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Dieses Thema hat 81 Antworten
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Schreiberling Offline




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30.01.2008 09:43
RE: Afghanistan - ein Krieg ohne Ende Antworten

Deutschlands Politiker entpuppen sich immer mehr. Von Demokratieverständnis kaum noch eine Spur. Beginnen wir beim Urschleim.

Was ist der deutsche Bundestag? Das gewählte Parlament der Bundesrepublik Deutschland.

Wer sitzt in diesem Bundestag? Neben der Regierung sitzen dort Volksvertreter, Abgeordnete, die mit einem Auftrag aus ihren Wahlkreisen dort ins Amt gekommen sind. Da es unmöglich ist, eine Diskussion mit zig Millionen Menschen zu den wichtigen Themen unseres Landes zu führen, haben wir eine sogenannte Stellvertreterdemokratie - sprich, wir wählen Abgeordnete, die dann unsere Meinung vertreten.

Soweit die Theorie. Am Beispiel Afghanistankrieg kann man nun sehr gut erkennen, wie es um diese Theorie bestellt ist. Sie funktioniert nicht mehr. Das deutsche Volk wird keineswegs mehr vertreten. Vielmehr hat sich eine Kaste Berufspolitiker gebildet, die sogar entgegengesetzt zum Wählerwillen unser Land lenken. Oftmals werden sie dabei durch Lobbyisten verführt, haben sogar persönliche Vorteile davon.

Um es deutlich zu sagen - Das deutsche Volk will in seiner Mehrheit nicht, dass die Bundeswehr Kriegseinsätze gegen andere Länder führt! Das ist unstrittig, längst bekannt.

Die deutsche Politik jedoch verwickelt uns in einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg! Die Medien sind größtenteils angetreten, diesen Kurs zu verargumentieren. So ist es kein Zufall, wenn man gerade heute Bilder von armen Flüchtlingskindern in Afghanistan sieht, und darunter dann Artikel findet, in dem einem klar gemacht werden soll, das nun deutsche Truppen auch in direkte Kriegseinsätze geschickt werden sollen. Die Regierung Schröder argumentierte damals, man müsse humanitäre Hilfe auch mit Soldaten leisten - dabei solle es sich um einen zeitlich begrenzten Einsatz handeln, etwa drei bis sechs Jahre. Die sechs Jahre Krieg sind längst vorbei - und um die Menschen in Afghanistan geht es nicht wirklich. Sie werden nur vorgeschoben, die eigentlichen Kriegsziele läßt man bewusst im Dunkeln.

Ziehen wir doch mal kurz Bilanz. Was haben wir dort erreicht? Wir haben die durch die Taliban massiv bekämpften Drogenbarone und Warlords an die Macht gebracht und schützen nun diese Verbrecher. Allein vier der größten Drogenbarone sind direkt an der Kabuler Regierung beteiligt. Deren Herrschaft wird durch Willkür, Brutalität, Korruption geprägt. Sie ist schlimmer als die fundamentalistische Politik der Taliban, denn sie ist unberechenbar. Was gestern noch "richtig" war, kann einem heute den Kopf und das Leben kosten. Deshalb unterstützen wohl zunehmend afghanische Menschen die stärker werdenden Taliban. Sie wählen das kleinere Übel.
Im Grunde sichern wir nicht nur die Macht der Drogenbarone, sondern sichern auch zuverlässig den Anbau von Drogen. In Afghanistan werden jedes Jahr neue Rekordernten an Rohopium eingefahren. Mittlerweile wird dort das Heroin in großen Fabriken produziert. Alles unter Aufsicht der NATO, ISAF usw..
http://politblog.net/nachrichten/2007/09...e-aller-zeiten/
http://www.vsp-vernetzt.de/soz-0710/071003.php

Nun lassen unsere Politiker die Hosen runter. Nicht etwa, dass sie endlich zur Vernunft kämen, und unsere Truppen nach Hause holen - weit gefehlt, nun wollen sie die Bundeswehr auch direkt in den Kriegseinsatz schicken. Vorbei das Mäntelchen des humanitären Einsatzes. Jetzt wird staatlich befohlen gemordet und zerstört! OEF - da können wir dann nicht mehr mit dem Finger drauf zeigen - wir sind dann selbst an der Jagd auf afghanische Menschen beteiligt. Ich finde die Ansichten der Taliban nicht gut, im Gegenteil - aber diese Menschen stammen aus Afghanistan, und wir bringen sie um. Ganz zu schweigen von den vielen anderen afghanischen Menschen, die einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Ist das Vasallengeist, dass die Politiker gegen unsere Interessen handeln?

Aber es geht nicht nur um Moral, Demokratieverständnis, Anstand - es geht auch ums Geld. Ist eigentlich dem Leser bewusst, dass dort Milliarden Euro an Steuergeldern schlicht verbrannt werden?! Wann benehmen wir Steuerzahler uns endlich als Eigentümer?

Meine Meinung: Holt unsere Soldaten sofort zurück! Beendet den Kriegseinsatz! Und seit bereit, für wirklich humanitäre Hilfe, wenn die afghanischen Menschen diese auch wollen.

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03.02.2008 07:41
#2 RE: Afghanistan - ein Krieg ohne Ende Antworten

In dem einen Link wird der Erlebensbericht einer Frau widergegeben. Malalai Joya - bei meinen Recherchen im Internet stieß ich auf eine sehr interessante Persönlichkeit.
http://www.emma.de/613.html

Diese Frau ist sehr mutig und sie zahlt dafür einen hohen Preis.

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22078/1.html

Ich finde es pervers, dass die ISAF ihre Gegner unterstützt. Denn NATO Truppen sind es, die die Herrschaft der Drogenbarone und Warlords erst möglich machten.

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10.02.2008 12:57
#3 RE: Afghanistan - ein Krieg ohne Ende Antworten

Die deutschen Politiker machen was sie wollen. 86 Prozent aller Befragten einer jüngsten Umfrage des Spiegels sind gegen Kampfeinsätze der Bundeswehr. Dennoch entscheiden die Politiker genau das Gegenteil. Fragt sich, wen diese Leute überhaupt vertreten. Das Volk offensichtlich nicht!

Ich bin dafür, alle diejenigen, die diese Kampfeinsätze mitbeschließen, für die Folgen persönlich zur Verantwortung zu ziehen.

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10.02.2008 17:10
#4 RE: Afghanistan - ein Krieg ohne Ende Antworten

Die Autorin Nele Hirsch räumt auf mit der Medienmanipulation, die uns Bürgern vorgaukeln soll, wir wollen den Menschen in Afghanistan doch nur helfen...

Zitat
Bundeskanzlerin Angela Merkel ... „Der Einsatz der deutschen Soldaten in Afghanistan ist unverzichtbar. Es wird den Terroristen nicht gelingen, uns von unserem Einsatz für Freiheit, Demokratie und die Achtung der Menschenrechte abzubringen.
...
Während OEF in Reaktion auf den 11. September zur „Terrorbekämpfung“ dienen soll, gilt ISAF als Schutztruppe und Hilfe zum Wiederaufbau. Faktisch sind diese beiden Mandate schon längst nicht mehr voneinander zu trennen, was spätestens daran deutlich wird, dass deutsche Tornados im Rahmen von ISAF Zuarbeit für die OEF-Bombardements der Allierten leisten. Zu Recht lässt sich die Friedensbewegung deshalb auch nicht mit halbherzigen Versuchen abspeisen, die Bundeswehr nur aus einem der Mandate zurückzuziehen, aber ansonsten in Afghanistan stationiert zu bleiben. Sie fordert von den Parlamentarierinnen und Parlamentariern im Bundestag unmissverständlich, dass die gesamte Bundeswehr aus Afghanistan abgezogen wird.

Dieser Forderung, die von der großen Mehrheit der Bevölkerung unterstützt wird, versucht die Bundesregierung mit vorgeschobenen Argumenten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Allen voran behauptet sie immer wieder, dass die Einsätze die Voraussetzung für einen erfolgreichen Wiederaufbau des Landes sind. Wer sich näher mit der Situation in Afghanistan beschäftigt, weiß, wie verlogen diese Behauptung ist. Die NATO-Truppen befördern nicht den Wiederaufbau des Landes, sondern die immer weitere Zerstörung der Infrastruktur. Der Bevölkerung geht es damit immer schlechter. Selbst in Kabul gibt es weder Wasser- noch Stromversorgung und aufgrund der katastrophalen sanitären Verhältnisse sind Cholera-Epidemien auf der Tagesordnung. Die Mietpreise sind horrend hoch und selbst für ArbeiterInnen kaum noch erschwinglich. Dabei muss man noch in Betracht ziehen, dass in einigen Regionen eine Arbeitslosigkeit von 75 Prozent herrscht. Das Geld für das Militär fehlt für den zivilen Wiederaufbau: Seit 2002 wurden hierfür nur 7,5 Milliarden Dollar eingesetzt. Die Militärmaßnahmen ließ man sich dagegen 85 Milliarden Dollar kosten.

Purer Hohn ist auch die Aussage, dass die NATO-Staaten Afghanistan nicht besetzen, sondern zum Schutz und zur Absicherung der demokratisch gewählten Karsai-Regierung da sind. Präsident Karsai ist weder demokratisch gewählt noch hat er inzwischen die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich. Allen voran die USA hat darauf gedrungen, amerikafreundliche Ansprechpartner zu installieren. So war sie 2001 dafür verantwortlich, dass Karsai, der über enge Verbindungen zur CIA verfügt, im Rahmen der Petersburger Konferenz zum Interimspräsidenten gekürt wurde. Eine Wahl in Afghanistan fand bis heute nicht statt. Nachträgliche Bestätigungen gab es lediglich durch improvisierte Ratsversammlungen. Massive Beeinflussung bis hin zum Stimmenkauf ist eher Regel als Ausnahme. Selbst die New York Times schrieb vor diesem Hintergrund von einer „plumpen amerikanischen Aktion“.

Häufig hört man auch, dass die Einsätze in Afghanistan für die Sicherheit in Deutschland unerlässlich seien, da gemeinsam mit den USA gegen Terroristinnen und Terroristen vorgegangen wird, die ansonsten auch in deutschen Großstädten ihre Selbstmordanschläge verüben würden. Hierbei handelt es sich um eine merkwürdige Verdrehung der Tatsachen. Richtig ist, dass Kriege wie der in Afghanistan weltweit die Sicherheit gefährden. Gerade Organisationen wie die Taliban erhalten durch die Militäreinsätze Auftrieb und gewinnen an Rückhalt. Nach dem Sturz der Taliban 2001 gab es in Afghanistan eine reale Hoffnung auf Frieden. Angesichts der fremdgesteuerten Regierung wandten sich aber viele aufgrund ihrer Enttäuschung wieder den ehemaligen Unterdrückern zu und versuchen, mit ihnen gemeinsam Widerstand gegen die imperialistischen Besatzer zu mobilisieren. Aufgrund der Ausweglosigkeit sehen manche inzwischen nur noch den Weg, auf den Terror der NATO-Staaten ebenfalls mit Terror zu antworten. Selbstmordanschläge und Entführungen sind Ausdruck dieses Ohnmachtsgefühls. Mit der Beteiligung der Bundeswehr an den Einsätzen in Afghanistan steigt somit auch in Deutschland die Gefahr von Terroranschlägen. Gerade deshalb ist die Behauptung, dass Deutschland am Hindukusch verteidigt wird falsch.

Der Hintergrund der Bundeswehreinsätze ist also weder die Verbesserung der Lebenssituation der Bevölkerung in Afghanistan, noch die Beförderung einer friedlichen Entwicklung weltweit. Stattdessen geht es darum, die deutsche Außenpolitik immer mehr zu militarisieren, um sich Rohstoffquellen und Absatzmärkte zu sichern. Das wird kaum öffentlich zugegeben, lässt sich aber an der besonderen geostrategischen Bedeutung des Landes aufzeigen. Die Nähe Afghanistans zum Iran und den Ländern Mittelasiens sowie des Nahen Ostens mit großen Erdöl- und Rohstoffvorkommen führte schon im 19. Jahrhundert dazu, dass Rußland und Großbritannien immer wieder versuchten, das Land unter ihre Kontrolle zu bekommen. Die derzeitige Besatzung Afghanistans reiht sich nahtlos in diese Kolonialisierungsbestrebungen ein und macht den imperialistischen Charakter der Militärmission offenkundig. Dem entwickelten Kapitalismus, der auf dem Prinzip der Profitsteigerung um ihrer selbst willen beruht, bleibt keine andere Wahl, als immer neue Absatzmärkte zu erschließen. Die Militarisierung der Außenpolitik ist nur die eine Seite der Medaille, während es im Inneren dazu führt, dass alle Lebensbereiche dem Kapitalverwertungsprinzip untergeordnet werden, sowie Sozialabbau und der Abbau von Rechten der ArbeitnehmerInnen auf der Tagesordnung sind.

Der Nebengewinn der Auslandseinsätze für die herrschende Politik besteht darin, dass die mit der Entsendung der Soldaten auch im Inland gesteigerte Anschlagsgefahr als Begründung für zunehmende Militarisierung und Repression im Inneren instrumentalisiert werden kann. Durch stärkere Überwachung der Bevölkerung und den Einsatz der Bundeswehr bei friedlichen Demonstrationen -wie bei G8 erprobt- werden die demokratischen Freiheitsrechte zunehmend abgebaut. Der Ausbau des staatlichen Zwangsapparates geschieht dabei nicht nur zur "Terrorismusbekämpfung", sondern weil die Zustimmung der Bevölkerung zur neoliberalen Reformpolitik bröckelt. Die Einschränkung von Grundrechten wird mit dem Schutz vor Terroristen und radikalen Minderheiten begründet, dann aber gegen die Linke, Gewerkschaften und soziale Bewegungen benutzt. Durch die militärische Außenpolitik der Bundesregierung wird die Spirale der Gewalt somit in Afghanistan und auch im eigenen Land immer weiter gedreht. Eine friedliche Lösung rückt in immer weitere Ferne. Der Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan wäre deshalb ein erster und entscheidender Schritt hin zu einer Außenpolitik, die das Völkerrecht nicht länger missachtet und auf zivile Konfliktlösung anstelle von militärischer Gewalt setzt.


http://www.nelehirsch.de/index.php?optio...d=594&Itemid=63

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12.02.2008 12:22
#5 RE: Afghanistan - ein Krieg ohne Ende Antworten

wofür kämpfen wir eigentlich in Afghanistan?

Zitat
Kälteeinbruch in Afghanistan
Johanniter sichern 1000 Familien bei Herat

(lifepr) Berlin, 12.02.2008 - Die Johanniter verteilen Hilfsgüter wie Decken, warme Kleidung und Lebensmittel im Wert von 75.000 Euro an die von einem Kälteeinbruch betroffenen Familien im Westen Afghanistans.

"Ganz Afghanistan liegt unter einer dichten Schneedecke", berichtet der Johanniter- Programmkoordinator Sarder Jahangir. "Das ist der kälteste Winter seit Jahren und niemand war darauf vorbereitet. Die Wasserleitungen sind zugefroren, es fehlt an warmer Kleidung, Decken und Heizmaterial."

Auch Anfang dieser Woche sind es wieder minus 15 Grad Celcius in Herat, im Westen Afghanistans. Allein dort und in der Umgebung starben bereits 664 Menschen an den Folgen der Kälte, insgesamt sind über 220.000 Familien betroffen.

Mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes versorgen die Johanniter in Herat und Umgebung 1.000 besonders betroffene Familien mit Decken, warmer Kleidung und Lebensmitteln. Fünf afghanische Ärzte der Johanniter versorgen zudem die Erkrankten in dem 30 Kilometer von Herat entfernten Maslakh Camp.

In dem Camp, welches bereits seit 2002 existiert, leben über 25.000 afghanische Flüchtlinge und intern Vertriebene. "Das Team behandelt täglich bis zu 150 Menschen mit Atemwegserkrankungen", berichtet Jahangir. Weitere Standorte für das medizinische Team werden derzeit mit den lokalen Behörden besprochen.

Die Johanniter unterstützen bereits seit Jahren verschiedene Kliniken in Kabul und Herat und starteten im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt ein neues Projekt in Herat und Umgebung: 204 Gesundheitshelfer wurden von den Johannitern in Erster Hilfe ausgebildet und sind nun in 104 Dörfern unterwegs, um dort die Menschen medizinische zu versorgen.


http://www.lifepr.de/pressemeldungen/joh...oxid-31507.html

Das ganze ist unendlich absurd. Da wird Krieg geführt, während anderswo im Land die Menschen einen schrecklichen Kältetod sterben.

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23.02.2008 08:33
#6 RE: Afghanistan - ein Krieg ohne Ende Antworten

Zitat
21.02.08
Interview mit Malalai Joya

Von Thomas Mitsch

Die afghanische Parlamentarierin Malalai Joya machte nach der Verleihung des Menschenrechtspreises durch Cinema for Peace, eine Städtetournee auf Einladung der Linksfraktion im Bundestag. Auch in Stuttgart machte Joya, in Begleitung der Bundestagsabgeordneten Heike Hänsel, einen Stopp.

T.M.: Malalai, herzlichen Dank für Ihr Kommen. Sie sind auf abenteuerliche, aber auch gefährliche Weise nach Deutschland gekommen. Was ist geschehen?


M.J.: Nachdem ich vor der großen Ratsversammlung, der Loya Jirga, und auch im Parlament die Bestrafung der im Parlament sitzenden Warlords und Drogenbosse gefordert hatte, wurde ich letztes Jahr für drei Jahre aus dem Parlament ausgeschlossen. Ich bin auf einer Liste von Personen, die Afghanistan nicht verlassen dürfen. Mein diplomatischer Pass wurde eingezogen und ich konnte Afghanistan nur über die grüne Grenze verlassen.

T.M.: Glauben Sie, dass der Ihnen vor kurzem verliehene Menschenrechtspreis von "Cinema for Peace" ihre Arbeit in Afghanistan unterstützen kann?

M.J.: Diesen Preis habe ich den demokratisch gesinnten Menschen in Afghanistan gewidmet. Für mich ist dieser Preis eine Aufforderung weiter zu kämpfen und eine Unterstützung für meine Arbeit. Die afghanischen Medien ignorieren mich, ich bin verbannt worden und es gibt einen regelrechten Boykott gegen mich. Es ist eine große Propaganda der Fundamentalisten gegen meine Person, aber gleichzeitig erkennen immer mehr Menschen diese Praktiken, die mich dann unterstützen. Nur ein kleiner TV-Sender hat über die Verleihung des Preises berichtet. Die Pressefreiheit in Afghanistan steht nur auf dem Papier. Selbst Journalisten, die aus dem Parlament berichten wollten, wurden geschlagen und aus dem Parlament verwiesen. Ich soll daran gehindert werden, das, was ich in Afghanistan gesagt habe, international zu sagen.

T.M.: Was hat sich nach den Wahlen 2005 verändert? Wie ist die Situation der Frauen?

M.J.: Ein aktuelles Beispiel dieser Tage ist die Vergewaltigung eines 14-jähriges Mädchens in Nordafghanistan, von drei Warlords. Einer dieser Vergewaltiger ist der Sohn eines Abgeordneten, dies bestätigte das Büro des Frauenministeriums und auch die dortige Menschenrechtsorganisation. Er wurde seither nicht bestraft. Das zeigt ja wohl, in was für einer Demokratie wir leben.
Weitere 4 junge Mädchen, von denen das jüngste 9 Jahre alt ist, wurden in jüngster Zeit im Norden vergewaltigt. Auch hat sich vor Kurzem eine junge Frau vor dem obersten Gericht verbrannt, weil sie nicht angehört wurde, kein Recht bekommen hat, bezüglich der Gewalt, die ihr Ehemann ihr antat. So gibt es viele, viele Beispiele. Ich könnte eine lange Liste von Verbrechen und Grausamkeiten gegen Frauen in Afghanistan aufzählen. Täglich kommen schockierende Nachrichten aus den Provinzen. Morde an Frauen. In einem Distrikt haben sich in einem Monat über 30 Frauen selbst umgebracht. Es ist ein reines Mafiasystem, das in Afghanistan regiert. Es sind Milliarden von Aufbaugeldern nach Afghanistan geflossen, das hätte gereicht, Afghanistan zweifach aufzubauen. Aber wo fließt dieses ganze Geld hin, wenn Frauen inzwischen aus reiner Not ihre Kinder für ein paar Dollar verkaufen. Durch den kalten Winter sind über tausend Menschen erfroren und das nicht einmal weit weg von Kabul. Ebenfalls sind über hunderttausend Tiere, die für die Menschen notwendig sind, verendet. Siebenhundert Kinder und 50 bis 70 Frauen sterben täglich auf Grund mangelnder Gesundheitsversorgung. Die Lebenserwartung liegt unter 45 Jahren.

T.M.: Was sagen sie zum Drogenproblem?

M.J.: Seit dem 11. September ist Afghanistan zum weltweit größten Produzenten von Opium geworden. 92 Prozent des weltweiten Opiums werden in Afghanistan hergestellt und landen dann in den Straßen von New York und all dies passiert unter den Augen der internationalen Truppen. Das heißt eigentlich auch, dass wir keine Befreiung unseres Landes haben, sondern eine Besatzung. Die Geschichte unseres Volkes hat aber gezeigt, dass wir Besatzung niemals akzeptiert haben. Und wenn die Politik so weiter geht, werden die USA und die Alliierten einschließlich der deutschen Truppen den Widerstand der Bevölkerung zu spüren bekommen.

T.M.: Die afghanische Bevölkerung ist durch die politische Situation in die Enge getrieben. Wie sehen sie das?

M.J.: Die Bevölkerung befindet sich in einer "Sandwich-Situation": auf der einen Seite sind die Pro-US-Terroristen, die Nordallianz, und auf der anderen Seite die Taliban, die Anti-US-Terroristen. Beide Seiten müssen entwaffnet werden. Für mich ist eigentlich jeder Tag in Afghanistan wie der 11. September. Die Zahl der seit 2001 im "Krieg gegen den Terror" getöteten unschuldigen Zivilisten hat sich verfünffacht im Vergleich zu der Zahl derjenigen, die in der Tragödie vom 11. September umkamen. Wenn jetzt die Truppen abziehen würden, besteht natürlich die Gefahr eines Bürgerkrieges, wie wir es ja schon einmal zwischen 1992 und 1996 erlebt haben, als an manchen Tagen allein in Kabul bis zu 5000 Menschen getötet wurden. Das Problem ist aber, dass wir die Fundamentalisten an der Macht haben. Die Taliban wurden ja von den USA zur damaligen Zeit stark gemacht. Jetzt wird die Nordallianz unterstützt. Auf lange Sicht müssen die Truppen abziehen. Ein erster Schritt wäre, die Fundamentalisten, die jetzt an der Macht sind zu schwächen, zu entwaffnen, um eine Chance für die anderen demokratischen Kräfte zu ermöglichen. Wir haben keine Befreiung, sondern eine Besatzung. Ich bin überzeugt, kein Land kann einem anderen Land Befreiung bringen. Für Demokratie, Menschenrechte, Frauenrechte müssen wir selbst kämpfen. Jetzt ist aber die Situation so kompliziert und schwer, dass wir Unterstützung von der internationalen Gemeinschaft brauchen. Vor allem die demokratischen Kräfte brauchen mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung, um eben für diese Werte in ihrem Land zu kämpfen. Ich bin überzeugt, dass man nicht mit Waffen Demokratie in ein Land bringen kann. Nach der Bekämpfung der Taliban sind nicht demokratische Kräfte an die Macht gekommen, sondern wieder Fundamentalisten. Wenn demokratische Kräfte unterstützt worden wären, gäbe es gar keinen Grund, dass Truppen in Afghanistan sind. Das sind strategische Überlegungen der USA und der Alliierten, um in diesem Land zu bleiben.

T.M.: Es gab im Norden Afghanistans eine Umfrage unter der Bevölkerung. Was halten sie von dieser Umfrage?

M.J.: Die Regierung hat nur die Kontrolle über Kabul, wenn überhaupt. Ich frage mich, wie diese Umfrage umgesetzt wurde. Viele Menschen haben nicht den Mut, die Wahrheit zu sagen, solange Warlords und Verbrecher sie unterdrücken. Die Umfrage ist in meinen Augen Propaganda, um Sand in die Augen der Menschen weltweit zu streuen, um die Berechtigung zu haben, noch weitere Truppen ins Land zu schicken. Der Wunsch der Menschen nach Truppen ist da, aber nur um gegen die Fundamentalisten etwas zu unternehmen, die von den Truppen, auch den deutschen, unterstützt werden. Ein sehnlichster Wunsch wäre die Befreiung Nordafghanistans von den Fundamentalisten, die dort zur Zeit das Sagen haben.

T.M.: Spielen die Machtinteressen von Russland und China eine Rolle für Afghanistan?

M.J.: Nicht nur diese beiden Länder haben Interesse, sondern auch die USA, Deutschland und die anderen NATO-Länder, die ja in diesem Land auf Grund ihrer eigenen Interessen sind. Sonst würden sie ja die demokratischen Kräfte unterstützen und nicht die Fundamentalisten. Die Menschen wollen, dass diese Fundamentalisten und die Taliban, die jetzt unterstützt werden und durch die internationale Politik an die Macht kamen, entmachtet werden. Schritt für Schritt könnte dies mit einem Abzug der Truppen begleitet werden. Eine dauerhafte Präsenz der Truppen will die Bevölkerung nicht. Außerdem müssten die Nachbarländer kontrolliert werden, dass sie die Fundamentalisten nicht mehr unterstützen und dass dadurch eine wirkliche Politikänderung vonstatten geht. Es ist aber auch klar, wenn die Truppen nicht abziehen, Stück für Stück, werden sie den massiven Widerstand der Menschen in Afghanistan erleben. Die Engländer hatten versucht uns zu besetzen und die Sowjetunion, und eben jetzt versucht es die USA. Es wird Zeit, dass wir diese Besatzung nicht mehr zulassen, dass wir dagegen kämpfen, denn es hat sich gezeigt, dass diese Besatzungen nicht funktioniert haben. Die Menschen gehen inzwischen auf die Straße, sie demonstrieren gegen die katastrophale Situation, in die sie gebracht wurden. Jetzt erst vor kurzem war das schlimmste Bombenattentat mit der größten Anzahl von Opfern in der Provinz Kandahar, mehr als sechzig Personen wurden ermordet. Das sind Zivilisten gewesen, die dort getötet wurden. Es werden aber auch Städte und Dörfer durch die Alliierten bombardiert, um die Taliban zu treffen, aber auch hier werden unschuldige Menschen, Frauen und Kinder getötet.


T.M.: Vielen Dank für das Gespräch und vor allem eine sichere Heimreise.


Das Interview wurde von Thomas Mitsch am 19. Februar 2008 in Stuttgart geführt.
Malalai Joya erhielt unter anderem den International Woman of the Year Price 2004, der Provinz Valle d`Aosta in Italien und den Women of Peace Award 2006 der Womens Peacepower Foundation.


http://www.scharf-links.de/57.0.html?&tx...Hash=66d1994a7e

Die Bundeswehr stützt in Afghanistan eine Regierung voller Verbrecher. Das ist das Allerletzte, was deutsche Politiker mit unserem Steuergeld machen!

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23.02.2008 09:34
#7 RE: Afghanistan - ein Krieg ohne Ende Antworten

Zurück zu den Anfängen... wie begann es, warum führen "wir" in Afghanistan Krieg?

Hier ein Vortrag eines Politikwissenschaftlers aus Marburg. Er räumt auf damit, dass der Angriff auf Afghanistan eine Folge der Anschläge vom 11. September ist, er macht klar dass die USA Hegemonialmacht in dieser Region werden wollen, und das sie damit erfolgreich sind,...


Zitat
Konfliktstoff Öl, Teil II
Wem gehört das Kaspische Öl?
Referent: Matin Baraki Politikwissenschaftler, Lehrbeauftragter an der Universität Marburg
Baku, die Hauptstadt Aserbaidschans, war schon im Jahre 1900 Hauptölstadt. In diesem Teil von Aserbaidschan waren die Firmen Nobel und Rothschild aktiv bis Anfang des 20. Jahrhunderts. Erst mit der Entstehung der Sowjetunion wurden die Bedingungen ungünstig für solche internationale Firmen, sich weiter in dieser Region zu engagieren und die Rohstoffe zu nutzen. In der Endphase der Sowjetunion und noch unter Gorbatschow waren wieder internationale Firmen in der Region aktiv geworden, haben sich umgeschaut, wo es was geben kann. In einigen Ländern Mittelasiens bzw. des Kaukasus wurde vermutet, dass dort Rohstoffe lagern. Als erste war eine argentinische Firma tätig, die sich aber nicht durchsetzen konnte. Sie wurde von der US-Firma Chevron aus dieser Region gedrängt, und die Firma Chevron sagte stolz „Wir waren die erste Firma, die sich überhaupt in dieser Region engagiert hat.“ Als das Ende der Sowjetunion sichtbar wurde, begann eine Art Goldgräberstimmung um die Rohstoffquellen Mittelasiens und des Kaukasus. Man ging davon aus, dass es im Kaspischen Raum zwischen 6 bis 10 Milliarden Tonnen Erdöl geben könnte. Allein Turkmenistan sollte die zweitgrößten Erdgasreserven der Welt besitzen. Es bestand die Gefahr einer militärischen Auseinandersetzung um die Verteilung dieser Beute, aber die Wirtschaftsmanager sind meistens klüger als die Politiker und Militärs, und die haben sich geeinigt und ein Konsortium von zwölf Firmen aus sieben Ländern gebildet, um dieses Stück Kuchen schwesterlich und brüderlich unter sich zu verteilen. Schon im November 1997 wurde das erste aserbaidschanische Rohöl auf den Weltmarkt gebracht. Brzezinski, ehemaliger Sicherheitsberater von Jimmy Carter, bezieht sich auf eine Aussage von Stalin und Hitler und sagt, dass diese oberasiatische Region die bedeutendste Region überhaupt sei. Wer diese Region beherrscht, wird die Welt beherrschen. Man geht davon aus, dass die künftige Weltpolitik auch in dieser Region gespielt werden könnte. Brzezinski sagt noch drastischer: Wir wollen zu dieser Region ungehinderten Zugang haben, das heißt zu diesen Rohstoffquellen des mittelasiatischen, kaukasischen Raumes und auch natürlich im Nahen Osten. Interessanterweise war 1997 die damalige Außenministerin der Vereinigten Staaten, Madeleine Albright, in Mittelasien und Kaukasus unterwegs, und vor der Presse sagte sie, dass die gesamte Region Mittelasien, Kaukasus strategische Interessenzone der Vereinigten Staaten sei. Was das bedeutet, kann man sich vorstellen. Das Beispiel Georgien hat uns verdeutlicht, wenn die Vereinigten Staaten wollen, können sie auch solche Leute wie Schewardnadse, ein ehemaliger Verbündeter des Westens, in kurzer Zeit wegdemonstrieren. Und der wurde weggefegt und durch einen US-Bürger ersetzt. Der jetzige Präsident Georgiens ist ein Bürger der Vereinigten Staaten. Kleine Geschichte des Afghanistan-Konflikts Im Jahre 1994 im Frühjahr wurden die afghanischen Mudzahedin, die ab 92 in Afghanistan oder in Kabul die Macht übernommen haben, eingeladen vom auswärtigen Ausschuss des US-Kongresses. Man hat ihnen einen Plan vorgelegt, von Mittelasien über Afghanistan nach Pakistan eine Pipeline durchzuziehen und mittelasiatische Rohstoffe zu transportieren. Und dann sind sie aufgefordert worden, mit dem Bürgerkrieg aufzuhören. Sie versprachen, den Bürgerkrieg zu beenden, aber als sie zurück nach Afghanistan kamen, ging der Krieg weiter. Man hat sich in den USA überlegt, wie man den Afghanistankonflikt „lösen“ könnte. Henry Kissinger wurde von der Firma Unoca – das ist ein Energiekonzern in den USA -und von Delta-Öl, einem saudiarabischen Konzern, beauftragt, eine Konzeption auszuarbeiten in Zusammenarbeit mit dem jetzigen US-Botschafter in Afghanistan, Khalizad -ein gebürtiger Afghane -, und dabei hat der jetzige Interimspräsident in Afghanistan Karzai auch eine Rolle gespielt. Die Konzeption von Henry Kissinger war es, den Afghanistankonflikt „militärisch zu lösen“. Für uns von außen gesehen kam über Nacht eine bestimmte Gruppierung mit dem Namen Taliban ins Land. Die sind aus Pakistan nach Afghanistan einmarschiert und haben die Stadt Kandahar an der afghanischpakistanischen Grenze besetzt, und kurze Zeit, also zwei Jahre danach, im September 96, waren sie schon in Kabul, und zuletzt haben sie etwa 90 Prozent des Landes unter Kontrolle gehabt. Die historische Mission, wenn man diesen Begriff in diesem Zusammenhang verwenden darf, der Taliban war es, Afghanistan militärisch zu besetzen, um es zu stabilisieren, um Bedingungen zu schaffen für die Durchführung des Projektes der Firma Unoca und Delta-Öl. Sie brachten das Land militärisch unter Kontrolle, aber die Bedingungen waren nicht so günstig, dass sie dieses Projekt umsetzen konnten. Daraufhin hat man dann von Seiten der USA und Saudi-Arabiens das Interesse an den Taliban verloren. Henry Kissinger sagte, dass es eben militärisch nicht möglich sei, das Problem zu lösen oder Afghanistan unter Kontrolle zu bekommen. Daraufhin wurden sie für einige Zeit vergessen, bis der Einfluss von Al-Kaida bzw. ausländischer Islamisten auf die Taliban stärker wurde. Später wurde die Afghanistanpolitik der Taliban eigentlich nicht von den Taliban selber, sondern von auswärtigen Kräften kontrolliert, insbesondere vom pakistanischen Geheimdienst. Kurz vor den Ereignissen, die zu einer Konfrontation führten, haben die Al-Kaida-Leute in Afrika zwei US-Vertretungen, zwei diplomatische Vertretungen angegriffen. Eben darauf kam es zu einer Konfrontation zwischen Taliban und den USA, in deren Folge US-amerikanische Militärs vom Indischen Ozean mit cruise missiles verschiedene Ausbildungszentren der Taliban und Al-Kaida in Afghanistan angegriffen haben. Nach ein paar cruise-missiles-Angriffen wurde dann die militärische Auseinandersetzung zunächst eingestellt. Stattdessenr forderte die Regierung der USA zu politischen Gesprächen mit diplomatischen Vertretern der Taliban auf.. Die sind also zweigleisig verfahren -militärischer Druck, aber gleichzeitig mit den Taliban diplomatisch im Gespräch bleiben. Zuletzt gab es in Berlin zweimal Konferenzen, und bei beiden Konferenzen hat man den Taliban nahegelegt, den Al-Kaida-Chef bin Laden fallen zu lassen. Dann wäre man auch bereit, seitens der europäischen Länder und vor allem der USA, das Regime der Talibans international anzuerkennen. Da der Einfluss der Al-Kaida auf die Taliban sehr groß war, waren sie nicht in der Lage, diese Forderungen zu erfüllen. Daraufhin kam es zu einer Abkühlung der Beziehungen und es wurden auch die diplomatischen Aktivitäten eingestellt. Es kam zu einer neuen Strategie der Vereinigten Staaten für Afghanistan und für diese Region. Man hat gewartet, bis der 11. September geschah. Ich habe das 30mal formuliert: Wenn es den 11. September nicht gegeben hätte, hätte man ihn erfinden müssen. Die Folge des 11. September war es, dass man in kurzer Zeit wusste, nach diesen tragischen Ereignissen, bei denen viele Menschen ums Leben gekommen sind, wo der Feind sitzt. Der Feind saß in Afghanistan und waren die Taliban. Und man hat das damit begründet, dass da eben ein Terrorregime sitzt, das die Menschen im Land terrorisiert, vor allem Frauen unterdrückt, und dieses Terrorregime muss beseitigt werden. Wir wissen aber genau, ich habe auch Dokumente dazu, dass der Krieg gegen Afghanistan schon im Juli geplant war und die Vereinigten Staaten ihren regionalen Verbündeten, Pakistan, informiert hatten, dass ein Krieg gegen Afghanistan geplant war. Das hat der ehemalige Außenminister von Pakistan, Naik, ausgeplaudert. Also wie gesagt, nach dem 11. September hat man begonnen, das Taliban-Regime zu beseitigen, und es ging dann eben darum, in dieser Region Fuß zu fassen. Es ging aber nicht nur um Afghanistan, sondern um die gesamte Region. Die USA wollten ungehinderten Zugang zu dieser Region. Wir sehen, dass nach dem 11. September die Vereinigten Staaten in Gebieten militärisch Fuß gefasst haben, von denen sie vorher nie geträumt haben. Das sind ehemalige Gebiete der Sowjetunion und auch Afghanistan, in allen mittelasiatischen Republiken im Kaukasus sind sie nun militärisch präsent, in Georgien zum Beispiel oder auch in Aserbaidschan. Sie haben in der Nähe von Baku die größten Militärbasen geschaffen, die es überhaupt in dieser Region gibt, also wir sind jetzt überall militärisch besetzt. Dann ist natürlich nicht zu vergessen, dass die USA militärisch in Afghanistan erfolgreich waren. In kurzer Zeit wurde das Taliban-Regime weggefegt und die Kräfte an die Regierung gebracht, die ihnen angenehm waren. Auf dem Petersberg wurde wegen des Krieges eine internationale Konferenz einberufen. Auf dieser Konferenz waren insgesamt 38 afghanische Delegationsvertreter und allein die Vereinigten Staaten waren mit 20 Beobachtern anwesend. Entgegen den Vorstellungen der Afghanen und entgegen der Vorstellung der Bundesrepublik und der europäischen Union haben die Vereinigten Staaten Afghanistan auf dem Petersberg war-lordisiert und als Interimsregierungschef den Mann bestimmt, den sie haben wollten und den sie seit den Jahren des Bürgerkrieges ganz gut kannten. Das ist der heutige afghanische Präsident Karzai, der eigentlich auf der Gehaltliste der CIA steht. Als sie in Afghanistan gesehen haben, dass die Lage erfolgreich für sie war, da war es von Kabul nach Bagdad nur noch ein Katzensprung. Sie dachten, gut, wenn wir hier so erfolgreich sind, dann können wir diese Politik weiter fortsetzen. Ich habe es gerade gesagt, dass eigentlich Afghanistan das Tor zu Bagdad gewesen ist. Wären die Vereinigten Staaten in Irak so erfolgreich wie in Afghanistan... ich bin davon überzeugt, dass die US-Armee schon längst jetzt im Iran, in Syrien, vielleicht Jemen usw. säßen. Aber wir sehen, dass die Konzeption nicht so aufgegangen ist, wie sie sich erhofft haben, dass es im Irak Kräfte gibt, die eben versuchen, das Militärengagement der Vereinigten Staaten zu stoppen. Politische Pipeline-Routen Es gab auch diese Pipelinekonzeptionen, verschiedene Varianten – ich will nicht die einzelnen Konzeptionen hier vorstellen. Die Strategie war es eine Diversifizierung der Pipeline-Routen zu gewährleisten, damit der Ölbedarf nicht auf einen bestimmten Punkt konzentriert ist. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass zwei Mächte aus diesem Spiel herausgehalten werden sollten. Einmal die iranische Regierung, und 2. soweit es möglich ist, die russische Föderation. Ökonomisch am sinnvollsten wäre es, von Baku aus bis zur iranischen Grenze, denn ab da gab es bereits eine Pipeline, ein kleines Stück Pipeline zu bauen und dann dieses Öl in die bestehenden iranischen Pipelines einzuspeisen oder eben auch über die Gebiete von Tschetschenien in die russische Föderation. Das wollten die Vereinigten Staaten aber nicht, sie haben andere Varianten versucht, und eine der Varianten, die jetzt im Gange ist, und die eine der teuersten ist, verläuft über Georgien, dann durch türkische Gebiete, vor allem die Gebiete über Kurdistan nach Djihan. Das Ganze kostet etwa drei Milliarden Dollar. Im Moment gibt es erstaunlicherweise von Seiten der georgischen Regierung Widerstand dagegen, weil die Umweltauflagen, deren Einhaltung von diesem Konsortium versprochen wurden, nicht eingehalten werden, und deswegen ist das im Moment gestoppt worden. Es wird verhandelt. Ob daraus was wird oder nicht, wissen wir nicht genau. Dann ist eine andere Macht in dieser Region, in Mittelasien, Kaukasus sehr aktiv. Das ist die Volksrepublik China. Eine chinesische Firma hat sich mit 5,6 Milliarden Dollar, mit 60 Prozent bei den beiden großen kasachischen Förderern eingekauft. Und da sind die Vereinigten Staaten natürlich alarmiert und versuchen, dass die Volksrepublik China in dieser Region nicht weiter Fuß fasst. Es gibt also ein Szenarium, von Henry Kissinger konzipiert, auch sogar öffentlich zur Diskussion gestellt in der WELT vom 9. Mai 1999, dass eventuell ein Krieg gegen die Volksrepublik China seitens der Vereinigten Staaten inszeniert werden könnte, und er stellt die Frage: Wie werden sich die Verbündeten verhalten? Die 2. Variante einer militärischen Auseinandersetzung, die nicht ausgeschlossen ist, ist die zwischen den Vereinigten Staaten und der Russischen Föderation. Die Russische Föderation ist jetzt nicht nur im Hinterhof umzingelt, sondern durch einen anderen Vertrag, der als Partnerschaft für Peace bekannt ist, total umzingelt. Die Vereinigten Staaten haben jetzt rings herum um die Russische Föderation mit 28 Ländern im Rahmen dieser Partnerschaft für Peace Verträge abgeschlossen. Die Verträge sind sehr ähnlich mit Beistandsverträgen, also ähnlich dem NATO-Vertrag. Wenn eines von diesen Ländern von irgendjemandem bedroht oder angegriffen wird, angeblich oder tatsächlich, dann kann es jederzeit die Vereinigten Staaten zu Hilfe rufen, und die sind dann an Ort und Stelle, um militärisch zu intervenieren. Also die Russische Föderation ist von allen Seiten umzingelt und kann leicht Opfer einer Aggression werden. Genau so ist es mit Iran. Iran ist genauso von allen Seiten von militärischen Stützpunkten der Vereinigten Staaten umzingelt. Militärpräsenz der USA in der Region Jetzt komme ich zum Schluss und will noch zwei Thesen formulieren:
1 Die Region des Nahen und Mittleren Ostens und Kaukasus wird die konfliktreichste Region sein im 21. Jahrhunderts.
2 Die Militärpräsenz der Vereinigten Staaten in dieser Region ist zu einem Faktor der Destabilisierung geworden, nicht nur für diese Region, sondern eben für vielleicht die gesamte internationale Politik. Und solange die Vereinigten Staaten sich da weiter aufhalten und diese Politik betreiben, wird möglicherweise dieser Konflikt eine internationale Dimension gewinnen. Jetzt stehen in den USA die Wahlen bevor und manche Leute machen sich Hoffnungen auf einen Sieg Kerrys, weil der möglicherweise die Militäreinheiten aus diesen Regionen zurückziehen wird. Ich würde davor warnen – der Kerry wird das nicht machen und es gibt einen einzigen Unterschied zwischen der Konzeption Kerry und der Konzeption Bush und seiner Leute. Bush hat einen großen Fehler gemacht, dass er alles alleine machen wollte. In Afghanistan war er erfolgreich, aber in Irak haben wir gesehen, dass es nicht möglich ist. Die Konzeption von Kerry ist es, die gleichen Sachen zu machen, in Zusammenarbeit mit den Verbündeten. Das bedeutet, dass die europäischen Länder, auch NATO-Länder oder andere Verbündete der Vereinigten Staaten in diesen Kriegen, in diesen Auseinandersetzungen möglicherweise Besetzungen dieser Länder weiter mitmachen sollen. Ich bedanke mich.



weiter mit Teil 2...

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Beiträge: 2.222

23.02.2008 09:36
#8 RE: Afghanistan - ein Krieg ohne Ende Antworten

Zitat
Fragen und Kommentare:

Publikum:
Welche Bedeutung haben in Afghanistan die Warlords? Welche Funktion oder
welches ... wie kann man die genau verstehen?

Matin Baraki:
Ja diese Warlords sind die früheren Mudzahedin-Kommandanten, die seit
1978, genauer, seitdem die sowjetische Armee in Afghanistan interveniert
hat, von den USA unterstützt worden sind, finanziell und militärisch. Und
gleichzeitig nicht nur die, sondern eben schon in der Zeit wurde der
Grundstein gelegt für den internationalen Islamismus, auch in
Tschetschenien, in Mittelasien oder in arabischen Ländern oder in Südasien.

Diese Leute haben alle ihre Kampferfahrungen und ihre Ausbildung in
Afghanistan gemacht. Also diese Warlords sind ehemalige Mudzahedin-
Kommandanten, die eben wie gesagt auf dem Petersberg dann an die Macht
gebracht wurden und nun geschützt werden durch die ISAF. ISAF steht jetzt
unter dem Kommando der NATO. Sie sind zum einen Islamisten, zweitens
sind sie inzwischen im ganzen Staat in Drogengeschäfte verwickelt, und ich
habe sie als Drogenbarone bezeichnet. Diese Warlords-Drogenbarone
kontrollieren die jetzige afghanische Administration, die von den USA
unterstützt wird.
Die Militäreinheiten, die für Afghanistan ausgebildet werden sollten,
Afghanistan soll im nächsten Jahr etwa 25.000 Soldaten haben, also das soll
eine Nationalarmee sein, aber die afghanische Administration ist nicht in der
Lage ihre Soldaten zu bezahlen, die werden von der internationalen
Gemeinschaft, wie man so sagt, ausgebildet. Sie haben gute Beziehungen zu
den Warlords. Wenn Sie so wollen, werden hier indirekt Kämpfer für die
Warlords ausgebildet. Die haben das Sagen in ihren Regionen oder haben die
Vollmacht. Selbst wenn der Karzai irgendwelche Kommandeure,
Kommandanten oder Polizeikommandanten oder Finanzverwalter ernennt in
den Regionen, wo die Warlords herrschen, die werden dann umgehend
zurück nach Kabul geschickt. Also der Karzai kann da nichts machen.

Publikum
Danke für die ausgezeichneten Ausführungen gerade über Mittelasien. Die
erste Folie war sehr interessant, auf die wollte ich noch mal eingehen, und
zwar auf ein Land, das sowohl was Öl betrifft, als auch den Islam betrifft,
natürlich besonders erwähnenswert ist -Saudi-Arabien. Wie sehen Sie denn
die Zukunft im Hinblick auf das Verhältnis der USA zu Saudi-Arabien? Da
lagert doch ein Viertel, weit mehr als in anderen Ländern, an Öl?

Matin Baraki:
Ja, wenn ich vor fünf Jahren vielleicht hier vor Ihnen gesagt hätte, dass die
USA die saudiarabische Regierung beseitigen wollen, hätten Sie gedacht, der
Baraki hat nicht alle Tassen im Schrank. Aber heute wird ganz offen in der
US-Presse, in der wissenschaftlichen Presse diskutiert, dass die jetzige
saudiarabische Regierung, eine der engsten Verbündeten der USA, als
unzuverlässig, als Faktor der Instabilität gilt und man überlegt, ob man nicht
eines Tages dieses Regime beseitigen sollte. Das wird ganz offen diskutiert.

Publikum:
Was sind denn die Alternativen?

Matin Baraki:
Die Alternativen, das wissen wir nicht... das sollen vielleicht solche Leute sein
wie Karzai, oder wie die jetzigen Regierungschefs in Irak. Das sind meist
ehemalige CIA-Mitarbeiter, die haben meist US-amerikanische Pässe, sind
eigentlich Staatsbürger der USA, auch der Präsident von Georgien ist ein
Staatsbürger der USA. Bei uns Afghanen gibt es ein Sprichwort, wonach der

Baum zu der Axt gesagt hat: Wenn dein Griff nicht ein Teil von mir wäre, hättest du mich nicht schlagen können. Und jetzt versuchen die uns eigentlich mit unserer eigenen Waffe zu schlagen, dass die Leute wie Karzai oder Khalizad, der ein gebürtiger Afghane ist und Botschafter der USA ist in Kabul, oder eben diese zwei Araber in Irak oder der Präsident von Georgien, die eigentlich gar nicht Bürger dieser Länder sind, sie haben ausländische Pässe, aber die sagen: Ja – wir sind einer von euch und wir machen eben für euch eine Regierung. In Wirklichkeit sind die eigentlich – könnte man sagen – Agenten von fremden Mächten. Und das ist eigentlich, was die USA wollen, und die Klügeren wollen natürlich, um dieses Projekt erfolgreich umzusetzen, die Verbündeten mit einbeziehen.
Publikum: Herr Baraki, es kamen sehr schöne Informationen über ganze Regionen. Aber über Afghanistan haben wir glaube ich sehr viele Fragen, weil Sie Afghanistan ganz besonders kennen. Meine Frage ist, Sie sagten, die Warlords sind so stark. Karzai hat es nicht geschafft, alle zu entmachten. Aber einer, Ismael Khan aus Herat, wurde vor zwei Wochen ziemlich leicht abgesetzt, der war sehr, sehr von Iran abhängig, der hatte auch eigentlich beste ökonomische und ökologische Verhältnisse rund um Herat geschaffen – Schulwesen war ziemlich intakt, Gesundheitswesen war intakt, Frauen hatten ziemlich große Freiheiten, war ein weißer Fleck in ganz Afghanistan – nur sehr abhängig von Irak. Karzai konnte ohne große Auseinandersetzung ihn absetzen und Iran, bis jetzt sehr enger Verbündeter, schwieg. Was glauben Sie, was da gespielt wurde? Hat Iran ein Bauernopfer gebracht? Hat es von Karzai etwas anderes verlangt? Wie kam das zustande? Wird Herat so ruhig bleiben?
Matin Baraki: Also, Sie haben ganz richtig die Lage beschrieben. Die Konzeption der NATO, der westlichen Länder in Afghanistan ist, in Afghanistan diese Inseln zu schaffen, militärische Inseln, unter dem Vorwand, Entwicklungshelfer in NGOs zu schützen, einige. In Herat, Kunduz, Faizabas sollten solche Inseln geschaffen werden. Diese Inseln waren eigentlich dafür gedacht, das ist meine These, in Afghanistan ein Netz von militärischen Stützpunkten zu schaffen. Die internationalen Hilfsorganisationen, auch bundesdeutsche und alle NGOs haben gesagt: Wir wollen diese Militärs nicht, wir brauchen keinen Schutz durch Militärs. Wenn die uns schützen, dann werden wir mit denen in Zusammenhang gebracht, dann sind wir Opfer von Angriffen. Das ist natürlich auch schon passiert. Aber die Militärs haben gesagt, NATO, ISAF und wie die alle heißen, auch die Bundeswehr: Nein, das brauchen wir, wir wollen euch schützen. Durch diese vielen Stützpunkte, die geschaffen worden sind, sollen mittelfristig die Warlords in Schach gehalten und langfristig entmachtet werden, um aus diesem Kabulistan eines Tages Afghanistan zu machen. Und man hat dann gesehen, wo sind welche Warlords am schwächsten. Die haben getestet. Als der Ismael-Khanische Staat sich gegründet hatte und die Bundeswehr dahin gehen wollte, hat er gesagt: Nein, wir wollen euch nicht. Die Bundeswehr musste ausweichen, hat sich nach Kunduz verlegt. Aber die haben jetzt andere Kräfte unterstützt, gegen Ismael Khan zu kämpfen. Ein ehemaliger Kommandant der Taliban wurde von ISAF, NATO, USA und Karzai unterstützt und hatte einen Krieg eingeleitet gegen Ismael Khan. Der Sohn von Ismael Khan, der Arbeitsminister war, ist in diesem Krieg gefallen, umgebracht worden, und gleichzeitig militärisch so geschwächt worden, dass diese Miliz eben vor den Toren Herats stand. Hätte er Herat besetzt, wäre möglicherweise nicht nur die Stadt und ihre Infrastruktur zerstört worden, sondern es hätte auch viele Menschenopfer gegeben. Daraufhin hat Karzai interveniert und hat den Milizen gesagt, sie sollten aufhören. Dann hat man den Kommandanten nach Kabul zitiert, aber er sagte, er komme nur unter der Bedingung, dass Ismael Khan beiseite geschoben wird – also entmachtet wird oder entlassen wird. Eine andere Frage, die hier eine Rolle spielt, ist, dass Ismael Khan, wie Sie ganz richtig gesagt haben, sehr gute Beziehungen zu Iran hatte. Und das passte den USA nicht, weil sie versuchen, den Iran zu isolieren. Iran wird in verschiedenen Abständen permanent attackiert, unter vielen, vielen Vorwänden, die es gibt wegen dieser Atomgeschichte. versucht also Iran zu isolieren. Aus diesen Gründen musste Ismael Khan entlassen werden. Interessanterweise hat es am Tag nach seiner Entlassung eine Pressekonferenz in Kabul gegeben, sagen wir, zwei Pressekonferenzen. In einer Pressekonferenz hat Karzai gesprochen, über banale Sachen, und in der
2. Pressekonferenz hat Khalizad gesprochen. Beide Pressekonferenzen wurden von BBC live übertragen, ich habe das alles im Original oder live gehört und der Khalizad sagte interessanterweise: Das war eigentlich die Aufgabe des Präsidenten, Ismael Khan zu entlassen, aber das habe ich gemacht. Ich habe mit Ismael Khan gesprochen. Das ist sehr interessant, dass Khalizad sich so was leistet. Und was sich Khalizad noch leistet, wie es sich auch für einen Herrscher gehört: Jeden Monat hält er eine Rede in Kabul
– und die Rede wird von allen afghanischen, elektronischen Massenmedien verbreitet. Also meine Einschätzung ist, dass diese Faktoren eine Rolle dabei gespielt haben, um den Ismael Khan zu beseitigen. Man hat ihm dann einen Ministerposten angeboten, er hat das Angebot nicht angenommen. Er sagte, er bleibt im Iran. Das bedeutet aber, dass er noch nicht aufgegeben hat. Wie das aber weiter geht, das muss man noch abwarten.
Publikum:
Wir haben heute zu zwei Regionen – ölreichen Regionen – etwas gehört, und
bei beiden Regionen waren die USA die bösen, die gierigen. Aber mich
beschäftigt die Frage, ob Europa in diesen beiden Nachbarregionen gar
keinen Einfluss haben will, und deswegen die Frage: Welche Rolle, oder
welche Interessen Europas gibt es da überhaupt? Hat Europa den Blackout
schon hingenommen, oder gibt es da auch was?

Matin Baraki:
Ja natürlich. In Mittelasien, Kaukasus ist Europa sehr aktiv. Im Rahmen dieser
Konsortien von denen ich gesprochen habe, sind die europäischen Konzerne
auch beteiligt, auch bundesdeutsche, Veba, das heißt heute Eon glaube ich,

Eon ist beteiligt, also die sind auch engagiert in allen Bereichen. Es gibt aber
einen Unterschied zwischen Europa und USA. In Europa ist die Diplomatie
sehr, sehr weit entwickelt und in USA ist die militärische Variante der
Außenpolitik sehr weit verbreitet. Das hat mit der Geschichte dieser beiden
Länder oder Kontinente zu tun,. Die USA konnten in ihrem Hinterhof schalten
und walten, wie es ihnen gepasst hat, und dann haben sie immer die
einfachste Variante gewählt und haben einfach losgeschlagen – die
militärische Variante der Außenpolitik. Bei den Europäern war eben die
diplomatische Variante vorherrschend, und die Europäer haben ihre
Interessen, verfolgen diese und setzen sie auch durch, aber eben nicht in
dieser Art und Weise mit Trommel und Trompeten, wie man bei uns sagt, wie
es die USA machen. Deswegen fällt das nicht auf und wird auch nicht so weit
und breit diskutiert. Aber die haben natürlich auch Interessen und machen
mit. In Afghanistan sind sie voll dabei, weil sie eben mit ins Boot genommen
worden sind und wenn sie in Irak – wenn der Kerry nachher kommt und sagt,
ja, liebe Leute, wir wollen alles gemeinsam machen, dann werden sie alles
mitmachen, genauso wie in Afghanistan.

Publikum:
Zum einen, also einige Aussagen, wie z.B. dass Michael Sakaschwili ein Agent
der USA wäre oder dass die Taliban damals aus Pakistan einmarschiert sind,
fand ich sehr gewagt. Aber wo ich noch mal nachfragen muss -habe ich das
richtig verstanden, dass die russische Föderation, die in vielen Ländern wie
Armenien, Zentralasien sehr stark militärisch vertreten ist, die in Georgien
zum Beispiel massiv Einfluss genommen hat, in Südossetien und Ostasien, in
Konflikte in Tschetschenien militärisch sehr involviert ist, überall dort also der
Aggressor ist, dass die angeblich von einer Aggression durch USA bedroht ist,
hab ich das richtig verstanden?

Matin Baraki:
Ja, das haben Sie richtig verstanden.

Publikum:
Das ist doch Unsinn...

Matin Baraki:
Das ist richtig. Das können Sie ruhig Unsinn nennen. Aber schauen Sie mal,
Herr Powell ist bei der Amtseinführung des georgischen Präsidenten dahin
gegangen und hat gesagt, die russische Förderation muss ihre Armee, oder
den Stützpunkt, den sie in Georgien hat, räumen, ja? Der Außenminister der
USA geht dahin und fordert die Russen auf, von da abzuziehen. Das wäre so
ähnlich wie, ja, Herr Putin geht nach Kuba und sagt: Hier, ihr sollt aus
Guantanamo weggehen. Ich will aber nicht relativieren, dass die Russen die
Guten sind, und die USA die Bösen. Das ist nicht meine Absicht. Ich will Ihnen
nur darstellen, wie die Situation im Moment aussieht.

Publikum:

Sie haben ja auf dieses Projekt der Pipeline aus der kaspischen Region durch
die Türkei hingewiesen, sehr gut, aber die Frage ist natürlich, das kam mir
ein bisschen zu kurz, welche Politik verfolgt gerade die Türkei? Denn die
Türkei ist ja nicht nur NATO-Mitglied, sondern, wir kennen alle die Debatte
um den Beitritt der Türkei zur EU. Also zum ersten Mal kommen da
sozusagen die Interessen der EU in eine Region, wo sie dann auch mit den
USA offen konkurrieren. Wie sehen Sie die Rolle der Türkei und vielleicht
dann auch der EU in Zukunft? Haben Sie dazu eine Meinung?

Matin Baraki:
Ja, also die Türkei spielte eine Doppelrolle. Einmal versucht die Türkei in die
EU reinzukommen und mit den europäischen Ländern zusammen zu arbeiten
und gleichzeitig gibt es einen Vertrag zwischen der Türkei und engsten
Verbündeten der USA in der Region, z.B. mit Israel – die Türkei hat mit Israel
einen Militärvertrag geschlossen. Ich habe versucht, irgendwie an diesen Text
zu kommen. Sie kommen nicht daran. Also die Türkei versucht, die Tür
Richtung Europa offen zu halten und auch in die EU zu kommen. Und die USA
wollen das auch, weil eben diese Alteuropäer dadurch ein bisschen unter
Druck gesetzt werden sollen. Und gleichzeitig spielt die Türkei in der Region,
sagen wir, eine regionale Machtrolle, gegenüber den mittelasiatischen
Republiken, zu denen die Türken engere Kontakte haben. So hofft man, dass
die Türkei z.B. alle militärischen Aktionen und Engagements der USA in der
Region unterstützt.
Und durch diese Pipeline will natürlich die Türkei auch ökonomischen Nutzen
ziehen, weil da auch Zoll kassiert wird. Die USA haben das Interesse gehabt,
mit dieser teuren Pipeline einen solchen Umweg zu machen, um sie durch
Länder durchziehen zu lassen, die mit USA in einem freundschaftlichen
Verhältnis stehen. Georgien eben und Türkei.

Publikum:
Man kann ja das Öl und das Gas nach Westen wegtransportieren, man kann
es aber auch im Osten wegtransportieren. Sie haben gesagt Turkmenistan
hat riesige Gasvorkommen, die kann man sicher auch flottmachen und
irgendwie versuchen abzutransportieren, gibt es denn keine Überlegungen,
eine Pipeline über Afghanistan und Pakistan zu ziehen?

Matin Baraki:
Doch, doch, natürlich. Ich habe gesagt, dass eine der Ursachen, warum die
Taliban überhaupt an die Macht gekommen sind, diese Pipeline durch
Afghanistan war, also von Turkmenistan, Westafghanistan, Richtung
Indischer Ozean nach Pakistan, sollte sie weiter nach Indien geführt werden.
Dieses Projekt gab es, und es wurde eben nicht durchgeführt. Im letzten Jahr
ist der Vertrag erneut unterschrieben worden, um dieses Projekt
durchzuführen. Aber die militärische Lage ist so, dass es eben nicht möglich
ist, es zu realisieren.

Publikum:

Das heißt, das Projekt wird kommen.

Matin Baraki:
Ja, es kommt auf jeden Fall.

Publikum:
Am 29. September, glaube ich, soll der Bundestag über die Verlängerung des
Bundeswehreinsatzes im ISAF-Kontext beschließen. Wie sehen Sie die
Präsenz der bundesdeutschen Truppen in den verschiedenen
Rekonstruktionsteams?

Matin Baraki:
Also ich habe gesagt, die Bundesrepublik Deutschland will langfristig auch
eine Großmachtrolle spielen, dafür gibt es mehrere Beweise. Schauen wir uns
einmal die neue verteidigungspolitische Richtung der Bundesrepublik
Deutschland, dass Peter Struck gesagt hat, unsere Sicherheit werde jetzt
durch die Bundeswehr am Hindukusch verteidigt und später wurde gesagt,
dass die Grenze für die Verteidigung Deutschlands die ganze Welt ist, also
wir weltweit überall operieren können. Und ich habe es so eingeschätzt, dass
für die Bundeswehr gerade Afghanistan eine ausgezeichnete Gelegenheit
war, zum ersten Mal außerhalb Europas international militärisch zu operieren
und militärisch Fuß zu fassen und zu zeigen, dass wir eben auch was machen
können.

Publikum:
Nicht zum ersten Mal..

Matin Baraki:
In Afghanistan? oder wo?

Publikum:
Kosovo ...

Matin Baraki:
Ja, das ist doch immer noch in der Nachbarschaft von Europa, aber jetzt ist
eben diese weltweite Dimension des Militärengagements der Bundesrepublik
mit Afghanistan eröffnet worden. Und es wird auch weiter gehen. Es wird
auch über Afrika diskutiert und so weiter und so fort. Und da finde ich das für
uns hier, für Menschen, die für Frieden sind, friedensliebend sind, müssen wir
diese Sache thematisieren. In vielen Diskussionen, wo auch über Frieden und
Militär diskutiert wird, wird diese verteidigungspolitische Richtung der
Bundesrepublik überhaupt nicht diskutiert, das ist auch vielen unbekannt.
Das können wir auch einfach im Internet runterladen und ... lesen Sie mal,
was da alles steht. Das sind also Sachen, die wir uns vor ein paar Jahren nicht
vorstellen konnten, mit welcher Klarheit und Deutlichkeit diese Forderung
gestellt wird. Man sagt, überall in der Welt, wo unser Interesse tangiert ist,
wollen wir militärisch intervenieren.

Publikum: Man soll nie vergessen, wie die Situation in Afghanistan vor 3, 4 Jahren ausgesehen hat, ohne eine Zentralmacht, ohne Ordnungsmacht da war doch für die Menschen das Leben die Hölle, also dass da mal eine Ordnung kommen sollte, glaube ich sind alle einig. Wenn die Kräfte also, die da jetzt helfen, eine zentrale Ordnung zustande zu bringen, und wenn die einmal rausgehen aus Afghanistan – was für eine Situation wird da entstehen? Glauben Sie nicht, dass das ein bisschen zu leicht ist, einfach zu sagen, das ist Militärpolitik in diesem Land von anderem Land, dass sie sich dort einmischen wollen? Man muss auch daran denken, dass Afghanen darum wirklich sehr, sehr gebeten haben, und ich wäre als Afghane sehr froh, wenn da wirklich vom Ausland jetzt unter diesen Umständen Kräfte kommen, die wirklich mal eine gewisse Ordnung im Lande schaffen wollen. Ohne dies fängt doch alles noch mal von vorne an – Sie kennen das Land doch besser als alle anderen, also das wäre doch wirklich eine Katastrophe.
Matin Baraki: Mein Vorgänger hat vor mir hat etwas sehr Gutes gesagt. Wo das Öl ist, da kommt die Armut. Eigentlich muss es umgekehrt sein. Aber warum die Armut? Dann hat er ganz klar und detailliert belegt, warum die Armut kommt. Weil das Öl von anderen kassiert wird, so. Und in Afghanistan, das Militärengagement, das politische, ökonomische Engagement ist nicht für Afghanen gedacht, und auch ursprünglich war das nicht gedacht, und auch in der Zukunft wird das nicht so sein. In Afghanistan hat man nichts anderes gemacht, als in einem Haus Feuer zu legen und danach als Feuerwehr aufzutreten, um dieses Feuer zu löschen. Das ist in Afghanistan so gemacht worden, und das ist doch nicht das erste Beispiel, es wird auch weiter so gemacht werden. Denken Sie nur an den Kosovo und die Zerstörung von Jugoslawien. In Jugoslawien hat es Konflikte gegeben, wir wissen, dass es Konflikte gegeben hat, aber man hat dieses Feuer angezündet, um die Zerstörung zu beschleunigen. Danach musste man dann Militäreinheiten dahinschicken, um wieder Ordnung zu schaffen. In Afghanistan hat man es genauso gemacht. Auf dem Petersberg hat man die Kräfte in Afghanistan an die Macht gebracht, die Kabul zerstört haben. Die Mudzahedin, die das Land zerstört hatten, wurden wieder an die Regierung gebracht. Und jetzt herrschen sie, und man stellt es jetzt in der Öffentlichkeit so dar, als ob es zu diesen Kräften keine Alternative gegeben habe. Es ist aber faktisch nicht so. Wenn man wirklich für Afghanistan und für Afghanen etwas tun wollte, dann hätte man auf dem Petersberg säkulare Leute, Technokraten, bürgerliche Kräfte, ehemalige Anhänger des Königs an die Regierung bringen sollen. Und man hätte nicht auf dem Petersberg eine Regierung bilden sollen für Afghanistan, die sie dann durch ISAF schützen müssen, sondern man hätte in Afghanistan eine große Ratversammlung einberufen, diese Leute hätten dann die Regierung gebildet, und die hätte man dann schützen sollen. Und zwar nicht durch ISAF, nicht durch NATO, sondern durch die Militäreinheiten der nicht paktgebundenen Staaten, der blockfreien Staaten. Afghanistan ist Gründungsmitglied der blockfreien Staaten. Afghanistan ist Mitglied der Konferenz der Islamischen Staaten. Man hätte die Militäreinheiten von diesen Ländern holen sollen, und sagen, hier, diese Regierung sollt ihr schützen. Man hätte eine legitime Regierung auf die Beine gebracht und gleichzeitig durch Präsenz der nichtpaktgebundenen Staaten und der Konferenz der Islamischen Staaten den Islamisten und Fundamentalisten den Wind aus dem Segel genommen. Das hat man aber nicht gemacht. Wie man bei uns sagt: Die USA oder bestimmte Länder wollten beide Füße in einen Schuh stecken, und das geht ja nicht, das geht ja schief. Und in Afghanistan ist es schiefgegangen. Für uns Afghanen. Für fremde Mächte, die an Afghanistan Interesse haben, nicht. Für die ist es besser, wenn in Afghanistan Unruhe ist, dann können sie ihre Präsenz legitimieren: Wir müssen hier bleiben, sonst werden die Afghanen sich gegenseitig zerfleischen. Und in Afghanistan gibt es eine ausgezeichnete Tradition der Ratsversammlung. Das ist ganz, ganz weit in der afghanischen Geschichte gegeben und sehr erfolgreich. Als wichtige Ereignisse im Land waren, die haben sich zusammengesetzt und Tee getrunken, wie man sagt, und diskutiert, bis sie dann zu einem Beschluss kamen, zu einem Konsens kamen. Und das ist eigentlich eine ausgezeichnete Tradition der Basisdemokratie. Das hat man zerstört in Afghanistan, das hat man nicht aktiviert. Weil das eben nicht ins Konzept von denjenigen Mächten passte, die Afghanistan für sich instrumentalisieren wollen.


http://www.ewf-bonn.de/dokumente/konfliktstoff_oel_2.pdf

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roblion Offline




Beiträge: 97

24.02.2008 20:30
#9 RE: Afghanistan - ein Krieg ohne Ende Antworten

Zitat
Geschrieben von Schreiberling
Ich bin dafür, alle diejenigen, die diese Kampfeinsätze mitbeschließen, für die Folgen persönlich zur Verantwortung zu ziehen.

Ich würde dir empfehlen, erst einmal unsere Verfassung durchzulesen und sie zu verstehen, bevor du hier so etwas Verfassungswidriges forderst!


Art. 38 GG
(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.
(2) ...

Art. 46 GG
(1) Ein Abgeordneter darf zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die er im Bundestage oder in einem seiner Ausschüsse getan hat, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Bundestages zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische Beleidigungen.
(2) ...

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Beiträge: 2.222

24.02.2008 20:34
#10 RE: Afghanistan - ein Krieg ohne Ende Antworten

Zitat
Gepostet von roblion

Zitat
Geschrieben von Schreiberling
Ich bin dafür, alle diejenigen, die diese Kampfeinsätze mitbeschließen, für die Folgen persönlich zur Verantwortung zu ziehen.

Ich würde dir empfehlen, erst einmal unsere Verfassung durchzulesen und sie zu verstehen, bevor du hier so etwas Verfassungswidriges forderst!


Art. 38 GG
(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.
(2) ...

Art. 46 GG
(1) Ein Abgeordneter darf zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die er im Bundestage oder in einem seiner Ausschüsse getan hat, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Bundestages zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische Beleidigungen.
(2) ...




Na sowas, und was wenn der Vertreter gar nicht denjenigen vertritt, den er vertreten soll? Das deutsche Volk will keine Beteiligung an dem völkerrechtswidrigen Kolonialkrieg in Afghanistan. Das ist allgemein bekannt und keine Einzelmeinung. Diejenigen Abgeordneten, die gegen den vielfach erklärten Willen des Volkes verstoßen, haben nicht verstanden, was es bedeutet, jemanden zu vertreten. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Im Übrigen muss niemand meine [b]Meinung
teilen. Ich bin dafür, Vertreter, die bewusst nicht vertreten, für die Folgen ihrer Weigerung verantwortlich zu machen. Die Politik ist kein Selbstbedienungsladen auf Kosten der Steuerzahler!

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roblion Offline




Beiträge: 97

24.02.2008 21:30
#11 RE: Afghanistan - ein Krieg ohne Ende Antworten

Zitat
Geschrieben von Schreiberling
Na sowas, und was wenn der Vertreter gar nicht denjenigen vertritt, den er vertreten soll? Das deutsche Volk will keine Beteiligung an dem völkerrechtswidrigen Kolonialkrieg in Afghanistan. Das ist allgemein bekannt und keine Einzelmeinung.

Damit bist du mit zwei Belegen erst einmal in der Bringschuld:
1. Aus welchen völkerrechtlichen Rechtsakten kannst du eine Völkerrechtswidrigkeit herleiten?
2. Inwiefern ist es ein Kolonialkrieg nach der allgemeinen Definition von Kolonialismus?

Wenn das deutsche Volk das deutsche Engagement in Afghanistan nicht unterstützt und nicht weiter mittragen will, dann soll es doch Parteien und Kandidaten wählen, die seiner Meinung sind. Die Sitzverteilung im Bundestag sagt jedenfalls etwas anderes.

Zitat
Geschrieben von Schreiberling
Diejenigen Abgeordneten, die gegen den vielfach erklärten Willen des Volkes verstoßen, haben nicht verstanden, was es bedeutet, jemanden zu vertreten.

Ich weiß nicht, ob du unter einer Leseschwäche leidest oder nur den von mir eingebrachten GG-Auszug nicht lesen wolltest.
Fest steht doch aber, dass das GG die Volksvertretung wesentlich anders definiert als du.

Zitat
Geschrieben von Schreiberling
Ich bin dafür, Vertreter, die bewusst nicht vertreten, für die Folgen ihrer Weigerung verantwortlich zu machen.

Ok, das, was du forderst, nennt sich imperatives Mandat und war in einer Räterepublik vorgesehen. Kannst du ja gerne fordern, dann müsste man nur Art. 38 I, 46 I GG entsprechend ändern. Dann erklär mir aber bitte auch, wie dann ein arbeitsfähiges Parlament zustande kommen kann.

Wie gesagt: Du müsstest die Verfassung ändern. Bisher sieht es folgendermaßen aus:

Art. 46 I 1 GG
Ein Abgeordneter darf zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung [...] gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Bundestages zur Verantwortung gezogen werden.


Und deswegen könntest du dir deine Forderung im Grunde auch sparen. Diese Norm ist elementarer Bestandteil moderner Demokratien und stammt bereits aus der Französischen Revolution.

Schreiberling Offline




Beiträge: 2.222

24.02.2008 21:52
#12 RE: Afghanistan - ein Krieg ohne Ende Antworten

Zitat
Gepostet von roblion
[quote]Damit bist du mit zwei Belegen erst einmal in der Bringschuld:
1. Aus welchen völkerrechtlichen Rechtsakten kannst du eine Völkerrechtswidrigkeit herleiten?
2. Inwiefern ist es ein Kolonialkrieg nach der allgemeinen Definition von Kolonialismus?


In Afghanistan fungieren wir als Vasallen für eine US-Hegemonialpolitik. Ich mag mich da nicht wiederholen, oben steht schon viel dazu geschrieben. Der Anschlag auf das WTC war nichts als ein willkommener Anlaß, die Kriegspläne die längst zuvor auf dem Tisch lagen, endlich umzusetzen. Das dieser Krieg völkerrechtswidrig ist, dazu findet man zahlreiche Quellen im Internet:
u.a. http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/science/boyle.html


Zitat
Wenn das deutsche Volk das deutsche Engagement in Afghanistan nicht unterstützt und nicht weiter mittragen will, dann soll es doch Parteien und Kandidaten wählen, die seiner Meinung sind. Die Sitzverteilung im Bundestag sagt jedenfalls etwas anderes.


Die Ablehnung des Einsatzes der Bundewehr in Afghanistan zieht sich erwiesener Maßen quer durch alle Parteien... laut SPIEGEL waren es zuletzt 86% der Bevölkerung. Dennoch machen die "Vertreter" einfach weiter, als wüssten sie es nicht besser. Wen vertreten die denn dann noch???

Zitat
Ok, das, was du forderst, nennt sich imperatives Mandat und war in einer Räterepublik vorgesehen. Kannst du ja gerne fordern, dann müsste man nur Art. 38 I, 46 I GG entsprechend ändern. Dann erklär mir aber bitte auch, wie dann ein arbeitsfähiges Parlament zustande kommen kann.


Danke, den Begriff kannte ich noch nicht. Aber warum soll ein Parlament nicht arbeitsfähig sein, wenn seine Abgeordneten bei schlimmen Verstößen privatrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können? Jeder muss doch zu seinen Taten stehen. Wenn sich also die Mehrheit eines Parlamentes sträubt, den Wählerwillen von 86% der Wähler anzuerkennen und genau entgegengesetzt zu agieren, dann ist das eine Diktatur und nicht Demokratie, auch keine stellvertretende Demokratie mehr! So ein Beschluss zerstört das Vertrauen in die Demokratie. Um so wichtiger wäre also, für solch einen Sonderfall ein Regularium zu finden - beispielsweise Neuwahlen, oder wenigstens eine Volksabstimmung. Die persönliche Verantwortlichkeit für das eigene Tun verhindert noch am ehesten Machtmissbrauch, der im konkreten Fall hier meiner Meinung nach vorliegt.

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24.02.2008 22:21
#13 RE: Afghanistan - ein Krieg ohne Ende Antworten

Dieser Professor geht sogar noch einen Schritt weiter, was dort in Afghanistan geschieht, das sei Völkermord...

Zitat
Wie ist der Krieg der USA in Afghanistan völkerrechtlich zu bewerten?
von Prof. Dr. Ali Khan, USA

wj. Der US-Rechtsprofessor Ali Khan vertritt die These, die vorsätzlichen Morde, die Nato-Truppen Woche für Woche in ärmlichen Dörfern in den abgelegenen afghanischen Bergen begehen, um die Taliban auszuschalten, seien nach internationalem Recht als Völkermord zu werten.
Nato-Völkermord in Afghanistan


Leute, die in Schlagworten reden, Propagandisten und Politiker benutzen den Ausdruck «Völkermord» häufig auf eine Art, die das Recht nicht zulässt. Wenn westliche Militärs muslimische Gruppen ermorden, spricht aber kaum jemand von Völkermord. Dieser Essay will den Nachweis führen, dass die vorsätzlichen Morde, die Nato-Truppen Woche für Woche in ärmlichen Dörfern in den abgelegenen Bergen Afghanistans begehen, um die Taliban, eine sittenstrenge muslimische Gruppe, auszuschalten, als Völkermord zu werten sind. Nato-Kampftruppen bombardieren und töten Menschen in Taliban-Enklaven und an [Taliban-]Treffpunkten. Sie ermorden auch wehrlose afghanische Zivilisten. Alle diese namenlosen Opfer von Nato-Operationen werden mit dem entmenschlichenden Etikett «Taliban» versehen. Gegen diese Praxis spricht sich eine politische Opposition aus, die sich in einigen Nato-Ländern wie Kanada entwickelt. Dort werden Stimmen laut, die Truppen aus Afghanistan zurückzuziehen oder ihnen andere Aufgaben als Kampfeinsätze zu übertragen.
Entmenschlichung

In fast allen Nato-Ländern sind die Taliban total entmenschlicht worden. Das ist ein aus der Geschichte bekanntes Signal dafür, dass Völkermörder dazu entschlossen sind, die entmenschlichte Gruppe auszurotten. Für Politiker und Angehörige der Streitkräfte, für die Medien und sogar für die breite Öffentlichkeit im Westen sind die Taliban irrationale Fanatiker, intolerante Fundamentalisten, brutale Mörder, Unterdrücker der Frauen, bärtige Extremisten und Terroristen. Dieses in grellen Farben gemalte negative Bild ebnete den Weg für Aggressionen, militärische Operationen und Völkermord. Unter dem Vorwand der rücksichtslosen kollektiven Selbstverteidigung wird das Töten der Taliban als rechtmässige Tugend gefeiert. Wenn man den Taliban die Kontrolle über Afghanistan überliesse, sagt die Nato, würde man es zum [sicheren] Hafen für Terroristen machen.
Eine ähnliche Entmenschlichung fand im 16. und 17. Jahrhundert statt, als Vorläufer der heutigen Nato-Staaten die beiden Amerikas besetzten, um Ländereien und Ressourcen zu stehlen. Auch damals wurden die Eingeborenen herzlos in grosser Zahl umgebracht.
Thomas Jefferson, der geschätzte Autor der Unabhängigkeitserklärung, bezeichnete die Indianer als «gnadenlose Wilde». Präsident Andrew Jackson verkündete: «Welcher vernünftige Mensch würde ein Land, das von Wald bedeckt ist und nur von einigen tausend Wilden bewohnt wird, unserer sich [prächtig] entwickelnden Republik vorziehen, die mit Städten, Dörfern und florierenden Farmen übersät ist.» Mit der Doktrin von der unverzichtbaren Erschliessung hat das höchste Gericht der Vereinigten Staaten später alle Verbrechen der Pilgerväter gerechtfertigt. Die Erschliessung [des neuen Kontinents] habe den Siedlern «das unverzichtbare Recht gegeben, den Indianern ihr Land wegzunehmen». Indianer waren böse Wilde. Wenn man ihnen ihr Land gelassen hätte, wäre auch das Land eine Wildnis geblieben. Die Räuber haben ihr Verhalten bis heute nicht geändert. Sie kommen, verteufeln [die Eingeborenen] und rotten sie aus. Und alles geschieht im Namen einer «überlegenen» Zivilisation.
Die Tatsachen

Auf der Nato-Webseite sind die Tötungen in Afghanistan aufgelistet. Auch in den Medien der Welt wird darüber berichtet, oft in einem schamlosen Ton der Dankbarkeit, als ob die Nato-Streitkräfte Kannibalen ausmerzen würden. Nato-Hubschrauber und Präzisionslenk­raketen haben schon über 6000 «Taliban» umgebracht. Lesen Sie die folgenden Berichte über jüngste Nato-Angriffe und achten Sie darauf, wie es nach Völkermord riecht.
• Am 19. Januar 2008 führte die Nato einen Präventivschlag durch, der auf «zuverlässigen Geheimdienstinformationen» beruhte, dass die Taliban eine Nato-Basis überfallen wollten. Durch den [Nato-]Angriff wurden im Watapoor-Distrikt in der Provinz Kunar zwei Dutzend «Aufständische» getötet. Die genaue Höhe der Verluste konnte in der unwegsamen Bergregion nicht festgestellt werden. Die Medien berichteten, dass zahlreiche Zivilisten getötet und in einem Massengrab 25 Leichen beigesetzt wurden.
• Am 12. Januar 2008 führten Nato-Streitkräfte einen «Präzisionsschlag» gegen ein Grundstück in der Provinz Kapsia, der auf Taliban-Führer zielte. Die Nato behauptete, Zivilisten hätten das Gelände vor dem Angriff verlassen. Diese Behauptung ist absurd, denn jeder Abzug von Zivilisten hätte den kampferprobten Taliban signalisiert, dass ein Angriff bevorsteht.
• Am 20. September 2007 starteten Nato-Truppen die «Operation Palk Wahel», um die Taliban im oberen Gereshk-Tal zu töten oder zu vertreiben. Dabei wurden zahlreiche Zivilisten getötet. Die Anzeichen für Völkermord waren so offensichtlich, dass die Nato zugab, «nicht mit Zivilisten im Kampfgebiet gerechnet und bei dem Angriff unglücklicherweise eine Anzahl Unbeteiligter getötet zu haben».
Das Recht

Die «Konvention zur Verhütung und Bestrafung des Völkermordes» (siehe www.unhchr. ch/html/menu3/b/p_genoci.htm), die 1951 in Kraft trat, ist bindend für alle Länder, auch für die 26 Nato-Staaten. Die Konvention gegen Völkermord gehört zum unabänderlichen Völkerrecht, das keine Abweichung zulässt. Sie lässt auch keine Ausnahmen für Staaten oder Staatenbündnisse zu; auch die Uno oder die Nato dürfen keinen Völkermord begehen. Die Konvention verbietet den Völkermord sowohl in Friedenszeiten als auch im Krieg. Weder die traditionelle Selbstverteidigung noch die sogenannte «vorbeugende Selbstverteidigung», hinter der sich immer eine Aggression verbirgt, können geltend gemacht werden, um Völkermord zu rechtfertigen oder zu entschuldigen. Durch die Ermordung der Taliban begehen die Nato-Streitkräfte systematisch und fortgesetzt das Verbrechen des Völkermordes, das durch drei Elemente gekennzeichnet ist: die Tat, die Absicht zu vernichten und die [ausgewählte] religiöse Gruppe. Im folgenden wird dieses in der Konvention definierte Verbrechen analysiert.
1. Die Tat: Die Konvention listet fünf Verbrechen auf, die alle als Völkermord zu werten sind. Die Nato-Streitkräfte begehen in Afghanistan drei dieser fünf Verbrechen. Sie töten Mitglieder der Taliban. Sie fügen Mitgliedern der Taliban schweren körperlichen Schaden zu. Sie erlegen Mitgliedern der Taliban vorsätzlich Lebensbedingungen auf, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen. Wenn jedes dieser drei Verbrechen auch nur einmal begangen wird, ist das als Versuch zum Völkermord zu werten. Die Nato-Kampftruppen haben alle drei Verbrechen wiederholt begangen und begehen sie auf verschiedene Art und unter Einsatz verschiedener Waffen auch weiterhin.
2. Die Absicht zu vernichten: Völkermord ist ein vorsätzliches Verbrechen. Es muss nachgewiesen werden, dass die Nato-Kampftruppen und ihr Oberkommando die erklärte Absicht haben, die Taliban zu vernichten. Fahrlässige Tötungen sind nicht als Völkermord zu werten. Die Statements des Nato-Generalsekretärs Jaap de Hoop Scheffer und die der Nato-Sprecher lassen aber keinen Zweifel daran, dass die Nato ihre Militäroperationen in der Absicht durchführt, die Taliban «zu jagen und zu vernichten». Präventivschläge, die geführt werden, um Taliban zu töten, sind ein ausreichender Beleg dafür, dass die Nato-Truppen und die sie kommandierenden Generäle die erklärte Absicht haben, so viele Mitglieder der Taliban zu vernichten, wie sie finden können. Die jede Woche vorgenommenen, auf geheimdienstlichen Informationen beruhenden mörderischen Planungen zur Lokalisierung und Eliminierung von Führern und Mitgliedern der Taliban beweisen, dass die Tötungen in Afghanistan nicht fahrlässig, versehentlich oder irrtümlich erfolgen. Aus juristischer Sicht steht fest, dass die fortgesetzte vorsätzliche Ermordung der Taliban durch die Nato in der erklärten Absicht erfolgt, eine religiöse Gruppe auszulöschen.
3. Religiöse Gruppe: Die Konvention gegen Völkermord schützt nicht alle Gruppen. Unter ihren Schutz fallen nur nationale, ethnische, rassische und religiöse Gruppen. Politische Gruppen sind nicht geschützt. Die Konvention versteht nicht erst die komplette Ausrottung einer geschützten Gruppe als Völkermord. Auch die teilweise Vernichtung einer geschützten Gruppe ist schon Völkermord. Es ist kein Geheimnis, dass die Taliban eine religiöse Gruppe sind. Sie bilden als afghanische Staatsbürger auch eine nationale Gruppe oder als Paschtunen eine ethnische Gruppe. Die Taliban vertreten und praktizieren eine sittenstrenge Richtung des Islams. Die Konvention verlangt nicht, dass die geschützte Gruppe eine Religion vertreten und praktizieren muss, die vom Westen oder vom Rest der Welt akzeptiert wird. Auch fragwürdige Glaubensinhalte oder Praktiken einer religiösen Gruppe können nicht als Gründe für die Vernichtung der Gruppe geltend gemacht werden. Dass die Taliban bewaffnet sind, den Terrorismus unterstützen oder Frauen unterdrücken, gibt niemandem das Recht, Völkermord an ihnen zu begehen. […]
Das Ergebnis

Es kann deshalb als erwiesen angesehen werden, dass die Nato-Kampftruppen und die Nato-Kommandeure die Ermordung der Taliban betreiben, obwohl sie nach der Konvention gegen Völkermord eine geschützte Gruppe sind. Das geschieht in der erklärten Absicht, die Gruppe körperlich und seelisch ganz oder teilweise zu vernichten. Das ist Völkermord. •

Ali Khan ist Professor an der School of Law der Washburn University in Kansas. Der Essay wurde vorher in der Zeitschrift Jurist veröffentlicht.


http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=2390

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roblion Offline




Beiträge: 97

25.02.2008 18:32
#14 RE: Afghanistan - ein Krieg ohne Ende Antworten

Zitat
Geschrieben von Schreiberling
US-Hegemonialpolitik

Ja was denn nun, bitte? Erst schreibst du, es sei ein Kolonialkrieg, auf einmal ist die Rede von Hegemonialpolitik. Mir scheint eher, du wirfst mit polemischen Worthülsen um dich, ohne den Begriff wirklich zu verstehen.
Du hast mir immer noch nicht beantwortet, was am Afghanistan-Krieg jetzt kolonialistisch sein soll. Vielleicht kannst du das noch nachholen.

Zitat
Geschrieben von Schreiberling
Das dieser Krieg völkerrechtswidrig ist, dazu findet man zahlreiche Quellen im Internet:
u.a. http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/science/boyle.html

Boyle ist schon ein seltsamer Vogel. Er fordert die Unabhängigkeit von Hawaii und wollte schon Clinton impeachen. Naja gut. Ich hab mir mal die Stelle mit dem UNSC und der NATO exemplarisch herausgepickt. Die andere Zeit argumentiert er ja eher politisch denn juristisch.
Boyle spricht ja selbst die Resolution 1368 an, in der steht:

The Security Council,

Reaffirming the principles and purposes of the Charter of the United Nations,

Determined to combat by all means threats to international peace and security caused by terrorist acts,

Recognizing the inherent right of individual or collective self-defence in accordance with the Charter,

1. Unequivocally condemns in the strongest terms the horrifying terrorist attacks which took place on 11 September 2001 in New York, Washington, D.C. and Pennsylvania and regards such acts, like any act of international terrorism, as a threat to international peace and security;

[...]

5. Expresses its readiness to take all necessary steps to respond to the terrorist attacks of 11 September 2001, and to combat all forms of terrorism, in accordance with its responsibilities under the Charter of the United Nations;


Im Folgenden wurde die ISAF immer wieder völkerrechtlich durch den UNSC legitimiert. Denkst du, ISAF sei völkerrechtswidrig? Bis auf irgendwelche kopierten Texte aus der Uni Kassel hast du selbst noch gar nichts dazu geschrieben, wo Völkerrecht gebrochen worden sei.

Zitat
Geschrieben von Schreiberling
Die Ablehnung des Einsatzes der Bundewehr in Afghanistan zieht sich erwiesener Maßen quer durch alle Parteien... laut SPIEGEL waren es zuletzt 86% der Bevölkerung. Dennoch machen die "Vertreter" einfach weiter, als wüssten sie es nicht besser. Wen vertreten die denn dann noch???

Ja, dann sollen sie doch andere Parlamentarier wählen. 2005 haben sie ihre Vertreter jedoch wieder legitimiert, weitere vier Jahre die deutsche Bundespolitik zu bestimmen. Damals hatten alle deutschen Bürger die Chance, sich gegen den Afghanistan-Einsatz zu stellen. Haben sie anscheinend ja nicht getan.

Zitat
Geschrieben von Schreiberling
Aber warum soll ein Parlament nicht arbeitsfähig sein, wenn seine Abgeordneten bei schlimmen Verstößen privatrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können? Jeder muss doch zu seinen Taten stehen.

Definiere bitte:

- Verstoß
- schlimmer Verstoß

Du würdest also Art. 46 I 1 GG ändern, sehe ich das richtig?

Darf ich fragen, wieso du die Parlamentarier dann privatrechtlich zur Verantwortung ziehen willst? Was soll denn geschehen? Schadensersatz?

Zitat
Geschrieben von Schreiberling
Wenn sich also die Mehrheit eines Parlamentes sträubt, den Wählerwillen von 86% der Wähler anzuerkennen und genau entgegengesetzt zu agieren, dann ist das eine Diktatur und nicht Demokratie, auch keine stellvertretende Demokratie mehr!

Nach deiner Definition vielleicht. Aber die zählt ja auch nicht.
Eine Diktatur bedeutet, dass der Souverän auf eine einzelne Person beschränkt ist, dass keine freien Wahlen stattfinden und dass es keine Grundrechte gibt. Siehst du das in Deutschland vorherrschen?

Zitat
Geschrieben von Schreiberling
Um so wichtiger wäre also, für solch einen Sonderfall ein Regularium zu finden - beispielsweise Neuwahlen, oder wenigstens eine Volksabstimmung.

Neuwahlen, weil ein Beschluss des Bundestages evtl. rechtswidrig sein könnte? Wie oft hätte denn dann schon der BT aufgelöst werden müssen? Volksabstimmungen steht das GG äußerst skeptisch gegenüber. Die Lehrmeinung ist da sehr gespalten, wobei die Mehrheit wohl eher gegen weitere Volksabstimmung als in den bereits vorhandenen Fällen plädiert.

Schreiberling Offline




Beiträge: 2.222

25.02.2008 20:06
#15 RE: Afghanistan - ein Krieg ohne Ende Antworten

Zitat
Gepostet von roblion
Erst schreibst du, es sei ein Kolonialkrieg, auf einmal ist die Rede von Hegemonialpolitik. Mir scheint eher, du wirfst mit polemischen Worthülsen um dich, ohne den Begriff wirklich zu verstehen.
Du hast mir immer noch nicht beantwortet, was am Afghanistan-Krieg jetzt kolonialistisch sein soll. Vielleicht kannst du das noch nachholen.


Was ist denn Kolonialpolitik? Man erobert fremdes Land und beutet dessen Ressourcen aus. Heute geschieht das vor allem dadurch, in dem man in fremden Ländern "Regierungen" installiert, die die eigenen Interessen vertreten. Karzai ist eindeutig eine Marionette der USA. In Afghanistan regieren heute drogenbarone, Warlords, und die Besatzer lassen das zu, solange ihre eigenen Interessen dadurch nicht gefährdet sind. Die eigenen Interessen bestehen vor allem darin, Afghanistan als Durchleitungsland für zu erwartende Ölmengen aus dem Kaspischen Becken zu nutzen, gleichzeitig als unsinkbarer Flugzeugträger - von der Öffentlichkeit wird kaum wahr genommen, dass auch in Afghanistan größere Militärbasen errichtet werden, zum Beispiel strategisch wichtig an der Grenze zum Iran.


Zitat

http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/science/boyle.htmlBoyle ist schon ein seltsamer Vogel...



finde ich nicht,
was er zu der Völkerrechtswidrigkeit dieses Angriffskrieges schreibt, ist absolut nachvollziehbar:

Zitat

Interessant fällt die Antwort Boyles auf den Einwand des Interviewes aus, der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen habe "Bush freie Hand gegeben".
Boyle sagte entschieden: "Das stimmt nicht. Die erste Resolution des Sicherheitsrats vom 12. September sprach von einem terroristischen Anschlag. Es war nie die Rede von einem bewaffneten Angriff. Erst dadurch wäre Artikel 51 der Uno-Charta zum Tragen gekommen...
SPIEGEL ONLINE: ...der jedem Staat das Recht auf Selbstverteidigung einräumt.



und dann...

Zitat

Nach den Regeln des Völkerrechts ist dieser Krieg illegal.
Denn, so Boyle weiter, es gäbe "keinen Beweis dafür, das die Regierung in Afghanistan die Anschläge in New York autorisierte oder billigte. Die Angriffe auf Afghanistan sind bestenfalls Vergeltung." Auch gibt es seiner Ansicht nach keinen Beleg dafür, dass Bin Laden die Anschläge in Auftrag geben hat. Boyle: "Außenminister Powell versprach ein so genanntes 'White Paper', in dem er die Beweise darlegen würde. Bush untersagte ihm das. Aber in einem Interview mit der 'New York Times' sagte Powell, dass es gegen Bin Laden nicht einmal Indizien gebe. Das ist ein Rechtsfall, der nicht einmal vor einem normalen Strafgericht standhalten würde." Auch die "Beweise", die der Sondergesandte Taylor in der Sitzung des NATO-Rats vorgelegt hat, waren nicht ausreichend.



Ganz klar gab es keinen Kriegsgrund, der die USA berechtigt hätte, Afghanistan anzugreifen. Dieser Krieg ist völkerrechtswidrig.


Zitat

Im Folgenden wurde die ISAF immer wieder völkerrechtlich durch den UNSC legitimiert. Denkst du, ISAF sei völkerrechtswidrig?



Der UN-Sicherheitsrat spielt in dem ganzen eine besondere, besonders kriegstreiberische und schlimme Rolle. Man hätt Beweise einfordern müssen. Man hätte die USA für die völkerrechtswidrigen Angriffskriege gegen Afghanistan, aber auch gegen Jugoslawien, und den Irak klar verurteilen müssen. Hat man nicht gemacht. Stattdessen benimmt sich die UNO wie ein Vasall der USA. Der Widerstand gegen diese Kriegsverbrecher kommt über einen rein formalen und wirkungslosen Akt nicht hinaus. Nicht einmal besonders schreckliche Verbrechen, wie Guantanamo, Abu Graibh, aber auch das "Abladen" von tausenden Tonnen Atommüll führen zu Konsequenzen. Bush hat im Grunde genommen gemerkt, er kann tun und lassen was er will, international passiert ihm durch die UNO nichts. Die UNO hat sich damit ins Abseits befördert.



Zitat
Ja, dann sollen sie doch andere Parlamentarier wählen. 2005 haben sie ihre Vertreter jedoch wieder legitimiert, weitere vier Jahre die deutsche Bundespolitik zu bestimmen. Damals hatten alle deutschen Bürger die Chance, sich gegen den Afghanistan-Einsatz zu stellen. Haben sie anscheinend ja nicht getan.



Es stand nicht der Afghanistankrieg zur Abstimmung. Zu der Beteiligung an diesem völkerrechtswidrigen Krieg hat die Politik das Volk nie abstimmen lassen - aus gutem Grund - dann stände nämlich unumstößlich fest, dass unsere Damen und Herren "Vertreter" nur sich selbst, aber nicht uns den Wähler in diesem Fall vertreten.


Zitat

Definiere bitte:
- Verstoß
- schlimmer Verstoß



Für mich ist die Beteiligung an Kriegsverbrechen, völkerrechtswidrigen Angriffskriegen ein schlimmer Verstoß. Genauso wie die Veruntreuung oder Verschwendung großer Summen einen Verstoß, im Einzelfall einen schlimmen Verstoß darstellen. Der Bundesrechnungshof veröffentlicht jedes Jahr eine lange Liste von Verschwendungsentscheidungen. Manche davon sind so krank, dass man nur mit dem Kopf schütteln kann, wie so etwas durch die Politik abgesegnet werden konnte. Kein Unternehmer dürfte so misswirtschaften.

Zitat

Du würdest also Art. 46 I 1 GG ändern, sehe ich das richtig?


Wenn es der einzige Weg ist, Korruption, Vorteilsnahme, und Politikwillkür zu verhindern, oder eben wenigstens im Nachhinein zu ahnden, dann ja. Ich bin kein Jurist, deswegen weiß ich nicht, ob man dazu wirklich an das GG ran muss.

Zitat
Darf ich fragen, wieso du die Parlamentarier dann privatrechtlich zur Verantwortung ziehen willst? Was soll denn geschehen? Schadensersatz?


Jeder Mensch im Staat muss für seine Taten privatrechtlich gerade stehen und unter Umständen Schadenersatz leisten - selbstverständlich. Ich kann nicht akzeptieren, dass da einige gleicher sein sollen als ander - was eigentlich nach dem GG gar nicht zulässig ist.

Zitat

Wenn sich also die Mehrheit eines Parlamentes sträubt, den Wählerwillen von 86% der Wähler anzuerkennen und genau entgegengesetzt zu agieren, dann ist das eine Diktatur und nicht Demokratie, auch keine stellvertretende Demokratie mehr!


Genauso ist es, denn diese Damen und Herren haben völlig vergessen, was ihr Job ist, uns Bürger zu vertreten.

Zitat

Eine Diktatur bedeutet, dass der Souverän auf eine einzelne Person beschränkt ist, dass keine freien Wahlen stattfinden und dass es keine Grundrechte gibt. Siehst du das in Deutschland vorherrschen?



Das sehe ich anders. Eine Diktatur kann von der Mehrheit auch auf eine Minderheit ausgeübt werden. Es gibt viele Definitionen dazu, die deine umfasst nur einen kleinen Bereich der in diesem Fall natürlich nicht passt.


Zitat
Neuwahlen, weil ein Beschluss des Bundestages evtl. rechtswidrig sein könnte? Wie oft hätte denn dann schon der BT aufgelöst werden müssen? Volksabstimmungen steht das GG äußerst skeptisch gegenüber. Die Lehrmeinung ist da sehr gespalten, wobei die Mehrheit wohl eher gegen weitere Volksabstimmung als in den bereits vorhandenen Fällen plädiert.



Es kommt meiner Meinung nach auf die Tragweite der Entscheidung an. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass die Beteiligung an einem Krieg in jedem Fall durch das Volk abgestimmt werden sollte. Die daraus erwachsenden Konsequenzen sind derart umfassend, dass hier jeder das Recht auf Mitbestimmung haben muss. Eigentlich darf es gar nicht erst zu einem rechtswidrigen Beschluss des Bundestages kommen. Aber allein Schäuble hat in seiner Amtszeit sehr viele gg-widrige Gesetze durchgefochten, dass das Bundesverfassungsgericht gar nicht mehr hinterher kommt, das wieder gerade zu rücken. Die Qualität politischer Beschlüsse ist in den letzten Jahren radikal gesunken.

Davon ab... wofür stehen wir denn nun in Afghanistan? Glaubst du wirklich, wir bewegen dort für die einfachen Menschen irgend etwas Gutes? Wir schützen dort nur Gewaltverbrecher, die von den USA an die Macht gebracht wurden. Schlimmer noch, die Drogen die dort derzeit produziert werden, überschwemmen Europa. Der Hass der dort lebenden Menschen unterscheidet immer weniger zwischen guten Deutschen und bösen US-Verbrechern, die das afghanische Volk drangsalieren. Wir holen die Gewalt hier zu uns nach Hause. Die völlig verfehlte Politik dieser Bundesregierung bringt den Krieg womöglich hierher nach Deutschland. Grund genug, diesen Wahnsinn endlich zu beenden. Die deutschen Truppen müssen nach Hause, sofort.

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