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  • Thema von Simon K im Forum Texte aller Art, Gedic...

    Hallo,

    ich habe im Alter von etwa 10 Jahren angefangen, kleine, meist ziemlich schlechte Texte zu schreiben. Nun bin ich 15 und habe jetzt 3 Einleitungen, die, wie ich meine, nicht schlecht sind.
    1. Sollte ein Krimi werden.
    2. Sollte ein Roman werden, der dem Kapitalismus und der Wirtschaftskrise den Spiegel vorhält.
    Sagt mir bitte ganz ehrlich eure Meinung, gebt mir Tipps zum Schreiben sowie wie man eine Schreibblockade, wie ich sie im Moment habe, überwinden kann. Ach ja, bitte sagt auch, welche Einleitung am meisten von sich verspricht, damit ich diese dann auch weiterführen kann. Die 3.Einleitung muss ich auslassen, da ich sost die 32.000 erlaubten Zeichen überschreite. Kopieren des Textes und einfügen auf andern Websites ist nicht gestattet.


    1.


    Prolog

    Es war kalt in der Nacht, in der sich alles ändern sollte, bitterkalt.
    Victoria Owen saß allein in ihrem kleinen Wohnzimmer, in dem sie vor einigen Stunden den Kamin angeheizt hatte, so dass es warm und behaglich war.
    Doch trotzdem fror Victoria gelegentlich; sie war nunmehr 87 Jahre alt, und die Ärzte hatten ihr schon vor Jahrzehnten prognostiziert, dass sie wohl kaum die 60 erreichen werde. Doch das war ihr egal: Sie hatte ein hartes, entbehrungsreiches Leben geführt, und sie strebte nicht nach Unsterblichkeit.
    Das Einzige, das ihr wirklich zu schaffen machte, das war die Einsamkeit. Victoria lebte einen Tag wie den anderen, ohne jede Abwechslung: Dreimal wöchentlich kam das Hausmädchen, um sauber zu machen und der alten Frau ein wenig Gesellschaft zu leisten, und jeden Sonntag kam der Pfarrer des kleinen Dorfes zu ihr ins Haus, um mit ihr für zu beten; und alle vier Wochen kam der Priester zu ihr, damit sie die Beichte ablegen konnte – Victoria war streng katholisch; ihre Vorfahren waren im 19. Jahrhundert von Irland nach Amerika übergesiedelt, als dort eine große Hungersnot wütete-; doch diese einfachen Notwendigkeiten konnte sie sich nur schwer leisten: Natürlich war der fromme Dienst des Dorfpfarrers kostenlos, doch musste Victoria Kirchensteuern zahlen, dazu kamen regelmäßige obligatorische Spendengelder, die kirchlichen Stiftungen zu Gute kamen. Zwar hatte sie, als sie jünger war – um genauer zu sein, bis zum dreiundsechzigsten Lebensjahr - täglich schwere körperliche Arbeit geleistet, doch trotzdem erhielt sie nur eine geringe Rente.
    Ihr Leben war vor allem mit zunehmendem Alter schwieriger geworden, sie litt unter enormen Rückenschmerzen, dazu kam, dass sie sehr schlecht hörte und sta
    Victoria hatte keine Verwandtschaft; ihr Verlobter, Edward Harrison, war im zweiten Weltkrieg gefallen, und danach hatte sie sich keinen anderen Männern zugewandt. Kinder hatten Victoria und Edward keine bekommen; uneheliche Kinder waren damals noch eine Schande für die ganze Familie. Und nur sie hatte die Jahre überdauert: Väterlicherseits hatte sie keine Familienangehörigen, mütterlicherseits nur zwei Nichten in Kalifornien, doch eine Reise quer über den Kontinent war natürlich unmöglich: Victoria war einfach zu alt und zu schwach, um stundenlang in einem Auto zu sitzen. Moderne Technik mochte sie nicht: Sie hatte sich schon immer geweigert, in ein Flugzeug zu steigen; vielleicht auch, weil Edward bei amerikanischen Luftwaffe gedient hatte und in einem Luftgefecht über Berlin tödlich getroffen wurden war.
    Nun saß Victoria jeden Abend allein in ihrem Wohnzimmer, lauschte der lauten Musik aus ihrem Schallplattenspieler oder hörte die täglichen Nachrichten, die aus ihrem altmodischen Radiogerät kamen.
    Es scheint ein Abend wie jeder andere zu werden, so dachte Victoria, doch sie irrte sich in ihrer Vermutung gewaltig.
    Als sie nun gegen 22 Uhr auf dem Sofa saß und langsam vor sich hin döste, klopfte etwas ans Fenster. Ein sanfter Winterregen fiel, der sich teilweise in kleine Schneeflocken verwandelte, und das durch den Schnee gedämpfte Klopfen hörte sich fast an, als würden kleine, regennasse Finger gegen die Fensterscheibe trommeln.
    Zuerst versuchte Victoria, dass unablässige Klopfen zu ignorieren. Meine Ohren spielen mir wohl wieder einen Streich, dachte sie. Doch das Geräusch hörte nicht auf; im Gegenteil: diese Finger schienen langsam unruhig zu werden.
    Jaja, sagte Victoria zu sich selbst. Ich komme ja schon. Es klopfte wieder, und sie öffnete die Terrassentür. Ein eisiger Wind schlug ihr entgegen und zerzauste ihre penibel gekämmten Haare. Ich bin zwar nicht mehr die Jüngste, aber fein aussehen möchte ich trotzdem immer noch, pflegte Victoria zu sich selbst zu sagen, wenn sie wieder einmal vor dem Spiegel stand. Für ein paar Sekunden hielt die alte Dame den Atem an.
    „Hallo? Ist da jemand?“, rief sie mit zitternder Stimme. „Verlassen Sie sofort mein Grundstück, oder ich rufe die Polizei!“ Da war irgendetwas, Victoria spürte es einfach, also blieb sie noch einige Sekunden wie versteinert stehen.
    Als Victoria hinauf zum Himmel starrte -es war eine sternenklare Nacht- schien etwas Leuchtendes auf sie zuzukommen. Zuerst dachte sie, es sei eine Sternschnuppe, doch dazu war der glühende Himmelskörper viel zu groß.
    Mit jedem Meter, den das Licht zurücklegte, schien es größer und zugleich heller zu werden. Als er so nahe herangekommen war, dass Victoria ob des grellen Lichtes die Augen zukneifen musste, erkannte sie, dass es sich um einen riesigen Gesteinsbrocken handelte, der aufgrund der Hitzeentwicklung bei der Reibung während des Eintritts in die Erdatmosphäre lichterloh in Flammen aufgegangen war. Victoria rannte, so schnell es ihre alten Beine erlaubten, ins Haus, sie war völlig von Sinnen und wollte laut um Hilfe rufen, doch das Entsetzen in ihr war so groß, dass kein Laut aus ihrer Kehle drang.
    Plötzlich war alles vorbei. Der Himmelskörper flackerte einmal heller denn je auf, und Victoria wandte sich ab und lief ins Haus, um nicht geblendet zu werden. Doch als sie sich dann wieder umdrehte, war die seltsame Lichterscheinung nirgends am nächtlichen Himmelszelt zu sehen. Vollkommen benommen brach Victoria auf dem Teppich vor dem Kamin zusammen.






    3.


    Prolog

    Eine Schweißperle rann Jay Cooper die Stirn hinunter. Er saß seit fast einer Stunde auf der Veranda des Farmhauses seines Großonkels Thomas Laird, wartete auf ihn, schlug die Zeit und unzählige nervige Fliegen tot- und schwitzte.
    Angestrengt die Augen zusammenkneifend und sie gleichzeitig mit der rechten Hand beschattend, blickte Jay in Richtung Westen, wo die rubinrot glühende Sonne ihre tägliche Wanderung am Horizont allmählich beendete.
    Er suchte die umliegenden kornbestandenen Hügel mit seinen Augen nach seinem Großonkel ab.
    Normalerweise ginge von den dort wachsenden Weizenstauden zur Zeit der Abenddämmerung, wenn die sterbende Sonne die Ähren in rötliches Licht tauchte, ein rotgoldener Schimmer aus, doch es hatte seit mehreren Monaten keinen Regenschauer mehr gegeben, und in Folge dessen war ein großer Teil des Getreides entweder aufgrund des chronischen Wassermangels vertrocknet oder von der unerbittlichen, glühendheißen Sonne im mittleren Westen der Vereinigten Staaten verbrannt worden; bei den Pflanzen, die diese Dürreperiode überdauert hatten, hingen die Ähren schlaff und halbtot hinunter- ein trostloser Anblick.
    Und tatsächlich: Nach einiger Zeit entdeckte Jay auf einem benachbarten Hügel –die Farm und die umliegenden Ställe, in denen Hühner lebten, lag in einer kleinen Senke- eine korpulente Gestalt, die, auf den abgestorbenen Pflanzen langsam dahin schreitend, in Jays Richtung kam.
    Er seufzte tief- und musste leise lächeln: So kannte er seinen Großonkel Thomas: Er hatte es bei keiner Tätigkeit eilig, ließ sich sowohl beim Essen als auch beim Reden Zeit und gab nur wohlüberlegte Antworten, was ihn zu einem treuen Ratgeber für Jay machte.
    Doch egal, wie lange sich Thomas auch den Schädel zermarterte: Gegen den akuten- permanent wollte er ihn auf keinen Fall nennen- Wassermangel half nichts: Über Bewässerung wollte er gar nicht erst nachdenken: Auf die Dauer wäre dies, obwohl Thomas‘ Landparzelle zu den kleineren gehörte, nicht bezahlbar gewesen: Wasser war teuer. Doch vor allem daran gab es Mangel in den Great Plains, den gewaltigen Ebenen im Herzen der USA, wo etwa fünfzig Prozent des amerikanischen Getreides angebaut wurden.
    Nicht nur Thomas Laird hatte große Probleme mit diesem kontinentalen Klima: Die große Hitze, die seltenen Regenfälle und die Windströmungen, die ungehindert über das Land herzogen, machten den Getreideanbau zu einem risikoreichen Unterfangen. Viele Farmer, die sich ebenfalls keine automatischen Bewässerungsanlagen leisten konnten,
    nahmen jedoch die Risiken in Kauf: Wenn man großes Glück mit dem Wetter hatte und die Ernte geschickt zu einem guten Preis verkaufte, konnte man große Gewinne einstreichen- aber später mehr dazu.
    Kommen wir wieder zu Jay. Die ganze unwirkliche Situation kam ihm wie eine Szene aus den alten Westernfilmen vor: Er, der zähe Revolverheld, sitzt auf der breiten Veranda seines Landhauses. Eine durch das Dämmerlicht undeutliche Silhouette- ob Verbündeter oder Bösewicht, lässt sich noch nicht ausmachen- nähert sich ihm langsam wie eine Katze, die sich auf leisen Tatzen an ihre Beute heranschleicht, während er ganz entspannt in der Sonne döst
    Fehlt da nicht etwas? Ach ja, der lässig, halb schief auf dem Kopf sitzende, ein wenig in die Stirn gezogene Cowboyhut, der geladene Revolver, den der Cowboy gekonnt zwischen Zeige- und Mittelfinger hin und her dreht… Eine eisgekühlte Coca-Cola wäre auch nicht schlecht, als kleine Erfrischung zwischendurch… Gab es da nicht so eine Fernsehwerbung?, fragte sich Jay selbst im Halbschlaf.
    „Gut geschlafen, Jay?“, fragte Thomas Laird mit seiner tiefen Stimme.
    Der Befragte schreckte jäh hoch. „Wa- was?“ Er gähnte herzhaft und blinzelte ein paar Mal. „Du hast mich aber auch lange warten, Thomas…“
    Thomas Laird zwang sich zu einem Lächeln, das aber eher einer Grimasse ähnelte. Es schien, als hätte er keine wirkliche Übung mehr darin.
    „Ihr jungen Leute habt wohl nie Zeit, hetzt von einem Termin zum nächsten, wie?“ Er wurde plötzlich wieder ernst. „Ich habe wirklich keine Ahnung, wie es mit der Farm weitergehen soll. Bei meinem kleinen Spaziergang eben… -ich glaube, dass knapp vierzig Prozent des Getreides dahin sind. Wenn es weiterhin so heiß und trocken bleibt, stehe ich am Ende des Sommers ganz ohne Ernte da. Der Herr stellt uns auf eine harte Probe…“
    Fast, als wollte er sich vergewissern, ob der Herr nun nicht doch den dringend benötigten Regen engelsgleich auf die Erde hinab sendete, blickte Thomas Laird nach oben. Er seufzte. Der Himmel war wolkenlos und rein.
    „Das Ende. Anders kann man unsere Situation nicht nennen. Regen… Das wäre wirklich die göttliche Erlösung für uns Farmer. Möge Gott uns helfen.“
    Jay spürte, dass sein Großonkel, den er früher für den Fels in der Brandung in seiner Familie gehalten hatte, der ihn immer, wenn er Probleme hatte, getröstet hatte, den Tränen nahe war. Er konnte ihn verstehen: Die Situation war –oder schien- ausweglos.
    „Ich kenne keine Lösung, Onkel. Du könntest das Land verkaufen-…“
    Thomas schnitt ihm das Wort ab und schüttelte heftig den Kopf.
    „Niemals. Das wäre wirklich das allerletzte, was ich machen würde. Mein Urgroßvater und sogar sein Urgroßvater haben dieses Landstück bereits bestellt. Ich kann mir vorstellen, dass sie schon viel schwerere Zeiten durchgemacht haben, ohne aufzugeben.“
    Jim hielt einen kurzen Augenblick inne, kramte ein wenig in seiner Hosentasche, zog
    dann ein vom häufigen Waschen farbloses Stofftaschentuch hervor, schnäuzte sich geräuschvoll die Nase, faltete es dann wieder sorgfältig zusammen und steckte es danach in seine Hosentasche. Als er Jay wieder anblickte, bemerkte dieser, dass in den Augenwinkeln seines Großonkels Tränen standen, die langsam, aber stetig seine Wangen hinunterliefen.
    Thomas seufzte wieder und wischte sich mit einem Hemdsärmel die Tränen von der Wange.
    „Als Mary noch da war… damals war alles besser…“
    Weitere Tränen folgten, doch Thomas schien sie nicht zu bemerken. Er stand einfach nur da und weinte. Es war ein Anblick der vollkommenen Trauer und Niedergeschlagenheit: Ein Mann Mitte Sechzig, dem man ansehen konnte, dass er gutem Essen zusprach, aber trotzdem einen von der harten Arbeit gebeugten Rücken hatte; der mit hängenden Schultern und halboffen stehendem Mund dastand. Ein gewaltiges Zittern durchlief seinen Körper, beginnend in den breiten Schultern. Thomas‘ Arme hingen schlaff hinunter, seine Hände jedoch versuchten, etwas für Jay nicht sichtbares festzuhalten, das ihm zu entfliehen drohte. Jay verstand trotzdem. „Mary…“, murmelte Thomas scheinbar besinnungslos. „Mary… warum musstest du nur gehen…?“
    Er schluchzte einmal laut. Bei jedem nachfolgenden Schluchzer zog er die Schultern hoch, erstarrte dann einen Moment und ließ sie dann, zitternd, sinken. Seine Tränen rannen zuerst seine Wangen hinunter und fielen dann auf den rissigen, staubtrockenen Boden, wo sie, schimmernd wie durchsichtige Perlen aus Kristall, liegen blieben.
    Jay stand bewegungslos da, geschockt ob dieses Anblicks. Früher, als er noch ein kleines Kind war und zu Besuch bei Thomas und Mary war, hatte er sich gefragt, ob sein Großonkel, dieser große, sanfte Bär, den er nur als „Onkel Tom“ kannte, überhaupt weinen konnte. Bis zu diesem Moment hatte er ihn- abgesehen von Marys Beerdigung vor ein paar Jahren- nie auch nur eine Träne vergießen sehen.
    Zögernd nahm Jay seinen Onkel, diesen großen Bären, der ihm kaum bis zum Kinn reichte, in den Arm. Beschwichtigend klopfte er ihm auf den Rücken, genau so, wie man ein kleines Kind tröstet, das sich beim Spielen verletzt hat. „Ganz ruhig. Es ist doch alles gut. Beruhige dich.“
    Und Thomas beruhigte sich, die Tränen versiegten und er atmete wieder ruhig und gleichmäßig.
    Jay drehte seinen Großonkel vorsichtig in Richtung Treppe, stieg sie dann zusammen mit ihm hinauf, führte ihn durch die Tür, warf noch einen letzten Blick nach draußen und schloss dann leise die Tür hinter sich.







    Erstes Kapitel
    02. August

    Mit einem Mal wurde Jay Cooper wach. Er schreckte jäh aus dem Tiefschlaf hoch, fast als hätte er das Klingeln eines Weckers vernommen.
    Widerstrebend stand Jay auf, ging die wenigen Meter zum Fenster, zog die bodenlangen Vorhänge zur Seite und blickte aus dem Fenster. Obwohl er schon vorher darauf vorbereitet war, zuckte er bei dem Anblick doch ein wenig zusammen: Die Sonne stand hoch am Himmel; Jay hatte es mal wieder geschafft, zu verschlafen. In dieser Disziplin war er der ungeschlagene Meister: Auch, wenn er früh aufwachte, blieb er noch zwei oder drei Stunden im Bett liegen, döste vor sich hin, las oder trank einen Kaffee- wobei er in letzter Zeit eher selten nur Kaffee trank; meist war es so, dass Jay gegen halb sieben aufwachte, aufstand und auf leisen Sohlen in die Küche schlich, um niemanden zu wecken. Dort packte er, so leise, wie möglich –er machte dabei aber doch einen gewaltigen Lärm- die Spülmaschine aus, nahm sich eine, oft auch zwei große Tassen, stellte sie unter die zwei Düsen seines Kaffeeautomaten und ließ heißen Cappuccino mit extra viel Milchschaum in die Tassen laufen. Dann nahm er sich ein Croissant aus dem Gefrierschrank- er wollte sich die Angewohnheit, frische Brötchen und Croissants einzufrieren, abgewöhnen, und Gebäck lieber ofenfrisch beim Bäcker kaufen- ließ dieses von der Mikrowelle auftauen- ja, endlich mal ein Küchengerät, das keinen Heidenlärm verursachte- nahm dann ein Stückchen Butter und ein Glas Marmelade aus dem Kühlschrank, um sich dann wieder zurück in sein Schlafzimmer zu schleichen.
    Dort angekommen, legte er sich dann wieder in sein durch seine eigene Körperwärme vorgeheiztes Bett, ließ sich die gefrierschrankfrischen – aber trotzdem frischen- Croissants und den Cappuccino schmecken, las ein wenig in diesem oder jedem Roman, den er oft innerhalb von wenigen Tagen durcharbeitete und legte ihn dann wieder auf das kleine antike Nachttischchen. Jay verabscheute Bücherregale, auch wenn er solche hatte, bei denen sich die Bretter unter einem gewaltigen- literarischem- Gewicht bogen, wagte er es nicht, die Bücher, die meist schon jahrelang in ebendiesen verabscheuenswürdigen Bücherregalen vor sich hin staubten, auch nur anzurühren. Die Bücher, die er entweder besonders spannend, besonders amüsant oder besonders langatmig fand, lagerte er dann auf seinem antiken Nachttischchen. Dieses Nachttischchen war nicht antik, weil es so alt war, sondern weil es so alt und abgenutzt aussah, dass man es problemlos für ein antikes Stück halten konnte. Schon seit mehreren langen Wochen wehrte sich Jay gegen den schrecklichen Gedanken, einen neuen Nachttisch zu kaufen: Er vertraute den Möbelgeschäften nicht, bei denen man sich zuerst nur scheinbar perfekte Ausstellungsstücke ansieht- Änderungen und Irrtümer vorbehalten- und nachher ein Bücherregal, das am Ende ganz anders aussieht, in einer gigantischen Lagerhalle abholt, nur um es dann zu Hause versucht, aufzubauen. Viele dieser Versuche scheiterten bei Jay kläglich, entweder, weil die Anleitung nicht stimmte, oder weil irgendein verdammtes Teil fehlte. Die riesige Lagerhalle ähnelt, mal abgesehen von dem Licht, das hier von Leuchtstoffröhren und nicht von meterhohen Kerzen und Buntglasfenstern stammt sowie den turmhohen stählernen Lagerregalen, die seltsamerweise ähnlich wie die Bänke in der Kirche ausgerichtet sind- die Kassen sind hier das Allerheiligste- einer Kathedrale aus dem Spätmittelalter.
    Nun gut, wir befinden uns im 21. Jahrhundert, aber mit jedem Besuch in diesen- zugegebenermaßen schrecklichen- aber zumindest hochmodernen Möbelhäusern lernen wir ein wenig von der spätmittelalterlichen Kultur und vor allem Architektur kennen. Wer weiß, ob die großen Familien, die nun vollkommen erschöpft und verwirrt durch dieses Geschäfte irren, nicht vor siebenhundert Jahren so ähnlich auf den mittelalterlichen Marktplätzen zu finden waren? Sie bestehen meist aus drei bis vier ständig quengelnden, meckernden oder heulenden Kinder, einem gehetzten Familienvater, der seine ganze Willenskraft auf den Moment konzentriert, in dem er zur netten Frau an der Kasse „Auf Wiedersehen!“ sagt –wieder eine Parallele: das abschließende Amen in der Kirche- sowie der begeisterte Ehefrau, die übereifrig von einer wunderschönen Topfpflanze zur nächsten und von dem einen wunderbaren Edelstahltopf zum nächsten rennt. Oft wird diese unschlagbare Kombination entweder durch den Großvater der Kinder, der, meist die ganze Zeit über, zwischen Rückenschmerzen und Nervenzusammenbruch steht oder von der Großmutter, die weder Kosten noch Mühen scheut, ihren geliebten Enkelkindern all das zu kaufen, was diese brauchen („Aber Mutter, das ist ein rosa Topflappen, ich glaube nicht, dass deine Enkelsöhne viel damit anfangen können!“) und dabei wie eine nervige Biene zwischen Warenregalen und Familienmitgliedern hin- und her summt, komplettiert.
    Am Ende dieser Horror- pardon, Einkaufstour- sind alle Beteiligten sowohl physisch als auch psychisch am Ende, obwohl das, was unbedingt benötigt wird, wieder nicht gekauft wurde. Weil sie fast immer so abliefen, hatte Jay die familiären Einkaufstouren hassen gelernt. Aber nun wieder zu unserem Protagonisten, der gerade aus dem weichen Bett aufgestanden ist, nun am Fenster steht und sich fragt, wann es endlich mit der Handlung weitergeht.
    Jay blickte aus dem Fenster, betrachtete die Pflanzen, von denen große Teile entweder bereits entfernt wurden waren oder mit geknickten Halmen in der Sonne verdorrten. Es gab viele landwirtschaftliche Probleme im „Dust Bowl“, der „Staubschüssel“ der vereinigten Staaten. Die Great Plains, die riesigen Ebenen, die im Zentrum der USA gelegen sind, sind meist nur steppenartig mit kurzem Gras und kleinen Sträuchern bestanden. Das ganze Jahr über herrscht hier ein semi-arides, also halbtrockenes, winterkaltes Klima. Im Sommer herrschen heiße Temperaturen, doch die Winter sind trotzdem sehr kalt. Das Klima ist mit den gewaltigen Temperaturschwankungen ebenso kontinental wie das in Russland. Niederschläge sind in diesen Bereichen sehr unregelmäßig, mal regnet es wochenlang nicht, dann gibt es wieder wahrlich sintflutartige Regenstürze, bei denen bis zu ein Drittel des jährlichen Niederschlages in wenigen Stunden fallen kann. Es gibt ganzjährig zum Teil sehr kräftige Winde, die ihren Höhepunkt im Winter zwischen November und April erreichen. Die Landwirtschaft in den Great Plains ist immer mit sehr hohen Risiken behaftet, durch die Monokultur, das heißt durch den Anbau einer einzigen Art von Feldfrüchten, wird dieses Risiko nur verstärkt. Doch viele Farmer, sowie Großunternehmen, die durch ein enormes Farmensterben einen großen Teil der Farmen aufkauften, nehmen all die Risiken trotzdem in Kauf. Es gibt ein weit verbreitetes Sprichwort, das ungefähr „Wenn du viel Geld verdienen willst, musst du Risiken eingehen“ lautet. Wenn das Verhältnis von Niederschlägen und Trockenzeiten stimmt, kann ein Farmer in kurzer Zeit große Gewinne einfahren. Die heftigen Regenfälle und die starken Winde im Winter, wenn die Felder nicht bestellt sind, führen zu einer hohen Bodenerosion, teilweise sogar zu einer Deflation, bei der große Flächen abgetragen werden.
    Doch Farmer wie Thomas Laird hatten im Laufe der Jahre wirksame Maßnahmen gegen die Bodenabtragung entwickelt. Dazu gehörten unter anderem das Konturpflügen und das stubble mulching. In den hügeligen Regionen der Great Plains ist vor allem das Konturpflügen sehr verbreitet. Dabei werden Furchen höhelinienparallel zum Hang gezogen, damit abwärts fließendes Wasser ein wenig gebremst wird und dann in der Erde versickern kann. Wenn das Gelände flach ist, werden die Felder quer zur Hauptwindrichtung angelegt, da die einfallenden Winde hier sehr gefährlich sind. Beim stubble mulching werden nur die reifen Ähren abgeschnitten und das Getreidestroh nach der Ernte auf dem Feld stehen gelassen. Die Wurzeln werden zusätzlich durchdrennt, damit sie keine Bodenfeuchtigkeit verbrauchen. Dadurch bildet sich zugleich eine Mulchschicht als auch eine schützende Schicht, die verhindert, dass Erde im großen Maße abgetragen wird. Danach sollte der Boden am besten nicht mehr bearbeitet werden.
    Jay hatte den terrassenförmigen Feldanbau in der Schule kennengelernt, als über Asien gesprochen wurde. Wie beim Reisanbau werden die Felder terrassenförmig angebaut, wodurch das Wasser langsamer abfließt und sich auf den Feldern staut und sich gleichmäßg zwischen den Pflanzen verteilt. Strip Farming, also streifenförmige Bestellung wird meist in Beziehung mit Fruchtwechsel und Konturpflügen verwendet. Dabei werden etwa gleich große Feldstreifen wie beim konturförmigen Anbau parallel zueinander bestellt. Bis zu jedes Jahr werden dann abwechselnd verschiedene Feldfrüchte und Gemüsesorten, meist zuerst Halm- und dann Blattfrüchte angebaut. So wird verhindert, dass der Boden nicht einseitig ausgenutzt wird.
    Die letzte, aber trotzdem sehr wichtige Möglichkeit, die Ernte zu schützen, ist Windbarrieren aufzubauen. Bäume oder Sträucher werden rechtwinklig zur Hauptwindrichtung angepflanzt, wodurch der im Windschatten liegende Bereich geschützt wird. Hänge, die stark von Winderosion betroffen sind, werden oft komplett aufgeforstet oder in Permanentgrünland umgewandelt.

  • Thema von Simon K im Forum Texte aller Art, Gedic...

    Ich möchte euch mein Gedicht 'Herbsteswind' vorstellen. Mir kam die Idee aus dem Nichts, als ich aus dem Fenster schaute und den Wald betrachtete. Es geht um den leisen Wind in den Bäumen und den kaum spürbaren Wechsel von Herbst zu Winter.
    Bewertungen und Kommentare sind sehr willkommen!

    Herbsteswind

    Der laue Wind in den Bäumen
    Der flüstert in den Blättern
    Die rings die Straßen säumen
    Ein Schild mit gold’nen Lettern
    Welches wispert wie ein Kind:
    Herbsteswind.

    Eine Lichtung des Lichts
    Mit Blättern gedeckt
    Verborgen im Walde
    Gold‘ Lichtung- versteckt
    Der Winter wird einziehen balde
    Doch längst nicht geschwind
    Das Kinde des Waldes, es spricht’s:
    Herbsteswind.

    Die letzten Blätter, sie fallen
    Der Winter legt an
    Die eisigen Schnallen
    Doch denket daran,
    Wisset, immer noch
    Herrscht Herbsteswind.
    Bis einzieht der Winter mit Eis und Schnee
    Undscheinbar- fast wie Engelsfee
    Bis er uns hineinzieht in sein Loch
    Aus Schwärze, Kälte und Nacht
    Doch Herbsteswind-
    Er immer noch
    Über die Kinder des Waldes
    wacht.

  • Thema von Simon K im Forum Texte aller Art, Gedic...

    Bitte schreibt eure Eindrücke, Kommentare und Verbesserungsvorschläge zu meinem angefangenen Kriminalroman.


    Erstes Kapitel
    Donnerstag,
    16. November

    Es war kalt in der Nacht, in der sich alles ändern sollte, bitterkalt.
    Victoria Owen saß allein in ihrem kleinen Wohnzimmer, in dem sie vor einigen Stunden den Kamin angeheizt hatte, so dass es warm und behaglich war.
    Doch trotzdem fror Victoria gelegentlich; sie war nunmehr 87 Jahre alt, und die Ärzte hatten ihr schon vor Jahrzehnten prognostiziert, dass sie wohl kaum die 60 erreichen werde. Doch dieses Alter hatte sie schon weit hinter sich gelassen, und nun genoss sie ihren Lebensabend: Sie hatte ein hartes, entbehrungsreiches Leben geführt, und sie strebte nicht nach Unsterblichkeit.
    Das Einzige, das ihr wirklich zu schaffen machte, das war die Einsamkeit. Victoria lebte einen Tag wie den anderen, ohne jede Abwechslung: Dreimal wöchentlich kam Mary, das Hausmädchen, um sauber zu machen und der alten Frau ein wenig Gesellschaft zu leisten, und jeden Sonntag kam der Pfarrer des kleinen Dorfes zu ihr ins Haus, um mit ihr für zu beten; und zweimal im Monat besuchte ihre Haushälterin mit ihr den Hauskreis der Baptisten-Gemeinde, bei dem sich viele ältere und junge Menschen in verschiedenen Häusern der Gemeindemitglieder trafen, um miteinander zu beten, Kaffee zu trinken oder einfach nur Neuigkeiten auszutauschen. Obwohl sie sehr sparsam war, nicht viel aß und kaum elektronische Geräte, die viel Storm verbrauchten, besaß, wurde das Geld zum Monatsende doch knapp. Natürlich war der fromme Dienst des Dorfpfarrers kostenlos, doch Victoria musste ihr Hausmädchen Jane für die weitreichende Hilfe bezahlen, dazu kamen regelmäßige obligatorische Spendengelder, die gemeinnützigen Stiftungen, die Waisenkindern oder Hungernden aus aller Welt halfen, zu Gute kamen. Und letztendlich heizte ein Haus sich nicht von allein. Zwar hatte sie, als sie jünger war – um genauer zu sein, bis zum dreiundsechzigsten Lebensjahr - täglich schwere körperliche Arbeit geleistet, doch trotzdem erhielt sie nur eine geringe Rente.
    Ihr Leben war vor allem mit zunehmendem Alter schwieriger geworden, sie litt unter enormen Rückenschmerzen, dazu kam, dass sie sehr schlecht hörte und im Laufe der Zeit immer mehr von ihrer einstigen Sehkraft eingebüßt hatte.
    Victoria hatte keine Verwandtschaft; ihr Verlobter, Edward Harrison, war im zweiten Weltkrieg gefallen, und danach hatte sie sich keinen anderen Männern zugewandt. Kinder hatten Victoria und Edward keine bekommen; uneheliche Kinder waren damals noch eine Schande für die ganze Familie. Und nur sie hatte die Jahre überdauert: Väterlicherseits hatte sie keine Familienangehörigen, mütterlicherseits nur zwei Nichten in Kalifornien, doch eine Reise quer über den Kontinent war natürlich unmöglich: Victoria war einfach zu alt und zu schwach, um stundenlang in einem Auto zu sitzen. Moderne Technik mochte sie nicht: Sie hatte sich schon immer geweigert, in ein Flugzeug zu steigen; vielleicht auch, weil Edward bei Royal Airforce gedient hatte und in einem Luftgefecht über Berlin tödlich getroffen wurden war.
    Nun saß Victoria jeden Abend allein in ihrem Wohnzimmer, lauschte der lauten Musik aus ihrem Schallplattenspieler oder hörte die täglichen Nachrichten, die aus ihrem altmodischen Radiogerät, das aus der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts stammte, kamen.
    Es scheint ein Abend wie jeder andere zu werden, Victoria, als sie gegen zweiundzwanzig Uhr auf dem Sofa saß, ein wenig döste und darauf wartete, dass der junge Organist ein besonders schönes Stück beendete. Sie hörte privat häufig Kirchenmusik, weil sie die moderne Musik, aber vor allem die Texte, die von der Rockmusik hervorgebracht worden waren, mehr als anstößig fand. Wenn man mit etwas nicht zufrieden ist, kann man entweder bei sich denken, was man will, oder man geht in die Politik. Schmutzige Ausdrücke in den Mund zu nehmen… ist wohl der einzige Weg für die jungen Leute, ihre Meinung kundzutun, so dachte Victoria, als plötzlich etwas mehrmals gegen die Glasscheibe pochte. Zuerst schien es, als strichen die bloßen Zweige der Bäume, die ihre Blätter schon seit Wochen verloren hatten, über das Fenster. Ein sanfter Winterregen fiel, der sich teilweise in kleine Schneeflocken verwandelte, und das durch den fallenden Schnee gedämpfte Klopfen hörte sich fast an, als würden kleine, regennasse Finger gegen die Fensterscheibe trommeln.
    Zuerst versuchte Victoria, dass unablässige Klopfen zu ignorieren. Meine Ohren spielen mir wohl wieder einen Streich, dachte sie. Doch das Geräusch hörte nicht auf; im Gegenteil: diese Finger schienen langsam unruhig zu werden.
    Jaja, sagte Victoria zu sich selbst. Ich komme ja schon. Es klopfte wieder, und sie öffnete die Terrassentür. Ein eisiger Wind schlug ihr entgegen und zerzauste ihre penibel gekämmten Haare. Ich bin zwar nicht mehr die Jüngste, aber fein aussehen möchte ich trotzdem immer noch, pflegte Victoria zu sich selbst zu sagen, wenn sie wieder einmal vor dem Spiegel stand. Für ein paar Sekunden hielt die alte Dame den Atem an.
    „Hallo? Ist da jemand?“, rief sie mit zitternder Stimme. „Verlassen Sie sofort mein Grundstück, oder ich rufe die Polizei!“ Da war irgendetwas, Victoria spürte es einfach, also blieb sie noch einige Sekunden wie versteinert stehen.
    Als Victoria hinauf zum Himmel starrte, schien etwas Leuchtendes auf sie zuzukommen. Zuerst dachte sie, es sei eine Sternschnuppe, doch dazu war der glühende Himmelskörper viel zu groß.
    Mit jedem Meter, den das Licht zurücklegte, schien es größer und zugleich heller zu werden. Als er so nahe herangekommen war, dass Victoria ob des grellen Lichtes die Augen zukneifen musste, erkannte sie, dass es sich um einen riesigen Gesteinsbrocken handelte, der aufgrund der Hitzeentwicklung bei der Reibung während des Eintritts in die Erdatmosphäre lichterloh in Flammen aufgegangen war. Victoria rannte, so schnell es ihre alten Beine erlaubten, ins Haus, sie war völlig von Sinnen und wollte laut um Hilfe rufen, doch das Entsetzen in ihr war so groß, dass kein Laut aus ihrer Kehle drang.
    Plötzlich war alles vorbei. Der Himmelskörper flackerte einmal heller denn je auf, und Victoria wandte sich ab und lief ins Haus, um nicht geblendet zu werden. Doch als sie sich dann wieder umdrehte, war die seltsame Lichterscheinung nirgends am nächtlichen Himmelszelt zu sehen. Vollkommen benommen brach Victoria auf dem Teppich vor dem Kamin zusammen.




    „Mrs. Owen! Mrs. Owen! Hören Sie mich?“
    Langsam kam Victoria wieder zu sich. Die sonst so melodiöse Stimme von Jane Dean, Victorias Hausmädchen klang blechern und rauschte in ihren Ohren wie ein Telefonferngespräch. Irgendetwas stimmte nicht.
    Mary half Victoria, wieder auf die Beine zu kommen. Einen Moment lang schwankte die alte Frau und drohte umzufallen, doch sie fand ihr Gleichgewicht wieder, hielt sich an einem Tisch fest, blickte Mary an und fragte: „Was ist denn passiert, Mary, dass du mich so herbeirufst?“
    Ihr Hausmädchen schaute sie besorgt an: „Aber Mrs. Owen, warum liegen Sie denn hier vor dem Kamin, und warum ist die Terrassentür offen? Sie wissen doch, wie teuer das Heizöl ist!“ Um ihren Vorwurf zu bekräftigen, schlug Jane die Tür mit einem lauten Knall zu. Sie schien zwar aufgebracht, doch diese Gereiztheit war nichts gegen die Angst, die sie um die Victoria hatte.
    „Ich… ich kann mich an nichts erinnern“, brachte Victoria mit brüchiger Stimme hervor. „Doch. Da ist etwas. Eine Sternschnuppe… leuchtend hell wie eine sterbende Sonne…“
    Jane befühle die Stirn der alten Frau. „Aber Sie fiebern ja, Mrs. Owen! Ganz blass sind Sie im Gesicht. Und zittern tun Sie auch. Kommen Sie, setzen Sie sich auf die Couch, ich koche Ihnen einen Tee, dann geht es Ihnen gleich wieder besser.“
    Victoria bekam gleich ein wenig Farbe, als ihre Haushälterin zum Kamin ging, klein geschlagene Holzscheite vom Stapel nahm den Ofen damit nachheizte.
    „Danke, Mary. Das ist sehr freundlich von dir. Aber du bleibst hier und trinkst eine Tasse mit mir. Ich lasse dich nicht so schnell von hier weg, sonst wirst du dir da draußen in der Kälte noch den Tod holen. Und keine Widerrede!“
    Während Victoria es sich auf dem Sofa bequem machte und die kleine Stehlampe auf dem Beistelltisch daneben andrehte, ging Mary in die Küche und kam nach wenigen Minuten mit einem Tablett, auf dem eine altmodische Teekanne, zwei dampfende Teetassen und ein großer Teller mit Löffelbiskuits standen, zurück ins Wohnzimmer. In eine der Tassen hatte sie wohlwissend einige homöopathische Baldriantropfen gegeben, weil Victoria ihr ein wenig zu nervös schien. Der Vorschlag, der alten Dame Beruhigungsmittel zu geben, stammte von deren Hausarzt, der gemeint hatte, dass zu viel Aufregung zu viel für ein Herz sein konnte, das schon viel hinter sich hatte. Und das Naturheilmittel schien seine Wirkung zu haben, Jane vermutete, dass das Medikament der Grund war, aus dem ihre Klientin jeden Abend mit seligem Lächeln auf dem Sofa saß und vollkommen ruhig und entspannt Jazzmusik hörte.
    „Dann wollen wir es uns mal gemütlich machen“, schlug Jane vor. „Wie geht es Ihnen jetzt, Mrs. Owen?“
    Victoria trank einen Schluck Tee, atmete danach kurz aus und lächelte ihr Hausmädchen an. „Schon viel besser. Danke der Nachfrage. Aber was ist mit dir? Hast du schon einen Studienplatz?“
    Mary zögerte einen Moment lang und schlug die Augen nieder. „Noch nicht so ganz… Aber ich arbeite dran.“
    „Das möchte ich wohl hoffen. Du musst doch etwas aus dir machen, Kind! Oder willst du ewig lange für wenig Geld alten Frauen wie mir bei der Hausarbeit helfen?“
    „Natürlich nicht, Mrs. Owen! Aber haben Sie schon gehört? Charles Graham kommt in unser Dorf … Schon morgen Vormittag! Ist das nicht wunderbar?“
    „Ach du liebe Zeit! Dieser junge, gutaussehende Mann, dessen einzige Leidenschaft seine Liebe zu Jesus Christus ist? Und gerade zu uns in die Kirchengemeinde kommt er? Predigt er nicht ausschließlich in kleineren Städten in den Norfolk Broads um Norwich, in Cornwall und in Gemeinden zwischen dem Lake District, New Castle und York?“
    „Anscheinend nicht mehr. Letztes Wochenende feierte er den Gottesdienst mit unserer Nachbargemeinde in Cambridge, und schon nächste Woche kommt er zu uns nach London. Ich und mein Freund gehen dorthin. Möchten Sie, dass ich Sie mitnehme?“
    „Oh ja, bitte Mary, Liebes.“ Victorias Augen glänzten. „Das wäre mir eine Freude, wirklich. Dann holst du mich morgen früh ab, und wir laufen dorthin?“
    Jane lachte. „Aber nein, Mrs. Owen, Charles Graham pflegt seine Gottesdienste erst um die Mittagsstunde zu beginnen. Sie können also ruhig ausschlafen.“
    „In Ordnung, das werde ich tun. Wann holst du mich denn ab? Wir haben schließlich ein gutes Stückchen Weg vor uns, und ich möchte selbstverständlich nicht zu spät kommen… Du verstehst, was ich meine? Graham… welch eine Ehre für unsere Gemeinde!“
    „Sie brauchen sich keine Sorgen machen, wir kommen schon rechtzeitig an. Ich werde Sie mit dem Auto abholen, um dann mit Ihnen und meinem Freund zur Kirche zu fahren. Sie wissen doch, dass Sie nicht mehr so gut zu Fuß sind wie früher… Aber nun gehen Sie zu Bett, es ist schon spät. Ich komme dann morgen gegen zehn Uhr wieder. Schlafen Sie gut.“
    „Dankeschön. Gute Nacht Mary. Dem Herrn sei Dank, dass es dich gibt.“
    Das letzte Geräusch, das Victoria hörte, bevor sie einschlief, war, wie Mary behutsam die Haustür hinter sich schloss.









    Zweites Kapitel
    Sonntag,
    19. November


    Als der Wecker pünktlich um sechs Uhr am Morgen klingelte, sprang Victoria mit einer Behändigkeit, die man einer Frau in ihrem Alter niemals zugetraut hätte, aus dem Bett.
    Sie hatte vor Aufregung kaum Schlaf gefunden, war fast stündlich aufgewacht und hatte auf dem Ziffernblatt des Funkweckers überprüft, ob es schon sechs Uhr war.
    Nun legte Victoria ihre Bettdecke ordentlich zusammen, ging ins Bad, um sich zu waschen und stieg dann in Bademantel und mit dicken Pantoffeln an den Füßen die Treppe ins Erdgeschoss hinunter. Sie fror. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, mitten an einem kalten Novembermorgen aufzustehen. Unsinn, sagte sie zu sich selbst und schüttelte energisch den Kopf, ich brauche meine Zeit, um mich für den Gottesdienst fertig zu machen, und es ist besser, früh aufzustehen, als zu verschlafen.
    In der Küche angekommen, spürte Victoria eine eisige Kälte, die von den Bodenfliesen ausging. Gut, dass ich die Pantoffeln angezogen habe, dachte sie, sonst würde ich jetzt schrecklich an den Füßen frieren. Hatte sie nicht am Vorabend die Heizung angeschaltet, um jetzt, am frühen Morgen, nicht frieren zu müssen? Mit der rechten Hand fasste sie an den Heizkörper. Er war eiskalt. Hatte Mary die Heizung am Abend ausgeschaltet, um weniger Heizöl zu verbrauchen? Victoria zog die Augenbrauen hoch. Sie hätte nicht gedacht, dass ihr Hausmädchen so übermäßig sparsam war. Zwar bekam die alte Dame keine große Rente, doch sie besaß noch Geld auf der Bank, von dem sie noch nie Gebrauch gemacht hatte. Als sie noch jung gewesen war, hatte Victoria jeden Monat einen Teil ihres Gehaltes auf der Bank in einem Sparkonto zu einem hohen Zinssatz angelegt. Nur für Notfälle, hatte sie damals gedacht, wenn sie einmal finanzielle Probleme haben sollte. Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte war das spärliche Geld zu einem kleinen Vermögen angewachsen, von dem Victoria hin und wieder insgeheim Gebrauch machte. Sie sah immer wie aus dem Ei gepellt aus, weil sie sich hin und wieder dieses oder jenes Stück mithilfe des gesparten Geldes leistete.
    Victoria trat ins Wohnzimmer, wickelte eine auf dem Ohrensessel liegende Wolldecke um ihren zitternden Körper und ging dann wieder in die Küche, doch es half nichts: Ihr war immer noch kalt.
    Ein Kaffee wird mich sicher aufwärmen. Was hat sich Mary nur dabei gedacht, die Heizung abzuschalten?, dachte sie und schaltete die Kaffeemaschine ein, die sich unter lautem Getöse vorheizte. Mit der heißen Kaffeetasse in den kalten Händen begab sich Victoria wieder in das Wohnzimmer, wo sie einige kleine Holzscheite in den Kaminofen legte und ihn mit einem Streichholz befeuerte. Danach setzte sie sich auf das Sofa, breitete die Decke über ihrem Körper aus und starrte in die Flammen, die langsam aus dem Holz emporwuchsen. Sie trank einen Schluck dampfendheißen Kaffee, legte den Kopf zurück und dachte an ihre jungen Jahre zurück.
    Ihre Liebe zu Edward hatte wie eine unsterbliche Flamme in ihrem tiefsten Inneren gelodert, und nach ihrer Verlobung hatte sie fast ein Jahr in dem Glauben gelebt, dass das Leben nie wieder trist und grau werde. Bis zum Ausbruch des Krieges. Die meisten Amerikaner hatten in dem Glauben gelebt, dass dieser Krieg nur ‚die da drüben‘, die Menschen des europäischen Festlandes, betreffe, doch mit den ersten Angriffen der deutschen Bombern kam alles anders. Denn das Vereinigte Königreich beteiligte sich nun aktiv am Kriegsgeschehen, und wann immer es einen Krieg gibt, werden junge, oft verheiratete Männer mit Kindern, eingezogen. So auch Edward. Doch im Gegensatz zu seinen Kameraden, die niemals freiwillig in den Krieg gezogen wären, meldete er sich freiwillig bei der Royal Airforce.
    Es ist eine Ehre für uns Männer, für unser Vaterland zu kämpfen- und wenn der Herr so will- im Krieg für das Vereinigte Königreich ehrenvoll zu sterben. Untätigkeit hilft niemandem, hatte Edward zu Victoria gesagt, und er hatte so stolz geklungen, als gäbe es keine bessere Möglichkeit, die Liebe für sein Vaterland auszudrücken, als dafür im Krieg sein Leben zu lassen. Sie hatte von diesem Moment an keine Worte mehr für ihren Verlobten übrig gehabt: Er hatte sich für den Krieg und gegen sie, seine zukünftige Ehefrau entschieden. Es hatte keinen Abschied gegeben. Auch nach dem Krieg nicht, denn Edwards Leiche, die wie die tausender seiner Kameraden so verbrannt war, dass man nur anhand des Abzeichens der Luftwaffe erkennen konnte, dass es sich um einen Piloten handelte, wurde zusammen mit tausenden anderen jungen Männern, die eine trauernde Frau oder sogar, wie in vielen Fällen, eine Familie allein zurückließen, auf einem Soldatenfriedhof beigesetzt. Es gab keinen eindeutig identifizierbaren Leichnam, also konnte es auch keine private Trauerfeier geben. Man hatte Victoria damals damit vertröstet, dass eine Gedenktafel am Tor des Friedhofs an ihren verstorbenen Verlobten erinnere, und so wurde eine Trauerfeier für die Angehörigen der Soldaten und Piloten gehalten, bei der nicht ein einziger Name erwähnt wurde; der Pastor las nur aus der Bibel und bekundete den Ehefrauen tiefe Verbundenheit und sein Beileid. Trauerfeier, hatte Victoria damals gedacht, , dieses Wort ist ein Widerspruch in sich. Man hat mit seiner Trauer zu kämpfen, man feiert sie nicht. Nach Ende des Krieges, als sich die vier offiziellen Siegermächte, namentlich Großbritannien, Russland, Frankreich und die Vereinigten Staaten, noch im Siegestaumel befanden, war Victoria in ein schwarzes Loch gefallen, aus dem sie selbst jetzt, nach vielen Jahren, nicht wieder hinaussteigen konnte.
    In den ersten Jahren nach Edwards Tod hatte sich Victoria nicht dazu in der Lage gefühlt, erneut eine Beziehung einzugehen, dazu wog die Trauer zu schwer.
    Doch als sie sich weitgehend von ihrem Verlust erholt hatte, war sie zu alt und zu schwach gewesen, um sich wieder zu verlieben.
    Sie wusste, dass viele Menschen der Meinung waren, dass man nie zu alt sei, um die Liebe wiederzuentdecken, doch Victoria war sich sicher, dass die Leute, die diesem Gedanken Ausspruch verliehen, selbst weder alt noch krank waren und meist so jung oder so verliebt waren, dass sie dachten, dass sich das Leben nur um Spaß und Liebe drehe.
    Sie hatte andere Erfahrungen gemacht. Wichtige Elemente des Lebens waren sie ohne Frage, doch wer einen Weltkrieg, mehrere Finanzkrisen, Krankheiten und den Tod seiner Liebsten erfahren hatte, wusste es besser. Denn das Leben ist, wie banal es auch klingen mag, ein ständiger Kampf um das tägliche Überleben. Der Begriff ‚Überleben‘ muss weiter gefasst werden, denn oft wird er als ‚nicht sterben‘ verstanden, doch er bedeutet auch ‚am Leben bleiben‘ oder ‚wirklich leben‘, so dachte Victoria.
    Wer sein Leben lang verliebt war, ohne dass seine Liebe jemals erwidert wurde, der konnte einfach nicht leben. Man möchte für das, was man tut, auch etwas zurückbekommen. Seien es finanzielle Unabhängigkeit, Spaß und Anerkennung in der Arbeit oder Liebe in einer Beziehung…
    Der Mensch, dessen war sie sich sicher, lebte nicht für sich selbst. Viele Menschen lebten trotzdem glücklich; ohne jemals wirklich Liebe empfunden zu haben. Aber konnte ein liebloser Mensch wirklich existieren? Wenn ein junger und gesunder Mensch sich aufopferungsvoll um alte oder kranke Menschen kümmerte, und das, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, war es da nicht Liebe, die er von den Menschen, denen er Gutes tat, zurückbekam? Empfand er beim Anblick eines dankbaren Lächelns oder einer glücklichen Miene nicht im Grunde genau dieselbe Liebe, die ein wahrlich leidenschaftlich Liebender empfand? War es Liebe, die Mary immer wieder zu ihr trieb, um sich um sie, eine alte, physisch schwache, jedoch geistig aktive Frau mit Freude zu kümmern, anstatt in einen Club zu gehen und sich einen Freund zu suchen? War die Liebe also nicht doch die Sache, die dem Leben einen tiefgründigen Sinn verlieh, auch wenn die Liebe ausschließlich einer bestimmten Tätigkeit gehörte?
    Mit solchen Fragen beschäftigte Victoria sich oft, wenn sie allein zu Hause in ihrem Ohrensessel saß und nichts zu tun hatte, als langen Gedanken nachzugehen. Sie war vom Leben und seinen Tücken gezeichnet und fragte sich daher oft, warum der Mensch trotzdem- oft ohne sich zu beschweren- einfach sein Leben lebte.
    Mit einem leisen Seufzer fuhr sich Victoria mit der Hand durch ihr lockiges, aber ergrautes Haar. Eine ordentliche Spülung mit einem Pflegeshampoo konnte ihre ehemals mähnenartige Haarpracht aber trotzdem gebrauchen, gerade an einem solch wichtigen Tag wie diesem.
    Sie seufzte erneut. Was war das Leben nur für ein Wettlauf. Ständig lief man von Pontius zu Pilatus, ohne auch nur irgendetwas zu erreichen.
    Oben im Badezimmer angekommen, legte sie den flauschigen Bademantel auf einem Sessel aus geflochtenem Rattan zusammen, strich ihn noch einmal glatt und wusch sich die Haare. Danach trat sie an den Spiegel, um sich zu betrachten. Mit zunehmendem Alter war sie eitel geworden, was ihr Aussehen betraf. „Ein gepflegtes Aussehen ist die halbe Miete, wenn man eine Person zum ersten Mal trifft. Der erste Eindruck ist der wichtigste, weil er tief im Gedächtnis erhalten bleibt. Achte stets darauf, ordentlich und gepflegt zu wichtigen Treffen zu erscheinen; deine Kleidung muss immer sauber und faltenfrei sein“, hatte ihre Mutter sie immer belehrt, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war. Victoria hatte sich immer an die Ratschläge gehalten: Ihren Haaren half sie fast täglich mit einem Lockenstab auf die Sprünge, Hände, Gesicht und Körper wusch sie ständig und ihre Kleidung war immer frisch gebügelt und faltenfrei- Die Falten fanden sich nun in ihrem Gesicht wieder.
    Victoria trocknete ihr Haar, putzte sich die Zähne, wusch sich das Gesicht und verließ dann das Badezimmer, um sich anzuziehen. In ihrem Schlafzimmer angekommen, schaute sie auf den kleinen Radiowecker, der unweit von ihrem Bett auf dem Nachttischchen stand. Ihm zufolge war es genau fünfzehn Minuten nach sieben. Victoria lächelte. Die neueste Errungenschaft des kleinen Ortes in der Vorstadt von London, das Postamt, öffnete bereits um sieben Uhr. Dann kann ich gleich auf dem Weg zur Kirche den Brief absenden, dachte sie.

  • Thema von Simon K im Forum Texte aller Art, Gedic...

    Wie immer würde ich mich über Kommentare freuen.


    Eisigkalt

    Zugefrorene Seen
    Kann ich hier drauf stehen?
    Das Eis – Eisigkalt
    Gibt es mir den Halt
    Nach dem ich sehnlichst auf der Suche bin?

    Und plötzlich lieg ich drin
    Im Wasser- Eisigkalt
    Wer gibt mir nun den Halt
    Wo finde ich die Liebe
    Die ich sehnlichst finden will
    Ein wenig Liebe, nicht nur Fordern, Drill

    Werde ich sie jemals finden
    Oder muss meine Hoffnung schwinden
    Ich suche doch nur Wärme!
    Entschuldigt, wenn ich lärme
    Doch jeder wird gerne laut
    Um zu vergessen, was ihm einmal graut

    Wenn er nicht findet die Liebe
    Er fühlt sich gepeinigt, fühlt fast Hiebe
    Die ihm zufügen kalten Schmerz

    Der ihm droht zu zerreißen sein warmes Herz
    Lasst uns verbreiten Warmherzigkeit
    Denn bald beginnt die Winterzeit

    Wir brauchen alle etwas Halt
    Drum ist unser Herz warm, nicht eisigkalt
    Lasst uns alle füreinander da sein
    Um uns aus den kalten Klammern zu befreien
    Wo finde ich die Liebe, die ich sehnlichst finden will
    Die mir Wärme schenkt, nicht Härte, Drill

    Lasst einander geben etwas Halt
    Dann ist unser Herz heiß, nicht eisigkalt
    Wir suchen Halt durch Freundlichkeit
    Die uns hält in dieser Jahreszeit
    Und erwärmt unser Herze
    Leuchtend warm, wie eine Kerze

  • Thema von Simon K im Forum Texte aller Art, Gedic...

    Hier mal wieder ein Gedicht von mir. Es geht um ein Thema, an dem ich mich bereits mehrmals (vergeblich) versucht habe. Ich persönliche finde es nicht so gut, doch was sagt ihr dazu?




    Die Suche nach dem Sinn

    Das Streben nach Macht
    Menschliche Feindseligkeit wie in dunkler Nacht
    Keiner akzeptiert mich wie ich bin
    Niemand traut dem andern
    Unser aller Leben: Ein stetes Wandern
    Hat das einen Sinn?

    Ein ewiges Streben
    Nach Freude, Glück
    Doch so manches ist mir nicht geglückt
    Es macht mich nahezu verrückt
    Keiner will mich hinnehmen wie ich bin
    Hat das einen Sinn?

    Tod und Leben, Leben und Tod
    Ein stetes Streben nach Brot
    Unser Brot, das ist die Liebe
    Die zerrinnt wie durch ein Siebe
    Nehmt mich einmal, wie ich bin
    Sonst hat das Leben keinen Sinn

    Die Suche nach dem Sinn:
    Ein ewiges Streben
    Ich lebe mein Leben
    Und bin einfach, wie ich bin
    Ich akzeptiere mich, wie ich bin
    Dann hat das Leben einen Sinn.

  • Thema von Simon K im Forum Texte aller Art, Gedic...

    Ich blicke in den Spiegel
    Er ist ein dunkles Siegel
    Der mir verweigert den Anblick meines Gesichts
    Ich bin nichts
    Die Dunkelheit verfolgt mich

    Sie umgibt mein ganzes Herz
    Fügt mir zu kalten Schmerz
    Der flammt heiß-kalt auf
    Ich schau zu Dir hinauf
    Die Dunkelheit verfolgt mich

    Sie jagt mich durch die Nacht
    Hat eine seltsame Macht
    Sogar am hellen Tag
    Ich spüre, dass ich Dich mag
    Die Dunkelheit verfolgt mich

    Ich blicke in Dein Gesicht
    Du bist es, die zu mir spricht:
    „Ich liebe dich“
    Ich bin etwas
    Die Dunkelheit findet mich nicht.

  • Thema von Simon K im Forum Texte aller Art, Gedic...

    Hallo,

    ich habe diesen Text in 2 Tagen geschrieben, was für mich eine Glanzleistung ist, weil ich sonst für 10 Seiten ein bis zwei Monate brauche. Ja, ich bin schreibfaul, aber vor allem mache ich mir Gedanken über meine Texte.
    Diese Erzählung kann man als Kurzgeschichte auffassen; ich würde gerne von euch wissen, ob es sich lohnen würde, daran weiter zu schreiben.
    Es geht in diesem (erstmal) ersten Kapital um einen bisher namenlosen jungen Mann, dessen Familie durch Spekulation an der Börse reich geworden ist, und der langsam erkennt,
    dass er nicht weiterhin in seinem goldenen Käfig leben kann- er beschließt, sich zu befreien und ein neues Leben zu beginnen.
    Ich möchte nicht, dass ihr mich mit anderen 15-jährigen vergleicht. Bewertet einfach meinen Text.
    Danke schon einmal.




    Einleitung: Message in a Bottle

    Er saß alleine auf der breiten Fensterbank, den Blick starr auf irgendeinen Punkt am fernen Horizont gerichtet. Er war alleine, wieder einmal. Im Grunde konnte er sich nicht an eine einzige Situation in seinem Leben erinnern, in der er nicht alleine gewesen war. Selbst am Abend des prunkvollen Abschlussballs am Ende der Highschool, in einer lauten, tanzenden, fröhlichen Menschenmenge, hatte er sich einsam gefühlt.
    Es kam ihm vor, als befinde sich eine unsichtbare, aber undurchdringliche Mauer zwischen ihm und all den anderen Menschen. Eine Mauer, die jeglichen menschlichen Kontakt, jede, auch noch so kleinste, Annäherung unterband.
    Doch dabei hätte sein Leben einen ganz anderen Lauf nehmen können. Sein Vater war durch erfolgreiches Pokern steinreich geworden. Doch im Gegensatz zu den meisten Männern, die gelegentlich ein wenig Geld im Casino am Roulette oder in der Spielbank an Glücksspielautomaten einsetzten, hatte sein Vater Millionenbeträge auf fallende Kurse an der New Yorker Börse gesetzt- mit großem Erfolg.
    Der Gewinn war so plötzlich und überwältigend gekommen, dass sämtliche –lokale wie auch überregionale- Zeitungen und Rundfunksender darüber berichtet hatten.
    Von dem Moment des großen Gewinnes an, den sein Vater scherzhaft als „Big Bang“, also als Urknall all ihres Vermögens bezeichnete, war er in einem goldenen Käfig gefangen gewesen. Am Anfang hatte er noch Gefallen daran gefunden, sinnlos Geld für noch viel sinnfreiere Sachen auszugeben. Sein Vater hatte ihm einen geringen Teil des Geldes auf sein Konto überwiesen, doch dieser kleine Anteil war noch immer so groß, dass er sich zwei Jugendträume damit erfüllen konnte: Er kaufte sich mit dem frischen Vermögen ein lang erträumtes Porsche Cabriolet und ließ ein eigens auf ihn zugeschnittenes Haus in der Innenstadt Bostons von einem der Stararchitekten der Ostküste planen.
    Dieses, bescheidene wie er es nannte, Haus hatte eine Wohnfläche von fast sechshundert Quadratmetern und hatte drei Schlafzimmer und vier Bäder.
    Er kannte diese Geschichte aus vielen Reportagen im Fernsehen, in denen irgendein Landwirt aus dem mittleren Westen einige Millionen Dollar im Lotto gewonnen, sich davon ein riesiges Haus, ein neues Auto und eine komplett neue Identität gekauft hatte. Nach einigen Jahren, in denen Geld, Frauen und Konsum das Leben darstellten, war diese neue Identität zum Alltag und somit lästig gewonnen.
    Als er damals solche Sendungen im Fernsehen gesehen hatte, war er im höchsten Grade skeptisch und vor allem ungläubig gewesen: Wie konnte eine Person, die sich alle Wünsche erfüllen konnte, sich langweilen?
    Nun hatte er die Quittung und vor allem die Bestätigung erhalten, dass ein Leben wirklich so verlaufen konnte.
    Sein Vater war zu einer gefragten Größe an der Börse und sein Sohn somit überflüssig geworden. Anstatt, so wie früher, vor dem „Big Bang“, mindestens ein- oder zweimal pro Woche mit ihm zum Baseball zu radeln, flog sein Vater nun jedes Wochenende mit seinem Privatjet von seinem Haus in Los Angeles quer durch die Staaten nach New York. Dort beschäftigte er sich nicht mit seinem Sohn, sondern mit seinem neuen Kind, das viel mehr Pflege benötigte: Er schloss hier einen Vertrag ab, beriet dort einen Konzern, ob sie Anteile ihrer Aktien verkaufen sollten oder nicht und wurde zu jedem großen Dinner eingeladen. Während Sohn und Ehefrau zu Hause die Zeit tot schlugen, spielte er den großen Businessmann.
    Ein Mal, aber nur ein einziges Mal, hatte er sich deswegen bei seinem Vater beschwert. Es sei unverantwortlich, seine Familie so verkommen zu lassen. Er solle sich lieber um seine Angehörigen anstatt um sein Geld kümmern. Daraufhin hatte sein Vater kühl erwidert, er sorge für seine Familie, wo es nur ging, doch als eine so bekannte Person, die er war, hatte er nun mal auch andere Sachen zu tun. Er solle froh darüber sein, dass er solch ein tolles Leben habe; nicht jedem seiner Klassenkameraden würde es so ergehen.
    Nach diesem zweiminütigen Dialog hatte er keine Worte mehr für seinen Vater übrig gehabt. Er hatte sich komplett aus seinem Leben zurückgezogen, lebte von einem Tag auf den nächsten.
    Und jeder Tag war wie der andere: Um halb elf Uhr vormittags wurde er von seinem Butler, den er Joe nannte, geweckt. Joe, wenn es denn sein richtiger Name war, war ihm schon immer ein Rätsel gewesen. Sie hatten ihn im wahrsten Sinne des Wortes von der Straße aufgelesen, weshalb sein Vater sich immer noch als sein Lebensretter bezeichnete.
    Damals, vor fünf, oder waren es sechs Jahre? , hatte es eine große Galaveranstaltung in Los Angeles gegeben, zu denen sich die ganze höhere Prominenz zeigte. Auf dem Nachhauseweg, den sie alle drei, er, seine Mutter und sein Vater, ziemlich betrunken oder zumindest beschwipst antraten, hatten sie Joe angefahren.
    Man konnte von Glück im Unglück sprechen, denn Joe, ein junger Kubaner, hatte sich lebensmüde vor ihr Auto geworfen. Hätte ihr Chauffeur nicht im letzten Augenblick die Fahr verlangsamt, dann wäre es seine letzte Tat gewesen.
    Stattdessen hatten sie den schwer verletzten Joe, der, wie sich später herausstellte, keinen gültigen Pass besaß, in ein nahe gelegenes Krankenhaus gebracht.
    Nach drei Wochen, in denen tägliche Besuche obligatorisch waren, wurde Joe entlassen. Er brauchte Krücken, um gehen zu können, doch er lebte.
    In den drei Wochen des Krankenhausaufenthaltes war er der ganzen Familie und vor allem dem Sohn ans Herz gewachsen.
    Damals war er ein pickeliger, pubertierender Jugendlicher gewesen, der in allem und jedem einen nervigen Störfaktor sah. Doch Joe, der inzwischen einen echten Pass und eine Aufenthaltsgenehmigung auf Lebenszeit besaß, hatte ihn moralisch in dieser schwierigen Zeit unterstützt, und so waren sie unzertrennlich geworden.
    Wenn er zurückdachte, war Joe sein einziger wirklicher Freund gewesen. Zwar hielt sein Vater nichts von Langschläfern, die „ihr viel zu kurzes Leben nur im Bett verbrachten“, obwohl er selber am liebsten ausschlief. Früher wurde er von seinem Vater immer pünktlich um acht Uhr unsanft geweckt, doch Joe hatte seinen Willen, oder vielmehr den Willen seines Freundes, durchgesetzt, indem er seinem Brotgeber einen Vortrag in damals noch sehr gebrochenem Englisch hielt, wie wichtig es für aufstrebende Wirtschaftsbosse sei, lange zu schlafen. Der Vater war nach dieser Predigt einverstanden gewesen, seinen Sohn zumindest bis zehn Uhr dreißig schlafen zu lassen.
    Doch mit dieser Regelung hatte für ihn der langweilige Alltag erst begonnen, in dem sich kein Tag von dem vorherigen unterschied. Jeden Tag um halb elf Uhr vormittags wurde er von Joe mit leiser Musik geweckt. Danach begab er sich ins Badezimmer, um ausgiebig zu duschen. Joe führte ihn danach immer ins Ankleidezimmer, beriet ihn bei der Zusammenstellung der Kleidung und geleitete ihn dann nach unten ins Esszimmer, wo ein riesiger, gedeckter Frühstückstisch auf ihn wartete.
    Dienstags und donnerstags ging er zum Golfspielen, jeden Sonntagmittag in die Kirche außerhalb des Ortes und jeden Montag und Freitag musste er seine Mutter auf eine langatmige, stundenlange Einkaufstour begleiten.
    Mittwoch war der für die Presse reservierte, und mit Abstand nervigste Tag der Woche. Der Samstag war ihm heilig, denn es war der einzige Tag, an dem er tun und lassen konnte, was er wollte.
    Wie auch jetzt saß er oft auf der Fensterbank, starrte ins Nichts und versuchte, nicht an sein bisheriges Leben zu denken. Es musste sich etwas ändern, doch er hatte nicht den blassesten Schimmer einer Ahnung, wie er eine Änderung bewerkstelligen sollte, dazu war er viel zu sehr in seiner Existenz und dem Haus seiner Eltern gefangen.
    Nachdenklich stand er auf und ging die paar Schritte zu seiner Stereoanlage. Es war ein Designergerät mit riesigen Lautsprechern, deren raumfüllender Klang nur selten sein Zimmer erfüllte. Zögernd drückte er auf den Power-Knopf und schaltete das Gerät ein. Er wusste eigentlich nicht einmal, ob er nun Musik hören wollte. Im Grunde wusste er das nie. Er hatte sich so oft den Willen anderer aufzwingen lassen, dass er nur noch eine winzige, verkümmerte Persönlichkeit besaß, die sich scheu zurückhielt und sich niemals ans Tageslicht wagte. Doch er bereute es nicht, die Stereoanlage eingeschaltet zu haben. Gerade kündigte der aufgedrehte Radiomoderator einen alten Hit an, bei dem sich sogleich all seine Haare wie elektrisiert aufstellten: Message in a bottle von The Police. Wie er diesen Song geliebt hatte, als er noch jünger gewesen war! Er hatte sich nur zu dem Zweck, dieses Lied nachspielen zu können, eine Gitarre gekauft, die nun jedoch schon seit Jahren irgendwo auf dem Dachboden vor sich hin staubte.
    Die E-Gitarre begann zu spielen, und sogleich fing auch er an, mit den Füßen den Takt zu klopfen, dass es ihm durch Mark und Knochen ging.
    Als der Sänger ansetzte, war auch er mit ganzer Seele dabei. Diesen Text, den er damals an warmen Sommerabenden auswendig gelernt und vor sich hin gesungen hatte, kannte er immer noch auswendig, und so sag auch er, zu Anfang leise, dann immer lauter werdend:

    Just a castaway, an island lost at sea, oh
    Another lonely day, with no one here but me, oh
    More loneliness than any man could bear
    Rescue me before I fall into despair, oh

    Den Refrain sing, oder schrie er förmlich aus voller Brust:

    I'll send an S.O.S. to the world
    I'll send an S.O.S. to the world
    I hope that someone gets my
    I hope that someone gets my
    I hope that someone gets my
    Message in a bottle, yeah
    Message in a bottle, yeah

    Schwer atmend packte er sich an die Brust. Sein Herz schlug wie nie zuvor mit einer Intensität, die seinen ganzen Brustkorb beben ließ.

    I’ll send an S.O.S. to the world
    I hope that someone gets my
    Message in a bottle

    Diese drei Zeilen… nun verstand er sie. Damals, als er noch ein Teenager mit Träumen und Wünschen gewesen war, hatte er sie nur als beiläufige Bemerkung interpretiert.
    Aber nun… viel es ihm wie Schuppen von den Augen. Dieser Song traf vollkommen auf ihn zu. War das Verlieren der Lebensfreude nicht mit einem S.O.S. gleichzusetzen? Nein, er schickte dieses S.O.S. nicht hinaus in die Welt. Stattdessen sperrte er sich ein, redete mit sich selbst, dachte an nichts und wurde langsam wahnsinnig.
    War es nicht auch seine größte Hoffnung, dass ihn jemand bemerkte? Wünschte er sich nicht sehnlichst den Tag herbei, an dem jemand seine Flaschenpost erhielt… und verstand? War er nicht auch wie auf einer einsamen Insel gefangen, alleine, einsamer, als jeder Mensch aushalten konnte? Wollte er nicht auch sehnlichst gerettet werden? Würde er jemals Rettung erhalten, wenn er nur in seinem Zimmer saß und das Leben an sich vorbeiziehen ließ? Nein. Er musste etwas tun. Aber wie konnte er sich am besten bemerkbar machen? Solle er zu seinen Eltern gehen und ihnen beichten, wie sehr ihm das Leben ihm Überfluss missfiel, wie krank es ihn machte?
    Wäre es die richtige Entscheidung? Er wusste es nicht. Doch gewiss würden sie ihm nicht zuhören. Konnte er sich an jemand anders wenden, und wenn ja, an wen? Dafür war keine Zeit nachzudenken. Er hatte genug Zeit verschwendet, nun war seine Zeit gekommen… Zeit zu handeln. Er war schon immer ein Einzelgänger gewesen und nun sollte er beweisen können, dass er auch ein Einzelkämpfer war. Er wollte der Welt zeigen, dass er wieder ins Leben finden konnte.

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    [color=green]Der tote Pfad der zerbrochenen Träume - Das Verlangen nach mehr

    Es hält uns gefangen in Schweigen
    Es hält uns gefangen in Schmerz
    Es hält und gefangen in Leiden
    Es durchbohrt unser Herz
    Warum müssen wir leiden?
    Warum müssen wir leiden?

    Das Verlangen nach mehr
    Wir können es nicht tragen, es wiegt viel zu schwer
    Es entwurzelt gar Bäume
    Der tote Pfad der zerbrochenen Träume
    Den wir entlanglaufen, keine Möglichkeit, sich abzustützen
    Schließlich werden wir stürzen

    Es hält uns gefangen in Schweigen
    Es hält uns gefangen in Schmerz
    Es hält und gefangen in Leiden
    Es durchbohrt unser Herz
    Warum müssen wir leiden?
    Warum müssen wir leiden?

    Das Verlangen nach mehr
    Wir können es nicht tragen, es wiegt viel zu schwer
    Unser größtes Bestreben: Sich wieder erheben
    Doch diese Last
    Zieht uns hinab, wir suchen Halt am zerbrechlichen Ast
    Des Mutes, auf dem steinernen Pfad des Blutes

    Es hält uns gefangen in Schweigen
    Es hält uns gefangen in Schmerz
    Es hält und gefangen in Leiden
    Es durchbohrt unser Herz
    Warum müssen wir leiden?
    Warum müssen wir leiden?

    Das Verlangen nach mehr
    Wir können es nicht tragen, es wiegt viel zu schwer
    Doch unser Leben ist ohne Leben, leblos, blutleer
    Zu leben ist viel zu schwer
    Ich will leben, ich will es probieren
    Riskieren, zu verlieren

    Es hält uns gefangen in Schweigen
    Es hält uns gefangen in Schmerz
    Es hält und gefangen in Leiden
    Es durchbohrt unser Herz
    Warum müssen wir leiden?
    Warum müssen wir leiden?

    Auch wenn ich fall, ich blick nicht zurück
    Ich kämpfe weiter, Stück für Stück
    Auf dem toten Pfad der zerbrochenen Träume
    Am Rande entwurzelte Bäume
    Ich lasse sie links liegen neben
    Mir
    Ich gebe nicht auf, ich bleibe hier
    Und versuche, mein Leben zu leben



    [/color]

    [ Editiert von Simon K am 24.12.09 18:33 ]

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    Einfach bewerten. Danke.



    Ein Tag am Meer

    Es hätte ein perfekter Tag sein können. Der schönste Tag des Jahres. Schon Tage zuvor hatte er ein angenehmes Kribbeln im Bauch gespürt, als er daran gedacht hatte, wie schön es hätte sein können: Ein Tag am Meer zusammen mit ihr. Gemeinsam die letzten Strahlen der hinter dem Horizont versinkenden Sonne genießen. Nur sie beide, das Meer, die Sonne und leise Musik.
    Sie hatten einander versprochen, um genau vier Uhr nachmittags unten an der kleinen Bucht zu sein, wo die wogenden Wellen über feinen Sand und glattgeriebene Steine leckte. Sie hatten darauf gehofft, komplett alleine zu sein: Keine störenden Touristen, keine streunenden Hunde, keine Kinder. Nur er und sie.
    Stunde um Stunde verging, die Sonne verwandelte sich langsam in einen golden glühenden Feuerball, der seinen Abstieg vom Himmel begann. Aber sie kam nicht und damit brach sie ihm mehr als nur sein Herz. Er spürte förmlich, wie ein Teil seiner Persönlichkeit fehlte. Dieses Bruchstück seines Charakters, seiner gesamten Existenz, war sie. Und nun war sie nicht gekommen und er war allein.
    Doch er war stark und erlaubte sich selbst nicht, auch nur eine Träne zu vergießen. Er musste cool bleiben und sich unter Kontrolle halten, sonst würde er nachher haltlos schluchzend im Sand liegen, das wusste er.
    Doch Welle um Welle wurde von den Steinen gebrochen, Welle um Welle wurde vom Sand aufgesaugt. Er hätte sich niemals vorstellen können, dass es einen Mensch auf der Welt geben könnte, ohne den er sich so verloren, so allein fühlen würde. Doch dann war sie in sein Leben getreten und hatte alles in einem Sturm der Lebendigkeit durcheinander gewirbelt.
    Und er hatte ihr nicht ein einziges Mal gesagt, wie sehr er sie brauchte. Er hatte es als selbstverständlich angesehen, dass sie seine Gefühle lesen konnte.
    Doch nun verstand er, dass er sich geirrt hatte. Er hatte sich nicht von all den anderen unterschieden und gedacht, Frauen wären leicht zu durchschauen. Nun realisierte er, dass auch er so gedacht hatte wie die anderen: Während sie sich fragte, ob er der Richtige war, ob sie ihn wirklich liebte, fragte er sich, wie er sie am besten und vor allem am schnellsten flachlegen könnte. Im Grunde waren alle Männer so, und auch er war so gewesen. Bis zu diesem Tag.
    Nun begann er zu verstehen, dass sie keineswegs einfach funktionierten oder alle gleich tickten. Er war ein Idiot gewesen. Und nun würde er für seine eigene Dummheit bezahlen. Hatte sie ihn verlassen? Ihn aufgegeben?
    Wenn er tief in sein Innerstes blickte, konnte er sich die Frage beantworten: Es gab nicht irgendjemanden, der ihm jetzt noch verziehen hätte. Das Versöhnungstreffen war wohl abgelaufen. Sie war weg. Für immer. Und er blieb allein.
    Er schluchzte einmal laut auf und riss sich alle Klamotten vom Leib. Er begann zu zittern und robbte auf den Knien an das Meeresufer heran.
    Er wollte nicht ohne sie leben. Er konnte nicht ohne sie leben. Und er würde nicht ohne sie leben. Er beugte den Oberkörper vor und tauchte den Kopf ins Wasser ein. Er streckte den rechten Arm aus, ließ die Hand im Sand versinken und begann, die Luft anzuhalten.
    Nach dreißig Sekunden zog er den Kopf wieder aus dem Wasser heraus. Hatte sie ihn wirklich im Stich gelassen?
    War es aus zwischen ihnen beiden? Ja. Aber er war stark und durfte nicht weinen. Die Sonne versank nun hinter im Meer. Sie starb. Sie ertrank im Meer. Das Meer war seine große Liebe gewesen, noch bevor er sie gekannt hatte. Nun würde er mit seiner großen Liebe sterben. Er tauchte den Kopf ins Wasser. Nach vierzig Sekunden zog er ihn wieder heraus. Er konnte sich vor zittern nicht mehr auf den Knien halten und kippte auf die Seite, wo er reglos liegen blieb.
    Aber er war stark und durfte nicht weinen. Als er so da lag, kam es ihm vor, als vergingen Stunden, Tage, Wochen, Monate, ganze Jahre. Sein Leben schien dahinzufließen. Und er war allein.
    Doch dann spürte er etwas. Etwas hatte seine rechte Hand berührt, so sanft, dass er zuerst dachte, es sei nur ein Windhauch gewesen. Ein sehr warmer, weicher Windhauch. Er schlug die Augen auf. Sie war der Windhauch gewesen. Der Sturm des Lebens, der sein Leben veränderte. Nein, nicht irgendjemand auf der Welt hätte ihm noch verziehen. Doch sie war nicht irgendjemand. Sie war einzigartig. Sie gehörte zu ihm wie er zu ihr. Sie konnten nicht ohne einander leben. Sie war so viel und doch so wenig, so unbeschreiblich. Sie war seine Liebe. Nun spürte er, dass er nur ein Mensch war. Doch dieser Moment fühlte sich göttlich an. Er war schwach ohne sie. Er war nichts ohne sie. Endlich ließ er seinen Tränen freien Lauf.

  • Thema von Simon K im Forum Texte aller Art, Gedic...

    Ich will nicht sagen, dass ich manchmal schon denke, wenn ich in der Stadt ein hübsches Mädchen sehe
    "Wow, die würde ich nicht von der Bettkante stoßen!" Aber das sind wirklich Ausnahmen.
    Das innere eines Menschen ist viel komplexer und wertvoller als das Äußere.
    Würden wir die Inneren Werte mit dem Aussehen vergleichen, würden alle Menschen gleich aussehen, weil das Aussehen längst nicht so facettenreich ist wie der Charakter .

    Ich mache mir oft Gedanken deswegen: Eine Freundin sagte, über sie werde an der Schule gelästert, weil sie anders ist. Nun ja, sie ist wundervoll, mehr brauche ich nicht sagen.
    Mir geht es genauso. Wir lassen uns nicht in eine Form pressen, haben keine Maske sondern ein Gesicht. Leute in unserem Alter sind oft so oberflächlich
    und verstellen sich so sehr, dass sie sich kaum noch selbst kennen. Musik hören sie nicht, weil sie ihnen gefällt, sondern weil alle sie hören.

    Bestimmte Kleidung wird nicht getragen, weil sie schön oder bequem ist, sondern weil sie "in" und "cool" ist.

    Wir heben uns nicht von der Masse ab und sind unauffällig, anstatt anders zu sein, eigene Gedanken und Meinungen zu haben und Emotionen zu zeigen. Lieber verbergen wir unsere Gefühle, denn sie geben eine Schwäche preis, und schwache Leute werden nun mal nicht anerkannt. Wir verstümmeln lieber unseren Charakter, um anerkannt zu werden, anstatt wir selbst zu sein und alleine oder mit wenigen Gleichgesinnten dazustehen. das ist fatal.

    Warum sind die Menschen so?

    [ Editiert von Simon K am 15.01.10 23:41 ]

  • Thema von Simon K im Forum Texte aller Art, Gedic...

    Ich hätte gerne eine kurze Bewertung zu folgenden zwei Gedichten, wobei die englische Version eher ein Song ist.

    The Darkness

    I can’t see my face
    Is it just a phase
    Of being lonely
    And being nobody
    I know you will never see

    The darkness is hunting me

    It covers all my brain
    And hurts me with cold pain
    It’s both hot and cold
    Cause what I sold
    Was my heart and my soul

    And now the darkness is hunting me

    I’m looking up to you
    There are fogs… I can’t see clear
    I won’t see through
    But honest, I can hear
    You crying tears and tears
    I’m getting caught of fears
    Is that real, can that be

    That the darkness is hunting me


    It’s hunting me through the night
    I’m a slave of its dark might
    I can feel it night and day
    I want you anything to say
    Now I have to pay some fee

    Cause the darkness is hunting me

    I’m looking in your face
    You’re the one who says
    “I love you like there’s no tomorrow”
    I don’t feel shame
    I just feel the same
    I’m laughing, I’m crying, I’m falling on my knee

    Because I know the darkness won’t ever catch me



    Deutsch :

    Die Dunkelheit

    Ich blicke in den Spiegel
    Er ist ein dunkles Siegel
    Der mir verweigert den Anblick meines Gesichts
    Ich suche dich, denn so alleine bin ich nichts
    Wo bist du? Ich brauche dich!
    Die Dunkelheit verfolgt mich

    Sie umgibt mein ganzes Herz
    Fügt mir zu kalten Schmerz
    Der flammt heiß-kalt auf
    Ich schau zu Dir hinauf
    Und es versetzt mir einen Stich
    Die Dunkelheit verfolgt mich

    Sie jagt mich durch die Nacht
    Hat eine seltsame Macht
    Sogar am hellen Tag
    Ich spür, dass ich Dich mag
    Bitte rede mit mir! Sprich!
    Die Dunkelheit verfolgt mich

    Ich blicke in Dein Gesicht
    Du bist es, die zu mir spricht:
    „Ich liebe dich wie sonst niemand“
    Ich war niemand ohne dich
    Ich bin etwas, seit ich dich fand
    Keine Dunkelheit findet mich

  • Thema von Simon K im Forum Texte aller Art, Gedic...

    Ein Tag am Meer

    Es hätte ein perfekter Tag sein können. Der schönste Tag des Jahres. Schon Tage zuvor hatte er ein angenehmes Kribbeln im Bauch gespürt, als er daran gedacht hatte, wie schön es hätte sein können: Ein Tag am Meer zusammen mit ihr. Gemeinsam die letzten Strahlen der hinter dem Horizont versinkenden Sonne genießen. Nur sie beide, das Meer, die Sonne und leise Musik.
    Sie hatten einander versprochen, um genau vier Uhr nachmittags unten an der kleinen Bucht zu sein, wo die wogenden Wellen über feinen Sand und glattgeriebene Steine leckte. Sie hatten darauf gehofft, komplett alleine zu sein: Keine störenden Touristen, keine streunenden Hunde, keine Kinder. Nur er und sie.
    Stunde um Stunde verging, die Sonne verwandelte sich langsam in einen golden glühenden Feuerball, der seinen Abstieg vom Himmel begann. Aber sie kam nicht und damit brach sie ihm mehr als nur sein Herz. Er spürte förmlich, wie ein Teil seiner Persönlichkeit fehlte. Dieses Bruchstück seines Charakters, seiner gesamten Existenz, war sie. Und nun war sie nicht gekommen und er war allein. Diese Leere. Diese unendliche Leere, die sich in seinem Herzen ausbreitete, ließ ihn innerlich taumeln.
    Doch er war stark und erlaubte sich selbst nicht, auch nur eine Träne zu vergießen. Er musste cool bleiben und sich unter Kontrolle halten, sonst würde er nachher haltlos schluchzend im Sand liegen, das wusste er.
    Doch Welle um Welle wurde von den Steinen gebrochen, Welle um Welle wurde vom Sand aufgesaugt. Er hätte sich niemals vorstellen können, dass es einen Mensch auf der Welt geben könnte, ohne den er sich so verloren, so allein fühlen würde. Doch dann war sie in sein Leben getreten und hatte alles in einem Sturm der Lebendigkeit durcheinander gewirbelt.
    Und er hatte ihr nicht ein einziges Mal gesagt, wie sehr er sie brauchte. Er hatte es als selbstverständlich angesehen, dass sie seine Gefühle verstand – und erwiderte.
    Doch nun verstand er, dass er sich geirrt hatte. Er hatte sich nicht von all den anderen unterschieden und gedacht, Frauen wären leicht zu durchschauen. Nun dämmerte ihm, dass auch er so gedacht hatte wie die anderen: Während sie sich fragte, ob er der Richtige war, ob sie ihn wirklich liebte, fragte er sich, wie er sie am besten und vor allem am schnellsten flachlegen könnte. Im Grunde waren alle Männer so, und auch er war so gewesen. Bis zu diesem Tag.
    Nun begann er zu verstehen, dass sie keineswegs einfach funktionierten oder alle gleich tickten. Er war ein Idiot gewesen. Und nun würde er für seine eigene Dummheit bezahlen. Hatte sie ihn verlassen? Ihn aufgegeben?
    Wenn er tief in sein Innerstes blickte, konnte er sich die Frage beantworten: Es gab nicht irgendjemanden, der ihm jetzt noch verziehen hätte. Das Versöhnungstreffen war wohl abgelaufen. Sie war weg. Für immer. Und er blieb allein.
    Er schluchzte einmal laut auf und riss sich alle Klamotten vom Leib. Er begann zu zittern und robbte auf den Knien an das Meeresufer heran.
    Er wollte nicht ohne sie leben. Er konnte nicht ohne sie leben. Und er würde nicht ohne sie leben. Er beugte den Oberkörper vor und tauchte den Kopf ins Wasser ein. Er streckte den rechten Arm aus, ließ die Hand im Sand versinken und begann, die Luft anzuhalten.
    Nach dreißig Sekunden zog er den Kopf wieder aus dem Wasser heraus. Hatte sie ihn wirklich im Stich gelassen?
    War es aus zwischen ihnen beiden? Ja. Aber er war stark und durfte nicht weinen. Die Sonne versank nun hinter im Meer. Sie starb. Sie ertrank im Meer. Das Meer war seine große Liebe gewesen, noch bevor er sie gekannt hatte. Nun würde er mit seiner großen Liebe sterben. Er tauchte den Kopf ins Wasser. Nach vierzig Sekunden zog er ihn wieder heraus. Er konnte sich vor zittern nicht mehr auf den Knien halten und kippte auf die Seite, wo er reglos liegen blieb.
    Aber er war stark und durfte nicht weinen. Als er so da lag, kam es ihm vor, als vergingen Stunden, Tage, Wochen, Monate, ganze Jahre. Sein Leben schien dahinzufließen. Und er war allein.
    Doch dann spürte er etwas. Etwas hatte seine rechte Hand berührt, so sanft, dass er zuerst dachte, es sei nur ein Windhauch gewesen. Ein sehr warmer, weicher Windhauch. Er schlug die Augen auf. Sie war der Windhauch gewesen. Der Sturm des Lebens, der sein Leben veränderte. Nein, nicht irgendjemand auf der Welt hätte ihm noch verziehen. Doch sie war nicht irgendjemand. Sie war einzigartig. Sie gehörte zu ihm wie er zu ihr. Sie konnten nicht ohne einander leben. Sie war so viel und doch so wenig, so unbeschreiblich. Sie war seine Liebe. Nun spürte er, dass er nur ein Mensch war. Doch dieser Moment fühlte sich göttlich an. Er war schwach ohne sie. Er war nichts ohne sie. Endlich ließ er seinen Tränen freien Lauf.

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