit Mond und Sternen bestickt war. Tief auf der Nase des Alten saß seine Brille, über deren Rand er Mathilda mit klugen, freundlichen Augen forschend ansah. Die Brille sah fast aus wie das Fahrrad, das sie sich so sehr wünschte.

    „Mmh. Du willst also deinem Stern einen Besuch abstatten?“ brummte der Alte, während er mit der rechten Hand bedächtig über seinen langen weißen Bart strich.
    „Wir werden sehen. Hast du Mama und Papa Bescheid gesagt, dass du allein auf so eine große Reise gehst und deinen Stern besuchst? Sei ehrlich!“.
    Mathilda schaute den alten Brummbär mit erstaunten Augen an, in denen eine dicke Träne zu glänzen begann.
    „Also nicht. Das kann ja heiter werden. Du weißt wohl nicht, dass sie sich Sorgen um dich machen?“ fragte der Alte streng.

    „Doch, ich weiß. Ich wollte ja auch nicht fort. Aber der Papa hat mit mir geschimpft, weil ich die Bilder in meinem Zimmer verkehrt herum aufgehängt habe. Aber ich mach doch so gern Kopfstand. Und wenn ich auf dem Kopf stehe, dann sind die Bilder gerade. Der Papa hat gesagt, ich soll Ordnung machen, sonst bekomme ich nichts zu Weihnachten. Dabei hab ich die Bilder doch ordentlich aufgehängt. Nur, eben anders herum.“ Die zweite Träne kullerte über Mathildas Gesicht. Mathilda schluchzte immer lauter und leckte die dicken salzigen Tränen von ihren Lippen.
    „Hör auf zu weinen, sonst läuft das Meer noch über. Dann steht euer Haus nicht mehr auf dem Berg, sondern auf einer Klippe mitten im Ozean. Und ich fang auch noch an zu weinen. Das geht nicht. Das steht nicht in meinem Buch.“ Der Alte kicherte jetzt und Mathilda wischte die letzte Träne, die schon ganz klein war, von ihrer Wange.

  • Thema von nuncine im Forum Ablage Speakers Corner

    Hallo ImNoS,

    bin mal www (wieder weder wie) Prometheus noch sein Bruder Epimetheus, der eine denkt vor, der andere nach. Hab's einfach verpennt. Wenn auch Schnee von Gestern, es lebe die Jugend, vor allem aber Du zum 18. ... Von nun an wird es einfach schwieriger .... Dazu viel Glück und weiterhin vieeeele gute Ideen, die Du mal eben in die Tat umsetzt.

    Nun ja, nachträglich alles Gute zum 18.

    lg nun

  • Thema von nuncine im Forum Ablage Speakers Corner

    Der Untergang - aber bitte stilvoll

    Wie gern wollt' ich Euch, mein Lieb',
    Vom Frühling schwärmen.
    So zart der Duft der V(T)eilchen
    Euch mag den Tag erwärmen.
    Vergeblich geträumt,
    IhrTräumer und Narren!
    Ein eiskalter Engel fesselt
    Auf heißkaltem Kern
    Atomaren Müll
    Auf seinen Karren.
    Verloren das Maß
    Der Dinge des Lebens
    Zum Glück Dich geliebt,
    Wenngleich nicht vergebens.
    Was ich Euch gab, es war nicht viel,
    Doch was es war, ich gab's mit Stil.

    nuncine

    .... ich werd' es auch noch weiter tun, es grüßt und bleibt für Euch hi nun

  • Thema von nuncine im Forum Texte aller Art, Gedic...

    Aus Träumen gewoben ziehn kühle Nebel am Fluss,
    Tanzen Feen seidenen Schleiers auf zartem Fuss,
    Bestickt mit zauberhaft weißem Sternenmeer,
    Anemonen in mir wecken tiefes Begehr'.
    Zu fesseln mein töricht' Herz in filigranen Fängen,
    blüht Ginster sonnengelb duftend an Uferhängen.

    So etwas gibt es nicht? Schalt ab, schalt aus
    Geh' hinaus
    Du kannst es entdecken ...
    Hinter den Gedanken ohne Ecken
    Die Gefühle schwanken
    Nicht,
    Das ist eine Lüge
    Sie ist nicht im Takt, die Welt im Gefüge.
    Ich lebe nicht gestern, ich lebe nicht morgen,
    Ich lebe heute, bin ungeborgen.
    Ich kenne Angst,
    Doch kenn ich nicht Grauen,
    Ich fürchte mich nicht,
    Nur vor dem Vertrauen.

  • Thema von nuncine im Forum Texte aller Art, Gedic...

    "Schreib!"
    Sagst du.
    Doch die Krähe,
    Die aus dem Osten kam,
    Mir Worte zu gebären,
    Geschichten zu erzählen,
    Legt sanftes Weiß
    Um die Schläfen,
    Wortlose Hoffnungslosigkeit
    Begraben
    In der Hitze glanzlosen Eises.

    ...

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