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Schreiberling Offline




Beiträge: 2.222

23.03.2006 14:40
#76 RE: Saddam Hussein, Präsident oder Monster? Antworten

Zitat
Saddam Hussein dreht im Schauprozess den Spieß um
Von Bill van Auken
21. März 2006
aus dem Englischen (17. März 2006)

Der von der Bush-Regierung und ihren irakischen Marionetten organisierte Schauprozess gegen Saddam Hussein nahm chaotische Züge an, als der frühere irakische Präsident am 15. März in den Zeugenstand trat.

Er ging bei seinem Auftritt nicht auf die Vorwürfe ein, die ein Gericht gegen ihn erhoben hat, dessen Legitimität er stets bestritt, sondern wandte sich direkt an das irakische Volk. Er rief dazu auf, das gegenseitige Blutvergießen zu beenden und den bewaffneten Widerstand gegen die amerikanische Besetzung des Landes fortzusetzen.

"Mein Gewissen sagt mir, dass das große irakische Volk nichts mit diesen seltsamen und schrecklichen Taten zu tun hat, wie der Bombardierung des Schreins von Imam Ali al-Hadi und Hassan al-Askari, (...) die dazu führten, dass Brandanschläge auf Häuser Gottes, die Moscheen in Bagdad, verübt wurden, und dass weitere Moscheen in anderen irakischen Städten in Flammen aufgingen", sagte Hussein.

Er sprach unbeirrt weiter und wischte die Versuche des Vorsitzenden Richters Raouf Abdel-Rahman beiseite, ihn zum Schweigen zu bringen,:

"Das Blutvergießen, das sie [die amerikanischen Besatzungstruppen] über das irakische Volk gebracht haben, hat es nur noch mehr zusammengeschlossen und im Entschluss bekräftigt, die Fremden von seinem Boden zu vertreiben und sein Land zu befreien. (...) Das Volk muss den Invasoren und ihren Helfershelfern Widerstand leisten, statt sich gegenseitig zu töten. (...) Ihr irakischen Männer und Frauen, (...) die Attentäter, die den Schrein in die Luft gesprengt haben, sind schändliche Verbrecher."

Zu diesem Zeitpunkt schrie Abdel-Rahman hysterisch: "Keine politischen Reden mehr. Wir sind ein Strafgericht, eine Justizanstalt. Wir haben nichts mit politischen Fragen oder Ähnlichem zu tun. Machen Sie ihre Zeugenaussage", verlangte er.

Hussein antwortete: "Politische Fragen haben Sie und mich hierher gebracht", und fuhr mit seinen vorbereiteten Bemerkungen fort, die immer wieder unterbrochen wurden, als der erregte Richter sein Mikrofon mehrmals ab- und anschaltete. Hussein verurteilte die US-Regierung als "Verbrecher, die unter dem Vorwand von Massenvernichtungswaffen und unter dem Vorwand der Demokratie hierher kamen".

Wieder unterbrach ihn der Richter und forderte: "Sie sind der Angeklagte in einem wichtigen Kriminalfall, bei dem um das Töten von Unschuldigen geht. Sie müssen auf diese Beschuldigung antworten."

In einer scharfen Erwiderung fragte Hussein: "Was ist mit denen, die in Bagdad sterben? Sind sie nicht unschuldig? Sind das keine Iraker?... Erst gestern wurden achtzig Leichen in Bagdad entdeckt. Sind das keine Unschuldigen?"

Jetzt ordnete der Richter an, die Ton- und Bildübertragung ganz abzuschalten, und ließ die Bildschirme in ganz Irak, auf denen der Prozess verfolgt wurde, schwarz werden. "Das Gericht hat entschieden, die Verhandlung geheim und unter Ausschluss der Öffentlichkeit weiter zu führen", gab er bekannt und befahl den Reportern, den Gerichtssaal in Bagdads schwer befestigter, von den USA bewachten "Grünen Zone" zu räumen.

Die Öffentlichkeit musste ausgeschlossen werden, weil die Argumente Husseins unwiderlegbar sind. Das Verfahren ist unbestreitbar ein politischer Schauprozess, den Washington organisiert, um die Invasion und Besetzung des Irak zu legitimieren. Das Gericht ist das Produkt einer illegalen Aggression, und schon seine Existenz ist eine ernste Verletzung des Völkerrechts, das Besatzungsmächten ausdrücklich verbietet, ihre eigenen Justizorgane in den von ihnen besetzten Gebieten einzurichten.

Das Gericht selbst ist nur eine Fassade, hinter der die USA die militärische Kontrolle über den Irak aufrechterhalten und das Volk seiner Souveränität berauben. Hinter den handverlesenen Richtern wirkt ein ganzes Bataillon amerikanischer Beamter und Anwälte, das die ganze Show lenkt. Selbst die gesamte TV-Übertragung, die der Richter schließlich abbrach, wird von dem amerikanischen Kabelsender Court TV gestützt auf einen von Washington ausgearbeiteten Vertrag organisiert.

Die entscheidende Frage, die Husseins Intervention aufwirft, lautet: Was gibt Washington das Recht, über irgendjemanden wegen der Tötung unschuldiger Iraker zu Gericht zu sitzen.

Es steht außer Zweifel, dass Saddam Hussein, dessen Baath-Regime die Interessen der irakischen herrschenden Elite vertrat, schwere Verbrechen gegen das irakische Volk begangen hat. Aber seine Taten genossen zur Zeit, in der sie begangen wurden, die Unterstützung Washingtons, das den Irak als Bollwerk gegen den Iran betrachtete und Hussein einem revolutionären Aufstand der unterdrückten irakischen Massen bei weitem vorzog.

Wenn es um den Tod unschuldiger Iraker geht, dann haben die verantwortlichen Politiker in Washington Saddam Hussein schon bei weitem übertroffen. Nach vorsichtigen Schätzungen sind seit der US-Invasion vor drei Jahren mehr als 100.000 Iraker ums Leben gekommen - wahrscheinlichere Schätzungen gehen von bis zu einer halben Million Toten aus.

Seit dem ersten amerikanischen Krieg gegen den Irak vor fünfzehn Jahren zählen die Todesopfer direkter Militäraktionen der USA und der Auswirkungen der auf Betreiben der USA verhängten Wirtschaftssanktionen sicherlich nach Millionen. Das Leben weiterer Millionen wurde durch die US-Militärbesatzung zur Hölle gemacht.

Unter diesen Bedingungen kann man es nur als obszön bezeichnen, wenn die Verantwortlichen dieser Politik dem irakischen Ex-Präsidenten wegen der Exekution von 148 Menschen nach einem fehlgeschlagenen Attentatsversuch den Prozess machen. ...


Quelle: http://www.wsws.org/de/2006/mar2006/huss-m21.shtml

Dieser Prozeß gegen Saddam Hussein ist ein reiner Showprozess, Siegerjustiz.

Schreiberling Offline




Beiträge: 2.222

04.11.2006 17:54
#77 RE: Saddam Hussein, Präsident oder Monster? Antworten

Nun soll morgen das Urteil gesprochen werden. Ich habe diesen "Prozess" so gut es geht in den Medien und im Internet verfolgt, und es gab bislang keinen einzigen wirklichen Beweis, dass Saddam Hussein persönlich Einfluss nahm, um die mutmaßlichen Attentäter zum Tode verurteilen zu lassen. Im Gegenteil, im "Prozeß"verlauf wurde klar, dass der damals zuständige Richter eigenverantwortlich gehandelt hat, und nach wie vor zu seinem Urteil steht.

Um es klar zu sagen, ich bin ein Gegner der Todesstrafe. Und ich bezweifle, dass es 150 Täter gab. Der damalige Prozess hat mit großer Wahrscheinlichkeit auch Unschuldige zu Opfern werden lassen. Doch in diesem "Prozeß" ging es einzig darum, ob hierzu Saddam eine Schuld trifft.

Die Zeitung "Junge Welt" brachte zu dem Prozeß ein Statement eines Mannes, der seit den achtziger Jahren ein guter Kenner Europas und des Iraks ist.

Zitat
Justizfarce in Bagdad
Für Sonntag wird das Todesurteil gegen den irakischen Expräsidenten Saddam Hussein erwartet: Der Bürgerkrieg kann beginnen
Von Gilles Munier

Gilles Munier ist seit 1986 Generalsekretär der Amitiée Fanco-Irakiennes (Freundschaftsgesellschaft Frankreich–Irak) und lebt in Rennes.

Die Urteilsverkündung im ersten Prozeß gegen den irakischen Expräsidenten Saddam Hussein und sieben weitere führende irakische Politiker, in dem es um den sogenannten Fall Al Dudschail*geht, ist für Sonntag vorgesehen. Sie war vom 16. Oktober auf den 5. November verschoben worden, »um die Überprüfung abzuschließen«. In Wirklichkeit wurde der Aufschub vom Kommunikationsberater von George W. Bush verlangt. Der erhofft sich, daß die Verkündung der Todesurteile gegen Saddam, gegen seinen Halbbruder Barzan Al-Tikriti, der vor 1984 Chef des Nachrichtendienstes war, sowie gegen den Vizepräsidenten Taha Yassin Ramadan den Republikanern bei den zwei Tage später stattfindenden Wahlen Stimmen bringen wird. Ohne eine neue Wendung der Dinge sind die Todesstrafen innerhalb von 30 Tagen durch Erhängen zu vollstrecken.


Chaos in Irak
Wie auch immer man über Saddam Hussein denken mag, nicht von der Hand zu weisen ist die Tatsache, daß die Aggression gegen Irak illegal war. Dementsprechend war auch die Verhaftung der Führer des Landes ein illegaler Akt. Das Urteil, das am 5. November vom »Tribunal der Grünen Zone« in Bagdad gesprochen werden wird, ermangelt der rechtmäßigen Geltung.

Zuerst hieß es, das Verfahren im Fall Al Dudschail werde mustergültig durchgeführt werden, d.h. öffentlich und bei vollständiger Übertragung. Doch es war weder gerecht, noch unparteiisch, noch transparent. Auch wenn alles vorher bis ins kleinste Detail mit Probeanhörungen durchgespielt wurde. Die Richter, ausgesucht von Salem Chalabi, einem Wirtschaftsanwalt, dem Neffen Ahmed Chalabis, des Chefs des Irakischen Nationalkongresses, bekamen insgeheim eine Ausbildung in Großbritannien. Doch rechnete man nicht mit dem äußeren Druck, dem Chaos im Lande und mit der kämpferischen Haltung des irakischen Expräsidenten und von Barzan Al-Tikriti, die den Gerichtssaal in einen Kampfplatz verwandelten.

Die Veranstaltung, die dank der Regie einer PR-Agentur aus dem Umkreis des Pentagon wie geschmiert laufen sollte, wurde schnell zu einer Justizfarce. Zunächst wurde Salem Chalabi des Mordes an dem Generaldirektor des irakischen Finanzministeriums angeklagt. Er setzte sich ins Ausland ab. Die Richter zeigten eine Voreingenommenheit, die absurde Züge annahm. Die Verteidiger hatten keinen Zugang zu den vollständigen Prozeßunterlagen – mehr als 36 Tonnen Anklagemate­rial, zusammengetragen unter Leitung von FBI-Beamten, die kein Arabisch sprachen - noch konnten sie die Echtheit der ihnen vorgelegten Dokumente überprüfen.

Verteidiger bedroht
Die Wohnung des Hauptverteidigers von Saddam Hussein, Khalil Al-Douleimi, wurde von amerikanischen Spezialtruppen durchsucht, Unterlagen beschlagnahmt. Die Verteidiger wurden von Justiz-»minister« Malek Dohane Al Hassan bedroht, »in Stücke geschlagen« zu werden. Mehrere von ihnen wurden ermordet. Anonyme Zeugen der Anklage traten bei den Vernehmungen hinter einem Vorhang auf. Richter traten zurück oder wurden ihrer Funktion enthoben. Schließlich wurden die Erklärungen der Angeklagten, insbesondere Saddam Husseins, systematisch verstümmelt, bevor sie verbreitet wurden. Für Amnesty International, nicht der Voreingenommenheit gegenüber dem irakischen Expräsidenten verdächtig, war »das Al-Dudschail-Verfahren (...) mit schwerwiegenden Unregelmäßigkeit behaftet, welche die Fähigkeit des Tribunals, so wie es beschaffen ist, in Frage stellen, in angemessener Weise und in Übereinstimmung mit internationalen Regeln Recht zu sprechen.«

Wie konnte es auch anders sein? Das 1982 in Dudschail fehlgeschlagene Attentat gegen Saddam Hussein, war von der Dawa-Partei organisiert worden, die heute in Bagdad an der Macht ist. Ihre Führer, die sich um westliches Recht nicht scheren, benutzen den Prozeß, um ihre Toten zu rächen und ihre Anhängerschaft zu mobilisieren.

Öl ins Feuer
Am 14. März 2006 forderte Saddam Hussein die Iraker auf, »sich dem Widerstand anzuschließen, statt sich gegenseitig zu töten«. Falls der Irak in den Bürgerkrieg abgleite, erklärte er ihnen, würde ihr Leben »in Dunkelheit und Strömen von Blut« versinken. Worauf Richter Rauf Abdel Rahman den Zuschauerraum leeren ließ, ihn verwarnte, keine »Politik« zu betreiben, und das Verfahren vertagte.

Einen wirklichen Bürgerkrieg gibt es im Irak, auch wenn vieles dem sehr ähnlich sieht, tatsächlich noch nicht, sondern einen Befreiungskrieg sowie ethnische und religiöse Konflikte. Der Widerstand führt seine Schläge gegen die Besatzungstruppen und ihre Unterstützer. Die US-Armee schießt wild um sich. Die kurdischen Unabhängigkeitskämpfer reißen auf Kosten von Arabern und Turkmenen Gebiete an sich. Die proiranischen Todesschwadronen betreiben religiöse Säuberungen. Die Anhänger von Al Qaida töten Schiiten. Die amerikanischen Geheimdienste und Ahmed Chalabi gießen Öl ins Feuer, mit barbarischen Attentaten und Provokationen wie der Zerstörung eines schiitischen Heiligtums in Samarra. Die Mahdi-Armee von Moqtada Al Sadr versucht gegen die vom Iran manipulierten Badr-Brigaden die Oberhand zu gewinnen. Verwandte und Freunde von Opfern des einen Lagers rächen sich am anderen. Erpressungen, Tausende Morde, Vergewaltigungen, Raub, Entführungen, Racheakte, Folter jeder Art, Vertreibungen, das ist das tägliche Los der Iraker. Die Zahl der seit der Invasion im Lande gewaltsam zu Tode Gekommenen übertrifft seit langem die Zahl der angeblich von den Baath-Leuten begangenen Morde.

Viele Iraker klagen über den Verlust der Sicherheit, die sie in den Jahren unter Saddam Hussein genossen. Die schreckliche Periode des Embargos erscheint ihnen wie ein Hafen des Friedens im Vergleich zu dem, was sie seitdem erdulden. Daß in Tikrit 3000 Demonstranten die Freilassung ihres ehemaligen Präsidenten fordern, scheint normal, ist dies doch seine Geburtsstadt. Aber daß über 300 Führer und Vertreter von Stämmen, darunter Scheich Turki Hajim al-Ubaydi vom Al-Ubayd-Stamm (mit 1,5 Millionen Mitgliedern), seine Rückkehr an die Macht fordern und andere in Kirkuk offen erklären, daß dies die einzige Möglichkeit ist, die Iraker miteinander zu versöhnen, sollte in seiner Bedeutung nicht unterschätzt werden.

Falls die Todesstrafe, wie zu erwarten, am Sonntag verkündet wird, wird nichts die Hand des Henkers aufhalten. Der Bürgerkrieg im Irak dürfte dann einer der blutigsten aller Zeiten werden.

Übersetzung aus dem Französischen: Klaus von Raussendorff

* In Dudschail wurden 1982 rund 150 Schiiten als Vergeltung für ein gescheitertes Attentat auf den Staatschef getötet.


http://www.jungewelt.de/2006/11-04/039.php

Mittlerweile gibt es eine seriöse wissenschaftliche Analyse, dass der Irakkrieg bislang zwischen 350.000 und 650.000 Irakern das Leben gekostet hat. Und immer noch versuchen die Kriegsverbrecher Bush und Blair ihre Verbrechen mit edlen Motiven zu tarnen. So soll die Verurteilung von Saddam Hussein dazu dienen, diesen Krieg zu rechtfertigen.

Das 300 Stammesführer im Irak die Wiedereinsetzung Saddam Husseins im Irak fordern, das ist ein Schlag ins Gesicht, und es läßt erahnen, wie weit die verbreiteten Nachrichten hier im Westen von Propagandadiensten der Angriffskrieger mit Lügen und Verdrehungen versetzt wurden. Offenbar hat Saddam Hussein selbst in einer Zeit, wo man dafür härteste Repressalien befürchten muss eine große Anhängerschar im Irak.

Schreiberling Offline




Beiträge: 2.222

22.11.2006 10:51
#78 RE: Saddam Hussein, Präsident oder Monster? Antworten

Nun hat die Menschenrechtsorganisation Human Right Watch in einem 92-seitigen Report all die Unzulänglichkeiten des politischen Showprozesses gegen Saddam Hussein aufgelistet. Unterm Strich kann man sagen, das Gericht hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, Saddam Hussein seine Schuld zu beweisen. Die Unschuldsvermutung galt nicht.

http://hrw.org/reports/2006/iraq1106/

(Der Bericht ist leider nur auf englisch)

Daraus resultierende Kommentare findet man unter anderem hier:
http://www.tagesspiegel.de/politik/archi...006/2909400.asp

Wenn man Saddam Hussein auf Grundlage dieses Urteils hinrichtet, dann kommt er in den "Genuß" ein aus politischen Gründen Ermordeter zu sein. Das wird leider zur Mystifizierung führen und aus ihm für viele einen Helden, ein Opfer machen. Was falsch zu machen geht, wird durch Bush und Co falsch gemacht im Irak.

Schreiberling Offline




Beiträge: 2.222

30.12.2006 15:11
#79 RE: Saddam Hussein, Präsident oder Monster? Antworten

Es kam, wie es kommt, wenn man Verbrecher einfach weiter machen läßt. Nun geht auf das Konto von Bush und Blair auch noch ein Justizmord. Saddam Hussein wurde heute früh gehenkt. Das Urteil ist hier nachzulesen. http://lawwww.cwru.edu/saddamtrial/dujail/opinion.asp Soweit ich es durchgesehen habe, enthält es nicht einen einzigen konkreten Beweis einer Schuld von Saddam Hussein in dem ersten Prozess.
Es erstaunt wenig, das die Strolche, die ihr Ende längst kommen sehen, es nun sehr eilig hatten, Saddam Hussein als Zeitzeugen für immer zu beseitigen. Alles deutet darauf hin , dass ein Großteil der Vorwürfe gegen den Diktator wohl aus derselben Lügenmaschinerie kamen, die auch behauptete, der Irak sei im Besitz von Massenvernichtungswaffen und sehr gefährlich usw..
Für uns im Westen ist dieses Willkürurteil und seine Vollstreckung ein strategisch fataler Fehler. Im Osten bei den arabischen Menschen werden sich jetzt noch mehr von uns angeekelt abwenden. Unsere Scheinheiligkeit und Doppelzüngigkeit, und die Ohnmacht, wie wir Bush und den anderen Verbrechern gegenüber stehen, wird uns womöglich noch viel Schaden bereiten. Der Zorn kann sich gegen uns alle richten. Stoppen wir endlich Bush und Blair!

Gusano Offline



Beiträge: 53

09.01.2007 17:21
#80 RE: Saddam Hussein, Präsident oder Monster? Antworten

Bush: "Der Akt der Hinrichtung war ein guter Schritt in Richtung Demokratie im Irak"

Das ist wohl das amerikanische Verständnis von Demokratie.

Schreiberling Offline




Beiträge: 2.222

09.07.2007 19:05
#81 RE: Saddam Hussein, Präsident oder Monster? Antworten

Human Right Watch hat das Urteil gegen Saddam Hussein überprüft und kommt zu erwarteten Schlussfolgerungen. Für mich war es ein Justizmord, begangen von einer Vasallenregierung und den USA, die kein Interesse an einer wirklichen Aufarbeitung der irakischen Geschichte haben.


Zitat
Irak: Grundlegende Mängel belasten Dudschail-Urteil
Baldige Entscheidung im Fall Anfal erwartet

(New York, 22.Juni 2007) – Das Urteil im Dudschail-Prozess gegen Saddam Hussein weist schwerwiegende vom irakischen Hohen Strafgericht begangene sachliche und rechtliche Fehler auf, so Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Hintergrundpapier. Human Rights Watch lies das 300-seitige Urteil übersetzten, und nun liegt eine Analyse vor. Das zweite Urteil des Gerichts, das das Anfal-Verfahren betrifft, wird bald erwartet.

" Wenn man das Urteil liest, wird klar, dass es sich mehr auf Annahmen stützt als auf Tatsachen auf der Grundlage von Beweisen. Wir haben untersucht, ob das Urteil von höherer Qualität war als der Prozessverlauf. Dies war aber nicht der Fall. "
Richard Dicker, Leiter der Abteilung für Internationale Justiz von Human Rights Watch

Im Dudschail-Prozess, der am 27. Juli 2006 abgeschlossen wurde, ging es um die Folgen eines Attentatsversuchs auf den damaligen Präsidenten Saddam Hussein im Juli 1982 in Dudschail. Saddam Hussein und drei weitere Männer wurden wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gesprochen und hingerichtet, nachdem das Urteil des Strafgerichts im Dezember 2006 auch im Berufungsverfahren bestätigt worden war. Das 34-seitige Hintergrundpapier "The Poisoned Chalice” dokumentiert sachliche und rechtliche Fehler in dem Urteil. „Wenn man das Urteil liest, wird klar, dass es sich mehr auf Annahmen stützt als auf Tatsachen auf der Grundlage von Beweisen“, so Richard Dicker, Leiter der Abteilung für Internationale Justiz von Human Rights Watch. „Wir haben untersucht, ob das Urteil von höherer Qualität war als der Prozessverlauf. Dies war aber nicht der Fall.“

Human Rights Watch dokumentierte fundamentale verfahrensrechtliche Mängel in dem Prozess. Festgestellt wurden unter anderem, dass der Gerichtshof nicht politisch unabhängig agierte und dass Beweise der Anklage der Verteidigung nicht zugänglich gemacht wurden, wodurch der Prozess internationale Standards nicht erfüllte. Die Analyse der Gerichtentscheidung vom 22. November 2006 durch Human Rights Watch belegt, dass die Mängel des Verfahrens auch die rechtliche Argumentation des Urteils betreffen.

Die wichtigsten von Human Rights Watch identifizierten sachlichen und rechtlichen Fehler im Urteilsspruch des Dudschail-Prozesses umfassen folgende Punkte:

• Es wurde lediglich die Regierungsverantwortung der Angeklagten herangezogen, um ihr Wissen und ihre Absicht zu bestimmen, Verbrechen begangen zu haben.
• Die tatsächlichen Befehlsstrukturen, um die Verantwortlichkeit der Vorgesetzten für ihre Untergeordneten festzustellen, wurden nicht aufgezeigt.
• Im Falle von Angeklagten niedrigeren Ranges wurde die Mitgliedschaft in der Baath-Partei als Beweis dafür angeführt, dass sie Verbrechen begehen wollten. Es wurden keine Beweise über die Beschaffenheit der Baath-Partei geliefert, sondern die Anklage stütze sich allein auf „Allgemeinwissen“, um die Absicht der einzelnen Angeklagten zu beweisen.
• In einer Vielzahl von Fällen wurden der Verteidigung Beweise der Anklage erst am Tag des Prozesses oder zu spät vorgelegt.



Die 17-seitige Entscheidung des Berufungsgerichts vom 26. Dezember 2006 verschärfte noch einmal die Fehler des ordentlichen Gerichts, indem es falsche rechtliche Schlüsse zog und Behauptungen als wahr annahm, die weit über die vom Gericht gefundenen Beweise hinausgingen.

„Die Analyse der Gerichtsurteile sowohl des ordentlichen Gerichts als auch des Berufungsgerichts zeigt deutliche Mängel in der Anwendung von grundlegenden internationalen strafrechtlichen Prinzipien“, so Dicker. „So wächst die Befürchtung, dass solche Mängel auch in dem Anfal-Urteil auftreten werden und es somit einer genauen Überprüfung nicht standhalten kann.“

In dem Anfal-Prozess sind sechs hochrangige Offiziere des ehemaligen irakischen Regimes angeklagt. Ihnen werden Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen aufgrund ihrer Rolle während der Anfal-Kampagne zur Ausrottung der kurdischen Bevölkerung im Nordirak vorgeworfen. Human Rights Watch führte 1992 intensive Untersuchungen im Nordirak durch und stellte fest, dass 1988 mindestens 50000 oder eventuell sogar 100 000 Kurden vorsätzlich und systematisch in einem Zeitraum von sechs Monaten getötet wurden, womit man von Völkermord sprechen kann. (http://www.hrw.org/reports/1993/iraqanfal/.)

Der Anfal-Prozess ist durch verfahrensrechtliche Mängel gefährdet. Unter anderem kam es zu politischer Einflussnahme, als etwa der vorsitzende Richter am 19. September 2006 durch den irakischen Premierminister und die Regierung entlassen wurde, weil seine Verhandlungsführung als zu vorteilhaft für die Angeklagten interpretiert wurde.

Human Rights Watch äußerte zudem Bedenken über Ungenauigkeiten in der Anklageschrift. Dies erschwerte es den Verteidigern, ihre Fälle vorzubereiten und Zeugen zu laden, die um ihre Sicherheit fürchteten. Der Anfal-Prozess endete am 10. Mai 2007, und ein Urteil wird bald erwartet. Die Staatsanwaltschaft fordert für fünf der sechs Angeklagten die Todesstrafe.

„Das Gericht hat das Recht der Angeklagten auf eine angemessene Verteidigung untergraben, indem die Staatsanwaltschaft ihre Anklagepunkte vage formulieren konnte und Zeugen der Verteidigung abgelehnt wurden“, sagte Dicker. „Das Gericht weigerte sich auch, Zeugenaussagen aus dem Ausland per Videoübertragung anzuhören.“


http://hrw.org/german/docs/2007/06/22/iraq16322.htm

Nun wurde das Urteil gegen Chemical Ali verkündet. Auch dieser Prozess war nicht fair. Eigentlich verwunderlich, wo die Beweislage angeblich so klar war. Wer weiß, wieviele Lügen auch dort zu Tage treten würden, wenn man diesen Mann in einem ordentlichen Prozess anklagt. Aber dazu ist es bald zu spät. Auch diesen Menschen wird die Siegerjustiz umbringen.

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